Das Bild der Germanistik zwischen 1945 und 1965 in autobiographischen Selbstreflexionen von Literaturwissenschaftlern

Abstract: Der Artikel ist frei verfügbar; anstelle eines Abstract wird hier zunächst der Anfang wiedergegeben:

Dieser Band soll erkunden, wie wir heute, ex post, die Entwicklung der deutschen Literaturwissenschaft sehen. Auch diejenigen unter den Autoren, die schon zwischen 1945 und 1960/65 im Fach gearbeitet hatten, waren nach ihrem heutigen Urteil gefragt. Solche sporadischen Erinnerungen sind eindrücklich genug (S. 387-433 in diesem Band); wie aber war insgesamt das „intellektuelle Kräftefeld Germanistik“[1] in den Augen derjenigen gegliedert, die diese Zeit selbst aktiv mitgestaltet hatten?

Von einigen von ihnen liegen autobiographische Selbstreflexionen vor: von west- und ostdeutschen Germanistikprofessoren, die schon vor 1945 tätig waren – von westdeutschen Studenten und Assistenten, die damals ihre akademischen Karrieren begannen – von Emigranten, die damals ihre akademischen Karrieren begannen – von Emigranten, die Deutschland und das Fach von außen sahen.[2] Wo haben sie damals Brüche in der Fachgeschichte erfahren, wo sahen – oder suchten – sie Kontinuitäten und Kontinuität? Zwar: eine unvermittelt zeitgenössische Realitätswahrnehmung läßt sich auch in diesen Texten nicht finden.[3] Die meisten von ihnen sind geschrieben nach der und in Antwort auf die Kritik, die die Germanistik der fünfziger Jahre durch die Protestbewegung erfuhr. Ihre Autoren erzählen nicht eine unschuldige Geschichte der Nachkriegsgermanistik,[4] sondern offerieren ein parteiisches Bild. Sie beschreiben, wie ihnen das Bild der Vor-achtundsechziger-Germanistik erschien unterm zeitgenössischen Postulat von deren Ende. Näher an das eigene Selbstbild der Zeit ließe sich nur über Briefwechsel aus den fünfziger Jahren herankommen. Dafür stellen aber die Autobiographien die Frage nach Kontinuität und Diskontinuität sehr explizit und beantworten sie bewußt vor dem Hintergrund einer Gesamtinterpretation ihrer eigenen Erfahrung. Sie öffnen damit den Blick über die Fachgeschichte hinaus in die politische Geschichte und deren weltanschauliche Verarbeitung – eine Dimension, die hier stärker in den Mittelpunkt rückt.

Fragt man, wie in den autobiographischen Selbstdeutungen [5] die Geschichte des Faches Germanistik nach 1945 perspektiviert wird, so trifft man bei den in Deutschland Gebliebenen auf zwei sehr unterschiedliche Deutungsmuster. Ich will sie „befreiende Wiedergeburt und Verfall“ und „Neuorientierung und langsamer Aufstieg“ nennen. Hinzu kommt durch die Emigranten ein drittes Muster, das eine Zäsur schon 1933 setzt und das in vergleichbarer Kürze mit der Formel „historische Katastrophe und lebenslange Bewältigung“ bezeichnet werden kann

Standort
Deutsche Nationalbibliothek Frankfurt am Main
Umfang
Online-Ressource
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Zeitenwechsel : Germanistische Literaturwissenschaft vor und nach 1945. - Frankfurt am Main : Wilfried Barner (Hrsg.), 1996. - 345-360, ISBN: 3-596-12963-X

Klassifikation
Deutsche Literatur
Schlagwort
Germanistik
Literaturwissenschaft
Selbstreflexion
Bildersprache
Germanistik
Literaturwissenschaft

Ereignis
Veröffentlichung
(wo)
Freiburg
(wer)
Universität
(wann)
2020
Urheber

DOI
10.6094/UNIFR/154726
URN
urn:nbn:de:bsz:25-freidok-1547269
Rechteinformation
Der Zugriff auf das Objekt ist unbeschränkt möglich.
Letzte Aktualisierung
25.03.2025, 13:51 MEZ

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Beteiligte

Entstanden

  • 2020

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