Archivale
Erbstreit
Enthält: Gegenstand ist das Erbe von Johann Pauls (Pawls), Zimmermann, und Christina Eismann (Ißman). Nach der Testamentseröffnung der im November 1685 verstorbenen Christina verweigert der Schwiegersohn Gerhard Weber die Erbteilung mit den Geschwistern seiner Frau Johann und Maria Pauls. Die Benachteiligten beschweren sich vor Gericht und Weber erhält am 14.2.1686 die Aufforderung, die Teilung zuzulassen oder die Gründe für sein Vorgehen näher zu erklären, was er in seiner Eingabe am 19.2. auch tut. Demnach wirft Weber den Klägern vor, nicht eheliche Kinder des Ehepaars Pauls/Eismann und damit nicht erbberechtigt, und zwar weder am Erbe des Vaters, der ja nicht ihr Vater ist, noch am Erbe der Mutter nach Kap. 78 der Jülicher Rechtsordnung, zu sein. Letzteres ist die zentrale, mit vielen Zitaten aus den Rechten und Rechtskommentaren von beiden Seiten diskutierte Frage des folgenden Prozesses. In dessen Verlauf, in dem die von der Klägerseite eingebrachten, unten genannten Beilagen eine große Rolle spielen, erfahren wir vieles über die Familienverhältnisse. Johann Pauls und Christina Eismann heirateten um 1650 in Frauenberg, und zogen bald darauf nach Oberwichterich zum Bruder der Frau, Conradt Eismann. Dort wurden nach 7-8 Monaten Zwillinge geboren und in Frauenberg getauft. Conradt Eisman (Ißmann) war Taufpate von Maria, Johann Geilen Pate von Johann. Eine Amme, Catharina Cappers, versorgte die Kinder. Die Eheleute zogen mit den Kindern dann nach Kerpen in das elterliche Haus der Mutter. Johann erlernte später das Zimmermannshandwerk und heiratete Elisabeth Bonnagels. Auch Maria heiratete (wen, wird nicht genannt). In Kerpen wurden auch die anderen Kinder (Johanna, Christina und Heinrich Pauls) geboren, und dort haben die Eheleute bis zu ihrem Tod gewohnt. Die Eltern haben, so wird von Johann und Maria Pauls immer wieder betont, sie beide von Anfang an als ihre ehelichen Kinder anerkannt und den übrigen Geschwistern gleich behandelt. Mutter Christina bekennt erst am 10.6.1676 bei der gerichtlichen Testamentsänderung ihres gemeinsamen Testaments vom 3.3.1672, dass die erstgeborenen Zwillinge vorehelich gezeugt sind, und schließt sie vom Erbe des Stiefvaters Johann Pauls aus. Kurz vor ihrem Tod jedoch, am 6.11.1685, bestimmt sie, dass ihrer ehelichen Tochter und deren Mann Gerhard Weber für die Pflege, die sie ihr in den letzten Jahren zuteil werden ließen, ein paar Möbelstücke und eine Kuh mehr erhalten sollen, das übrige Erbe aber unter allen Kindern, also auch mit Johann und Maria, gleich verteilt werden soll. Das Verfahren im Einzelnen beginnt am 14.2.1686 (mit dem Dekret zur Klage). Am 19.2. folgt die Klageinlassung des Beklagten. Am 5.3. bringen die Kläger ihre Beweisstücke (Beilagen) ein, denen am 21.3. noch Beilage A folgt. An diesem Termin fordert Weber seinerseits eine Kaution, weil die Kläger nicht am Gerichtsort wohnten, und spricht sich dafür aus, die ganze Sache wegen einer zu fürchtenden Schädigung seines Rufs doch mit Stillschweigen auslaufen zu lassen. Gleichzeitig lässt er in seiner Gegenschrift die Argumente und Beweisstücke der Gegenseite widerlegen. Am 30.4. erwidern die Kläger mit einer erneuten ausführlicher Darlegung des Sachverhalts und ihrer Beweise. Die Gegenseite erbittet Ausstand zur Erwiderung, der gewährt wird. Das Gericht setzt dann aber die Einbringung letzter Schriften auf den 14.5. fest und beraumt die Inrotulation, also die Kollationierung und Zusammenfassung der Akten, auf den 24.5. an. Da man zu diesem Zeitpunkt noch nicht fertig ist, bringt die Gegenseite Pauls am 26.5. noch eine weitere Schrift ein, in der sie vor allem die Angriffe Webers gegen seine Schwiegermutter und ihr voreheliches Verhalten bzw. die späte Eröffnung der Tatsachen zurückweist. Die Parteien werden auf den 31.5. zur Bekanntgabe des Rotulus und des Beschlusses, was nun weiter zu geschehen habe, geladen. Hier werden die Akten kollationiert, geschlossen und versiegelt und dem weiteren Rechtsweg aufgegeben. Dann hören wir nichts mehr, bis am 15.10. das Urteil des Rechtsgelehrten Johann Jacob Codonaeus vorliegt: Die Kläger sollen als gleichberechtigte eheliche Kinder angesehen und als solche mit ihrem Erbteil bedacht werden. Dem Beklagten wird dazu ein "Petitorium", d. h. ein Gesuch, dazu (oder dagegen) vorbehalten. Er soll ferner 2 Drittel, die Kläger aber 1 Drittel der Prozesskosten übernehmen. Zu den Siegern im Prozess gehört Michael Dapper, ebenfalls ein Schwiegersohn der +Christina Eismann, der daraufhin am 17.10 seine Rechnung für seine Auslagen, die ihm bei der Verfolgung seiner und seiner Miterbberechtigten Ansprüche entstanden sind, vorlegt.
- Archivaliensignatur
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GerKer, 675
- Umfang
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Schriftstücke: 19 + Fragment eines Protokollauszugs vom 31.5.
- Kontext
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Schöffengericht Kerpen >> 1 Zivilsachen >> 1.2 Erb- und Besitzstreitigkeiten
- Bestand
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GerKer Schöffengericht Kerpen
- Indexbegriff Sache
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Aktenrotulus
Erbstreit
Facti species, auch species facti = Darlegung des Tatbestands
species facti s. facti species
Testament
Testamentsänderung
- Indexbegriff Person
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Curth, Anton, Pastor von Kerpen
Eismann - Conradt
Eismann, Christina
Pauls - Maria
Pauls - Johann d.J.
Pauls (Pawls) - Johann, Zimmermann, Ehemann von Christina Eismann
Weber, Gerhard
- Indexbegriff Ort
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Frauenberg (Euskirchen)
Frauenberg, Herrschaft, bei <<
- Laufzeit
-
1686
- Weitere Objektseiten
- Geliefert über
- Letzte Aktualisierung
-
24.06.2025, 13:31 MESZ
Datenpartner
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Objekttyp
- Archivale
Entstanden
- 1686