Bestand
Konzentrationslager Sachsenhausen (Bestand)
        Geschichte des Bestandsbildners:
                           Die nach dem Reichstagsbrand aufgrund der Notverordnung zum Schutz von
                           Volk und Staat vom 28. Februar 1933 in großer Zahl verhafteten
                           politischen Gegner des NS-Regimes wurden in unabhängig von Polizei- und
                           Justizgefängnissen eingerichtete Konzentrationslager (KZ) ver‧bracht.
                           Eine systematische Organisation und Vereinheitlichung der KZ und ihrer
                           Wachmann‧schaften, der im Herbst 1934 aus der Allgemeinen SS
                           herausgelösten SS-Totenkopfverbän‧de (SS-TV), erfolgte 1934. Die seit
                           1938 in Oranienburg bei Berlin ansässige Dienststelle des Inspekteurs der
                           KZ war zunächst dem SS-Hauptamt, ab 1940 dem SS-Führungshaupt‧amt
                           unterstellt, ehe diese 1942 als Amtsgruppe D dem neu gebildeten
                           SS-Wirtschafts-Ver‧waltungshauptamt angegliedert wurde. In zunehmenden
                           Maße wurden auch Gewohnheits‧verbrecher, sog. Asoziale, Zeugen Jehovas
                           und ab 1938 verstärkt Juden in den KZ inhaftiert. Während des Krieges
                           wuchsen die Häftlingszahlen durch die Massen‧einweisungen von Angehörigen
                           fremder Nationalitäten sprunghaft an. Die KZ, denen in vielen Fällen
                           besondere Abteilungen für sowjetische Kriegsgefangene ange‧gliedert
                           waren, entwickelten sich zu Vernichtungslagern oder zu Produktionsstätten
                           der SS, deren Insassen in zahlreichen Arbeitskommandos für die
                           Kriegswirtschaft eingesetzt wurden.
Das KZ
                           Sachsenhausen wurde im Sommer 1936 bei Oranienburg durch Häftlinge des
                           aufgelösten KZ Esterwegen errichtet. Dem Lager kam auf Grund seiner Nähe
                           zur "Reichshauptstadt" Berlin eine Sonderstellung zu. Seit August 1938
                           befand sich in Sachsenhausen die zentrale Inspektion der KZ als
                           Verwaltungsstelle für alle Lager im deutschen Einflussbereich. In
                           Sachsenhausen wurden die SS-Wachmannschaften auch für die anderen KZ
                           ausgebildet. Die Häftlinge hatten in Sachsenhausen und den zahlreichen
                           Nebenlagern Zwangsarbeit für die SS-eigenen Werkstätten sowie für die
                           Rüstungsindustrie, hierbei auch in Industriebetrieben im nahen Berlin, zu
                           leisten. Neben dem Lager befanden sich in Oranienburg Wohnsiedlungen für
                           das SS-Führungspersonal und dessen Familien.
Als
                           Lagerkommandanten waren folgende SS-Führer eingesetzt:
SS-Standartenführer Karl Otto Koch (1936-1937)
SS-Standartenführer Hermann Baranowski (1937)
SS-Sturmbannführer Walter Eisfeld (1937-1938)
SS-Hauptsturmführer Rudolf Höß (1938-1940)
SS-Oberführer Hans Loritz (1940-1942)
SS-Standartenführer Anton Kaindl (1942-1945)
Waren zunächst hauptsächlich politische Gründe für die Einlieferung
                           in das KZ ausschlaggebend, nahm die Zahl der wegen ihrer "rassischen"
                           oder religiösen Zugehörigkeit sowie der wegen ihrer sexuellen
                           Orientierung Inhaftierten ständig zu. Die Häftlinge hatten Zwangsarbeit
                           zu leisten oder wurden Opfer "medizinischer" Versuche. Neben der Arbeit
                           für die Rüstungsbetriebe wurde durch die SS ein Klinkerwerk betrieben,
                           das die Bauvorhaben für die "Reichshauptstadt" unterstützen sollte.
                           Besondere Bedeutung kam der Fälschung fremder Währungen zu, die in
                           Sachsenhausen von einer aus Häftlingen bestehenden Experten-Gruppe
                           erzwungen wurde. Ein separater Zellenbau diente als Inhaftierungsort,
