Bericht
Ein Vorschlag zur Verteilung von Geflüchteten aus der Ukraine
Durch den Angriffskrieg Russlands wurden mehrere Millionen Menschen zur Flucht aus der Ukraine gezwungen. Auch nach sind Deutschland sind rund 310.000 Geflüchtete bis zum 5. April 2022 eingereist. Für jene Personen, die nicht privat in Familien oder bei Bekannten untergebracht und versorgt werden können, stellt sich die Frage, wie diese über das Bundesgebiet und auf die Landkreise und kreisfreien Städte verteilt werden sollten. Die Verteilung über die Länder erfolgt gegenwärtig nach dem so genannten Königsteiner Schlüssel, d.h. nach Bevölkerung und Steueraufkommen. Die Verteilung innerhalb der Länder erfolgt häufig nach Bevölkerung und der Verfügbarkeit von Wohnraum. In der Vergangenheit wurden durch diese Verteilungsmechanismen die Geflüchteten überdurchschnittlich auf strukturschwache Regionen mit hohen Arbeitslosenquoten verteilt. Das hat die Integrationschancen in den Arbeitsmarkt nachhaltig beeinträchtigt. Empirische Studien zeigen, dass insbesondere die Situation am lokalen Arbeitsmarkt auch langfristig einen erheblichen Einfluss auf den Integrationserfolg hat. Insofern ist die Ausgangsverteilung über die Regionen für den Integrationserfolg zentral. Wir plädieren dafür, dass die Umverteilung von Geflüchteten auf jene Personen beschränkt wird, die auf die öffentliche Versorgung mit Wohnraum angewiesen ist. Zudem sollten Präferenzen der Geflüchteten nach Kriterien wie Familienbindungen und anderen Netzwerken berücksichtigt werden. Das Vorhandensein von derartigen Bindungen und Netzwerken hat einen nachweisbaren Einfluss auf den Integrationserfolg. Kommt es zu einer Umverteilung, sollten Integrationskriterien berücksichtigt werden. In diesem Beitrag erörtern wir verschiedene Aspekte, die für die Integration von Migrantinnen und Migranten relevant sind und hinsichtlich derer es starke Unterschiede zwischen den Regionen gibt: die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes, die Aufnahmefähigkeit von Kinderbetreuungsangeboten und die Verfügbarkeit von Wohnraum. Als Indikator für die Verfügbarkeit von Wohnraum verwenden wir das Mietniveau, das die Knappheiten auf dem Wohnungsmarkt abbildet und somit auch ein guter Indikator für die Verfügbarkeit von Wohnraum sein sollte. Darauf aufbauend schlagen wir einen neuen Verteilungsschlüssel vor, der sich neben dem Bevölkerungsumfang nach der regionalen Arbeitsmarktlage, dem Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen und den Mietkosten richtet. Würden die Geflüchteten nach diesem Schlüssel umverteilt, wäre eine Steigerung der Beschäftigungswahrscheinlichkeit von 5 bis 10 Prozent gegenüber den derzeitigen Verteilungsschlüsseln zu erwarten. Dem stünde ein Anstieg der durchschnittlichen Wohnkosten in den Kreisen und kreisfreien Städten um 4 Prozent gegenüber. Diese höheren Kosten für die Unterkunft, die zu Beginn des Integrationsprozesses aufgewendet werden müssten, könnten sich aber langfristig auszahlen, da die Beschäftigungschancen im Vergleich zu einer Verteilung über der Königsteiner Schlüssel oder bei einer Gleichverteilung über die Bevölkerung deutlich ansteigen würden. Bei einer noch stärkeren regionalen Konzentration könnten die Beschäftigungschancen noch deutlich stärker gesteigert werden.
- Sprache
-
Deutsch
- Erschienen in
-
Series: IAB-Forschungsbericht ; No. 5/2022
- Klassifikation
-
Wirtschaft
- Thema
-
Geflüchtete
Ukraine
Arbeitsmarktintegration
Beschäftingungschancen
Verteilung
- Ereignis
-
Geistige Schöpfung
- (wer)
-
Brücker, Herbert
Dauth, Wolfgang
Haas, Anette
Jaschke, Philipp
Kosyakova, Yuliya
Mense, Andreas
Moritz, Michael
Hong, Van Phan thi
Wolf, Katja
- Ereignis
-
Veröffentlichung
- (wer)
-
Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)
- (wo)
-
Nürnberg
- (wann)
-
2022
- DOI
-
doi:10.48720/IAB.FB.2205
- Handle
- Letzte Aktualisierung
-
10.03.2025, 11:42 MEZ
Datenpartner
ZBW - Deutsche Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften - Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Bericht
Beteiligte
- Brücker, Herbert
- Dauth, Wolfgang
- Haas, Anette
- Jaschke, Philipp
- Kosyakova, Yuliya
- Mense, Andreas
- Moritz, Michael
- Hong, Van Phan thi
- Wolf, Katja
- Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)
Entstanden
- 2022