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Bedenken (= Gutachten) in puncto veneficii über Maria, Hausfrau des Jerg Jauch

Regest: In der peinlichen Inquisitionssache wider Maria, Hausfrau des Jörg Jauch in puncto veneficii ist der Verfasser dieses Gutachtens salvo melius sentientium iudicio (= unbeschadet des Urteils besserer Beurteiler) der rechtlichen Meinung, daß mit derselben auf abermaliges Verneinen (= Leugnen) des vorgehaltenen Delikts wegen genugsam bewiesener Verdachte und Anzeigen zur Tortur zu verfahren und sie hierauf peinlich zu befragen ist.
1) Benedikt Genckinger und seine Hausfrau Barbara haben eidlich bezeugt, daß Maria Jauch dem Genckinger ein Staassburger (Strassburger?) Weißlaible für sein Kind gegeben habe. Aber er habe es alsbald auf die Wieg (?) gelegt. Weil er verbot, es das Kind essen zu lassen, habe das Weib das halbe Laible gegessen und in kurzer Zeit den gefährlichen Zustand an den Hals bekommen, welchen Herr Dr. Wucherer und Herr Chirurgus Abraham Nieck (?) für einen unnatürlichen, verzauberten Zustand unzweifelhaft erkannten und so auch kurierten.
Nun ist in der Peinl. Halsgerichtsordnung Art. 44 klar versehen (= bestimmt), wenn jemand mit verdächtigem Wesen, das Zauberei auf sich trägt, umgeht, so gebe das genugsam Anzeig und Ursach zur peinlichen Frage, besonders wenn die Person auch sonst berüchtigt ist. Beides verificiert (= bewahrheitet) sich diesfalls (= im vorliegenden Fall) genugsam.
Wenn jemand dem andern etwas von Speis und Trank beibringt, worauf er bald unnatürlich erkrankt, ist vom Recht versehen, daß dies für eine genugsame Anzeig der Zauberei wider die Person, die es beibrachte, unzweifelhaft zu halten ist.
(Es folgt ein Hinweis auf latein. Schriften vermutlich von Rechtsgelehrten).
Desgleichen ist in facto richtig, daß nach Bezeugung des Dr. medicinae und des Chirurgen, denen in ihrer Kunst zu glauben ist, der Zustand zauberisch war, welcher auf das gegessene Weißbrot erfolgte. Und beide Eheleut bezeugen eidlich, daß das Brot so, wie es von der Maria Jauch gegeben worden war, von der erkrankten Barbara gegessen wurde, welcher Verdacht und Anzeig mit 2 unverwürfigen (= unverwerflichen) Zeugen erwiesen ist. So ist ihm gemäß Art. 23 der peinl. Halsgerichtsordnung völliger Glauben zuzustellen.

2) Ebenso verificiert sich, daß nach dem 44. Art. Maria Jauch der Hexerei berüchtigt ist, was einesteils in der Stadt notorisch ist, andernteils durch verschiedene hingerichtete Personen, welche sie auf allgemeine Befragung durch die Herren Commissare in und nach der Tortur ohne Feindschaft als Unholdin umständlich angegeben haben und bis in den Tod darauf beharrten.
Wenn daher die Maria Jauch ihr Unrecht nochmal in Güte nicht bekennen wollte, ist es billig, mit der peinlichen Frag gegen sie vorzugehen ...

