Einfriedung | Friedhof | Grabmal

Städtischer Friedhof Dahlem mit Grabdenkmalen und Einfriedung; Berlin, Steglitz-Zehlendorf

Der neue Städtische Friedhof Dahlem, Königin-Luise-Straße 57, fasst den alten Kirchhof rund um die St.-Annen-Kirche, an der nördlichen und westlichen Seite ein. (1) Im Zuge der sich ausdehnenden Bebauung nach der Parzellierung des Domänengebiets war die Bevölkerungszahl Dahlems deutlich angestiegen. Der kleine St.-Annen-Kirchhof, Ende des 19. Jahrhunderts stark verwahrlost, war für die zunehmende Anzahl der Bestattungen in der anwachsenden Villenkolonie nicht mehr ausreichend. (2) Daher wurde das Gelände erweitert und ab 1908 direkt angrenzend der Städtische Friedhof angelegt. Während der neue, konfessionslose Friedhof für die zukünftigen Bewohner der Villenkolonie vorgesehen war, sollte der alte Kirchhof ausschließlich den Familien vorbehalten bleiben, welche schon vor 1900 im damaligen Gutsbezirk Dahlem ansässig gewesen waren. (3) Um einen großzügigeren Eindruck zu vermitteln, wurden die beiden - bis heute getrennt verwalteten - Friedhöfe ohne auffallende optische Begrenzungen angelegt. Die kaum wahrzunehmende Grenze zum erhöht liegenden Kirchhof ist als Böschung gestaltet, Stufen verbinden die beiden Ebenen. Entlang der Straße wurde die spätgotische Feldsteineinfriedung des Kirchhofs in einer ähnlichen, aber doch als neueren Datums zu erkennenden Form fortgesetzt: Die aus unregelmäßig geschichteten Granitsteinen gestaltete Friedhofsmauer westlich des Eingangs wurde 1926 angefügt. (4) Der Eingang zum Friedhof von der Königin-Luise-Straße mit einer breiten Tordurchfahrt und einem schmaleren Portal für Fußgänger ist 1909 von Heinrich Straumer eindrucksvoll gestaltet worden. (5) Das zweiflügelige Holztor mit Stabwerk wird von zwei hohen Bruchstein-Pfeilern flankiert, das Portal von einem Rahmen und einem Supraporten-Relief aus Sandstein eingefasst. Das Relief zeigt zwei Mädchenfiguren, die eine Tafel mit der Inschrift "Mors janua vitae" (Der Tod ist der Eingang zum Leben) flankieren. (6) Der stillen Trauer der Figuren stehen Symbole des Lebens (Blütenkranz und Zweige) gegenüber. Sie illustrieren die Hoffnung, die in der Inschrift zum Ausdruck kommt.° ° Der ehemals auf beiden Seiten mit Thujahecken gefasste Hauptzugang weitet sich nach knapp 40 Metern in Richtung Westen zu einem mit alten Linden bestandenen Platz, in dessen Zentrum die kleine Feierhalle steht. Von hier aus führt ein orthogonales Wegesystem in alle Richtungen; an den Wegen sind Reste regelmäßiger Lindenreihen erhalten. Die einzelnen Grabreihen werden durch uneinheitliche Hecken voneinander getrennt. Es fällt auf, dass auf dem Friedhof fast alle Grabstellen einzeln mit einer niedrigen Hecke aus Buchs oder Eibe eingefriedet sind.° ° Auf dem Städtischen Friedhof sind einige künstlerisch wertvolle Grabstätten zu finden, die von der Vielseitigkeit der Grabmalkunst der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Zeugnis ablegen. (7) Erwähnenswert sind u.a. die Grabstätten von Waldemar Grzimek und Max Unger, die jeweils von den Bildhauern selber entworfene Skulpturen schmücken. Grzimek schuf eine weibliche Aktfigur mit leicht geneigtem Kopf; die Grabstätte Unger ziert eine 1905 entworfene neobarocke bronzene Engelsfigur. Die hinter der Kapelle gelegene Grabstätte der