Amtsbücher, Register und Grundbücher | Bestand

Kloster Passau-Niedernburg Amtsbücher und Akten (Bestand)

Vorwort (gekürzte Fassung): 1. Das Benediktinerinnenkloster Passau-Niedernburg

Die Gründung des Klosters Passau-Niedernburg als klösterliche Niederlassung bei der Herzogspfalz in Passau wird auf die Zeit um 740 zurückgeführt. Als Stifter gelten Herzog Odilo oder Herzog Tassilo III. Die erste quellenmäßig fassbare Nennung des Kanonissenstifts als ursprüngliches Marienkloster erfolgt in einer Urkunde des Karolingers Arnolf von Kärnten vom 8. Februar 888. Um die Jahrtausendwende erfolgte die Umwandlung zum Benediktinerinnenkloster. Der Aufstieg des Klosters begann im Jahre 1010 unter Kaiser Heinrich II., der das Kloster in den Rang einer reichsunmittelbaren Abtei erhob. Heinrich II. stattete es in insgesamt vier Urkunden mit umfänglichem Gutsbesitz und dem großen Gebiet zwischen Ilz, Donau und heutiger bayerisch-tschechischer Grenze aus, dem später sogenannten "Land der Abtei". Dem Kloster kam fortan auch der kaiserliche Anteil am Zoll in Passau und der böhmische Zoll zu. Außerdem war es mit dem Markt- und Gerichtsbann und allen Rechten über die der Grundherrschaft des Klosters zugehörigen Hörigen und Freien ausgestattet, verfügte somit über einen eigenen Immunitätsbezirk. In dieser Blütezeit entstand die Bezeichnung "Niedernburg", die zunächst nur die in klösterlichem Grundeigentum stehende untere Stadt von der Pfaffengasse bis zur Ortsspitze in Abgrenzung zum oberen bischöflichen Stadtteil meinte.

Mit dem Verfall der klösterlichen Disziplin beginnt der Abstieg: Im Jahr 1161 überträgt Kaiser Friedrich I. das Kloster dem Bischof von Passau, behält sich aber die Vogtei und das servitium regis vor. Erst unter Bischof Wolfger von Erla (1191-1204) verlor es endgültig seine Selbständigkeit als Reichsabtei und wurde Eigenkloster der Bischöfe von Passau. Bischof Wolfger setzt schließlich im Jahr 1198 die Äbtissin ab und überträgt Dechantinnen die Leitung.

Erst am 6. Februar 1500 erhob Papst Alexander VI. das Kloster wieder zur Abtei und ernannte die Dechantin Ursula III. von Schönstein zur neuen Äbtissin. Bis ins 16. Jahrhundert wurden nur Frauen aus Adelsfamilien in das Kloster aufgenommen. 1581 gab es jedoch nur noch 3 Chorfrauen und 3 Novizinnen und kaum mehr klösterliche Disziplin. Seit dem 11. Juli 1583 wurden deshalb aus Mangel an adligen Kandidatinnen auch Novizinnen aus ehrbaren bürgerlichen Familien aufgenommen. 1670 wurden neue Statuten erlassen. Nach den großen Stadtbränden von 1662 und 1680 erfolgte 1687 die Neuerrichtung der gestörten Klausur. Im März 1792 legte Kardinalfürstbischof Joseph von Auersperg die Anzahl der Nonnen auf 30 (16 Professinnen und Kapitularinnen, 8 Domizellarinnen, 8 Laienschwestern) fest. Domizellarinnen konnten erst nach der Erledigung einer Kapitularinnen-Stelle aufrücken. Davor leisteten sie nur das einfache Gelübde. Die Profess konnten sie erst ab dem 30. Lebensjahr ablegen, Laienschwestern ab dem 40.

Die Aufhebung des Klosters wurde im Rahmen der Säkularisation von der Regierung in München am 20. August 1806 angeordnet und ab dem 3. Oktober 1806 vollzogen. Zu diesem Zeitpunkt umfasste das Kloster eine Äbtissin, 14 Schwestern, 6 Laienschwestern, 3 Stiftsgeistliche und 28 weltliche Angestellte im Kloster.