1667 Später als Juli 20
Betrifft Vater Urban und Sohn Michel Ammer.

Auf dem Rand: 8. Juni (jedoch nicht Datum des nachstehenden Textes, sondern anscheinend eines nicht mehr vorhandenen Protokolls).
1) In seinem 6. Lebensjahr habe sein Vater ihn, Michel, zur Zauberei verführt und seiner Umtauf beigewohnt und ihn mit hinaus, auch einmal vorn Peinturm, auf die Hexenplätze gebracht.
2) Der T. (Teufel) und sein eigner Vater haben ihm befohlen vor 1 1/2 Jahren, des Jörg Hummels Vieh mit schwarzem T-Pulver hinzurichten (= umzubringen), wie er dann seinen Rossen solches auf das Haupt streute, wovon sie Schaden nahmen.
3) Vor 1/2 Jahr habe er mit seines Vaters rotem Kälble im Stall auf Geheiß seines Vaters Unzucht getrieben. Der T. habe dem Kälble den Kopf gehalten. Er aber sei auf einem Blöcklein gestanden und der Vater außen vor dem Stall.
4) Sein Vater Labe ihn angewiesen, mit dem Kälble und Hunden Unzucht zu treiben.
5) Sein Vater habe ihn angewiesen, Menschen und Vieh Schaden zu tun, wie er vorher bekannte. Das sei wie die Verführung wahr. Er wolle und getraue sich, es am jüngsten Gericht vor Gott zu verantworten.
6) Ludwig Wurster, Seiler, seine Hausfrau Eva wie auch Catherine, Weib des Hafners Ludwig Kraib von Metzingen, haben vor 1 Jahr an einem Dienstag, als Wochenmarkt war, um die Mittagszeit .... (?) und Tuch dem U. A. gegen Öl in Tausch gegeben und auf seinen Zuspruch mit ihm zu Mittag gegessen, da sie nur ein Voressen mit einer Brühe, Käs und Brot hatten. Der Ammer habe ein wenig von dem Essen auf seinen Teller genommen, aber nichts davon gegessen, sondern es liegen lassen. Das Essen habe ihnen trefflich und besser als jemals etwas geschmeckt. Sie hätten nicht gedacht, daß dieses Essen, welches ungefähr 2 Stunden währte, ihnen so übel ausschlagen sollte, wie es nachher erfolgte. Denn am nächsten Tag, dem Mittwoch, nachmittags zwischen 2 und 3 Uhr, als die Hafnerin bei der Seilerin in der Nähete (= beim Nähen) war und dabei nichts aß oder trank, habe des Seilers Weib und den Seiler selbst in einer Viertelstund ein Erbrechen, Reißen und Herzstoßen so übel angewendet (= befallen), daß sie meinten, sie hätten das Leben lassen müssen, wenn ihnen nicht mit Theriak gleich geholfen worden wäre. Laut Attestat von Metzingen den 20. Juli 1667.
7) Eberhard Friedrich Jenisch +) theolog. (?) stud. habe diesen Frühling 8 Tag nach Ostern in der Vakanz seinen Vater zu Münchingen besucht und damals seiner Mutter Bruder, Hans Jakob ... (?) zu Reittlingen, erzählt, was ihm unterwegs zu Bernhausen im Wirtshaus zum Ochsen beim Mittagessen begegnete. Als er dem Hans Knecht ... (?) von Egelsheim (= Egesheim?) und hernach dem U. A. eines brachte (= zutrank) und eine Viertelstund später einen Trunk (= mit einem Trunk) Bescheid tat, der aus Ammers Kante eingeschenkt worden war, habe er nach einer Weile sich übel befunden, als er 1/2 Maß gefordert, davon aber noch nichts getrunken hatte, sondern ad reddendam urinam (zum Harnen) vor die Stub hinausgegangen, wieder hereingekommen war und sich an den Tisch gesetzt hatte.
Weiter: Wiederholung der Geständnisse des Michel Ammer, wie sie, insbesondere auch aus der Konfrontation von Vater und Sohn, bekannt sind. 8 Punkte. Punkt 8: Die sonderliche (= besondere) Gemeinschaft mit Caspar Groß.

Archivaliensignatur
A 2 f (Hexenprozesse) Nr. A 2 f (Hexenprozesse) Nr. 7898
Umfang
6 1/2 S. Quart
Formalbeschreibung
Beschreibstoff: Pap.
Sonstige Erschließungsangaben
Zeugen / Siegler / Unterschriften: kein Datum, keine Angabe oder Unterschrift des Verfassers

Bemerkungen: +) Fischer: Schw. WB: unter "Jenisch": R (Rotwelsch) Landfahrer. In Eningen die Bewohner der Hirschgasse.

Genetisches Stadium: Or.

Kontext
Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 23-25) >> Bd. 25 Hexenprozesse
Bestand
A 2 f (Hexenprozesse) Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 23-25)

Laufzeit
1667 (ohne Datum)

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Letzte Aktualisierung
20.03.2025, 11:14 MEZ

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Objekttyp

  • Archivale

Entstanden

  • 1667 (ohne Datum)

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