Bestand
Kriegsmetall AG (Bestand)
Geschichte des Bestandsbildners:
Kriegsgesellschaften allgemein
Die ersten
Kriegsgesellschaften überhaupt wurden unmittelbar nach der Errichtung
der Kriegsrohstoffabteilung am 13. Aug. 1914 in der Rechtsform der
Aktiengesellschaft gegründet. Diese Handelsgesellschaften nahmen im
Grundsatz völlig selbständig die ihnen übertragenen Aufgabenbereiche
wahr und wurden bei ihrer Geschäftstätigkeit nur durch staatliche
Kommissare des Kriegsministeriums, des Reichsamt des Innern, des
Preußischen Ministeriums für Handel und Gewerbe, des Reichsmarineamts
oder anderen Reichsbehörden kontrolliert. Insbesondere bei den
kaufmännischen und technischen Aufgaben bedurfte es zur Entlastung der
Verwaltung der Unterstützung des Handels und der Industrie. Nur auf
diese Weise glaubte man die Defizite bei den wirtschaftlichen und
organisatorischen Vorbereitungen ausgleichen zu können.
Rechtlich wurden die Kriegsgesellschaften in Gestalt
von Aktiengesellschaften, Gesellschaften mbH, Abrechungsstellen oder
Kriegsausschüssen errichtet. Begrifflich waren sie von den
Zwangssyndikaten, den zentralen Wirtschaftsverbänden und von den
staatlichen Stellen selbst abzugrenzen.
Mit
zunehmender Verschlechterung der Versorgungssituation kamen weitere
Aufgabenbereich dazu. Zusätzlich zur Beschaffung, Verwaltung und
Verteilung von Rohstoffen musste man sich nun auch mit der
Mobilisierung und Ergänzung der im Inland vorhandenen Materialvorräte
befassen. Zu diesem Zweck wurden staatlicherseits Mobilmachungsstellen
errichtet, Rohstoffimport- bzw. in den besetzten Gebieten
Requisitionsorganisationen gegründet und die inländische Produktion
von Rohstoffen und deren Ersatzstoffe durch direkte Einflussnahme auf
industrielle Kapazitäten, die Neuerrichtung von Betrieben und die
Förderung wissenschaftlicher Entwicklungen forciert. Entsprechend
dehnte sich auch das Betätigungsfeld der Hilfsorganisationen auf die
technischen Aufgaben (Sortierung, Umarbeitung, Lagerung und Transport
der Rohstoffe), die Produktionsförderung und den Außenhandel
aus.
Von den bei Kriegsende bestehenden ca. 350
Organisationen unterstanden 105 dem Kriegsernährungsamt (später:
Reichsernährungsministerium), 120 dem Reichswirt‧schaftsamt (später:
Reichswirtschaftsministerium), fünf dem Reichsamt des Innern (später:
Reichsministerium des Innern) und 120 dem preußischen
Kriegsministerium bzw. dem Kriegsamt (später: dem
Reichswirtschaftsministerium). Dabei ist zu berücksichtigen, dass es
sich nur bei etwa einem Drittel dieser Organisationen um Stellen mit
Behördencharakter handelte; nur bei diesen kann überhaupt von einem
Unterstellungsverhältnis im verwaltungsrechtlichen Sinne gesprochen
werden. Die übrigen Organisationen sind etwa zu einem weiteren Drittel
sogenannte Kriegsgesellschaften, d. h. für Zwecke der Kriegswirtschaft
gegründete, meist mit Kapitalbeteiligungen des Reichs und der Länder
arbeitende und durch Reichsämter oder speziell eingesetzte
Reichskommissare überwachte Gesellschaften des Handelsrechts (AG,
GmbH). Die Organisationen des restlichen Drittels sind als
Selbstverwaltungsorgan der einzelnen Wirtschaftszweige mit dem
Charakter von freiwilligen oder Zwangssyndikaten unter Reichseinfluss
zu betrachten.
Die Auflösung der
Kriegsgesellschaften richteten sich in erster Linie nach den
statutarischen Bestimmungen, die entsprechend dem Zweck der
Gesellschaften den Beginn der Liquidation regelmäßig mit Beendigung
des Krieges oder innerhalb eines Jahres nach Abschluss eines
Friedensvertrages mit sämtlichen Großmächten vorsah. Wo eine zeitliche
Begrenzung fehlte oder die Kreisgesellschaften aufgrund der
andauernden Versorgungsnotlage durch nachträgliches Übereinkommen
fortgeführt wurden, bedurfte es dagegen eines ausdrücklichen
Auflösungsbeschlusses. Im Interesse eines schnellen, einheitlichen und
endgültigen Abbaus der Kriegswirtschaft wurde schließlich auf
Veranlassung des Reichsschatzamts am 15. Juli 1921 für alle
Kriegsgesellschaften die erleichtere Möglichkeit der Auflösung durch
einen Übergang auf das Reich ohne Liquidation geschaffen.
