Archivale

Inquisition über Agnesa, Witib des Nestlers Michael Helbling selig

Regest: Anwesend:
Herr Ct. Johann Jacob Curtz,
Herr Bürgermeister Conrad Felchlen,
Herr Bürgermeister Johann Philipp Laubenberger,
Herr Johann Bihler,
Herr Stephan Grieninger,
Herr Johann Zendel,
Herr Zunftmeister Peter Bihler,
Herr Johann Hess, Ratschreiber.

Sie ist graviert (= belastet) von neuem durch das gemeine Geschrei.
Von der Blanckhin und Schmidin ist sie angegeben worden laut ihrer Urgichten.
Zu befragen sind folgende Personen:
1) Hans Jerg Helbling, Nestler.
2) Ludwig Grieninger, Beck.
3) Seine Hausfrau Anna Maria.
4) Johannes Briel, Hafner.
5) Eberhard Köngoth.
6) Eberhard Werenwag.
7) Elisabetha, Magd des Herrn Bürgermeister Franz Helbling.
8) Hans Jacob Spannagel.
9) Franz Helblings, Schuhmacher.
10) Johannes Helbling, Kürschner.
11) Maria, Hausfrau des Mose Vischer.
12) Maria, Hausfrau des Johannes Buel.
13) Agnesa, Hausfrau des Jacob Spannagel.
14) Balthas Neuschler.
(Da das nachfolgende Verhör der Angeklagten auf den Zeugenaussagen fußt, kann auf deren Wiedergabe hier verzichtet werden).

1665 Juni 8
Anwesend:
Herr Bürgermeister Felchlen,
Herr Bürgermeister Laubenberger,
Herr Johann Bihler,
Herr Stephan Grieninger,
Herr Zunftmeister Peter Bihler,
Johann Hess, Ratschreiber.

