Zeichnung
Festumzug auf der Piazza di San Marco in Venedig anlässlich der Reise des russischen Thronfolgerpaars
Dem russischen Thronfolgerpaar Pawel Petrowitsch und Sophie von Württemberg wurde am 24. Januar 1782 während ihrer Visite in Venedig ein Schauspiel besonderer Art geboten: ein Stierkampf auf dem Markusplatz, der zu einem Amphitheater umgebaut wurde. Ephemere Architekturen wie der hier rechts sichtbare Triumphbogen und der Palast zur linken Seite schlossen die Piazza ab. Im Rahmenprogramm gab es einen Umzug allegorischer Wagen, die mit verschiedenen Aufbauten und Figuren den »Triumph des Friedens« darstellten. Diese Inszenierung hielt Guardi - perspektivisch stark gestreckt - von der südlichen Längsseite des in Wirklichkeit viel schmaleren Platzes in zwei Zeichnungen und zwei Gemälden fest. Unser Blatt stimmt im Hinblick auf die Gesamtanlage recht genau mit der ersten Ölfassung in Venedig überein [...], in einigen anekdotischen Punkten weicht es aber erheblich von ihr ab. So fehlen auf der Zeichnung die hohen Gäste auf dem Balkon links, die Stellung der Wagen ist geändert und vor jedem Gespann sind zusätzliche Gruppen von Stieren mit ihren Führern zu sehen. Sorgfältige Einfassungslinien und die zum Teil eigenhändigen Beischriften lassen vermuten, daß Guardi die Zeichnung im Nachhinein für einen italienischen Sammler fertigte, wahrscheinlich zusammen mit einem Blatt, das die Festdekoration vor der Scuola di San Marco anläßlich des Besuchs von Papst Pius VI. wenige Monate später im Mai 1782 darstellte [...]. Provenienz und Erwerbungsdatum lassen sich durch die Auffindung des Inventareintrags erstmals sichern: »F. di Guardi [...] Festlichkeit auf dem Markusplatz - gr. quer folio, [...] Italienische Ankäufe durch Dr. Waagen« (Inv. Nr. 183/1842.s). Ein atmosphärisch aufgelöstes, weiches Licht spielt auf den Fassaden. Es changiert ständig, unterstreicht vor allem die Gliederung der gegenüberliegenden Procuratien und die dichte Reihung der Zuschauer rundum. Guardi belebt die Szene durch den fließenden Rhythmus der Heil-Dunkel-Akzente in der Staffage, ein typisches Merkmal seiner Werke, in den Zeichnungen aber besonders gelungen, da sie auf einfachen Kontrasten beruhen und auf Lokalfarben verzichten. Geschult in der Werkstatt seines Bruders Gian Antonio, orientierte er sich bald am Erfolg der Vedutenmaler Marco Ricci, Canaletto und Marieschi. Seine Kunst, die realen oder auch capricciohaften Ansichten von Venedig in malerischen Kompositionen zusammenzufassen, begründete den modernen Blick auf die Stadt in der Lagune. Text: Hein-Th. Schulze Altcappenberg in: Das Berliner Kupferstichkabinett. Ein Handbuch zur Sammlung, hg. von Alexander Dückers, 2. Auflage, Berlin 1994, S. 297-298, Kat. V.60 (mit weiterer Literatur)
- Location
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Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin, Berlin
- Inventory number
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KdZ 17883
- Measurements
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Blattmaß: 42,3 x 73,1 cm
- Material/Technique
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Feder in Braun, braun laviert über Vorzeichnung mit Graphitstift auf Vergépapier
- Classification
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Zeichenkunst
- Event
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Herstellung
- (where)
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dargestellter Ort: Venedig
Entstehungsort stilistisch: Venedig
- (when)
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1782
- Rights
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Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin
- Last update
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07.04.2025, 7:53 AM CEST
Data provider
Kupferstichkabinett. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Zeichnung
Time of origin
- 1782