2. Zum Klosterbesitz

Zum Grundbesitz des Klosters gehörten im Stadtbezirk von Passau neben den Klostergebäuden elf Häuser und zehn Wiesen: Klosterrichterhaus, Klosterschreiberhaus, Klostermesnerhaus, so genanntes altes Beichtvaterhaus, Beichtvaterhaus/"Kremsmünsterhaus", "Zwickel", Lazaruskapelle, Nonnengütl/Bergschlössl, zwei Zehntstadel und das Bleicherhaus. Außerhalb der Stadt verfügte das Kloster über Güter in den Ämtern Hacklberg (krfr.St. Passau), Burgholz (krfr.St. Passau), Straßkirchen (Gde. Salzweg, Lkr. Passau), Hutthurm (Lkr. Passau), Perlesreut (Lkr. Freyung-Grafenau), Waldkirchen (Lkr. Freyung-Grafenau), Kellberg, d.h. in den Ämtern Ober- und Unterkellberg (Gde. Thyrnau, Lkr. Passau). Hinzu kamen Weingüter in Niederösterreich sowie das Gut Landshaag und das Amt Putzleinsdorf in Oberösterreich. Weitere Besitzungen verzeichnete das Kloster in der Hofmark Uttenhofen (Gde. Stephansposching, Lkr. Deggendorf) und einigen anderen dem Herzogtum Bayern unterworfenen Orten. Zehntrechte betrafen vor allem den Markt Hofkirchen (Lkr. Passau) und Umgebung.

Die hofmärkische Niedergerichtsbarkeit (Hofmarksrecht) des Klosters erstreckte sich nur auf seine oblaiischen Untertanen, nicht auf die Urbarsuntertanen des Klosters, über die der jeweilige hochstiftisch-passauische Landrichter die volle Jurisdiktionsgewalt hatte. Zwei Urkunden vom 20. April 1518 und 5. Juni 1549 sind für diese Zuständigkeitsabgrenzungen zwischen Klostergericht und Landgericht grundlegend(1). Die Jurisdiktionsfrage gab zwischen Kloster und Hochstift immer wieder Anlass zu Differenzen. An der Spitze des Klostergerichts stand, Ende des 15. Jahrhunderts nachweisbar, ein sogenannter Hofrichter(2). Vom übrigen Personal ist bekannt, dass in Unterkellberg, Hacklberg und Stephansposching jeweils Gerichtsdiener eingesetzt waren, die u.a. als klösterliche Steuereinzieher amteten.

Die österreichischen Besitzungen unterstanden in gerichtlicher Hinsicht den dortigen Vogteiherren. Bis zur Übernahme der in Österreich gelegenen Besitzungen durch Österreich im Jahre 1803 war dem Kloster die Pfarrei Gmunden inkorporiert.

3. Zum Überlieferungsgang

Der quantitative Schwerpunkt der Überlieferung des Klosters Passau-Niedernburg liegt im Bereich der Amtsbücher zur Güterverwaltung und zur Gerichtsbarkeit. Insbesondere die Serien der Briefprotokolle und der Hofrichter- und Ämterrechnungen machen einen großen Anteil aus. Daneben fällt die Aktenüberlieferung mit rund 120 verzeichneten Einheiten gering aus. Hier liegt der Schwerpunkt vor allem auf Güter- und Rechtsstreitigkeiten sowie Unterlagen aus der Kapitalverwaltung. Als besonderes Betätigungsfeld der Niedernburger Klosterverwaltung kann die Einsetzung der Fährmänner an Inn und Ilz genannt werden, die sowohl in den Akten als auch in den Amtsbüchern deutlichen Niederschlag gefunden hat. Der Schwerpunkt der Akten- und Amtsbuchüberlieferung liegt mit wenigen Ausnahmen aus dem 15. Jahrhundert auf der Epoche der Frühen Neuzeit, namentlich im 17. und 18. Jahrhundert.

Ein nach dem Stadtbrand vom 27. April 1662 durch den Hofrichter und Notar Johann Brunpaur angelegtes Registraturverzeichnis (s. Nr. 6) legt nahe, dass die Überlieferung ab diesem Zeitpunkt größere Verluste zu verzeichnen hatte. Die Klosterchronik aus dem 18. Jahrhundert berichtet tatsächlich, dass durch den Stadtbrand von 1680 Schriftgut unwiederbringlich vernichtet wurde. Die zeitgenössische Systematik der Registratur zeigt im Jahre 1662 im Wesentlichen 23 Schubladen, die nach geographischen Betreffen geordnet waren. Ein späteres Fragment eines Repertoriums von 1731 belegt Versuche zur Einführung einer neuen Systematik (s. Nr. 7), die aber wohl bis zur Aufhebung des Klosters nicht weit fortgeschritten war. Ein durchgängiges Ordnungs- oder Lagerungssystem des Klosterarchivs lässt sich auch aus den zeitgenössischen Einbandbeschriftungen, Tekturzetteln und Produktnummerierungen nicht ermitteln. Die häufiger vorkommenden, nach dem Schema "Fach No. ... No. ..." aufgebauten Signaturen beziehen sich jedenfalls, wie ein Vergleich mit dem Bestand HL Passau Rep. 101 Verz. 4 zeigt, auf alte Lagerorte im Staatsarchiv Landshut und nicht auf das Klosterarchiv.

