Ministerium
Reichsluftfahrtministerium; Berlin, Mitte
Die Straßenkreuzung von Leipziger und Wilhelmstraße wird dominiert von der Baumasse des ehemaligen Reichsluftfahrtministeriums, Leipziger Straße 5-6 Es war der zweite Großbau neben der Reichsbankerweiterung, den die Nationalsozialisten direkt nach der Machtergreifung ausführen ließen, und er war bereits 1936 fertig gestellt. Die Entwürfe stammen von Ernst Sagebiel, dem späteren Architekten des Flughafens Tempelhof. Der Bau des Luftfahrtministeriums steht im Zusammenhang mit dem gleichzeitigen Ausbau und der Reorganisation der Luftwaffe und damit für den Beginn der Kriegsvorbereitung direkt nach der "Machtergreifung" unter dem Chef des Luftfahrtministeriums und Flieger des Ersten Weltkrieges Hermann Göring. Darüber hinaus war das Großprojekt als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme und durch die enorm kurze Bauzeit ein Propagandaobjekt, mit dem die Nationalsozialisten ihre Tatkraft unter Beweis stellen wollten.° Die sehr moderne Konstruktion des Stahlbeton- beziehungsweise Stahlskelettbaus wurde hinter den glatten, mit Muschelkalkplatten verkleideten Wandflächen mit Reihen kleiner, hochrechteckiger Fenster versteckt. Eine nationalsozialistische Ästhetik mit schweren, einen handwerklichen Bauprozess vortäuschenden Materialien und reduzierten klassizistischen Details überdeckt die eigentlich sehr funktionale Grundrissstruktur des Bürogebäudes. (2) Der an das ehemalige Preußische Herrenhaus anschließende, abgewinkelte Bauteil an der Leipziger Straße bildet einen geräumigen Vorplatz, an dem sich der Eingang für den öffentlichen Geschäftsverkehr befindet. Im Innern wechseln Repräsentationsbereiche mit nüchternen, langen Bürogängen. Durch eine Pfeilervorhalle betritt der Besucher eine mit Muschelkalk verkleidete Eingangshalle, bevor er die große Vorhalle und den Treppenaufgang erreicht. Dem Haupteingang an der Wilhelmstraße ist ein mit einem hohen Eisengitter geschlossener Ehrenhof vorgelagert. Hier gelangt man durch Vestibül, Steinsaal, Haupttreppe und Wandelgang zu dem über drei Geschosse reichenden großen Festsaal. An den rückwärtigen, längs der Wilhelmstraße verlaufenden Quertrakt gliedern sich rechtwinklig Büroflügel um vier Höfe an, die eine ausreichende Belichtung der zweihüftigen Anlage gewährleisten. Die langen Flure werden durch die Verwendung von Werkstein in unterschiedlichen Färbungen und Strukturen optisch gegliedert. ° Im Zweiten Weltkrieg ist das Gebäude nur wenig in Mitleidenschaft gezogen worden, so dass es in seiner äußeren Erscheinung und Innenausstattung nahezu komplett erhalten ist. Lediglich die plastischen Bildwerke wie Feldherrenköpfe, Bronzeadler sowie Eiserne Kreuze und Hakenkreuze sind entfernt worden. 1946-48 diente das Gebäude der sowjetischen Militäradministration. Der große Festsaal wurde 1946-47 neu gestaltet. Hier verabschiedeten am 7. Oktober 1949 die Mitglieder des Deutschen Volksrates die Verfassung der DDR. Wenige Jahre später wurde die Umgestaltung der Vorhalle zur Leipziger Straße mit dem Wandbild Max Lingners abgeschlossen. Anstelle eines Reliefs von Arno Waldschmidt, das die Deutsche Wehrmacht glorifizierte, wurden nun eine idealistische Vision einer glücklichen sozialistischen Gesellschaft dargestellt. Bis zur Wiedervereinigung war das Gebäude als Haus der Ministerien der DDR genutzt worden, bevor 1990 die Treuhandanstalt einzog. Nach einer umfassenden Instandsetzung des Gebäudes 1996 - 2000 (Architekten HPP, Gerhard Feldmeyer, Hermann Henkel), bei der die vollständig erhaltenen ursprünglichen Raumstrukturen von zwischenzeitlichen Einbauten befreit und die überkommenen Repräsentationsbereiche restauriert wurden, dient es als Dienstsitz des Bundesministeriums der Finanzen. ° ____________________° (1) Vgl. Ll., Vom Bau des Reichsluftfahrtministeriums, in: Bauwelt 27 (1936) 9, Beilage S. 1-11; Sagebiel, Ernst, Das Reichsluftfahrtministerium, in: Bauwelt 28 (1937) 8, Beilage S. 1-14; Hoffmann, Herbert, Das Reichsluftfahrtministerium, in: Moderne Bauformen 35 (1936), S. 425-441. Schäche 1991, S. 218-226; BusB III, S. 24f, 27, 41f.° (2) Vgl. Petsch 1976, S. 99ff.
- Standort
-
Platz des Volksaufstandes von 1953 1 / Wilhelmstraße 97 / Niederkirchnerstraße 1, Mitte, Berlin
- Verwandtes Objekt und Literatur
- Klassifikation
-
Baudenkmal
- Ereignis
-
Entwurf
- (wer)
-
Entwurf: Sagebiel, Ernst
- (wann)
-
1934
- Ereignis
-
Ausführung
- (wer)
-
Ausführung: Wayss und Freytag AG
Ausführung: Beton- und Monierbau AG
Ausführung: Massivbau GmbH
Ausführung: H. Streubel
Bauherr: Reichsluftfahrtministerium
- (wann)
-
1935-1936
- Ereignis
-
Umbau
- (wann)
-
1946
- Ereignis
-
Umbau
- (wann)
-
1992
- Letzte Aktualisierung
-
04.06.2025, 11:55 MESZ
Datenpartner
Landesdenkmalamt Berlin. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Ministerium
Beteiligte
- Entwurf: Sagebiel, Ernst
- Ausführung: Wayss und Freytag AG
- Ausführung: Beton- und Monierbau AG
- Ausführung: Massivbau GmbH
- Ausführung: H. Streubel
- Bauherr: Reichsluftfahrtministerium
Entstanden
- 1934
- 1935-1936
- 1946
- 1992