Agnesa Helbling wird über das Zeugenverhör gütlich befragt und zwar:
1) Ob sie nicht vor 8 Jahren mit ihrem Sohn Hans Jerg Helbling und seinem Jungen auf den Jahrmarkt (zu Calw - laut Zeugenaussage) gegangen sei und daselbst bei dem Wirt zur Jungfrau übernachtet habe.
Antwort: Ja, sie sei mit ihm auf diesem Markt gewesen.
2) Ob nicht, nachdem der Helbling das Wasser in eine Glutpfanne entblößt (= abgeschlagen, uriniert) und das Wasser hinausgeschüttet hatte, er einen feurigen Kopf mit feurigen Augen neben ihr liegen gesehen habe, welcher vorn einen großen Knaus (= Auswuchs) hatte. Sie habe darüber gelacht. Er sei nicht in der Kammer geblieben. Sie aber sei daselbst still liegen geblieben.
Antwort: Der Hans Jerg Helbling, nachdem er in die Kammer gekommen war, habe das Wasser in eine Glutpfanne entblößt und es samt der Glut in den Schnee hinausgeworfen. Wie er wieder hereinsah, habe er gesagt: "O Mutter, es ist ein feuriger Kopf ob dir". Darauf habe sie gesagt, es sei nur der Schatten von seinem eignen Kopf. Des Wirts Magd, welche bei ihr lag, habe gleich gesagt, es sei nie ein Ungleinster (= Ungelünster = Gespenst) in dieser Kammer gespürt worden.
3) Ob sie nicht, nachdem ihre jüngste Tochter Hochzeit gehalten, etlichen Weibern vor der Doctorin Haus von dem Hochzeit-Wein zu trinken gegeben habe.
Antwort: Nein, nicht sie, sondern die Uber-Ann (Anna Uber) habe ihnen zu trinken gegeben. Ihr Mann selig habe es befohlen.
4) Ob sie nicht hernach die Hausfrau des Johann Briel in ihr Haus hinübergerufen und ihr Wein zu trinken gegeben habe.
Antwort: Nein, sie habe ihr niemals gerufen. Die Hafnerin sei damals nicht in ihr Haus gekommen.
5) Ob die Hafnerin sich an der Nachhochzeit nicht beklagt habe, daß ihr weh sei.
Antwort: Sie wisse nichts davon.
6) Ob sie nicht, als die Hafnerin krank lag, 2mal nacheinander hinübergegangen sei und das einemal 3 Äpfel gebracht und der Hafnerin den Fuß angeregt und gesagt habe: "O Madlin, hast du so kalte Füß".
Antwort: Sie sei nur einmal bei ihr gewesen und habe nicht nur drei, sondern einen Kratten (= Korb) voll Äpfel hinübergetragen und sie keineswegs am Schenkel angeregt.
7) Ob sie nicht in Erfahrung gebracht habe, daß man sie bezichtigte, sie hab's der Hafnerin getan (= angetan) und ihr den Tod gegeben.
Antwort: Ja, sie habe es erfahren, die Uber-Ann habe es ihr geoffenbart, Sie habe es auch gleich dem Herrn Pfarrer Bantlen angezeigt. Der habe dem Hafner gleich einen Boten geschickt und, als er kam, habe der Hafner gesagt, das heil. Nachtmahl solle ihm nicht mehr gereicht werden, wenn er sie bezichtigt habe.
8) Ob sie nicht, als die Hafnerin krank lag und allerhand Mittel und besonders einen Bauernknecht brauchte, sie besucht und gesagt habe: "O Hafnerin, ich habe eine Krankheit 3 Tag gehabt wie du, hab gleichsam 2fach gehen müssen".
Antwort: Nein, sie sei nicht krank gewesen, wisse nichts davon.
9) Warum sie aber nicht geklagt habe, als man sie bezichtigte, daß sie der Hafnerin vergeben habe.
Antwort: Ihr Mann habe es nicht haben wollen. Es habe sie seither gereut.
10) Warum sie aber in einem allgemeinen bösen Geschrei sei.
Antwort: Man könne einem leicht eine Klette (= üble Nachrede) anhängen.
11) Ob sie nicht mit der Blanckhin und der Schmidin ausgefahren sei auf die Scheib und den Rosswasen.
Antwort: Nein.
12) Ob sie leiden möge, daß man ihr die Blanckhin konfrontiere.
Antwort: Ja, man solle sie herholen.
13) Ob sie nicht einmal Elsbeth, der Magd des Herrn Bürgermeister Helbling, nachts leibhaftig in ihrer Kammer erschienen sei.
Antwort: Es sei nicht wahr. Sie sei ihr Lebtag nicht in deren Kammer gekommen.
14) Hierauf wurde ihr die Blanckhin an die Seite gestellt. Diese sagt der Nestlerin rund unter das Gesicht, daß sie nicht nur mit ihr ausgefahren, sondern auch stets bei der Hexenzusammenkunft, ehe sie ausfuhren, in das hintere Stüblein des Hans Jacob Tochtermann gekommen sei.
Antwort: Es sei nicht wahr. Sie lüge wie eine durchgeschlagene (= durchtriebene) Hex und Unholdin. Sie solle ihr sagen, wie sie gegangen, worauf sie ausgefahren sei und was sie dann getan habe.

Darauf sagt die Blanckhin, sie habe eben getan, was andere auch getan haben. Sie wisse nicht eigentlich (= genau), worauf sie ausgefahren sei. Man habe sie als einen Schnudelbutzen (= Aschenbrödel) nicht geachtet und so weit kommen lassen, daß sie (die Blanckhin) sehen konnte, was sie anhatte ... Die Nestlerin sei erst am vergangenen Matheistag mit ihnen ausgefahren.