Ein nicht allzu großer Teil der erhaltenen Überlieferung wurde nach der Aufhebung des Klosters unter Anleitung des Landesarchivars Franz Josef Samet direkt ins Geheime Landesarchiv verbracht. Soweit dies aus dem Übernahmeverzeichnis vom Dezember 1806 hervorgeht (Signatur: Generaldirektion der staatlichen Archive Bayerns 132), befanden sich darunter zahlreiche Urkunden, einige Amtsbücher (Salbücher und Kopialbücher) und sehr wenige Akten, die vor allem Rechtsangelegenheiten betrafen.

Ein weiterer Teil der Akten gelangte wohl über die Landgerichte und Rentämter als Rechtsnachfolger
zunächst an das Staatsarchiv Landshut und von dort im Rahmen des Bestandes HL Passau Rep. 101 Verz. 4 (Abgabe der 1960er Jahre) beziehungsweise der Abgaben von 1979, 1982, 1988, 1993 und 2000 an das Hauptstaatsarchiv. Als unmittelbare Abgabebehörden belegt sind das Landgericht Wegscheid (s. Nr. 711-716), das Finanzamt Deggendorf (s. Nr. 742, Abgabe von 1931) sowie das Rentamt Passau (s. Nr. 22, 35, 74, 96, 108, 501, 514, 546, 598, 621, undatierte Abgabe) beziehungsweise Finanzamt Passau (s. Nr. 687, 689, 693, 695, 697, 706, Abgabe von 1932). Mit dem Bestand KL Faszikel gelangte auch ein Akt aus dem Staatsarchiv München ins Hauptstaatsarchiv (s. Nr. 739).

In Hinblick auf die aus Landshut überführten Bestände ist anzumerken, dass vor allem die Amtsbuchserien unter dem Brand auf der Burg Trausnitz gelitten haben und starke Feuer- und Wasserschäden aufweisen, die zum überwiegenden Teil durch Laminierung konserviert wurden. Die Benutzbarkeit ist dadurch teilweise stark eingeschränkt.

4. Zur Bestandsbildung

Der vorliegende provenienzreine Bestand wurde aus Bestandteilen folgender älterer Pertinenzbestände des Bayerischen Hauptstaatsarchivs gebildet:

- KL Passau-Niedernburg (15 Bände, 20 Akten)
- KL Fasz. (1 Akt)
- HL Passau (2 Akten)
- HL Passau Rep. 101 Verz. 4 (241 Bände)

Ein Teil des Bestandes gelangte vom Staatsarchiv Landshut über verschiedene Abgaben ans Bayerische Hauptstaatsarchiv, nämlich:

- Landshuter Abgabe 1979 (335 Bände)
- Landshuter Abgabe 1982 (5 Bände, 24 Akten)
- Landshuter Abgabe 1988 (1 Akt)
- Landshuter Abgabe 1992 (4 Akten)
- Landshuter Abgabe 1993 (3 Akten)
- Landshuter Abgabe 2000 (1 Akt)

Integriert wurden schließlich auch zahlreiche Urkundenabschriften und andere aus dem Urkundenbestand des Klosters herausgenommene Schriftstücke mit den Altsignaturen:

- Passau-Niedernburg Urkunden (33 Produkte)
- GU Passau (1 Produkt)

Im Rahmen der Neuverzeichnung wurden teilweise aus größeren Akteneinheiten neue Akten gebildet, wobei oft auf die ursprüngliche Aktenformierung zurückgegriffen werden konnte. Besonders umfangreiche Akten, die sich inhaltlich nicht teilen ließen, wurden aus konservatorischen Gründen physisch in mehrere Teile zerlegt. Auch bei den Amtsbuchserien war zuweilen in die Serienbildung der Vorverzeichnungen einzugreifen (vgl. Nr. 183, 56).

