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Wahl in Brasilien: Rechtspopulismus auf dem Vormarsch

Der rechtsextreme ehemalige Militär Jair Bolsonaro führt zwei Wochen vor der brasilianischen Präsidentschaftswahl am 7. Oktober die Umfragen an. Ihm fehlen zwar Regierungserfahrung und eine gewichtige Parteienallianz, doch weiß der umstrittene Politiker die Wut der Brasilianer über die Dauerkrise zu kanalisieren. Dabei gelingt es Bolsonaro, sich mit polemischen Beiträgen in den sozialen Medien als Gegenentwurf zur korrupten Politikerkaste zu inszenieren. Brasilien steckt in einer tiefen Krise. Sie ist die Folge einer Rezession mit Minuswachstumsraten um 4 Prozent und einem Korruptionsskandal, der das politische System erschüttert: ein fruchtbarer Boden für Autoritarismus. Mit seinem radikalen Programm mobilisiert Bolsonaro die gebildete Mittelschicht und ultrakonservative Wähler. Der unter Korruptionsverdacht stehende Präsident Michel Temer hat eine unpopuläre Austeritätspolitik verfolgt. Lula da Silva von der Arbeiterpartei (PT) ist bereits wegen Korruption verurteilt. Dennoch erlauben es ihm seine hohen Beliebtheitswerte, den PT-Kandidaten Fernando Haddad aus dem Gefängnis entscheidend zu unterstützen. Eine zentrale Parole Bolsonaros lautet "Waffen zur Selbstverteidigung für alle!": Die Militarisierung der Gesellschaft als Rezept gegen die ausufernde Gewalt. Bei einer Wahlkampfveranstaltung im September wurde Bolsonaro selbst Opfer einer Messerattacke. Der Katholik und vormalige Baptist begründet seine Positionen gegen Abtreibung sowie gleichgeschlechtliche Ehe und für die Todesstrafe auch mit seinem Glauben. Wirtschaftlich wettert Bolsonaro gegen hohe Steuern und den Einfluss Chinas. Nach dem Motto "Brazil First" verspricht er die Schaffung Millionen neuer Arbeitsplätze. Die Kandidatur des Rechtspopulisten bricht den traditionellen Lagerwahlkampf zwischen der linken Arbeiterpartei und den konservativen Sozialdemokraten auf. In der neuen Konstellation ist eine Entscheidung im ersten Wahlgang sehr unwahrscheinlich. Gesucht wird der Gegner Bolsonaros bei der Stichwahl am 28. Oktober. Im zweiten Wahlgang könnte die hohe Ablehnungsquote bei den Brasilianerinnen Bolsonaro den Sieg kosten. Für einen Triumph spricht dagegen, dass sich in Umfragen viele potenzielle Wähler wegen seines radikalen Image nicht zu Bolsonaro bekennen.

Wahl in Brasilien: Rechtspopulismus auf dem Vormarsch

Urheber*in: Flemes, Daniel

Attribution - NoDerivates 4.0 International

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Alternative title
Brazil's Elections: Nationalist Populism on the Rise
ISSN
1862-3573
Extent
Seite(n): 13
Language
Deutsch
Notes
Status: Veröffentlichungsversion; nicht begutachtet

Bibliographic citation
GIGA Focus Lateinamerika (5)

Subject
Politikwissenschaft
politische Willensbildung, politische Soziologie, politische Kultur
Brasilien
Staatsoberhaupt
Wahlkampf
Populismus
politische Krise
politisches System
Wirtschaftskrise
Korruption
Nationalismus
konservative Partei
Autoritarismus
rechtsextreme Partei
Wahl
Abstimmung
Lateinamerika

Event
Geistige Schöpfung
(who)
Flemes, Daniel
Event
Veröffentlichung
(who)
GIGA German Institute of Global and Area Studies - Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien, Institut für Lateinamerika-Studien
(where)
Deutschland, Hamburg
(when)
2018

URN
urn:nbn:de:0168-ssoar-59176-2
Rights
GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften. Bibliothek Köln
Last update
21.06.2024, 4:27 PM CEST

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  • Arbeitspapier

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  • Flemes, Daniel
  • GIGA German Institute of Global and Area Studies - Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien, Institut für Lateinamerika-Studien

Time of origin

  • 2018

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