1665 Juni 9
Im Beisein der vorgenannten Herren Commissare.

1) Sie wird an ihre begangenen Missetaten erinnert und daß sie Gott und der Obrigkeit die Ehre geben und gerad herausgehen solle.
Antwort: Sie sei kein dergleichen Mensch. Man möge mit ihr machen, was man wolle.
2) Ob sie nicht vor 20 Jahren von ihrem Mann wegziehen wollte. Damals habe sie geklagt, daß sie vom Teufel beschlafen worden sei.
Antwort: Das sei nicht wahr. Sie wisse vom bösen Geist nichts zu sagen.
1665 Juni 12
Anwesend:
die genannten Herren Commissare.
1) Sie wird in der Güte erinnert, daß sie Gott und der Obrigkeit die Ehre geben und bekennen solle.
Antwort: Sie könne - Gott soll sie strafen - nichts sagen, man könne sie peinigen, wie man wolle.
2) Ob sie am vergangenen Samstag, als sie der Scharfrichter torquieren wollte, gesagt habe, er solle nur zu ihr herkommen, sie wolle ihm nichts tun.
Antwort: Sie könne es nicht in Abred sein (= leugnen). Sie sei ein redlich Mensch, daher könne sie niemand etwas tun.
Weil sie nun nichts in der Güte bekennen wollte, wurde ihr der Stiefel angelegt. Nach einer Weile aber wurde sie wieder herabgelassen.
3) Da hat sie in der Güte bekannt, vor 2 oder 3 Jahren, als sie Bärbelins der Vogts-Anna Haus zum Karz (= abendliche Zusammenkunft in der Spinnstube) ging, sei damals ein Geschrei gegangen, wann (= weil) ein Hirsch umhergelaufen sei. Als sie nun heim in ihre Stube kam, sei der böse Geist in Gestalt eines Soldaten hineingekommen und habe sie beschlafen. Es sei eine kalte Natur gewesen. Er habe sie 14 Tage hernach in ihrer Stube getauft und Agnesa genannt. Bei der Taufe seien die Apothekerin und das Weib des Hans Jacob Engel gewesen. Ihr Geist habe sich Peter genannt. Damals habe sie geschrien, wie die Nachbarschaft wissen werde. Ferner sagt sie, diese ihre Verführung sei vor 7 Jahren mit den jetzt erzählten Umständen geschehen. Nachher sei sie nur einmal ausgefahren auf die Scheibe.
5) Die Fürkäuflerin habe ihr graues Pulver in einem Guckgeisle (= Guckäusle, Tüte) gegeben.
6) Unter ihrer Compagnie (= Gesellschaft) seien 6 gewesen: Die Apothekerin, Hans Jacob Engels Weib, die Blanckhin, die Schmidin, die Els, das Aferlin.
7) Auf einem Stecken, welchen ihr die Fürkäuflerin gegeben, sei sie ausgefahren.
8) Auf der Hexenzusammenkunft habe man gegessen und getrunken. Was sie aber aßen und tranken, sei nichts Gutes gewesen. Darum habe sie nicht mehr ausfahren wollen.
9) In der Fürkäuflerin Haus seien sie, ehe sie ausfuhren, zusammengekommen.
10) Das ihr von der Fürkäuflerin gegebene Pulver habe sie der Hafnerin im Wein zu trinken gegeben.
11) Man tue ihr Gewalt und Unrecht, wenn man die Apothekerin und des Engels Weib nicht auch hinaustue. Sie wolle ohne sie nicht hinaus. Denn diese seien wie sie, seien mit ihr ausgefahren auf die Scheibe, haben Flor (= dünnes, schleierartiges Gewebe) umgehabt. Des Hans Jacob Engels Weib habe ihre Tochter mit draußen gehabt. Sie habe sie gesehen.
12) Es seien ihrer viel, die ausfahren. Man kenne sie eben nicht.
13) Die Sattler-Els sei beim Teufel-König gesessen, habe einen grünen Rock angehabt.
14) Um 12 Uhr nachts fahre man hinaus. Sie wisse aber nicht, wann sie immer heimgekommen seien. Es sei eben ein groß Kreuz wegen des Fallens. Sollte eines immer auf die Knie niederfallen und beten. Von Stund an, als sie verführt worden, habe es sie gereut und reue sie noch.
15) In der Tauf spreche der Teufel: "Ich taufe dich in des Teufels Namen". Die Apothekerin sei ihre Gevatterin (= Patin) bei der Teufelstauf, des Engels Weib sei auch dabei gewesen.
16) Wie der böse Geist in Gestalt eines Soldaten kam, habe er ihr gute Worte gegeben, bis es dahin kam, daß er sie auf ihrem Lotterbett beschlief. Nach verrichteter Sach sei er gegangen. Sie habe ihm ausgefolgt (= ihn hinausbegleitet) und noch gemeint, er sei ein rechter Mann, bis er wiederkam. Da habe sie wahrgenommen, daß er Geißfüß hatte. Sie aber habe ein groß Kreuz daran gehabt.
17) Gott und der heil. Dreifaltigkeit habe sie abgesagt.
18) Diese jetzt spezifizierten Punkte sind ihr umständlich wieder vorgelesen und von ihr nochmals bejaht worden. Sie wolle darauf leben und sterben. Es sei alles wahr. Man dürfe es auch der Apothekerin und des Engels Weib unter das Gesicht sagen. Sie wolle ohne diese nicht hinaus. Man müsse ihnen auch tun wie ihr. Entweder müssen sie vor oder nach ihr hinaus. Man müsse ihnen auch den Schädel wegschlagen.

