Bestand
A Rep. 232-06 Verein für die Besserung der Strafgefangenen (Bestand)
Vorwort: A Rep. 232-06 Verein für die Besserung der Strafgefangenen
1. Vereinsgeschichte
Der Verein wurde am 4. Februar 1827 gegründet und seine Grundgesetze am 27. November 1827 angenommen. Diese Statuten wurden von einem Ausschuss bestehend aus den Herren Geheimer Oberregierungsrat Behrnauer, Kriminaldirektor Hitzig, Staatsrat und Königlicher Leibarzt Dr. Hufeland, Freiherr von Kottwitz, Geheimer Oberjustizrat Müller, Major von Rudloff, Geheimer Justizrat Schmalz, Geheimer Legationsrat Ancillon, Probst Neander und Generalmajor von Thile beraten.
Der Zweck des Vereins war es, Einrichtungen und Strafanstalten behilflich zu sein, um aus ihnen Besserungsanstalten zu machen, die es den Insassen es ermöglichen sollten, bessere Staatsbürger zu werden. Zunächst waren dafür Straf- und Korrektionsanstalten in Berlin und der brandenburgischen Provinz vorgesehen, die polizeilichen und Untersuchungsgefängnisse sollten später folgen. Dazu sollten Informationen zu den Gefängnissen, Strafanstalten und Korrektionshäusern, zu den Insassen und ihren Bewährungsmöglichkeiten und -wünschen, zu Möglichkeiten der Bildung und Religionsausübung, zur Erweckung der Arbeitslust der Gefangenen gesammelt werden. Des weiteren war die Organisation einer Wiedereingliederung der aus der Haft Entlassenen in das berufliche und gesellschaftliche Umfeld geplant. Mitglied konnte jeder werden, der einen Mitgliedsbeitrag zahlte und sich an den Bildungsaufgaben für die Insassen und Haftentlassenen beteiligte. Der Verein organisierte sich über ein Direktorium und den Vereinsausschüssen sowie Lokalvereinen an den Orten der Berliner und brandenburgischen Strafanstalten.
König Friedrich Wilhelm III. bestätigte durch eine Kabinettsorder vom 27. Juli 1828 das Statut des Vereins. Daraufhin erging am 10. September 1828 vom Minister des Innern eine Bestätigungsurkunde des in Berlin gestifteten Vereins für die Besserung der Strafgefangenen. Zum ersten Vorsitzenden des Direktoriums wurde der Graf von Lottum gewählt. Die Sitzungen des Direktoriums und des Berliner Lokalausschusses fanden bis September 1881 in Hausvogtei statt. Danach konnten Räume im Landgericht I in der Jüdenstraße bzw. im neuen Justizpalast in der Grunerstraße genutzt werden. Im März 1829 waren bereits 387 Personen als Mitglieder verzeichnet.
Anlässlich des 50. Jahrestages der Vereinsgründung fand am 11. Oktober 1878 im Kammergerichtsgebäude eine Feierlichkeit statt und das Erscheinen eines Festberichtes 1828-1878 wurde organisiert.
Am 15. März 1901 wurde eine neue Satzung beschlossen, die den alten Zweck und die Organisationsstruktur beibehielt, aber auch die aktuellen Bedürfnisse, wie das Arbeitsnachweis-Büro, die Abteilung zur Fürsorge für katholische Gefangene und die Abteilung für Familienfürsorge und weibliche Strafentlassene abbildete.
Der Berliner Lokalausschus begann seine Tätigkeit im März 1829 und wurde von den Herren Kammergerichtsrat Eichmann, Geheimer Oberfinanzrat Semler und Wirklicher Legationsrat von Bülow geleitet. Seine Aufgaben definierte er wie folgt: Sorge für die Besserung der Gefangenen während der Haft und Fürsorge für die in Berlin sich aufhaltenden entlassenen Strafgefangenen. Dabei wurden zunächst Informationen zu den Anstalten Hausvogtei, Arbeitshaus, Stadtvogtei und Straf- und Besserungsanstalt Spandau gesammelt und versucht, den dortigen Insassen Hilfe zukommen zu lassen.
Für auf Bewährung und wegen Mangel an Unterscheidungsvermögens freigesprochene jugendliche Straftäter trat der Verein nach einem Vertrag mit dem Berliner Polizeipräsidium 1853 in Vertretung für Besserungsanstalten ein. Da allerdings keine weiteren geeigneten Jugendlichen bis 1860 vorgestellt wurden, verzichteten beide Seiten auf die Ausführung des Vertrages.
