Bestand
Privat-Nachlass Hanns Lilje (Bestand)
Kurzbeschreibung:
Privat-Nachlass von Hanns Lilje (1899 - 1977) aus dem Familienbesitz
Lilje - Hafermann, Eigentümer und Depositalgeber: Hanns-Lilje-Stiftung
Hannover (abgegeben 2016)
Beschreibung: Der Bestand wurde
2016 von der Hanns-Lilje-Stiftung an das Landeskirchliche Archiv als
Depositum abgegeben. Er enthält v. a. Einzeldokumente, Bücher,
Fotografien und Alben, sowie Gegenstände und Textilien aus dem
persönlichen Besitz Hanns Liljes
(darunter Orden und
Auszeichnungen, Ehren- und Verleihungsurkunden, Tagebücher, "Hoods"
verschiedender Universitäten, Tonbänder mit Aufnahmen von oder für
Lilje, Fotodokumentationen von Auslandsreisen, persönliche Fotos,
Postkarten sowie Bilder aus allen Bereichen seines dienstlichen Lebens
(Landeskirche, Lutherischer Weltbund, Ökumene, Kloster Loccum u.
a.).
Geschichte des Bestandsbildners:
LEBEN:
Johannes Richard Lilje wurde am 20. 8. 1899 in
Hannover als Sohn eines Diakons geboren. In seiner Heimatstadt
besuchte er die Leibnizschule, nahm nach dem Abitur 1917 kurzfristig
noch am 1. Weltkrieg teil, studierte dann in Göttingen und Leipzig
Theologie und zeitweilig Kunstgeschichte und wurde 1924 ordiniert.
Zunächst als Jugendpfarrer tätig, war Lilje 1925-1927 Studentenpfarrer
an der Technischen Hochschule Hannover und wechselte dann nach Berlin
als Generalsekretär der Deutsch-Christlichen Studentenvereinigung
(DCSV). 1932 promovierte er in Zürich mit einer Arbeit über Luthers
Geschichtsanschauung zum Dr. theol. 1932-1935 war er zugleich
Vizepräsident der World Student Federation und knüpfte in dieser Zeit
die ersten ökumenischen Kontakte. Von der NS-Herrschaft schon nach
kurzer Zeit ernüchtert, engagierte sich Lilje bald auf Seiten der
kirchlichen Opposition gegen die Deutschen Christen. Er war
Mitbegründer der "Jungreformatorische Bewegung", gab die
oppositionelle Zeitschrift "Junge Kirche" heraus und engagierte sich
im "Lutherrat", der die Aktivitäten lutherischer Kirchenleitungen
gegen die Deutschen Christen koordinierte. Als Generalsekretär des
Lutherischen Weltkonvents 1935-1945 hielt Lilje die Verbindung zu den
Lutheranern in anderen Ländern und Kontinenten. Nach dem 20. Juli 1944
wurde er wegen seiner seelsorgerlichen Kontakte zu den
Hitler-Attentätern verhaftet und erst im Mai 1945 von amerikanischen
Truppen befreit. In Hannover wurde er 1945 Oberlandeskirchenrat,
wenige Tage später wurde er zum Mitglied des Rates der neu gegründeten
Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gewählt. 1947 wurde er
Landesbischof der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers, in diesem Amt
blieb er bis zum Beginn seines Ruhestands 1971. Daneben übernahm Lilje
zahlreiche weitere kirchliche Ämter: 1949-1967 war er
stellvertretender Vorsitzender des Rats der Evangelischen Kirche in
Deutschland und von 1955-1969 Leitender Bischof der Vereinigten
Ev.-luth. Kirche Deutschlands (VELKD). An der nach dem 2. Weltkrieg
sich neu bildenden internationalen ökumenischen Bewegung beteiligte
sich Lilje von Anfang an in führenden Positionen. Er war kommunikativ
und sprach mehrere Sprachen fließend. 1947-1970 war er Mitglied des
Exekutivkomitees des Luth. Weltbunds und amtierte 1952-1957 als dessen
Präsident. Im Weltrat der Kirchen war er seit dessen Gründung (1948)
Mitglied des Zentralkomitees und 1968-1975 einer von dessen
Präsidenten. Als Abt von Loccum (seit 1950) konnte Lilje seine
Weltläufigkeit, die für Deutsche nach dem 2. Weltkrieg selten war, mit
dem Stolz auf die kirchlichen Traditionen Niedersachsens verbinden.
Diese Traditionen wollte er für die Gegenwart fruchtbar machen. Um
einer zunehmend säkularen Welt das Evangelium zu verkünden, nutzte
Lilje entschlossen die modernen Kommunikationsmedien, 1948 gründete er
das "Deutsche Allgemeine Sonntagsblatt" als "unabhängige Wochenzeitung
für Politik, Wirtschaft, Kultur". Um den Dialog von Kirche und
Gesellschaft zu fördern, beteiligte er sich 1946 an der Gründung der
Evangelischen Akademie Hermannsburg, die 1952 nach Loccum verlegt
wurde. Ebenso unterstützte er die Deutschen Evangelischen Kirchentage,
auf seine Initiative wurde der erste Kirchentag 1949 in Hannover
veranstaltet. Lilje war eine der zentralen Personen des deutschen
Protestantismus im 20. Jahrhundert; er wollte, dass die Kirche ohne
Scheu vor der modernen Welt die biblische Botschaft weitergibt. Ihm
wurden zahlreiche internationale Ehrungen zuteil. Er starb am 6. 1.
1977 in Hannover und wurde auf dem Klosterfriedhof in Loccum
begraben.
Bestandsgeschichte: Die
Unterlagen und Gegenstände stammen aus dem persönlichen und familiären
Nachlass Hanns Liljes. Sie wurden 2016 von Ortrud Hafermann, geb.
Lilje, Tochter von Hanns Lilje, der Hanns-Lilje-Stiftung als Schenkung
übergeben. Diese ist heute Eigentümerin des Bestandes.
2016
wurde der Bestand als Depositum der Hanns-Lilje-Stiftung dem
Landeskirchlichen Archiv übergeben.
Im Rahmen der Ordnungs-
und Erschließungsarbeiten wurden Fotografien und Tonbänder
digitaliert, Gegenstände und Textilien neu verpackt und einzelne
Bücher ohne persönlichen Bezug zu Hanns Lilje an den Depositalgeber
zurückgegeben.
Der sehr umfangreiche Fotobestand des
Nachlasses (ca. 3900 Einzelbilder und 5 Alben) wurde aus
konservatorischen Gründen entnommen und als Sonderbestand der
Fotosammlung des Landeskirchlichen Archivs zugeordnet.
Bearbeiter: Manuela
Nordmeyer-Fiege, Dipl.-Archivarin, unter Mitarbeit von Saskia Dede,
archiv. Hilfskraft
- Bestandssignatur
-
D 111
- Kontext
-
Landeskirchliches Archiv Hannover (Archivtektonik) >> Gliederung >> Landeskirchliches Archiv >> D - Deposita
- Bestandslaufzeit
-
1889 - 1977
- Weitere Objektseiten
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Letzte Aktualisierung
-
01.04.2025, 13:47 MESZ
Datenpartner
Landeskirchliches Archiv der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 1889 - 1977