1665 Juni 13, nachmittags.
In praesentia dominorum Commissariorum.

Sie sagt ein für allemal, daß sie ohne die Apothekerin und des Engels Weib nicht hinaus wolle. Sie wolle auf dem offenen Markt schreien.

1665 Juni 15
In Anwesenheit der Herren Commissare.

1) Sie wiederholt ihr bisheriges Geständnis. Allein vor 8 Jahren habe sie von dem Fürkäufler-Grethle einen Rock zu kaufen begehrt. Diese habe ihr gerufen, sie habe einen Rock für sie. Sie, die Agnesa, habe zwar, weil es Nacht war, nicht hinauf gewollt, endlich sei sie aber hinaufgegangen. Die Fürkäuflerin habe ihr den Rock um 5 fl geboten. Das sei ihr aber zu teuer gewesen. Dann habe die Fürkäuflerin ihr einen Stecken in die Hand gegeben. Sie solle aber mit ihr nichts reden. Sie sei mit ihr hinausgefahren. Sie habe draußen niemand gesehen als die Apothekerin und des Engels Weib.
2) Nachdem sie vom Teufel verführt worden, sei sie 2 Jahr hernach in ihrem Haus getauft worden. Sie wisse, Gott solle sie strafen, weiter nichts.
Hierauf wurde ihr der Stiefel angezogen.
3) Als er wieder abgezogen war, sagt sie gütlich, vor 8 Jahr sei sie in der Fürkäuflerin Haus verführt worden. Sie sei verschiedenemal, wisse nicht wie oft, ausgefahren auf die Scheib. Es seien ihrer viel draußen gewesen, unter andern die Apothekerin und Engels Weib wie auch die bereits verbrannten. Den Hans Jacob Tochtermann habe sie draußen gesehen. Er habe mit der Apothekerin getanzt. Unter ihrer Kompagnie seien folgende Personen gewesen: die Fürkäuflerin, die Sattler-Els, das Aferlin, die Apothekerin, sie, die Nestlerin selbst, die Bertschen-Lis, Hans Caspar Widmayers Weib, der Bertschin Tochter, die Blanckhin, der Hans Jacob Tochtermann, Hans Jacob Engels Tochter, welche sie nicht mehr als 3mal draußen gesehen habe.
4) Sie habe, Gott solle sie strafen, des Jolins Weib und Kindern nichts getan.
5) fehlt.
6) Der Teufel habe ihr Pulver und gräuliche Salbe gegeben.
7) Auf dem Stecken, den ihr die Fürkäuflerin gegeben, sei sie ausgefahren.
8) Die Apothekerin sei auf einer schönen Gabel gefahren.
9) Johannes Schelling, des Aferlins Mann, sei ihr, der Nestlerin, Tanzgesell gewesen. Ihr böser Geist, der Peter hieß, habe ihr den Schelling zugeführt. Sie seien etwa 2mal in der Woche ausgefahren.
10) Auf dem Rücken auf der rechten Seite habe sie der Teufel bezeichnet und Blut herausgelassen. Sie wisse nicht, wer sie mit ihrem Blut dem Teufel verschrieben habe.
11) Auf der Hexenzusammenkunft bete man nicht, sondern man lästere Gott und die heil. Dreifaltigkeit, fluche und schwöre.
12) Der Teufel habe oft von ihr begehrt, sie solle dem und dem vergeben, aber sie hätte sich eher verreissen lassen, ehe sie es getan hätte. Der Teufel habe sie immer gefragt, was sie für Schaden getan habe.
13) Der Teufel habe zu ihr gesagt, sie müsse sich anders und in Teufels Namen taufen lassen. Sie habe dem Teufel 3mal die Worte, die er gesprochen, nachsagen müssen. Sie lauteten: "Ich taufe dich in des Teufels Namen und hiemit sage ich Gott und allen Heiligen ab und verspreche mich dem Teufel und seinem höllischen Heer und Anhang". Darnach sei sie getauft worden. Die Apothekerin sei ihre Gevatterin, der Engel aber ihr Gevattermann gewesen, wobei Engels Weib auch war. Den Engel habe sie oft auf der Hexenzusammenkunft gesehen. Zur Tauf seien sie zu ihr nachts ins Haus gekommen, als sie gesponnen habe. Sie habe ihnen das Haus nicht aufgetan. Sie werden gewiss ins Haus gefahren sein. Der Engel und Johannes Schelling haben mit ihr in Unkeuschheit gelebt. Als sie eine Witfrau war, habe der Engel erstens in ihrem Haus auf dem Lotterbett, zweitens in seinem Haus in der Haustenne, drittens zu Rangendingen, als er mit ihr dort auf dem Markt war, in Unehren zugehalten. Vor 3 Jahren sei es zu Rangendingen nachts in der Nebenstub im Stroh geschehen. Des Aferlins Mann, der Johannes Schelling, sei nicht über 4 oder 5mal bei ihr gelegen.
14) Sonst wisse sie weiter nichts, habe auch niemand als der Häfnerin Schaden getan, habe auch das Kind ihrer Tochter, der Küferin, nicht verführt. Sie beteuert's bei Gott und mit erhobenen 3 Fingern und bittet, sie um Gottes willen nicht weiter zu treiben.
Dieses alles ist ihr wieder vorgelesen und sie gefragt worden, ob alles wahr sei, sie solle niemand Unrecht tun. Sie bejaht's alles, sie wolle dabei leben und sterben.

