Bestand
Zentrum für Nachrichtenwesen der Bundeswehr (Bestand)
Geschichte des
Bestandsbildners: Nachrichtengewinnung und Aufklärung -
einschließlich der Auswertung - sind wesentliche
Voraussetzungen für die militärpolitische und militärische
Handlungsfähigkeit der Bundeswehr in Frieden, Krise und Krieg
sowie bei Einsätzen im erweiterten Aufgabenspektrum. Aufgrund
der Veränderungen im sicherheitspolitischen Umfeld und -
daraus resultierend - einem erweiterten Sicherheitsbegriff
hatten sich der Informationsbedarf und das Interessenprofil
des Bundesministeriums der Verteidigung und der Streitkräfte
in den zurückliegenden Jahren deutlich verändert und
erweitert. Die Beteiligung der Bundeswehr an Einsätzen
außerhalb Deutschlands verstärkte die Notwendigkeit,
politische Leitung und Oberste Bundeswehrführung - oftmals
kurzfristig und generell weltweit - richtig und umfassend
informieren zu können. Diesen neuen Anforderungen musste sich
das Militärische Nachrichtenwesen der Bundeswehr (MilNW)
stellen.
Im Militärischen
Nachrichtenwesen war das Zentrum für Nachrichtenwesen der
Bundeswehr (ZNBw) die teilstreitkraftübergreifende
Dienststelle des Bundesministers der Verteidigung zur Deckung
des spezifischen Informationsbedarfs von politischer Leitung
und militärischer Führung einerseits sowie der Streitkräfte
andererseits. Zentrale Aufgaben waren die Feststellung und
Bewertung der Lage anderer Staaten wie auch der militärischen
Sicherheitslage der Bundeswehr. Zudem bestand eine der
Aufgaben des ZNBw darin, politische Entscheidungsprozesse im
BMVg und militärische Planungen im weitesten Sinne zu
unterstützen. Dafür waren im ZNBw wesentliche Elemente des
Militärischen Nachrichtenwesens der Bundeswehr und der
Technischen Aufklärung, unter anderem mit der
Fernmelde-Elektronischen Aufklärung organisatorisch
zusammengefasst. Die wichtigsten Aufgabenfelder des ZNBw
waren 1, die Lagefeststellung und -bewertung für die
politische Leitung und militärische Führung im BMVg sowie für
die Teilstreitkräfte, 2. die Ermittlung des
Informationsbedarfs und - darauf aufbauend - die
Nachrichtengewinnung und Aufklärung, 3. die Risikoprognosen
und Konfliktanalysen, um möglichst vor krisenhaften
Entwicklungen warnen zu können, 4. die Technische Analyse und
Auswertung fremden Wehrmaterials, die Koordinierung der
Fernmelde-Elektronischen Aufklärung der Teilstreitkräfte und
die Erarbeitung von Grundlagen für die Technische Aufklärung,
5. die Informationsversorgung aller politischen und
militärischen Ebenen durch Betrieb eines umfangreichen Melde-
und Berichtswesens mit Hilfe des Datenverarbeitungssystems
JASMIN (Joint Analysis System Military Intelligence), 6. die
Zuarbeit zu Rüstungskontrolle und Verifikation, bei der das
ZNBw in engem Kontakt zum Zentrum für Verifikationsaufgaben
der Bundeswehr (ZVBw) stand. Darüber hinaus oblagen dem
Zentrum für Nachrichtenwesen Grundsatzaufgaben und
konzeptionelle Arbeiten im MilNWBw, Organisationsaufgaben für
den deutschen Militärattaché-Dienst, konzeptionelle Aufgaben
in der Datenverarbeitung sowie Ausbildung und
Standardisierung im Militärischen Nachrichtenwesen. Bei der
Erfüllung dieser Aufgaben kooperierte das ZNBw sehr eng mit
dem Bundesnachrichtendienst, der die durch seine
Auswertekomponente gewonnenen Erkenntnisse zur Verfügung
stellte, mit den Militärattachéstäben, die eine Vielzahl von
wichtigen, weltweit erhobenen Informationen verfügbar machen.
Zudem standen die Fernmelde-Elektronischen Aufklärungskräfte
- sowohl deutsche als auch alliierte und befreundete - unter
der Bezeichnung "Technische Aufklärung" als zentrale
Informationsquellen zur Verfügung. Darüber hinaus hatten
offene Quellen, wie Zeitschriften und Medienberichte oder
elektronische Medien bis hin zum Internet eine große
Bedeutung für die Arbeit des ZNBw. Sehr wichtig waren
überdies bilaterale Beziehungen zu den MilNW verbündeter und
befreundeter Nationen. Zum Militärischen Abschirmdienst und
zu den Aufklärungskräften der Teilstreitkräfte bestanden
ebenfalls Arbeitsbeziehungen und Informationskontakte.
Am 24. April 1956 erteilte Generalleutnant
Dr. Hans Speidel den Befehl zur Aufstellung der "Dienststelle
für Fernmeldeaufklärung und Schlüsselwesen" in Ahrweiler.
