- Location
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Landesarchiv Thüringen – Hauptstaatsarchiv Weimar
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21
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Weimarische Zeitung, Nr. 86, 29.10.1853, S. 829: „Wäre die vortreffliche Musik nicht der Glanzpunct dieses romantischen Schauspiels, es dürfte sinken. Diese überschwärmerische Schwärmerei – diese forcirte Poesie, mit welcher das vagabondirende Zigeunerleben ausgeschmückt! Es ist zu bewundern, wie die wild romantische Abentheuerlichkeit in unserm Zeitalter noch im geringsten Interesse haben kann. Freilich, der Bildungsproceß der Generationen geht langsam von statten. Das Alter liebt das Alte, es ist so zäh, nicht einmal das Vergangene in verjüngter Form gelten zu lassen. […] Was die hiesige Aufführung anbelangt, so sprechen wir gerade heraus: sie hat uns verstimmt, und daran ist einzig die nachlässige Behandlung des musicalischen Parts schuld. Nicht allein, daß das Orchester ungenügend und wie uns bedünken wollte, mit bemerkenswerther Unlust spielte, auch die schönen Chöre wurden vor [!] dem Personal mit so auffallender Trägheit excecutirt, daß wir kaum etwas vom Gesang, sondern nur ein tönendes Gemurmel hörten. Ueberhaupt scheint uns in dieser Theatersaison die Musik an der Krücke zu gehen. Wir meinen damit nicht, daß wir nur klassische hören wollen; solche Monotonie, wir sagten es schon einmal, würde Apathie hervorrufen; wir wollen die Musik, welche wir hören, im Geiste eines guten musikalischen Ensembles hören; nichts befriedigt weniger, als an einem Abend befriedigt das Haus zu verlassen und am folgenden sich sagen zu müssen: die heutige Vorstellung war Halbheit, ließ uns zu keiner Freude des musicalischen Genusses kommen. Welche Hoffnungen wurden in uns rege, als wir uns am ersten Theaterabende der schönen abgerundeten Darstellung des Fidelio erfreuten. Woher nun dieses Hin- und Herschwanken zwischen gut und schlecht? Leidet unsere musikalische Richtung etwa am Wechselfieber? Da nehme man zur Ehre des Instituts eine Radicalcur vor. Die mangelhafte musikalische Durchführung der Preziosa hat uns zu dieser Reflexion getrieben; kommen wir nun auf die dramatische Darstellung selbst zurück. Die Titelrolle wurde von Frl. Döllinger recht fleißig gespielt. Es freut uns aufrichtig, der talentvollen Anfängerin wieder einmal ein warmes Lob spenden zu können; Ein merkliches Maßhalten in den Bewegungen veredelte ihre frische jugendliche Erscheinung, der Ton ihrer Stimme war nicht so gemacht wie sonst, es klang natürlich und wahr, in einzelnen Momenten der Liebesergüsse vermochte er zu Herzen zu dringen. Den dritten Actschluß verdarb sich Frlr. [!] Döllinger durch zu große Hast der Rede, durch einen zu hohen Toneinsatz, deßhalb auch ging die leidenschaftliche Wirkung verloren. Herr Siedler Alonzo war nicht so an seinem Platz wie sonst. Der erste Auftritt der haltlosen Schwärmerei sagte uns nicht zu, weil es uns schien, als müsse er sich Mühe geben zu schwärmen; später gelang es ihm besser; er wurde lebhafter und wußte im zweiten Acte die Liebesscene mit vieler Zartheit durchzuführen. Frau Seidel, eine wackere Viarda, verstand das rechte Maß zu halten und machte uns die kupplerische Zigeunermutter ganz amüsant. Die übrigen Darsteller sind bekannt, sie lösten ihre Aufgabe mit Achtsamkeit.“
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- URN
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urn:nbn:de:urmel-1aa8717c-9fb7-4da4-bb42-45222f7cb87d1-00044773-19
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21.04.2023, 10:51 AM CEST
Data provider
Landesarchiv Thüringen – Hauptstaatsarchiv Weimar. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Theaterzettel ; Text
Associated
Time of origin
- 1853-10-21