1665 Juni 19
Bei der Besiebenung (Überführung durch 7 Aussagen, die des Klägers und von 6 Zeugen) bestätigt sie alle vorherigen Aussagen (jedoch mit einigen unwesentlichen Änderungen der mit Engel und Schelling getriebenen Unzucht).
Als ihren letzten Willen, wenn sie vom Leben zum Tod gerichtet worden, bestimmt sie über ihre Hinterlassenschaft folgendes:
Dem Kind ihrer Tochter, Agnesa Weiß, ihre Bereitstatt (= Bettstatt?) mit allem Zubehör, nämlich 1 Unterbett, 1 Oberbett, 2 Pfulben (= Kissen), 2 Leinlachen (= Leintücher), 1 Kissen, 1 Bettlad,
dem Caspar Luibinger 2 fl
dem Johann Hess 1 fl 30 Kr,
den Herren Commissaren und dem Ratschreiber 1/2 Eimer Wein.
Alles übrige soll in 3 gleiche Teile verteilt werden an die Töchter des Küfers Johannes Weiß, des Samuel Khaim und des Eberhard Werenwag.

1665 Juni 20
Anwesend die Herren Commissare.

Auf des Herrn Amtsbürgermeister Anbefehlen ist Hans Jacob Engel, von der Verhafteten wegen adulterii (= Ehebruchs) angegeben, vorbeschieden und seine Erklärung darüber vernommen worden.
Seine Antwort: Wenn er sie im geringsten in Unehren angerührt habe, so solle man ihn nicht nur an Geld, sondern am Leib strafen. Es werde sich nicht erfinden. Er sei ein Ratsglied trotz einem (= so gut wie irgend einer). Er bedanke sich bei den Herren Commissaren, daß man ihm solches zeitlich (= frühzeitig) geoffenbart habe. Man möge ihm zumuten, was man wolle, so könne er mit seinem guten Gewissen erhalten (= behaupten), die Nestlerin hab's ihm aus Neid und Haß getan. Man solle ihm alle Adern herausreißen, wenn es geschehen sei. Er sei sein Lebtag zu Rangendingen nicht über Nacht gelegen, auch in 15 Jahren bei Tag nie daselbst gewesen. Zudem sei die Nestlerin vor 3 Jahren nicht mehr auf die Jahrmärkt gegangen.
Wegen der zugemessenen (= ihm zugeschriebenen) Hexerei und daß er bei ihrer Tauf gewesen sein solle, sagt er, er sei so rein wie eines Christenmenschen und besonders der Herren Commissare Gewissen. Solle aber ihm als einem frommen Mann solches widerfahren, so begehrt er Konfrontation. Der Teufel könne in seiner Gestalt bei ihrer Tauf gewesen sein.

1665 Juni 21
Anwesend die Herren Commissare.

Sie bejaht alles, was sie vorher gütlich ausgesagt hat und bekennt:
Als sie mit ihren Kindern teilte, sei der Engel erstmals bei ihr gelegen an einem Abend. Denn weil es zwischen ihren Kindern damals wegen eines Trogs (= Truhe) strittig und die Kinder im Keller waren, habe sie den Engel, welcher der Teilung beiwohnte, als ihren Kriegsvogt (= Rechtsbeistand) in die Stube gerufen und ihn deswegen um Rat fragen wollen. Als er kam, habe er sie unter anderem angeredet, mit ihm Unzucht zu treiben. Sie habe anfänglich nicht willfahrt, sondern gesagt, es sei Sünde. Er aber habe geantwortet, es sei nicht Sünde, und zu dem Ende den Riegel an der Tür zugemacht, seine Hosen aber über die Knie abgetan und Ehebruch mit ihr getrieben auf ihrem Lotterbett.
Vor 3 oder 4 Jahren habe der Engel zu Rangendingen nachts Ehebruch getrieben ...