Zuvor hatte sich am 16. April 1956 ein Vorkommando der
Fernmeldedienststelle der Streitkräfte in Ahrweiler
etabliert. Die Aufgabe dieses Vorkommandos war die
Kontaktaufnahme zu den Behörden und der Bevölkerung sowie die
Einrichtung des ersten Dienstgebäudes ("Haus Wiess"). Am 1.
Mai 1956 übernahm Brigadegeneral Friedrich Bötzel als
Dienststellenleiter die Dienstgeschäfte.
1958 wurde der Name der Dienststelle in
"Fernmeldedienststelle der Bundeswehr" geändert. 1964 wurde
aus der Dienststelle ein Amt, das von nun an die Bezeichnung
"Amt für Fernmeldewesen der Bundeswehr" trug. Nach längeren
Vorplanungen ordnete im Oktober 1978 der Bundesminister der
Verteidigung die Einrichtung der "Vorbereitungsgruppe Amt für
Nachrichtenwesen der Bundeswehr beim Amt für Fernmeldewesen
der Bundeswehr" an. Dies war die Geburtsstunde einer
zentralen Bundeswehrdienststelle für das Militärische
Nachrichtenwesen. Bereits am 26. Oktober 1978 übernahm die
Vorbereitungsgruppe ihre Aufgaben, um vorbereitende Maßnahmen
für die Aufstellung des "Amtes für Nachrichtenwesen der
Bundeswehr" (ANBw) in mehreren Phasen zu treffen. Am 1.
Oktober 1979 wurde das Amt offiziell in "Amt für
Nachrichtenwesen der Bundeswehr" umbenannt. Nach Beschluss
des Bundesministeriums der Verteidigung, für das Amt einen
Neubau in Grafschaft-Gelsdorf zu erstellen, wurde 1985 der
Planungsauftrag erteilt und 1989 mit den Bauarbeiten für den
Schutzbau sowie 1993 für das Bürogebäude begonnen. Im Herbst
1996 zogen die ersten Teileinheiten des Amtes von Bad
Neuenahr-Ahrweiler in den Schutzbau Grafschaft um. Seit Ende
März 2000 war ein funktionsfähiges Amt in der Grafschaft
stationiert. Mit Wirkung vom 1. Juli 2002 wurde aus dem
bisherigen "Amt für Nachrichtenwesen der Bundeswehr" das
"Zentrum für Nachrichtenwesen der Bundeswehr" (ZNBw)
aufgestellt. Die Aufstellung sollte zum 1. Januar 2003
abgeschlossen sein. Das ZNBw war truppendienstlich dem
Inspekteur Streitkräftebasis unterstellt. Der Führungsstab
der Streitkräfte im BMVg (Fü S II) hatte fachliche
Weisungsbefugnis. Dem Amtschef des ZNBw unterstanden fünf
Organisationsbereiche: 1. Grundlagen (Lagebeurteilung), 2.
Einsatz (mit Lagezentrum), 3. Zentrale Aufgaben
(Informationsmanagement), 4. Systemzentrum JASMIN, 5.
Ausbildung. Das Zentrum für Nachrichtenwesen der Bundeswehr
wurde am 31. Dezember 2007 außer Dienst gestellt. Seine
Aufgaben gingen teilweise an den Bundesnachrichtendienst
(BND), den Staatsschutz, das Kommando Strategische Aufklärung
(KSA) und das Streitkräfteunterstützungskommando (SKUKdo)
sowie an die Führungsbereiche der militärischen
Organisationsbereiche über.
Inhaltliche
Charakterisierung: Die Überlieferung enthält Unterlagen zu
folgenden Themen: Tagesmeldungen, Wochen- und Monatsberichte,
Jahresberichte, Regionale Sicherheitslage, Tonträger:
"Braucht die DDR eine Armee". Die Masse der Archivalien ist
als Verschlusssachen eingestuft.
Erschließungszustand:
Abgabeverzeichnis
unbewertet
Zitierweise: BArch BW
40/...
- Bestandssignatur
-
Bundesarchiv, BArch BW 40
- Umfang
-
171 Aufbewahrungseinheiten; 11,1 laufende Meter
- Sprache der Unterlagen
-
deutsch
- Kontext
-
Bundesarchiv (Archivtektonik) >> Bundesrepublik Deutschland mit westalliierten Besatzungszonen (1945 ff) >> Bundesrepublik Deutschland (1949 ff) >> Verteidigung >> Bundesministerium der Verteidigung und Bundeswehr >> Streitkräfte >> Zentrale und streitkräftegemeinsame Dienststellen
- Verwandte Bestände und Literatur
-
Verwandtes Archivgut im Bundesarchiv: BW 31 Amt für den Militärischen Abschirmdienst
B 206 Bundesnachrichtendienst
- Provenienz
-
Amt für Nachrichtenwesen der Bundeswehr (ANBw), 1979-
- Bestandslaufzeit
-
1956 - 2007
- Weitere Objektseiten
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Letzte Aktualisierung
-
16.01.2024, 08:43 MEZ
Datenpartner
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Objekttyp
- Bestand
Beteiligte
- Amt für Nachrichtenwesen der Bundeswehr (ANBw), 1979-
Entstanden
- 1956 - 2007