So konnte der Verein seine Kraft auf die Fürsorge für die Entlassenen richten. So sollte bereits 1829 die Unterbringung der Entlassenen nach der Haftverbüßung unterstützt werden. Mit den Berliner Gewerken und zahlreichen Fabriken konnte vereinbart werden, dass die Entlassenen als Lehrlinge oder Gesellen bei den Meistern arbeiteten, dafür wurden die Kosten für Kleidung und erste Handwerkszeuge übernommen. Ebenso wurden Schlafstellen und eine Beschäftigungsanstalt auf Holzplätzen organisiert. Weibliche Strafentlassene betreute bis 1832 der weibliche Hilfsverein. Seit 1838 konnten zahlreiche Berliner Bürger gewonnen werden, die als Pfleger dem Verein zur Seite standen. Der Arbeitskräftebedarf schwankte, nahm aber stetig zu, so dass häufig die zu Betreuenden in Fabriken, bei der Straßenreinigung, der Kanalisation und z.T. auf dem Lande tätig sein konnten. Für Entlassene, die nicht körperlich schwer arbeiten konnten, wurde 1892 eine Schreibstube eingerichtet.
Für die entlassenen Jugendlichen setzte sich der Lokalverein intensiv ein. So wurde 1837 in der Stadtvogtei die Knabenstation begründet und die Aufsicht einer besonderen Kommission übertragen. 1845 wurden 48 Jugendliche betreut, die Zahl stieg auf 447 Jugendliche im Jahr 1871 und sank dann auf 194 im Jahr 1883. Für die Jugendlichen wurde am 18. April 1860 eine Zufluchtsstätte in der Wassmannstraße 30 eingerichtet.
Eine engere Verbindung zur Polizei trat mit der Mitgliedschaft des Polizeipräsidenten Herrn von Madai ein.
1896 übernahm der Verein die Aufgaben der Zentralstelle für das Gefangenenfürsorgewesen.
Auf der Mitgliederversammlung am 19. November 1936 beschloss der Verein eine neue Satzung. Der Zweck blieb die Unterstützung der Behörden im Kampf gegen das Verbrechertum mit Hilfe der Verbesserung des Strafvollzuges durch Anregungen, Unterstützung der Entlassenen bei der Arbeitsvermittlung, Beratung und Unterstützung der Familien der Gefangenen, Hilfestellung für die Behörden bei der Feststellung der persönlichen Verhältnisse der Strafverfolgten und Übernahme von Schutzaufsichten. Der Verein war Mitglied im Deutschen Reichsverband für Gerichtshilfe, Gefangenen- und Entlassenenfürsorge. Mitglied durfte nur werden, wer Reichsbürger nach dem Reichsbürgergesetz vom 15. September 1935 war, d.h. jüdische Bürger und Bürgerinnen durften nicht mehr mitwirken.
1937 änderte der Verein auf seiner Sitzung am 18. November seinen Namen in "Berliner und Kurmärkische Straffälligen Betreuung und Ermittlungshilfe". Als Vorstand fungierte der Generalstaatsanwalt Dr. Friedrich Jung im Gerichtsgebäude Elßholzstraße 32. 1939 wurde auf Bitten des Deutschen Reichsverbandes der Vereinsname angeglichen. So lautete er nun "Berliner und brandenburgische Straffälligenbetreuung und Ermittlungshilfe (Verein zur Besserung der Strafgefangenen)".
Der Bestand wurde als Zugang 2892 am 2. August 1982 vom Senator für Justiz dem Landesarchiv Berlin übergeben.
2. Bestandsbeschreibung
Der Bestand umfasst eine Akte (0,15 lfm) mit der Laufzeit 1827-1885. Diese Akte enthält Satzung, Vorstandswahlen, Sitzungsprotokolle, Zusammenarbeit mit dem Berliner Verein zur Fürsorge entlas-sener Strafgefangener sowie die Einrichtung einer Registratur.
Das Findbuch wurde im Juni 2014 mit der Software Augias 8.3 retrokonvertiert. Der Bestand ist nun über die Findmittel Findbuch und Datenbank nutzbar.
Er ist wie folgt zu zitieren: Landesarchiv Berlin, A Rep. 232-06 Verein für die Besserung der Strafge-fangenen Nr. ... .
3. Korrespondierende Bestände
A Pr.Br.Rep. 030 - Polizeipräsidium Berlin Nr. 9183 betr. Auskunftserteilung über den Rentner Josef Emil Bischoff (*09.03.1844) (1894-1903).- Darin: Druckschriften: Bericht über die Wirksamkeit des Vereins zur Besserung der Strafgefangenen in den Jahren 1882, 1883, 1897, Berlin 1884 und 1898.