Weil aber solches der Hans Jacob Engel, als er deshalb auf das Bürgerhaus beschickt (= bestellt) wurde, gänzlich leugnete, ist er konfrontiert worden.
Der 1. Punkt ist ihm vorgelesen worden. Er antwortete, er habe sein Lebtag nie dran gedacht, da er kein Hurenmann sei, habe auch ein Zeichen oder Bresten (= Gebrechen) an ihm hangen. Sie könne keine Wahrheit sagen. Denn sie habe sich dem Teufel ergeben.
Nestlerin: Wäre der Engel, sein Weib und die Apothekerin nicht in ihr Haus gekommen, so wäre dieses nicht geschehen.
Engel auf den andern Punkt: sein Lebtag sei er nicht über Nacht zu Rangendingen gelegen, auch in 4 Jahren bei Tag nie dort gewesen.
Nestlerin: es sei wahr.
Engel: Wenn er sie in Unehren angeredet, soll alles an ihm verloren sein. Daß er aber zu ihr, wie sie getauft wurde in die Stube gekommen, sei nicht wahr. Der Teufel könne in seiner Gestalt dahin gekommen sein.
Nestlerin: wie er's doch leugnen dürfe (= zu leugnen wage)! Er sei ja mit seinem Weib und der Apothekerin hingekommen, haben geschwätzt. Er, der Engel, sei dieser Teufel.
Engel: Er wisse gar nichts davon. Gott werde ein Zeichen tun, solle ihm als einem frommen Menschen so etwas widerfahren!
Nestlerin: Wenn es nicht wahr sei, solle man ihr Riemen aus dem Leib schneiden, Salz drein säen (= streuen) und sie lebendig verbrennen. Der Engel habe sie dahin gebracht.
Engel: Wenn es wahr sei, solle man ihm den ärgsten Tod antun. Es geschehe ihm so Unrecht, wie Christus gestorben sei. Er bittet um des jüngsten Gerichts willen, man solle ihm glauben. Wenn er fehle, solle man seiner nicht fehlen (= ihn nicht verfehlen). Seine Unschuld werde an den Tag kommen.
Nestlerin: sie wolle ihr Gewissen um seinetwillen nicht beschweren.
Engel: er sei, seit man ihn geschnitten, kein Mann mehr. Es möge bei ihr gewesen sein, wer wolle. - Sagt weiter, er habe sich gestoßen (= geirrt). Denn nach dem Schnitt habe er noch 2 Kinder erzeugt. Aber seit 10 Jahren sei er kein Mann mehr.
Helblingerin (= Nestlerin): sie sei kein anderer Mensch gewesen als er.
Engel: sein Gewissen sei so rein wie das der Herren Commissare. Er sei sein Lebtag nie über Nacht zu Rangendingen gelegen.
Nestlerin: in der hinteren Stube sei der Nestler Bartle, welcher dar damals ein Stückle Braten aus dem Kästle (?) genommen habe, und etliche Gerber, die sie nicht mehr nennen könne, dabei gewesen. Sie wolle sich 2 Finger herunterhauen lassen, daß er noch lebte, damit sie es beweisen könne.
Engel: was sie für ein Weib sein wolle. Sie sei eine Hex.
Nestlerin: der Engel, sein Weib und die Apothekerin haben sie zu einer Hex gemacht. Vor 3 oder 4 Jahren habe er zu Rangendingen Ehebruch mit ihr getrieben. Es sei ihr letzter Jahrmarkt gewesen. Seither sei sie auf keinen Markt mehr gekommen. Sie sei Manns genug gewesen.
Hierauf ist der Engel fortgegangen.
Darauf sagte sie, man habe sie so treulich gewarnt, niemand Unrecht zu tun. Warum sie denn Unrecht tun wolle. Sei alles wahr, was sie gesagt.

