Bestand
A Rep. 003-04-09 Nervenklinik Wiesengrund der Wittenauer Heilstätten (Bestand)
Vorwort: A Rep. 003-04-09 Nervenklinik Wiesengrund der Wittenauer Heilstätten
1. Behördengeschichte
Der Bau der Nervenklinik Wiesengrund der Wittenauer Heilstätten der Stadt Berlin wurde aus dem besonderen Bedürfnis der Krankenkassen angestrebt und vom Bürgermeister Scholtz und dem Stadtoberinspektor Langer am 25. November 1924 in einer Magistratssitzung beschlossen. Es sollte eine "Einrichtung einer offenen Abteilung für Neurosen in der Irrenanstalt Dalldorf" errichtet werden. Von der Idee bis zum Umbau der Koloniehäuser, nicht weit entfernt von der Hauptanstalt Dalldorf, sowie von der Bewilligung der 100.000 RM durch die Stadtverordnetenversammlung bis zur Eröffnung dieser Einrichtung vergingen fast zwei Jahre.
Am 23. Oktober 1926 wurde die offene Heilanstalt durch den Stadtmedizinalrat Prof. Dr. von Drigalski eröffnet.
Die Klinik unterstand dem Direktor der Wittenauer Heilstätten, dem Sanitätsarzt Bratz. Die Verwaltung, Verpflegung und die ärztliche Betreuung erfolgte durch die Hauptanstalt Dalldorf.
Es wurden vor allem Paralytiker im Anfangsstadium, Alkoholismen, Nervöserschöpfte, Patienten mit Zwangsvorstellungen oder Depressionen in die offene Nervenklinik aufgenommen.
Die Klinik umfasste 60 Betten für Männer, welche sich in Form von Einzel- oder Mehrbettzimmern gestaltete. Beschäftigungstherapien für die ausschließlich männlichen Patienten in landwirtschaftlichen Bereichen und Werkstättenbetrieben wurden geboten. Des Weiteren bot die Klinik einen Sportplatz und eine kleine Bibliothek zur Nutzung an. Die Nervenklinik Wiesengrund war seinerzeit eine moderne Klinik und mit sämtlichen Einrichtungen, die zur Durchführung der verschiedenen Therapien nötig waren, ausgestattet. Behandelt wurden vorwiegend Syphilis (Lues) und Folgeerscheinungen, wie z.B. Neuro-Lues und Rückenmarkschwindsucht. Verwendet wurden hierfür verschiedene Therapieformen, wie die Salvarsan-Therapie mit dem Salvarsan=Arsenpräparst 606, die Malariaimpfung, die Wismuthbehandlung mit einer Bismogenolkur und die Pyrifer-Kur. Ziel war es, die Patienten schnell wieder arbeitsfähig zu machen.
1941 wurde die Nervenklinik für Männer geschlossen und das Gebäude für die "Nervenklinik für Kinder im Wiesengrund" umgebaut.
Die Krankheitsgeschichten und Patientenakten wurden vom VIVANTES-Klinikum 2008 dem Landesarchiv Berlin übergeben. Weitere Patientenakten erhielt das Landesarchiv Berlin 2011 und 2012.
2. Bestandsgeschichte
Der Bestand umfasst 1021 Akten (14,40 lfm), deren Laufzeit sich von 1925 - 1941 erstreckt. Die Akten beinhalten Krankheitsgeschichten und Patientenakten von ausschließlich erwachsenen Männern und vereinzelt auch männlichen Jugendlichen. Eine Akte enthält ein Aktenverzeichnis, das vermutlich in den 1980er Jahren von Mitarbeitern der Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik gefertigt wurde.
Die Krankheitsgeschichten und ein Teil der Patientenakten wurden zunächst im Rahmen eines Archiv-Praktikums im August 2008 durch die Studentin Ramona Leupold verzeichnet. In einem weiteren Archivpraktikum durch die Auszubildende zur Fachangestellten für Archiv- und Bibliotheksdienste Chantal Alten wurden die restlichen Patientenakten im April 2009 verzeichnet. Weitere Patientenakten wurden im Sommer 2011 und im Oktober 2012 in den Bestand eingearbeitet.
Die Verzeichnung erfolgte mit der Software Augias.Archiv 8.1. und Augias.Archiv 8.3. und ist nun über die Findmittel Datenbank und Findbuch zugänglich.
Der Bestand ist wie folgt zu zitieren: A Rep. 003-04-09, Nr. ...
3. Korrespondierende Bestände
LAB A Rep. 003-03 Nr.165 - Errichtung der Nervenklinik Wiesengrund 1924 - 1927
LAB A Rep. 003-04-10 Nr. 25 Organisation des Bezirksamtes 1939 - 1952 Enthält u.a.: Dienstanweisung der Polizei für die Luftschutz-Notrettungsstellen.- Dezernatsverteilung des Bezirksamtes Reinickendorf.- Ausgründung der Nervenklinik Wiesengrund.- Volkssturmangehörige des Frauenkrankenhauses (1944).
