Grafik

Herakles vehindert die Entführung Hippodamias

Das erste Blatt der zehnteiligen Serie zeigt Herkules im Kampf mit den Kentauren, Mischwesen aus Pferd und Mensch. Durch einen schräg umstürzenden Tisch halb verdeckt, ist Herkules in der rechten Bildhälfte nur mit seinem Oberkörper zu sehen, wie er einen Kentaur mit seiner Keule überwältigt. Daneben liegt unmittelbar am rechten Bildrand ein bereits besiegter Gegner. Die Figur ist so stark angeschnitten, daß nur Kopf und oberer Rückenbereich erkennbar sind. In der linken Bildhälfte befinden sich vier weitere ineinander verkeilte Kentauren, zwei von ihnen sind bereits am Boden, der dritte stürzt und der vierte versucht, sich einen Pfeil aus den Kopf zu ziehen. Im Vordergrund liegen die vom Tisch herabgefallenen Gegenstände: Krüge, eine zerbrochene Schale, ein Becher Obst und Früchte. Den Hintergrund der Kampfszene bildet eine Laube, die in der linken Bildhälfte dicht mit Wein bewachsen ist. In der rechten Bildhälfte gibt eine torbogenartige Öffnung den Blick in eine weite Landschaft frei, in der weitere Kentauren versuchen, sich mit den geraubten Frauen zu entfernen. - Die lateinische Inschrift erläutert, daß Herkules die Entführung Hippodameias durch die Kentauren verhindert. Der Sage nach befanden sich die Kentauren im Krieg mit ihren Nachbarvolk, den Lapithen. Deren König Peirithoos glaubte, daß die Streitigkeiten bigelegt sein und lud die Kentauren zu seiner Hochzeit mit Hippodameia ein. Es kam zum Kampf, als die vom Wein berauschten Kentauren über die lapithischen Frauen herfielen und einer von ihnen sogar versuchte, die Braut zu entführen. - Diese Begebenheit sowie andere Themen aus Corts Kupferstichserie sind nicht in den etablierten Kanon der zwölf Aufgaben des Herkules enthalten. Zudem mutet die Serie mit der gewählten Anzahl von zehn Blättern ungewöhnlich an, auch wenn man berücksichtigt, daß zwei der zehn Blätter Ereignisse kombiniert darstellen. Die Erklärung hierfür liefert der den Stichen zu Grunde liegende Bildzyklus von Frans Floris. Diesen hatte der wohlhabende Antwerpener Kaufmann Nicoolas Jongelinck bei ihm in Auftrag gegeben, um einen Raum in seinem neu erworbenen Haus auszustatten. Die Reduzierung auf zehn bildliche Darstellungen war räumlich bedingt. Hinsichtlich der Reihnfolge und der Bildthemen stimmt die Serie weitgehend mit der Abhandlung De imaginibus deorum des Albricus Philosophus überein, die daher als literarische Quelle für Floris Bildwerk angenommen wird. Albricus interpretiert die Taten des Herkules überwiegend als Sieg der Tugend über das Laster. Das Eingreifen des Helden zu Hippodameias Befreiung ist als Sieg der geistigen Tugend über die sinnlich- körperliche Begierde zu bewerten. - Vermutungen, daß der wohlhabende Kaufmann durch die thematische Auswahl des Bilderzyklus sein Selbstverständnis einer tugendhaften Lebensführung zum Ausdruck bringen wollte und möglicherweise sogar hoffte, daß die Betrachter ihn mit dem antiken Helden gleichsetzten würden, bleiben daher Spekulation. - Bis auf eine Ausnahme sind die Bilder heute verschollen und heute nur noch in Form der Kupferstiche Corts gegenwärtig. Wie Karel van Mandern berichtet, arbeitete Cort allerdings nicht nach den Originalen, sondern nach Zeichnungen des Floris Schülers Simon Jansz. Kies. Dabei vereinheitlichte er die unterschiedlichen Formate der Originale zu einem Druckformat, das proportionale Veränderungen in der Komposition zur Folge gehabt haben muß. Ein Vergleich mi dem einzig erhaltenen Bild (Herkules besiegt Antäus) offenbart, daß im Hintergrund der Ausblick in eine weite Landschaft eingefügt wurde- eine Maßnahme, die unter zeitgenössischen Kupferstechern keinesfalls ungewöhnlich war. Die zentralen Figurenmotive kopierte Cort jedoch gewissenhaft.

Urheber*in: Cort, Cornelis / Fotograf*in: Katharina Anna Haase / Rechtewahrnehmung: Georg-August-Universität Göttingen, Kunstgesch. Seminar und Kunstsammlung der Universität

Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International

0
/
0

Standort
Georg-August-Universität Göttingen / Kunstgesch. Seminar und Kunstsammlung der Universität, Göttingen
Inventarnummer
D 4126
Maße
Höhe: 225 mm (Blattmaß )
Breite: 285 mm (Blattmaß )
Material/Technik
Papier; Kupferstich
Inschrift/Beschriftung
Aufschrift: PIRITHOO PVLCRAM HIPPODAMEN ... HERCVLES ACRE GENVS
Aufschrift: Corneli. Cort. Sculp.
Aufschrift: Goltzius excudebat
Aufschrift: F. Floris Inventor
Aufschrift: 1
Marke: Göttinger Bibliotheksstempel

Klassifikation
Zeichnung/Grafik (Hessische Systematik)
Druckgrafik (Oberbegriffsdatei)
Bezug (was)
Fabeltiere
Kampf
Interieur
Mischwesen
Kentauren
der Kampf des Herkules mit den Kentauren

Ereignis
Entstehung
(wer)
(wann)
1563
Ereignis
Herstellung
(wer)
Ereignis
Veröffentlichung
(wer)

Förderung
Die Digitalisierung wurde gefördert durch die Deutsche Digitale Bibliothek aus Mitteln des Programms „Neustart Kultur“ der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.
Letzte Aktualisierung
24.04.2025, 12:58 MESZ

Datenpartner

Dieses Objekt wird bereitgestellt von:
Kunstsammlung der Universität Göttingen. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.

Objekttyp

  • Grafik

Entstanden

  • 1563

Ähnliche Objekte (12)