Basilika

St. Georg (Reichenau-Oberzell)St. George (Reichenau-Oberzell)

Die Georgskirche ist ein spätkarolingisches Kirchengebäude, das um das Jahr 900 errichtet und mehrfach erweitert wurde. Sie ist dem Heiligen Georg geweiht und gehört zu den ältesten Georgskirchen in Europa. Ihre bedeutenden Wandmalereien, die teils in das 10./11. Jahrhundert, teils in das ausgehende 9. Jahrhundert datiert werden, gelten als Hauptzeugnisse der Malerei des Klosters Reichenau. Die von Hatto gegründete vorromanische Georgskirche steht auf einem kleinen Hügel nahe der Ostspitze der Bodenseeinsel. Die dreischiffige Basilika besitzt niedrige Seitenschiffe, einen Vierungsturm und einen rechteckigen, am Turm hochgezogenen Ostchor. Die Krypta unterhalb des Chors ist eine quadratische Halle; vier Säulen umrahmen hier einen Altar. Vielleicht war die Krypta zur Aufbewahrung der Georgsreliquien vorgesehen; dann müsste sie in der Anfangsphase des Kirchenbaus entstanden sein. Der erste, um das Jahr 900 unter Hatto III. angelegte Kirchenbau umfasste das heutige Langhaus mit seinen Säulenreihen und die Krypta. Für diese Zeit war das Kirchenschiff ein sehr großzügig angelegter Bau, dessen Größe auf die zu erwartende Heiligenverehrung hin gewählt war. Er besaß statt des heutigen rechteckigen Querhausflügels wahrscheinlich einen Chor mit drei Konchen, die die Funktion der Kirche als Reliquien- und Grabkirche sinnfällig machten. Zwischen 925 und 945 wurde an der Westseite des Langhauses eine gerundete Apsis angefügt, möglicherweise, weil man die Georgs-Reliquien aus der Krypta in den Westbau verlagert hatte, um sie oberirdisch verehren zu können. Im Anfang des 11. Jahrhunderts schließlich entstand die niedrige, langgezogene Vorhalle und darüber die Michaelskapelle. Ebenfalls zu dieser Zeit wurden die runden Konchen des Querhauses in rechteckige Querhausflügel umgebaut. Die Bilder im Langhaus der Georgskirche an den Längsseiten sowie an der Nord- und der Südwand überstanden gut erhalten die Jahrhunderte seit ihrer Entstehung zu einem noch immer unbekannten Zeitpunkt zwischen dem Ende des 9. und dem Ende des 10. Jahrhunderts. Im Zentrum stehen betitelte Szenen aus dem Leben Jesu, die den Evangelien entnommen sind. Jesus wird dargestellt als der heilbringende Christus, übernatürlich und doch in nächster Nähe zu den Menschen. Die dargestellten Szenen aus dem Leben Christi auf der Nord- und Südwand beziehen sich auf seine Wundertätigkeit. Jedes Bild besitzt einen lateinischen Titulus, dessen Text die dargestellte Szene zusammenfasst. Die Bildszenen werden von perspektivischen Mäandern und reich gestalteten Ornamentfriesen gerahmt. Die Wunderszenen sind linear in einer geschlossenen Folge zu betrachten. Diese beginnt links beim Eingang, führt zum Altar, und rechts vom Altar zurück zum Eingang. Christus ist mit seinem in Erzählrichtung deutenden Segensgestus in Übergröße links im Bildfeld mit Orientierung nach rechts dargestellt (Ausnahmen sind die Bilder 3. und 7., in denen Christus doppelt dargestellt ist). Wenn man dieser Sequenz folgt, so ergibt sich eine deutliche Steigerung, die mit der Totenerweckung des Lazarus endet. Diese Leserichtung wird außerdem durch die Mäander unterstützt. Bei den Szenen, die sich im Kirchenschiff gegenüberstehen, sind deutliche Analogien zu erkennen, was die Gestaltung des architektonischen Hintergrunds betrifft. Es wird bei den Wunderinhalten auch ein geographischer Bezug vermutet: Die Wunder an der Nordwand, also der Wasserseite, haben auch inhaltlich Bezug zu Wasser, während die Wunder an der Südwand, der vermuteten Friedhofsseite, mit Auferweckung zu tun haben. Außerdem bestehen Parallelen bei der Darstellung des 1. Bildes zur Darstellung des Gründungsmythos des Klosters Reichenau, das den Wanderbischof Pirmin in einem Boot darstellt, der bei seiner Ankunft Schlangen/Dämonen von der Insel vertreibt. Dieses Motiv ist auf einem Bild aus dem 17. Jahrhundert im Münster Mittelzell zu sehen. Im Obergaden sind die zwölf Apostel als stehende Figuren dargestellt. Zwischen den Arkadenbögen finden sich Tondi mit Brustbildern von Äbten. An der Restaurierung der Wandmalereien um 1880 unter Bauinspektor Franz Bär nahm der Bauinspektor Ludwig Maier teil, der 1883 für den Neubau einer katholischen Kirche in Rittersbach vorschlug, eine Kopie der Georgskirche zu errichten. Nach seinen Plänen wurde die Rittersbacher Kirche St. Georg von 1886 bis 1888 als Kopie der Kirche auf der Reichenau errichtet. Die Ausmalung besorgte der Freiburger Kopist Fritz Kohlund. Seit November 2008 gibt es von der Kirche zudem einen virtuellen Nachbau in der Computerwelt Second Life.

Rechtewahrnehmung: heidICON - Die Heidelberger Objekt- und Multimediadatenbank | Digitalisierung: Hoppe, Stephan

Namensnennung 4.0 International

0
/
0

Standort
Sankt Georg (Oberzell, Reichenau)
Sammlung
Architektur der Europäischen Renaissance

Klassifikation
Architektur (Gattung)
Sakralbau (Gattung)
Religiöse Kunst (Gattung)
Bauwerk (Gattung)

Ereignis
Herstellung
(wo)
Sankt Georg (Oberzell, Reichenau)
(wann)
0900-11-18
Ereignis
Auftrag
(wer)

Letzte Aktualisierung
05.03.2025, 16:25 MEZ

Datenpartner

Dieses Objekt wird bereitgestellt von:
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Universitätsbibliothek. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.

Objekttyp

  • Basilika

Beteiligte

Entstanden

  • 0900-11-18

Ähnliche Objekte (12)