Archivale
Exzesse der preußischen Soldaten.
4./5. September
Der Bürgermeister ist mit Hilfe der Polizei bemüht, das sich ansammelnde Publikum zu zerstreuen. Aus dem Brandenburger Hause herbeigeholte Offiziere verlangen die Bezeichnung einzelner Täter, was nur in 2-3 Fällen gelingt.
Die 2 oder 3 Ergriffenen werden zur Hauptwache gebracht, aber hier durch die Hintertüre als angeblich unschuldig wieder entlassen. - Ein Gymnasiast wird geschlagen und in ein Bäckerhaus verfolgt. Der vor seiner Türe stehende Bäckermeister wird ungefähr 30 Schritte von der Hauptwache entfernt - mit Faustschlägen und dann mit der scharfen Waffe mißhandelt. (Dies alles geschieht zwischen 7 3/4 und 8 1/2 Uhr abends). Bis 9 Uhr gelingt es, die Ludwigstraße nebst Nebenstraßen vom Publikum zu räumen. Gegen 3/4 Uhr verläßt der Bürgermeister Münch mit dem Hauptmann von Buhl die Straße mit der Versicherung, in einer halben Stunde wieder mit diesem auf der Straße zusammenzutreffen.
Bereits um 10 Uhr Abends erhält Bürgermeister Münch die Nachricht, daß in der "Schleizer Vorstadt" neue Exzesse stattfinden. Sie sind beendet, als der Bürgermeister eintrifft. Nach dem übereinstimmenden Bericht der Augenzeugen sind auch diese Exzesse vom Militär ausgegangen: 10-/2 Soldaten kommen lärmend aus einem Wirtshause; sie überfallen einen aus einem anderen Wirtshause heimkehrenden Bürger, der hingeworfen wird. Sie durchbohren mit dem Säbel einem Bürgersohne das Schulterblatt, sie schreien: "Sie sollen sehen, daß wir Preußen sind!" - Eine Frau wird auf der anderen Straßenseite zu Boden geworfen, wobei sie sich das Handgelenk bricht und mit Schlägen traktiert. - Ein heimkehrender sächsischer Eisenbahnarbeiter erhält durch Säbelhiebe 3 schwere Wunden am Kopf und am linken Vorderam. - Eine Reihe zufällig des Weges kommenden Personen wird ebenfalls verletzt. Ein heimkehrender Dachdecker wird über den Kopf, die Schulter und den Oberarm geschlagen, wobei die Knochen teilweise verletzt werden. Ein Bürgersohn wird der Oberarm bis auf den Knochen durchgeschlagen. Ein Eisenbahnarbeiter erhält einen scharfen Hieb über den Rücken. - Eine die Vorstadt während der Exzesse passierende Militärpatrouille nimmt von den Exzessen keine Notiz. Die Exzesse werden dadurch nach kurzer Dauer beendet, daß alle Zivilisten die Straßen fluchtartig verlassen.
Aus dem Bericht des Bürgermeisters Münch vom 9. Sept. 1866.
- Reference number
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Stadtarchiv Hof, 1866
- Extent
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Rep. Stadtakten S. 57, Nr. 55
- Context
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Chr >> 19. Jahrhundert >> 1866
- Holding
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Chr
- Indexbegriff subject
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Bäckerhaus
Truppeneinquartierung
- Indexentry person
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Münch, (Bürgermeister)
- Date of creation
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4.9.1866 - 5.9.1866
- Other object pages
- Last update
-
19.05.2023, 5:51 PM CEST
Data provider
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Object type
- Archivale
Time of origin
- 4.9.1866 - 5.9.1866