                           u.a. auch für Zwecke der Gestapo. Inhaftiert waren hier z.B. prominente
                           Persönlichkeiten wie Staatsoberhäupter fremder Staaten, über deren
                           Verbleib Stillschweigen herrschen sollte. So stieg die Zahl der
                           Inhaftierten nach der Okkupation Österreichs und der Pogromnacht 1938
                           rapide an. Nach Beginn des Krieges gegen die Sowjetunion wurden in Herbst
                           1941 über 10.000 sowjetische Kriegsgefangene in Sachsenhausen ermordet.
                           Der Neubau eines Krematoriums erfolgte im Jahre 1942, der Bau einer
                           Gaskammer im Jahre 1943. Nach dem Attentat auf Adolf Hitler im Juli 1944
                           richtete man im Krankenrevier ein Haftlazarett für die "Sonderkommission
                           20. Juli" ein, in dem erkrankte Beteiligte des Attentats
                           wiederhergestellt werden sollten. In der Zeit seines Bestehens waren im
                           KZ Sachsenhausen über 200.000 Menschen inhaftiert. Bis zum 21. April 1945
                           wurden noch über 30.000 Häftlinge auf "Todesmärsche" geschickt, auf denen
                           mehrere Tausend ihr Leben verloren. Die Befreiung des Lagers und der noch
                           etwa 3.000 zurückgelassenen Menschen erfolgte am 22. April 1945 durch die
                           Rote Armee. Nach der Befreiung wurde das Lager übergangsweise als
                           Lazarett und für die Unterbringung von Kriegsopfern genutzt. Ab August
                           1945 bis in das Jahr 1950 diente es als sowjetisches
                           Internierungslager.
Bestandsbeschreibung: Geschichte
                           des Bestandes
Im Zuge von Rückführungen deutscher
                           Akten aus den USA, die dort nach einem dem Einheitsaktenplan (EAP) der
                           Wehrmacht zu Grunde liegenden Schema alfa-numerisch geordnet worden
                           waren, gelangte der Bestand im Jahre 1962 in das Bundesarchiv. Im Zuge
                           von aktuellen Bestandsbereinigungen wurden in den Bestand auch Akten aus
                           dem sogenannten "NS-Archiv" (28 AE) und der Bibliothek der Hauptabteilung
                           IX/11 des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR (6 AE)
                           integriert.
Archivische Bewertung und
                           Bearbeitung
Anfang 1963 wurde zunächst ein
                           vorläufiges Findbuch erstellt. Dieses Provisorium wird durch die nunmehr
                           vorliegende Findmittel-Fassung ersetzt. Das Findmittel wurde den gültigen
                           Erschließungsrichtlinien angepasst und standardisiert sowie ein neues
                           Klassifikationsschema gebildet. Serien und Bandfolgen wurden zur
                           Verbesserung der Übersichtlichkeit angelegt. Von einer Zusammenführung
                           der Teil-Bestände von NS 4 in einen Gesamt-Bestand wurde
                           abgesehen.
Inhaltliche Charakterisierung:
                           Neben einzelnen Häftlingsakten und Häftlingskarteikarten liegen auch
                           Straf- und Vernehmungsunterlagen, Forderungsnachweise und Unterlagen
                           betreffend die Überweisung von Häftlingen vor. Zum SS-Personal befinden
                           sich im Bestand Versetzungsverfügungen und Veränderungs- und
                           Stärkemeldungen einzelner Einheiten. Ferner liegen Disziplinar- und
                           Strafunterlagen vor. Akten zu allgemeinen Verwaltungsangelegenheiten
                           enthalten auch Unterlagen über Wachvorschriften.
Häftlinge 1933-1945 (16), SS-Personal 1933-1945 (23), Organisation
                           und Verwaltung 1939-1944 (3)
Erschließungszustand:
                           Findbuch
Zitierweise: BArch NS
                           4-SA/...
    