Kriegsmetall AG
Die am 2.
September 1914 unter Aufsicht des Kriegsamtes gegründete Kriegsmetall
AG sollte die Beschaffung, Verteilung und Verwertung von Metallen -
außer Eisen - für den Heeresbedarf sicherstellen, wärhend das Eisen,
als ein in Deutschland in reicher Menge vorhandener Stoff zunächst
nicht bewirtschaftet wurde und erst später zum Aufgabengebiet der am
30. September 1916 gegründeten Eisenzentrale wurde. Den
Haupthilfsstoff für die Stahlerzeugung, das Mangan, bewirtschaftete
die Mangangversorgungstelle Düsseldorf, neben die am 14. September
1916 die Manganerz GmbH trat, der die Förderung der Manganerzeugung
zufiel. Ein weiterer Stoff, das Ferrosilizium, fiel in den Bereich der
Eisenzentrale. Sämtliche sonstigen Metalle wurden von der Kriegsmetall
AG betreut.
Der Mangel an Metallen gebot nun
einerseits auf den Bezug von Erzen aus dem verbündeten und dem
neutralen Ausland Bedacht zu nehmen, andererseits die Wiederaufnahme
der Produktion deutscher Erzbergwerke, die im Frieden als unrentabel
vernachlässigt oder ganz aufgegeben worden waren, zu fördern. Soweit
es sich nicht um den Einkauf des reinen Metalls handelte, sorgte die
Kriegsmetall AG auch für die Aufbereitung der Erze, allgemein durch
die Abteilung U (Umarbeitung), für Stahlhärtungsmetalle durch die
Abteilung S, für Aluminiumerzeugung durch die Abteilung H. Die im
Herbst 1916 errichtete Abteilung Bgb. (Bergbau) untersuchte und
begutachtete die Erzvorkommen im Inland und im verbündeten Ausland,
was bis dahin von der Abteilung U nebenher betrieben worden war. Auch
die Kontrolle der von der Kriegsmetall AG finanziell unterstützten
Gruben und Hüttenbetriebe fiel der Abteilung Bgb. zu.
Bearbeitungshinweis: Bei der
2012 erfolgten Erfassung der vorherigen Karteikarten in BASYS 2 wurden
auch die in einem Findbuch des Reichsarchivs von 1938 erfassten
sogenannten Grubenakten (siehe Bestandsbeschreibung) dem Bestand unter
den Nummern 1050 bis 1634 hinzugefügt.
Bestandsbeschreibung:
Bestandsgeschichte
Sofort nach Beendigung des
Krieges wurden die Akten der Kriegsgesellschaften, die Bezug zum
Bergbau hatten, von der Geologischen Landesanstalt einer Durchsicht
unterzogen. Die Geologische Landesanstalt verschaffte sich
anschließend die Genehmigung des Reichsschatzministeriums, wertvolle
Gutachten über Erzvorkommen behalten zu dürfen (17. März 1922). Die
übrigen sie interessierenden Akten nahm sie in zwei Listen besonders
auf und sandte sie an das Reichsarchiv, woselbst die von der
Kriegsmetall AG stammenden Akten als besonderer Bestand
zusammenblieben, während die Akten der Eisenzentrale, des
Kommissariats der Eisenzentrale und der Manganerz GmbH in ihre
Registraturen wieder eingeordnet wurden.
Bei
der im Jahr 1938 erfolgten Ordnung der Kriegsmetall AG erhob sich die
Frage, ob man nun nicht auch die Provenienz der Grubenakten dieser
Gesellschaft wiederherstellen solle. Mit Rücksicht auf die
fortwährenden Anfragen hinsichtlich der Grubenakten und auf ihre
einzigartige Bedeutung für die Rohstoffversorgung wurde diese Frage
verneint. Die Grubenakten blieben daher als besondere Abteilung der
Kriegsmetall AG zusammen.
Die Bestände der
Kriegswirtschaftsorganisationen des I. Weltkrieges waren in den Jahren
1943 und 1944 zunächst auswahlweise nach Staßfurt und dann unter
Einbeziehung der gesamten zunächst zurückgelassenen Bestände und
Bestandsteile nach Schönebeck ausgelagert worden.
Im Zuge der Nachkriegsereignisse gelangten sie in das Deutsche
Zentralarchiv, Abt. Merseburg, wo sie bis 1955 verblieben. Im
Juli/August 1955 wurden die Bestände der Kriegsorganisationen des I.
