Bestand

E Rep. 200-32 Nachlass Joachim und Eleonore Lipschitz geb. Krüger (Bestand)

Vorwort: Bis Nr. 154 einschließlich korrigiert, Kn 12/2021

1. Biographie
Joachim Lipschitz wurde am 19. März 1918 in Berlin als Sohn des Arztes Fritz Lipschitz und seiner Ehefrau Erna, geb. Neumann, geboren. Er besuchte von 1924 bis 1927 die Volksschule, bis 1930 das Mommsen-Gymnasium und von 1930 bis 1936 das Friedrichs-Werdersche Gymnasium in Berlin. Bereits 1931 wurde er Mitglied im Sozialdemokratischen Schülerbund und der Internationalen Arbeiterhilfe. Nach dem Abitur 1936 absolvierte Lipschitz eine kaufmännische Lehre, da ihm ein Studium wegen seiner jüdischen Abstammung versagt wurde. 1938 zum Reichsarbeitsdienst eingezogen, wurde er im Zusammenhang mit dem Pogrom vom 9. November verhaftet. Im August 1939 wurde Lipschitz zur Wehrmacht einberufen und 1942 nach schwerer Verwundung entlassen. Sowohl ein Studium als auch die Heirat seiner Verlobten Eleonore Krüger wurden ihm wegen seiner Abstammung auch jetzt nicht erlaubt. Zunächst als kaufmännischer Angestellter tätig, musste er im Zusammenhang mit der Aktion Mitte 1944 untertauchen. Lipschitz war damals Mitglied einer geheimen Organisation von Rasseverfolgten, die sich gegenseitig Hilfe und Unterstützung boten. Er lebte bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges versteckt in Neuruppin und Berlin.
Nach Kriegsende arbeitete er bis Januar 1947 bei der Berliner Häuteverwertungs GmbH, die der Roten Armee unterstand, und als Dozent an der Volkshochschule Berlin-Lichtenberg. Er wurde am 25. Juni 1945 Mitglied der SPD. Bei den Wahlen im Oktober 1946 kandidierte er für die SPD in Berlin-Lichtenberg und errang ein Bezirksverordnetenmandat. Im Januar 1947 bestätigte ihn die sowjetische Besatzungsmacht als Bezirksstadtrat in Berlin-Lichtenberg, wo er als Leiter der Abteilung für Personalfragen und Verwaltung bis 1948 tätig war. Nach der administrativen Spaltung Berlins wirkte Lipschitz ab September 1948 als Leiter einer Beratungsstelle für politisch Verfolgte des Ostsektors. 1949 wurde er Bezirksrat für Finanzwesen in Berlin-Neukölln und bekleidete dort seit 1953 auch das Amt des stellvertretenden Bürgermeisters. 1955 wurde er in das Amt des Senators für Inneres von Berlin (West) gewählt. Auf seine Initiative hin wurden ab 1958 Berliner Bürgerinnen und Bürger, die während des NS-Regimes Hilfe gegenüber Verfolgten geleistet hatten, als Unbesungene Helden geehrt. In seine Amtszeit fiel auch die Bildung der Freiwilligen Polizei-Reserve (FPR) 1961. Joachim Lipschitz prägte zusammen mit Franz Neumann, Ernst Reuter, Otto Suhr und Willy Brandt die Berliner SPD der 1950er Jahre.
Joachim Lipschitz war seit Mai 1945 verheiratet mit Eleonore Krüger. Er starb am 11. Dezember 1961 in Berlin.

Eleonore Krüger wurde 1922 geboren. Nach dem Schulbesuch studierte sie an der Fachhochschule für Chemiker und ab 1942 an der Wirtschafts-Hochschule Berlin. Das Studium musste sie durch ihre Einberufung zum Reichsarbeitsdienst unterbrechen.
1948 immatrikulierte sie sich an der Freien Universität Berlin und promovierte dort 1957. Bereits 1954 hatte sie begonnen, als Dozentin am Sozialpädagogischen Institut der Arbeiterwohlfahrt, am Friedrich-Fröbel-Haus und der Verwaltungsschule Berlin zu arbeiten. Von 1954 bis 1956 war sie als Schöffin beim Oberverwaltungsgericht Berlin tätig. Von 1963 bis 1970 wirkte Eleonore Lipschitz als Mitarbeiterin und Leiterin der Arbeiterwohlfahrt. 1963 wurde sie in das Berliner Abgeordnetenhaus gewählt und war bis 1967 als Abgeordnete tätig. Von 1970 bis 1981 arbeitete sie als Senatsrätin in der Senatsverwaltung für Arbeit, Gesundheit und Soziales. Eleonore Lipschitz starb 1981 in Berlin.

2. Bestandsbeschreibung
Das Landesarchiv Berlin erhielt den Nachlass im März 1982 von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Er konnte in den 1990er Jahren mit Dokumenten zu Eleonore Lipschitz ergänzt werden, die sich im Nachlass Kurt Exner befanden.

Enthält:
Joachim Lipschitz: Familiengeschichte.- Schul- und Berufsausbildung.- Reichsarbeitsdienst.- Wehrmacht.- Berufliche Tätigkeit (Neuaufbau der Verwaltung, Diffamierungskampagne über Wiedergutmachung, Neuköllner Polizei, Personalverwaltungsgesetz, Abgeordnetenhauswahlen, Vorträge, Südamerika-Reisen).- Partei- und Gewerkschaftsangelegenheiten.- Korrespondenz, Filme.- Tonbänder.- Ehrungen.- Nachrufe.- Fotografien (Ausübung der Amtsgeschäfte, Kundgebungen, Parteiveranstaltungen, Dienstreisen, Trauerfeiern).
Eleonore Lipschitz: Biografisches Material (Vorfahren, Verwandte, Personaldokumente, Versorgungsangelegenheiten, Sohn Frank, Nachrufe).- Schul- und Berufsausbildung.- Berufliche Tätigkeit (Dozentin, Schöffin, Leiterin der Arbeiterwohlfahrt, Beamtin in der Senatsverwaltung für Arbeit, Gesundheit und Schule).- Partei- und Gewerkschaftsangelegenheiten.- Friedrich-Fröbel-Haus.- Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses.- Wahlmaterial.- Vorträge.- Korrespondenz.- Fotografien.

Erschlossen: 206 [AE] 3.50 [lfm]

Laufzeit:
(1876 -) 1918 - 1981

Benutzung:
Findbuch, Datenbank

Verweise:
-> LAB B Rep. 004 Senatsverwaltung für Inneres
-> LAB B Rep. 214 Bezirksverwaltung Neukölln
-> LAB C Rep. 147-04 Rat des Stadtbezirks Lichtenberg, Abteilung Kader
-> LAB E Rep. 200-66 Nachlass Kurt Exner

Literatur:
-> Handbuch des Abgeordnetenhauses. III. u. IV. Wahlperiode, T. II, Die Abgeordneten, Berlin 1959 und 1963.
-> Joachim Lipschitz zum Gedenken, hrsg. vom Senator für Inneres, Berlin 1961.
-> Joachim Lipschitz zum Gedenken, Berlin 1962.
-> Neubauer, Kurt: Sicherheit in Berlin. Reden zum 10. Todestag von Joachim Lipschitz und zum 10jährigen Bestehen der freiwilligen Polizeireserve, Berlin 1971 (= Berliner Forum. 7/71).

Reference number of holding
E Rep. 200-32

Context
Landesarchiv Berlin (Archivtektonik) >> E Nachlässe und personengeschichtliche Sammlungen >> E 1 Nachlässe und Personenfonds

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