A Pr.Br.Rep. 030-04 - Polizeipräsidium Berlin - Vereine Nr. 3041 betr. Verein zur Besserung der Straf-gefangenen Berlin (1841 - 1939).- Darin: Geschichte des Vereins für Besserung der Strafgefangenen von 1828 - 1878 als Festbericht zur Feier des 50jährigen Bestehens desselben (Druckschrift, Berlin 1878).- Bericht über die Wirksamkeit der Zentralstelle für das Gefangenenfürsorgewesen der Provinz Brandenburg im Rechnungsjahr 1904 nebst dem Verzeichnis der preußischen Fürsorgevereine für entlassene Gefangene (Druckschrift, Berlin 1905).- Organisation des Berliner Vereins zur Besserung der Strafgefangenen mit Satzung vom 27. November 1933 und Liste der Ortsvereine (Drucksache, Berlin 1935).- Bericht des Vereins zur Besserung der Strafgefangenen Fortsetzung der Druckberichte der Zentralstelle für das Gefangenenfürsorgewesen der Provinz Brandenburg 1934 (Druckschrift, Berlin-Tegel, 1934).- Bericht des Vereins zur Besserung der Strafgefangenen (jetzt Berliner und Kurmärkische Straffälligenbetreuung und Ermittlungshilfe) über seine Tätigkeit vom 1.4.1936 bis 31.3.1937 (Druckschrift, Berlin-Tegel 1937; 2x).- Bericht des Berliner und Kurmärkische Straffälligenbetreuung und Ermittlungshilfe (Verein zur Besserung der Strafgefangenen) über seine Tätigkeit vom 1.4.1937 bis 31.3.1938 (Druckschrift, Berlin-Tegel 1938).- Nachricht über Zweck, Wirken und Verfassung des Vereins für die Besserung der Strafgefangenen in den östlichen Provinzen der Preußischen Monarchie (Druckschrift, Berlin 1842).
A Rep. 200-01 - Korporation der Kaufmannschaft von Berlin Nr. 1226 betr. Verein für die Besserung der Strafgefangenen (1828 - 1870)
A Rep. 226 - A. Borsig Zentralverwaltung GmbH Nr. 2601 betr. Verein zur Besserung der Strafgefan-genen (1921 - 1933)
A Rep. 362 - Strafgefängnis Spandau Nr. 553 betr. Fürsorge für entlassene Strafgefangene (1927 - 1928).- Enthält u.a.: Einladung zur Feier des Hundertjährigen Bestehens des "Vereins zur Besserung der Strafgefangenen" in Berlin am 12.11.1927.- Korrespondenz mit der Zentrale für Trinkerfürsorge des Deutschen Vereins gegen den Alkoholismus e.V. über die Organisation der Trinkerfürsorge.- Nachweis von Unterkünften und Arbeitsgelegenheiten für Entlassene.- Vermerk über die Schließung der Akten des Gerichtsgefängnisses.
A Rep. 362 - Strafgefängnis Spandau Nr. 168 (MF-Nr. B4126) betr. Gefangenenfürsorge 1941-1944.- Enthält u.a.: Stundung von Fahrgeldern durch die Deutsche Reichsbahn.- Korrespondenz mit der Berlin-Brandenburgischen Straffälligenbetreuung und Ermittlungshilfe.- Ermittlungsbericht für die Kurhessische Straffälligenbetreuung und Ermittlungshilfe e.V. über den Häftling Gustav Kalbow.- Jugendhilfe für die Untersuchungsgefangene Ursula Eggert.- Behandlungskosten für erkrankte Gefangene.
A Rep. 365 - Frauengefängnis Barnimstraße Nr. 13 betr. Geistige und seelische Hebung der Gefangenen (Seelsorge) 1937 - 1942.- Enthält u.a.: Regelung der Gottesdienste und des Unterrichts.- Fragebogen des Deutschen Reichsverbands für Straffälligenbetreuung und Ermittlungshilfe über die Tätigkeit der Landes- und Ortsvereine.
4. Literatur
Rosenfeld, Ernst: Die Geschichte des Berliner Vereins zur Besserung der Strafgefangenen 1827-1900. Ein Beitrag zur Geschichte des preußischen Gefängniswesens und des Fürsorgewesens für entlassene Gefangene. - Liebmann (1901) Signatur: Soz 1614
Berlin, Juni 2014/Januar 2019 Kerstin Bötticher
- Bestandssignatur
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A Rep. 232-06
- Kontext
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Landesarchiv Berlin (Archivtektonik) >> A Bestände vor 1945 >> A 7 Kammern und Körperschaften, Organisationen und Vereine >> A 7.3 Vereine und Verbände
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28.02.2025, 14:13 MEZ
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