1665 Juli 4
Anwesend:
die vorgenannten Herren Commissare, abgesehen von Herrn Johann Zendel.

Agnesa Helbling, die Nestlerin, wiederholt ihre Aussage über den mit dem Engel in ihrer Wohnung geschehenen Ehebruch. Sie will ihn jedoch nicht an das Messer liefern. Sie begehre nicht mehr zu leben, allein sie gehe nicht ohne des Engels Weib hinaus.

1665 Juli 19
Im Beisein der Herren Commissare.

Sie bejaht alle ihre Aussagen - abgesehen davon, daß sie nur gemeint habe, der Engel sei bei ihrer Teufels-Tauf gewesen. Sie wisse es nicht gewiss. Sie könnte blind (= getäuscht) worden sein, aber es sei ihr so vorgekommen. Doch die Apothekerin und des Engels Weib seien damals dabei gewesen.

1665 Juli 24
Anwesend:
die Herren Commissare ohne Zunftmeister Peter Bihler.

Sie widerruft ihre Aussage vom 19. Juli und wiederholt die früheren Aussagen über Hans Jacob Engel, sein Weib und die Apothekerin.
Weiter bekennt sie, sie habe der Ursula, Johannes Helblings Weib, als sie einmal in ihr Haus kam vergeben in einem Gläslein Wein, der ein Schiller (= Wein aus Mischung von dunklen und hellen Trauben) war, wovon sie starb. Sie habe ihr Pulver in den Wein getan.

Archivaliensignatur
A 2 f (Hexenprozesse) Nr. A 2 f (Hexenprozesse) Nr. 7846
Umfang
47 S.
Formalbeschreibung
Beschreibstoff: Pap.
Sonstige Erschließungsangaben
Genetisches Stadium: Or.

Kontext
Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 23-25) >> Bd. 24 Hexenprozesse
Bestand
A 2 f (Hexenprozesse) Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 23-25)

Laufzeit
1665 Juni 6 - 1665 Juli 24

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Letzte Aktualisierung
20.03.2025, 11:14 MEZ

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Objekttyp

  • Archivale

Entstanden

  • 1665 Juni 6 - 1665 Juli 24

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