Schultertopf

Schultertopf mit Sagenvogel »feng huang«

Der Schultertopf ist aus einem dicken Porzellanscherben modelliert (vgl. nahezu identischen Topf, Inv. Nr. V 4278). Er weist über einem abgesetzten, wulstförmig ausgestellten Standring eine balusterförmig ansteigende Laibung mit einer gewölbten Schulter auf, die in einem kräftigen geraden Halsring mündet. Der vermutlich ehemals dazugehörige Stülpdeckel fehlt.

Eine blaue Unterglasurmalerei überzieht das Gefäß. Die Wandung zeigt inmitten von Wellenmotiven, die wie Wolkenspiralen sich formieren und das Glück bzw. das Glücksmeer symbolisieren, stilisierte Päonien- oder Chrysanthemenblüten. Inmitten dieser Landschaft fliegt der Sagenvogel »feng huang«.

Der mythische, mit dem Phönix vergleichbare Vogel »feng huang« ist das Wappentier der Kaiserin und verkörpert das »yin«. Der Vogel trägt den Kopf eines Hahns in Stellvertretung für die Sonne und den Rücken einer Schwalbe in Stellvertretung für den Halbmond. Die Flügel symbolisieren den Wind, die Schwanzfedern Blumen und Bäume, die Beine die Erde. Sein traditionell in fünf Farben wiedergegebenes Gefieder symbolisiert Güte, Treue, Selbstzucht, Weisheit und Vertrauen. In China werden mit dem Vogelwesen Wärme, Reichtum, Frieden, aber auch überreiche Ernten und eine vernünftige Regierung assoziiert.

Den Halsring ziert ein Band aus sogenannten »ruy-i«-Motiven: Das stilisierte Motiv des Zepters gilt als Symbol Buddhas, verkörpert die magische Kraft und den Reichtum.

Der Schultertopf gehört zur Gattung der »Blau-Weiß-Ware«. Diese ist vielleicht der bekannteste Beleg für einen weltweiten Kulturtransfer. Das hierfür benötigte Farb- bzw. Oxidpigment Kobaltblau und seine Verwendung als Glasurfarbe zu Dekorationszwecken lassen sich zunächst im Alten Ägypten und im Alten Persien nachweisen. Über viele Jahrhunderte galt die »Smalte« (gepulvertes Kobaltglas) - im 19. Jahrhundert auch unter der Bezeichnung »Muhammedanisch Blau« geführt - als Exportschlager und wurde weltweit teurer als Gold gehandelt.

Nachdem der Farbstoff in China bekannt geworden war, wurde er zur Bemalung von Porzellan eingesetzt. Im 14. Jahrhundert erlebte die Produktion des chinesischen Blau-Weiß-Porzellans ihren ersten Höhepunkt. Von hier aus gelangte sie in andere Gebiete Ostasiens wie Japan, nach Persien, ins Osmanische Reich und schließlich nach Europa, wo sie das Porzellan-Kabinett von Herrschern und Fürstenhöfen unterschiedlicher Kultur und Religionszugehörigkeit schmückte.

Die Ware mit ihrem charakteristischen Dekor wurde nicht nur in diverse Reiche exportiert, sondern auch massenhaft imitiert, sei es in Porzellan, Fayence oder Steingut. So bildet das chinesische Blau-Weiß-Porzellan für die Geschichte des europäischen und »außereuropäischen« Kunsthandwerks eine durchgängige Konstante, das bis heute nichts von seiner Faszination eingebüßt hat.

Literatur: WeltKultur / Global Culture. Führer durch die kulturgeschichtliche Abteilung, hrsg. vom Badischen Landesmuseum, Karlsruhe 2014, S. 81.

Location
Badisches Landesmuseum, Karlsruhe
Collection
Global Art History
Inventory number
V 4279
Measurements
Höhe: 33.0 cm (Gesamt)
Material/Technique
Porzellan; Unterglasurmalerei

Event
Herstellung
(where)
China
(when)
19. Jh.

Rights
Badisches Landesmuseum
Last update
12.07.2024, 10:56 AM CEST

Data provider

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Object type

  • Schultertopf

Time of origin

  • 19. Jh.

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