Bestand

(Erwerb 50/2009) (Bestand)

Vorwort: Der Bestand beinhaltet Unterlagen zu den Familien Mühsam und Landau, im wesentlichen zu Siegfried Seligmann Mühsam, Leo Landau, Charlotte Landau, geb. Mühsam, und in kleinerem Umfang zu Erich Mühsam. Wie die meisten Nachlässe ist auch dieser vom Inhalt sehr disparat, neben Briefen, Postkarten und Familienpapieren unterschiedlichster Art (Aufzeichnungen zu verschiedenen Anlässen: Hochzeiten, Todesfälle) finden sich unter anderem auch Fotos und Skizzenbücher.

Siegfried Seligmann Mühsam lebte von 1878 bis zu seinem Tode 1915 in Lübeck. Ihm gehörte die Linden-Apotheke; von 1887-1915 war er Mitglied der Lübecker Bürgerschaft.

Erich Mühsam (1878 - 1934), Sohn Siegfried S. Mühsams, lebte in Lübeck von 1878 bis 1900. Er wurde Schriftsteller und war bis zu seinem Tod im KZ Oranienburg, wo er 1934 von SS-Leuten ermordet wurde, politisch aktiv. In Lübeck kümmert sich heute die Erich-Mühsam-Gesellschaft seit 1989 darum, an seine Lebensleistung zu erinnern.

Charlotte Mühsam (geb. 1881), Tochter Siegfried S. Mühsams und Schwester von Erich Mühsam, war verheiratet mit Dr. Leo Landau. Sie war von 1919 bis 1921 als Mitglied der DDP Abgeordnete in der Bürgerschaft und wirkte in vielen Ausschüssen (Oberschulbehörde, Jugendamt, Gesundheitsrat). Charlotte Landau engagierte sich neben ihrer sozialen Tätigkeit in leitender Funktion des Israelitischen Frauenvereins zu Lübeck, der mit dem Jüdischen Frauenbund zusammenarbeitete. Schon früh entwickelte sie ausgeprägte Sympathien für den Zionismus. Künstlerisch begabt und möglicherweise auch beeinflusst durch die Freundschaft der Familie Mühsam mit dem Maler, Radierer und Lithographen Hermann Struck (1876-1944) absolvierte sie anschließend die seit 1890 bestehende Lübecker Kunstschule des Freiherrn Willibald Leo von Lütgendorff (1865-1937). Er hatte sowohl als Kunsterzieher und -historiker als auch als Genre- und Historienmaler sowie als Direktor des Dom-Museums in Lübeck einen beachtlichen Namen. Nach ihrer Zeit an der Lütgendorffer Schule setzte Charlotte ihre Studien in bildender Kunst in Bremen und Hamburg fort.

Dr. jur. Leo Landau war von 1908 bis 1933 Rechtsanwalt in Lübeck und verheiratet mit Charlotte Landau. Leo Landau entstammte einer bereits um 1400 in der damals bayerischen Pfalz nachweisbaren jüdischen Familie. Er wurde 1880 in New York geboren, wo sein Vater seit 1873 unter anderem als Kaufmann und Redakteur für jüdische Zeitungen tätig war. Kurz nach Leos Geburt kehrte die Familie nach Deutschland zurück, lebte von 1881 bis 1885 in Hamburg, von 1885 bis 1888 in Bremen und seither in Lübeck, wo Leo 1900 auf dem Katharineum das Abitur bestand. Er studierte zunächst in Lausanne (Literatur und Philosophie) und anschließend Jurisprudenz in Kiel und Berlin. 1904 wurde er Referendar in Kiel, promovierte im selben Jahr in Rostock zum "Dr. jur.", legte 1908 vor dem Oberlandesgericht Hamburg das Staatsexamen ab und ließ sich im selben Jahr als Rechtsanwalt in Lübeck nieder, wo er 1912 auch Notar wurde. Die Landaus verließen Lübeck am 4.4.1933 unmittelbar nach dem Boykott jüdischer Geschäfte und Einrichtungen.

Die Unterlagen zur Geschichte der Familien Landau-Mühsam wurden 2009 von der Erich-Mühsam-Gesellschaft Lübeck in gemeinsamer Initiative mit dem Archiv der Hansestadt Lübeck unter Hilfestellung verschiedener Lübecker Stifter (Possehl-Stiftung, Verband Frau und Kultur Lübeck, Frau Kugler-Weiemann, Herr Gaulin, Herr Schreiber) von einem Familiennachfahren in Israel angekauft und dem Archiv der Hansestadt Lübeck als Depositum der Erich-Mühsam-Gesellschaft, die alleinige Eigentümerin der Unterlagen ist, übergeben.

Dr. Lokers
März 2010


Literatur:
Schreiber, Albrecht, "Gedenke der vorigen Zeiten". Illustrierte Chronik der Juden in Moisling und Lübeck, in memoriam Erich Mühsam, Lübeck 2009.

Schreiber, Albrecht, "Daß du tust was recht und gut ist - Lebensbilder vier jüdischer Frauen aus Lübeck" mit einem Nachwort von Jan Lokers (Kleine Hefte zu Stadtgeschichte, hrsg. vom Archiv der Hansestadt Lübeck, Heft 21.

Verwaltungsgeschichte/biographische Angaben: Die Unterlagen zur Geschichte der Familien Landau-Mühsam wurden 2009 von der Erich-Mühsam-Gesellschaft Lübeck in gemeinsamer Initiative mit dem Archiv der Hansestadt Lübeck unter Hilfestellung verschiedener Lübecker Stifter (Possehl-Stiftung, Gemeinnützige Sparkasssen-Stiftung) Verband Frau und Kultur Lübeck, Frau Kugler-Weiemann, Herr Gaulin, Herr Schreiber) von einem Familiennachfahren in Israel angekauft und dem Archiv der Hansestadt Lübeck als Depositum der Erich-Mühsam-Gesellschaft, die alleinige Eigentümerin der Unterlagen ist, übergeben.

Dr. Lokers
Oktober 2009

Reference number of holding
05.5 Mühsam-Landau

Context
Archiv der Hansestadt Lübeck (Archivtektonik) >> 05 Private Archive >> 05.5 Familienarchive und Nachlässe

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30.06.2025, 10:12 AM CEST

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