Bestand
Familie von Nützel (Bestand)
Die Nürnberger Patrizierfamilie Nützel zählt zu den ältesten Geschlechtern der Stadt. Die chronikalische Überlieferung und die eigene Familientradition läßt sie an dem legendenhaften Zug Kaiser Heinrichs VI. nach Donauwörth 1197 teilnehmen und leitet ihre Abstammung zusammen mit derjenigen der Familie Stromer auf die Reichsministerialen von Reichenbach auf Kammerstein bei Schwabach zurück. Von einem um 1200 lebenden Gerhard von Reichenbach sollen beide Geschlechter - Nützel und Stromer - das Wappen mit den drei Lilien übernommen haben. Tatsächlich ist als erster Nürnberger Bürger der Familie 1272 ein Wernher Nützel im Zusammenhang mit dem Kauf von Gütern belegt, die er später dem Zisterzienserkloster Heilsbronn schenkte. Seit 1217/1244 ist ein Geschlecht gleichen Namens (Mützel/Nötzel/Nützel) bereits in Regensburg und Bamberg nachzuweisen.
Dieser erste in Nürnberg faßbare Nützel bekräftigte 1290 den Verkauf von Gütern zu Wolpersreuth an die Kirche in Ottensoos mit einem Adlersiegel. Es ist also anzunehmen, daß die Nützel ursprünglich einen Adler im Wappen führten und erst später die Reichenbacher/Stromerschen Lilien als Wappen angenommen (erheiratet?) haben. Im 14. Jahrhundert unterzogen sich beide Geschlechter einem Wappenvergleich durch den Nürnberger Rat, der 1380 beiden denselben Schild zubilligte, nur in der Helmzier unterschieden sie sich. 1549/50 erwirkten dann die Nützel bei Kaiser Karl V. eine Wappenbesserung und führten seitdem im gevierten Schild in den Feldern 1 und 4 das ältere Adler- und in den Feldern 2 und 3 das Lilienwappen.
Die Schenkungen Wernher Nützels an das Kloster Heilsbronn belegen den frühen Besitz der Familie im Westen der Reichsstadt, und hier im westlichen Vorfeld Nürnbergs erwarben sie auch im 15. Jahrhundert mit dem bambergischen Lehen (ein Drittel Bistum, zwei Drittel Dompropstei) Sündersbühl ihren namengebenden Herrensitz. Dieser befand sich in Händen der Familie Staudigel und kam im 14. Jahrhundert durch Heirat an die Nützel, die 1487 dem Rat gegenüber das bereits vorliegende Öffnungsversprechen bestätigten. 1520 ließ Hans Nützel (+1524) das Herrenhaus neu erbauen. Einen zweiten Herrensitz in Sündersbühl besaßen die Imhoff; auch er muß im 16. Jahrhundert auf die Nützel übergegangen sein, da Karl Nützel (1557-1614), kaiserlicher Rat und Botschafter in den Niederlanden, ihn 1595 dem italienischen Großkaufmann Carl Werdemann aus Plurs im Bergell veräußerte.
Anders als etwa die Stromer, die Hirschvogel, die Imhoff, die Welser oder die Tucher traten die Nützel weniger als Großkaufleute in Erscheinung. Eine Familienhandelsgesellschaft ist nicht belegt. Dennoch zeugen die spärlichen Quellen auch noch im 17. Jahrhundert zumindest vom finanziellen Engagement einiger Familienmitglieder im Bergbau: 1601 finden wir Joachim (1532-1603) und Hans Nützel d. Ä (1540-1620) in den Zinnrevieren im böhmischen Schlaggenwald, und bis 1619 waren Hans Nützel d. Ä., Hans Nützel d. J. (1585-1621) und Gabriel Nützel (1589-1638) am Eislebener Saigerhandel beteiligt.
