Archivale
Urfehde Nr. 234
Regest: Mauritzi Schnitzer, Bürger zu Reutlingen, bekennt, dass er vor etlichen Jahren und bisher mit etlichen Bürgern und Ausländischen im Recht unzulässige und ungebührliche Kontrakte getroffen und ihnen Geld geliehen hat, wovon sie ihm jährlich übermässigen Geniess (= Zins) gegeben und zu geben versprochen haben.
Er hat Wolf Schnaitman dem Wirt 20 fl geliehen, wovon dieser ihm 1 fl und nachher, als Schnitzer die Hauptsumme (= das Kapital) haben wollte, nach und nach 2 Wagen und 1 Karren voller Holz zu Geniess gab, damit Schnitzer ihm die 20 fl bei seinen Handen lasse bis zum nächsten St. Jergen Tag (= Georgii).
Dem Jerg Rid von Altenburg hat er ungefähr von Johannis bis zum Herbst 15 fl geliehen, wovon er ihm zu Geniess 2 Scheffel Vesen (= Dinkel) geben sollte und auch lieferte.
Dem Jacob Mathis von Rumelspach (Rommelsbach) hat er 12 fl geliehen, wovon dieser ihm von Johannis bis zum Herbst 1 Scheffel und 4 Simri Vesen zu Geniess zustellen soll.
Dem Hans Ungleich dem Schreiner hat er in vergangener Zeit 11 fl geliehen jährlich um 1 Pfund 1 Schilling +) Geniess. Diesen Zins hat er dem Hans Ungleich gleich anrücks (= auf der Stelle) bei Erlegung der 11 fl abgezogen. In der Folgezeit hat er den Zins jährlich, wenn das Jahr herum war, von ihm genommen.
Dem Lienhart Schreck hat er in dessen Not 80 fl geliehen, die in 4 Jahren zurückbezahlt werden sollten. Dafür hat Schreck ihm gleich darauf um Bartholomei 40 Lämmer zu Geniess (= Zins) überantwortet, die Schnitzer ausgewintert (= durch den Winter gebracht) und an Augustein Scheffer von Rottenburg um 40 Pfund Heller verkauft hat. Schnitzer hat dem Leonhart Schreck 8 Pfund Heller Schuld auf Hanselman Beck zu Pfullingen zu den genannten 80 fl überantwortet. Weil ihm Schreck an der oben angegebenen Summe noch 25 fl schuldig war, sie aber nicht zu bezahlen vermochte, liess Schnitzer sie ihm noch 1 Jahr um 1 fl 1 Ort (= 1 1/4 fl) jährlich.
Ungefähr 14 fl ++) hat er um Johannis im Sommer (= 24. Juni) bis zu St. Michels Tag (= 29. September) um 7 Batzen ++) Geniess dem Ludwig Humel selig geliehen. Diese 7 Batzen hat er gleich anrücks (= auf der Stelle) vor dem Ziel empfangen.
Dem Hans Brendlin hat er eine Schuld, nämlich 30 Pfund Heller und 20 Pfund auf Claus Löffler abgekauft, und die Schuld gleich dem Claus Löffler gelassen und dabei von Claus Löffler 1 Ort (= 1/4 fl) als Gewinn (= Zins) eines fl empfangen.
Dem Caspar Glaser hat er 30 fl Schuld um 20 fl abgekauft und doch ihm nicht mehr als 19 fl gegeben, so dass dem Glaser noch 1 fl darauf aussteht.
Dem Conrat Ernst hat er 9 fl geliehen, wofür dieser ihm einen jährlich 1 Pfund ausweisenden Brief versetzt hat in der Weise, dass Schnitzer das Pfund jährlichen Zinses empfangen soll, bis Ernst die 9 fl zurückbezahlt.
Auch sonst hat Schnitzer mancherlei ungetreue, vorteilige Kontrakte und Pakte wider der Stadt Reutlingen und allgemeine Rechte gemacht, auch Geld um Zins ohne Unterpfand und nicht nach Landesbrauch ausgeliehen.
Darum haben ihn Bürgermeister und Rat in ihr Gefängnis gelegt und eine Zeitlang darin enthalten (= festgehalten), ihm auch das kaiserliche Recht ergehen lassen wollen. Durch seine Bitten hat er erlangt, dass sie von der Strenge des Rechts abstanden und ihm die verdiente peinliche, leibliche Straf in eine bürgerliche Straf umwandelten. Er schwor einen Eid, wegen dieser Sache und des Gefängnisses gegen die Herren von Reutlingen, die Stadt und ihre Bürger ewiglich Urfehde zu halten und sich nie zu rächen. Wenn er über kurz oder lang eine Forderung an die Herren oder die Ihren hätte, will er sie bei ihren ordentlichen Gerichten, Rechten, Satzungen und Freiheiten bleiben lassen. In den gemeinen Nutzen der Stadt soll und will er 20 fl bar bezahlen. Wenn er aber diesen Eid und Urfehde nicht hielte oder wenn er in dergleichen unzulässigen, unleidenlichen Kontrakten durch genugsame Vermutungen und Anzeigen befunden würde, will er heissen und sein ein treuloser, eidbrüchiger Mann, den die Herren richten oder richten lassen mögen, mit was Pen (= Strafe) des Tods sie wollen.
- Archivaliensignatur
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A 2 e (Urfehden u.a.) Nr. A 2 e (Urfehden u.a.) Nr. 7309
- Formalbeschreibung
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Beschreibstoff: Pg.
- Sonstige Erschließungsangaben
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Zeugen / Siegler / Unterschriften: Siegler: Hans Uber der ältere, Bürger zu Reutlingen
Siegel (Erhaltung): Siegel vorhanden
Bemerkungen: +) 1 Pfund = 20 Schilling
1 fl = 28 (oder 30 ?) Schilling
++) 1 fl = 15 Batzen
Also Zins hier, aufs Jahr gerechnet, ca. 13 %. Dazu Vorauszahlung des Zinses. Der normale Jahreszins ist 5 %
Genetisches Stadium: Or.
- Kontext
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Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 19, 21-22, 26) >> Bd. 19 Urfehden
- Bestand
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A 2 e (Urfehden u.a.) Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 19, 21-22, 26)
- Laufzeit
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1536 Februar 12, 12. Hornung
- Weitere Objektseiten
- Letzte Aktualisierung
-
20.03.2025, 11:14 MEZ
Datenpartner
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Objekttyp
- Archivale
Entstanden
- 1536 Februar 12, 12. Hornung