LAB A Rep. 005-03-01 betr. Haushaltspläne des Hauptgesundheitsamtes und des Bezirksamtes Reinickendorf
4. Literatur- und Quellenverzeichni
Aktion T 4 1939-1945. Die "Euthanasie"-Zentrale in der Tiergartenstrasse 4, hrsg. von Götz Aly. - Berlin 1987.
Denkschrift zum 100jährigen Bestehen der Klinik Wiesengrund, hrsg. von Uwe Machinek; Eberhard Hartisch. - Berlin ca. 1983.
Die Patienten der Wittenauer Heilstätten in Berlin : 1919- 1960, hrsg. von Thomas Beddies; Andrea Dörries. - Husum 1999.
Berlin, August 2008 Ramona Leupold / Kerstin Bötticher
Berlin, April 2009 Chantal Alten / Kerstin Bötticher
Berlin, Juli/August 2011 und Oktober 2012 Kerstin Bötticher
Für Fußnoten:
Als Neurolues (Synonym: Neurosyphilis) wird eine Reihe von charakteristischen psychiatrischen oder neurologischen Symptomen bezeichnet, die bei unbehandelter oder nicht ausgeheilter Syphilis-Erkrankung des Menschen mit einer Latenzzeit von Jahren bis Jahrzehnten auftreten können. Im Spätstadium der Neurolues erleiden 2-5 % der Lues-Kranken eine progressive Paralyse (fortschreitende Lähmung), wobei Männer häufiger betroffen sind als Frauen. Die progressive Paralyse ist meist mit einer Tabes dorsalis (Ausfall von Funktionen des Rückenmarks) vergesellschaftet. Wichtig für die Diagnosestellung Neurolues ist die Untersuchung der Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit (Liquordiagnostik). Quelle: Wikipedia 24.10.2012
Salvarsan
Der Chemiker Alfred Bertheim synthetisierte im Labor von Paul Ehrlich von 1906 an über 600 Arsenverbindungen. In vielen Tierversuchen wurde schließlich das Präparat 606 am 31. August 1909 von Paul Ehrlich und Sahachiro Hata positiv getestet gegen den Erreger der Syphilis. Es wurde von Hoechst produziert und kam 1910 als Salvarsan® in den Handel. Der Name Salvarsan (zusammengesetzt aus den lateinischen Wörtern salvare - retten, heilen, sanus - gesund, heil und einem Rest des Wortes Arsen) bedeutet heilendes Arsen. Tatsächlich stellte Salvarsan einen Meilenstein in der Arzneimittelforschung dar. Zum ersten Mal stand der Medizin ein gezielt antimikrobiell wirkendes Medikament gegen eine gefährliche Infektionskrankheit zur Verfügung. Darüber hinaus war Salvarsan nicht nur gegen die Syphilis, sondern auch gegen Framboesie, Rückfallfieber und andere Spirochaeteninfektionen wirksam. Salvarsan war somit eines der ersten antimikrobiellen Arzneimittel. Quelle: Wikipedia 24.10.2012
Wismuth
Bismutverbindungen wie Dibismut-tris(tetraoxodialuminat), Bismutoxidnitrat (Bismutsubnitrat, basisches Bismutnitrat) finden als Bestandteil einer antibiotischen Therapie gegen den Erreger Helicobacter pylori Verwendung, der in Magen und Duodenum Geschwüre verursachen kann (Eradikationstherapie). Historisch wurde Bismut am Ende des 19. Jahrhunderts als Bestandteil von Wundpulvern (z. B. Dermatol) eingesetzt. Seit den 1920er Jahren fand es Verwendung als Mittel gegen die Syphilis. Es wurde jedoch vollständig durch moderne Antibiotika ersetzt. Quelle: Wikipedia 24.10.2012
Pyrifer ist ein sicheres wirksames und unschädliches Mittel zur Fiebererzeugung; es ermöglicht die Hervorrufung einer Reihe von Fieberanfällen um 40° herum. Quelle: Wikipedia 24.10.2012
- Reference number of holding
-
A Rep. 003-04-09
- Context
-
Landesarchiv Berlin (Archivtektonik) >> A Bestände vor 1945 >> A 2 Magistrat der Stadt Berlin >> A 2.4 Nachgeordnete städtische Behörden und Einrichtungen >> A Rep. 003-04-ff. Städtische Krankenhäuser sowie Heil- und Pflegeanstalten
- Date of creation of holding
-
1925-1945 (?)
- Other object pages
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Rights
-
Für nähere Informationen zu Nutzungs- und Verwertungsrechten kontaktieren Sie bitte info@landesarchiv.berlin.de.
- Last update
-
28.02.2025, 2:13 PM CET
Data provider
Landesarchiv Berlin. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Bestand
Time of origin
- 1925-1945 (?)