Weitaus stärker engagierten sich die Nützel jedoch in der Nürnberger Verwaltung und im diplomatischen Dienst der Reichsstadt und des Reiches. Berthold Nützel (+1449) verweilte im Auftrag seiner Vaterstadt und Kaiser Friedrichs III. 1444 in Speyer. Kaspar Nützel (1471-1529) - ohnehin die herausragende Persönlichkeit des Geschlechts - war der bedeutendste diplomatische Vertreter der Reichsstadt in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, seit 1504 in Ansbach und Heidelberg, Bamberg und Würzburg, zwischen 1509 und 1515 als ständiger Botschafter Nürnbergs beim Schwäbischen Bund, 1521 auf dem Wormser Reichstag und bis zu seinem Tod 1529 mit der endgültigen Festlegung der Grenzen zwischen dem Nürnberger Landgebiet und den wittelsbach-pfälzischen Territorien sowie mit den Streitigkeiten mit Markgraf Georg von Brandenburg befaßt. Nicht zuletzt finden wir in Kaspar Nützel zu jener Zeit einen der stärksten Befürworter der lutherischen Lehre im Nürnberger Rat. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts und im frühen 17. Jahrhundert ist schließlich das letztendlich vergebliche diplomatische Tauziehen Nürnbergs um die Verlagerung der Merchant Adventurers von den Hansestädten in die oberdeutschen Handelsmetropolen Nürnberg, Augsburg, Ulm und Straßburg eng mit den Namen von Gabriel Nützel (1514-1576) und Karl Nützel (1557-1614) verbunden.
Aber auch die Nützel zogen sich spätestens seit dem Dreißigjährigen Krieg aus ihren angestammten wirtschaftlichen und diplomatischen Aktivitäten zurück und pflegten in Nachahmung des fränkischen Landadels einen feudalen Lebensstil. 1747 starb die Familie aus. Letzter männlicher Vertreter des Geschlechts war Johann Joachim Nützel (1700-1747), der 1721 bei Johann David Koeler an der heimatlichen Universität in Altdorf über die Geschichte der Nürnberger Rechtsreformation promoviert hatte. Die Standesrede an seinem Grab in der St. Leonharder Siechkobelkirche hielt am 18. Mai 1747 Christoph Karl Kress von Kressenstein, die heimgefallenen Bamberger Lehen zu Sündersbühl mitsamt dem Nützelschen Schlößchen gingen im Erbgang auf die Haller von Hallerstein über, die noch im 19. Jahrhundert die Patrimonialgerichtsbarkeit in Sündersbühl ausübten.
Der vorliegende Bestand setzt sich zusammen aus diversen Sammlungsstücken:. Der überwiegende Teil der Einheiten stammt aus der älteren Guido von Volckamerschen Noricasammlung, die - von Friedrich Frhr. von Haller 1911 aufgekauft - als Teil der Haller-Volckamer-Sammlung 1944 testamentarisch an die Stadt Nürnberg gefallen und unter den Dienststellen StadtAN, städtische Sammlungen (heute: Museen der Stadt Nürnberg) und Stadtbibliothek aufgeteilt worden war. Die Zuordnung der Sammlungsstücke zum Sammelbestand "Genealogische Papiere" (heute E 1) wurde 1964 von Gerhard Hirschmann abgeschlossen. Der von der Masse her kleinere, von der historischen Bedeutung her aber wichtigere Teil des jetzt formierten Bestands E 42 ist überwiegend aus Ankäufen der Familie Aufseß ins Germanische Nationalmuseum gelangt und von dort 1966 dem StadtAN als Dauerleihgabe übergeben worden. Einige wenige Einheiten gelangten über die Stadtbibliothek Nürnberg ans StadtAN.
In den Verzeichnissen des StadtAN (Findbücher, Findkarteien) waren die bislang unter E 1 Nützel zusammengeführten Dokumente entweder als im Germanischen Museum gebildete Einheiten beibehalten worden oder überhaupt nicht zu Einheiten formiert und verzeichnet gewesen.
- Reference number of holding
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E 42
- Extent
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lfd. Meter: 0,50
- Language of the material
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Deutsch
- Context
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Stadtarchiv Nürnberg (Archivtektonik) >> Stadtarchiv Nürnberg >> Bestandsgruppe E: Dokumentationsgut privater Provenienz >> E 42 - Familie von Nützel
- Indexbegriff subject
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Familienarchive (Bestände)
Nützel, Familienarchiv (Bestand)
- Other object pages
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Rights
- Last update
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05.06.2025, 11:18 AM CEST
Data provider
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Object type
- Bestand