Arbeitspapier | Working paper

Afrika und der Internationale Strafgerichtshof: vom Konflikt zur politischen Selbstbehauptung

Die Gründung des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) 2002 galt als Durchbruch bei der globalen Bekämpfung von Kriegsverbrechen, Genozid und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Heute steht der IStGH vor einer Existenzkrise: Großmächte wie die USA, China und Russland verweigern nach wie vor ihren Beitritt zum Römischen Statut, das die vertragliche Grundlage des Tribunals bildet, und nun sind die afrikanischen Staaten zum wichtigsten Block der Kritiker geworden. Unter dem Dach der Afrikanischen Union (AU) mobilisieren sie einen immer massiveren Widerstand gegen den Gerichtshof. Die lautstarke Polemik der AU ist jedoch nicht als pauschale Ablehnung des IStGH zu deuten. Auch ein kollektiver Rückzug der afrikanischen Staaten aus dem Rom-Statut ist nicht zu erwarten. Hauptkritikpunkt der AU ist die Tatsache, dass bislang ausschließlich Afrikaner angeklagt worden sind. Zudem ist es aus Sicht der Regionalorganisation schwer zu akzeptieren, dass die USA, China und Russland als permanente Mitglieder des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen (VNSR) maßgeblichen Einfluss auf die Arbeit des Gerichts nehmen, aber selbst nicht Vertragsstaaten sind. Der Konnex IStGH-VNSR bestärkt afrikanische Regierungen in ihrer Überzeugung, das Gericht stehe exemplarisch für Machtasymmetrien in der internationalen Politik. Während Vertreter des IStGH sich auf juristische Argumente zurückziehen, heizen afrikanische Kritiker die Kontroverse an, indem sie mit Vorwürfen wie Rassismus und Imperialismus operieren. Dies unterminiert die Effektivität des Gerichts. Dass sich der IStGH derzeit auf Verfahren gegen Beschuldigte aus afrikanischen Ländern fokussiert, sollte aber nicht das Potential des Gerichts als eines wichtigen Instruments der globalen Ordnungspolitik verdecken. (Autorenreferat)

Afrika und der Internationale Strafgerichtshof: vom Konflikt zur politischen Selbstbehauptung

Urheber*in: Tull, Denis M.; Weber, Annette

Rechte vorbehalten - Freier Zugang

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ISSN
1611-6372
Umfang
Seite(n): 32
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Status: Veröffentlichungsversion; begutachtet

Erschienen in
SWP-Studie (2/2016)

Thema
Recht
Internationale Beziehungen
Justiz
Recht
internationale Beziehungen, Entwicklungspolitik
Afrikanische Union
Völkerrecht
internationales Recht
Mitgliedschaft
Kritik
politischer Akteur
Außenpolitik
internationale Beziehungen
Afrika
Internationaler Gerichtshof
Strafverfolgung

Ereignis
Geistige Schöpfung
(wer)
Tull, Denis M.
Weber, Annette
Ereignis
Veröffentlichung
(wer)
Stiftung Wissenschaft und Politik -SWP- Deutsches Institut für Internationale Politik und Sicherheit
(wo)
Deutschland, Berlin
(wann)
2016

URN
urn:nbn:de:0168-ssoar-46538-3
Rechteinformation
GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften. Bibliothek Köln
Letzte Aktualisierung
21.06.2024, 16:27 MESZ

Datenpartner

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Objekttyp

  • Arbeitspapier

Beteiligte

  • Tull, Denis M.
  • Weber, Annette
  • Stiftung Wissenschaft und Politik -SWP- Deutsches Institut für Internationale Politik und Sicherheit

Entstanden

  • 2016

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