Weltkrieges nach Potsdam in das Zentralarchiv überführt.
Archivische Bewertung und Bearbeitung
In den Jahren 1959-1960 wurde damit begonnen,
einzelne kleinere Bestände, für die keine oder nur unzureichende
Findhilfsmittel des Reichsarchivs vorlagen, zu ordnen und zu
verzeichnen.
Inhaltliche Charakterisierung:
Unterlagen zu folgenden Schwerpunkten überliefert:
- Leitung und Organisation, Finanzen, Personal Gründung,
Gesellschaftsvertrag, Liquidation, 1914-1921
-
Aufsichtsratssitzungen, Aufsichtsratsmitglieder A-Z, 1914-1921
- Ausschüsse, 1914-1919
-
Abteilungen, 1915-1920
- Bilanzen, Revisionen,
1914-1921
- Kapitalbeteiligungen,
1915-1920
- Personalangelegenheiten,
1915-1921
- Rechtsangelegenheiten,
1914-1921
- Verbindung zu Reichsbehörden und
Kriegsgesellschaften, 1914-1921
-Metallwirtschaft und Metallbewirtschaftung, Produktion,
Rohstoffversorgung, 1914-1920
- Staatliche und
privatwirtschaftliche Organisationen der Metallwirtschaft
(Metallkonsortien, Metallwirtschaftsbund etc.), 1915-1921
- Beschaffung und Beschlagnahme von Buntmetallen,
1914-1921
- Metall-Zuweisung an die Industrie,
1914-1919
- Lagerhaltung, 1915-1920
- Metallpreise, 1914-1919
-
Bewirtschaftung und Produktion einzelner Metalle, dabei auch Verträge
mit einzelnen Firmen, 1914-1920
- Nickel,
Aluminium, Zink, Zinn Weißblech, 1915-1921
-
Stahlhärtungsmetalle, Wolfram (v.a. Wolframerzgewinnung im
Erzgebirge), 1902-1925
- Molybdän, Vanadium,
Ferrochrom, Graphit u.a., 1885-1921
-
Metallein- und -ausfuhr, Erzförderung im Ausland, 1915-1921
- Österreich-Ungarn, Bulgarien, Serbien, Türkei,
Orient, Russland, Ukraine, Skandinavien, Niederlande, Belgien,
Schweiz, Italien, Spanien, 1914-1921
Erschließungszustand: Findkartei
ca. 1980
Zitierweise: BArch R
8737/...
- Bestandssignatur
-
Bundesarchiv, BArch R 8737
- Umfang
-
1639 Aufbewahrungseinheiten
- Sprache der Unterlagen
-
deutsch
- Kontext
-
Bundesarchiv (Archivtektonik) >> Norddeutscher Bund und Deutsches Reich (1867/1871-1945) >> Wirtschaft, Rüstung, Landwirtschaft >> Kriegsgesellschaften (Erster Weltkrieg)
- Verwandte Bestände und Literatur
-
Verwandtes Archivgut im Bundesarchiv: R 8710 Eisenzentrale GmbH
R 8749 Manganerz GmbH
Literatur: Inventare des Reichsarchivs, Serie 2: Kriegswirtschaftliche Organisationen, 1922 ff
Dieckmann, Wilhelm: Die Behördenorganisation in der deutschen Kriegswirtschaft 1914-1918 (Schriften zur kriegswirtschaftlichen Forschung und Schulung), Hamburg 1937
Cron, Hermann: Die Organisation der Kriegswirtschaft im Kriege 1914-1918 und ihre Überleitung in die Friedensverhältnisse sowie Wertung ihrer Akten, Potsdam 1942
Müller, Alfred: Die Kriegsrohstoffbewirtschaftung 1914-1918 im Dienste des deutschen Monopolkapitals, Berlin 1955 [10144]
Schreyer, Hermann: Die Kriegswirtschaftsorganisationen im ersten Weltkrieg und ihre Archivbestände als Quellen zur Geschichte des staatsmonopolistischen Kapitalismus, in: Jb. f. Wirtschaftsgeschichte 1985/3
Rohlack, Momme: Kriegsgesellschaften (1914-1918): Arten, Rechtsformen und Funktionen in der Kriegswirtschaft des Ersten Weltkrieges, Frankfurt/M; Berlin. 2001 (Rechtshistorische Reihe; Band 241)
- Provenienz
-
Kriegsmetall AG (KMA), 1914-1921
- Bestandslaufzeit
-
1914-1921
- Weitere Objektseiten
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Letzte Aktualisierung
-
16.01.2024, 08:43 MEZ
Datenpartner
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Objekttyp
- Bestand
Beteiligte
- Kriegsmetall AG (KMA), 1914-1921
Entstanden
- 1914-1921