- Reference number of holding
 - 
                Bundesarchiv, BArch NS 4-SA
 
- Extent
 - 
                42 Aufbewahrungseinheiten
 
- Language of the material
 - 
                deutsch
 
- Context
 - 
                Bundesarchiv (Archivtektonik) >> Norddeutscher Bund und Deutsches Reich (1867/1871-1945) >> Inneres, Gesundheit, Polizei und SS, Volkstum
 
- Related materials
 - 
                Fremde Archive: Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen
Straße der Nationen
16515 Oranienburg
Brandenburgisches Landeshauptarchiv
An der Orangerie 3
14469 Potsdam
Verwandtes Archivgut im Bundesarchiv: Ergänzende Überlieferung zu den KZ findet sich gegebenenfalls auch in den Beständen SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt (NS 3) - hier auch Häftlingsdatenbank -, Persönlicher Stab Reichsführer-SS (NS 19), Reichssicherheitshauptamt (R 58), SS-Hauptamt (NS 31), SS-Führungshauptamt (NS 33), SS-Personalhauptamt (NS 34) sowie in den personenbezogenen Beständen des ehemaligen Berlin Document Center (R 9361), im sogenannten NS-Archiv des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR (R 9355) und in der Überlieferung zu den Alliierten Prozessen (ALLPROZ).
Hingewiesen werden soll noch auf den Bestand Ministerium des Innern der DDR/Staatliche Archiv-Verwaltung/Dokumentationszentrum (DO 1) mit seiner ergänzenden Überlieferung zu KZ und Haftanstalten der NS-Zeit.
Literatur: Burger, Adolf: Des Teufels Werkstatt. Die Geldfälscherwerkstatt im Konzentrationslager Sachsenhausen, Berlin 2006;
Hoffmann, Henrike: Die Außenlager des KZ Sachsenhausen. Ketschendorf und Falkensee, Berlin 2003;
Kaienburg, Hermann: Der Militär- und Wirtschaftskomplex der SS im KZ-Standort Sachsenhausen-Oranienburg, Berlin 2006;
Michel, Antje: Restrukturierte Wirklichkeit. Studien zur Kommunikationssituation im Konzentrationslager am Beispiel der Gerüchtekommunikation im KZ Sachsenhausen, Münster 2005;
Morsch, Günther: Von der Sachsenburg nach Sachsenhausen. Bilder aus dem Fotoalbum eines KZ-Kommandanten, Berlin 2007;
Oren-Hornfeld, Saul: Wie brennend Feuer. Ein Opfer medizinischer Experimente im KZ Sachsenhausen erzählt, Berlin 2005;
Reichmann, Hans: Deutscher Bürger und verfolgter Jude. Novemberpogrom und KZ Sachsenhausen 1937 bis 1939, München 1998;
Müller, Joachim; Sternweiler, Andreas: Homosexuelle Männer im KZ Sachsenhausen, Berlin 2000;
Wiesner, Otto: Lasst nicht mehr zu, was wir an Last getragen. Authentische Erzählungen aus Sachsenhausen und Mauthausen, Stuttgart 1996;
Wunderlich, Rudolf: Konzentrationslager Sachsenhausen bei Oranienburg 1939 bis 1944. Die Aufzeichnungen des KZ-Häftlings Rudolf Wunderlich, Frankfurt am Main 1997
 
- Date of creation of holding
 - 
                1933-1945
 
- Other object pages
 
- Provenance
 - 
                
                    
                        Konzentrationslager Sachsenhausen (NS 4 SA), 1936-1945
 
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- Last update
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                        16.01.2024, 8:43 AM CET
 
Data provider
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Object type
- Bestand
 
Time of origin
- 1933-1945