Familie Johann Ludwig Leichner in Form einer auf vier Seiten offenen Tempelhalle mit dorischen Säulen bildet als Endpunkt der Wegeachse einen Point de vue. (8) Bemerkenswert sind auch das Wandgrab Carl Gérard, das durch ein marmornes Figurenrelief mit einer zwei Kinder säugenden, madonnenhaften Figur geschmückt wird, und die Grabstätte der Familie Ernst von Simson mit einer von dem Künstler Theodor Georgii geschaffenen Mittelstele aus Muschelkalkstein, der das Relief einer Abschiedsszene integriert ist. Das Grabmal Schumacher wurde von dem bekannten Hamburger Architekten und Stadtplaner Fritz Schumacher entworfen und anlässlich des Todes seines Neffen Ernst 1941 aufgestellt. Einen Querschnitt durch die Bevölkerungsschichten der Villenkolonie stellt die umfangreiche Liste der Ehrengräber dar. Darin finden sich zahlreiche Personen öffentlichen Wirkens: Bildende Künstler wie die Bildhauer Georg August Gaul und Bernhard Heiliger sind auf dem Friedhof ebenso bestattet wie berühmte Schauspieler, Musiker und Komponisten. Grabstätten einflussreicher Politiker und bedeutender Wissenschaftler, wie beispielsweise die des ersten Chemie-Nobelpreisträgers von 1901, Jacobus Henricus van't Hoff, runden das Bild ab. Das Ehrengrab für den 1979 an den Spätfolgen eines Attentats verstorbenen Berliner Studentenführer Rudi Dutschke befindet sich auf dem alten Kirchhof.° ° --- --- --- --- --- --- ---------------------------------------------------------° (1) BusB X A (3), S. 38. Vgl. auch: Kuhn, Jörg: Königin-Luise-Straße 57, Städtischer Friedhof Dahlem. In: Landesdenkmalamt Berlin, Jörg Haspel; Klaus von Krosigk (Hrsg.): Gartendenkmale in Berlin - Friedhöfe, Petersberg 2008, S. 270 ff. mit weiterführenden Literaturangaben.° (2) Von 182 Einwohnern im Jahr 1900 stieg die Einwohnerzahl auf 2.284 im Jahr 1908 (1910: 3.099 Einwohner, 1912: 4.087 Einwohner). Vgl. Melms 1982, S. 77.° (3) Landesarchiv Berlin, A Rep 040-08 Nr. 1113° (4) BusB X A (3), S. 82.° (5) Das Tor entstand vermutlich im Zusammenhang mit dem Neubau des Pfarrhauses von Straumer. Ein Plan befindet sich in den Bauakten zur Friedhofskapelle (Archiv des Stadtplanungsamtes Steglitz-Zehlendorf).° (6) Neue Preußische Kreuz-Zeitung vom 25.2.1910. In: Landesarchiv Berlin, A Rep 040-08 Nr. 1118.° (7) Kuhn, Jörg: Erfassung/ Inventarisation plastischer Denkmäler, Brunnen und anderer Werke der bildenden Kunst in denkmalgeschützten Privatgärten und auf Friedhöfen im Bezirk Steglitz-Zehlendorf, Gutachten i.A. des Landesdenkmalamtes Berlin, Berlin 2004, Archiv Landesdenkmalamt Berlin.° (8) Müller + Altmeyer: Bestandsaufnahme Grabanlage Leichner, Gutachten i.A. des Landesdenkmalamtes Berlin, Berlin 1998.°

Urheber*in: Max Dietrich / Rechtewahrnehmung: Landesdenkmalamt Berlin

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Location
Königin-Luise-Straße 57, Dahlem, Steglitz-Zehlendorf, Berlin

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Classification
Gartendenkmal

Event
Herstellung
(who)
Entwurf: Dietrich, Max
(when)
1908
Event
Umbau
(when)
1929

Last update
28.02.2025, 9:40 AM CET

Data provider

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Object type

  • Friedhof; Grabmal; Einfriedung

Associated

  • Entwurf: Dietrich, Max

Time of origin

  • 1908
  • 1929

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