5. Provenienz

Neben der Hauptprovenienz "Kloster Passau-Niedernburg" enthält der Bestand einige Amtsbücher, die wenige Jahre nach der Säkularisierung durch eine lokale Übergangsadministration abgeschlossen oder noch vom Rentamt Passau als Arbeitsgrundlage weiterbenutzt wurden (s. Nr. 32, 33, 43). Beispiele für die Einrichtung einer Übergangsadministration nach der Auflösung des Klosters am 3. Oktober 1806 bis zur endgültigen Inkammerierung in das Königreich Bayern sind das Weiteramtieren des ehemaligen Hofrichters des Frauenklosters, Franz Ignaz Arnold, als königlich-bayerischer provisorischer Klostergerichtsadministrator (s. Nr. 637) und die Schaffung einer "königlich-bayerischen provisorischen Oekonomie-Administration des ehemaligen Klosters Niedernburg in Passau". Um seine bisherigen Aufgaben weiterzuführen, wurde dazu von der königlichen Lokalaufhebungskommission der bisherige Klosterschreiber und Rechnungsführer Adalbert Proller bestellt (Nr. 123-129).

Die Säkularisierungsakten sind dem Bestand "Lokalkommission Passau-Niedernburg" eingegliedert
worden.

Als Schrift führende Stelle des Klosters werden neben den Äbtissinnen und dem Klosterschreiber vor allem die Klosterrichter genannt. Die Namen der Hofrichter ab 1665 lauteten nach Angabe der Hofrichteramtsrechnungen:

Johann Brunpaur (1665-1670)
Ferdinand Prunauer (1680-1699)
Adam Mayr (1700-1705)
Joseph Anton Maximilian Pfister (1706-1716)
Anton Eusebius Kölbl (1717-1725)
Johann Joseph Philipp (1726-1727, kommissarisch)
Wolfgang Heinrich Göltl (1728-1746)
Ignaz Ferdinand Gangel (1747-1792)
Anton Deronco (1793-1798)
Franz Ignaz Arnold (1798-1804).

Von den übrigen weltlichen Angestellten des Klosters (ein Mesner, vier Amtmänner und drei Gerichtsdiener) sind darüber hinaus vor allem die Amtmänner anhand der regelmäßig ans Kloster eingesandten Rechnungsserien fassbar. Dies gilt auch für die klösterlichen Verwalter in Landshaag und Putzleinsdorf. Dabei ist auffällig, dass die Rechnungen in aller Regel im Original, in manchen Fällen aber auch in Form von Rapularen überliefert sind. Demnach scheinen die Bestände des Klosterarchivs von Fall zu Fall gezielt aus den örtlichen Registraturen der Amtmänner ergänzt worden zu sein. Es ist anzunehmen, dass auch außerhalb des Klosters eigenständige Registraturen von gewisser Dauerhaftigkeit bestanden. Geschlossene Amtsüberlieferungen im Sinne weiterer Provenienzstellen lassen sich daraus allerdings nicht rekonstruieren. Ähnliches gilt für die inkorporierte Pfarrei des Klosters in Gmunden (PB Gmunden, ÖO, A), die in der Klosterregistratur kaum einen Niederschlag gefunden hat.

München, April 2016

Dr. Nicola Humphreys M.A.
Dr. Genoveva Rausch M.A.
Dr. Bernhard v. Rohrscheidt
Dr. Martin Schramm M.A.
Dr. Susanne Wolf


Bestellsignatur: Kloster Passau-Niedernburg Amtsbücher und Akten ...

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(1) Siehe Kloster Passau-Niedernburg Urkunden 815 (Urkunde vom 5.6.1549) und 816 (Vidimus vom 12.7.1549); vgl. Ludwig Veit: Passau. Das Hochstift (Historischer Atlas von Bayern Teil Altbayern Heft 35), München 1978), S. 369ff.
(2) Siehe Kloster Passau-Niedernburg Urkunden 658 (Urkunde vom 6.6.1497).

Hinweis: Das im Repertorienzimmer einsehbare Findbuch enthält zusätzlich eine Liste der passau-niedernburgischen Äbtissinnen/Dechantinnen und ein ausführliches Literaturverzeichnis.

Bestandssignatur
Kloster Passau-Niedernburg Amtsbücher und Akten
Umfang
758
Sprache der Unterlagen
deutsch; lateinisch

Kontext
Bayerisches Hauptstaatsarchiv (Archivtektonik) >> Beständetektonik des Bayerischen Hauptstaatsarchivs >> 1 Abteilung I: Ältere Bestände >> 1.7 Klöster >> Kloster Passau-Niedernburg
Verwandte Bestände und Literatur
Hinweis zum Ortsregister: Slezské Pavlovice s. Deutsch Paulowitz

Bestandslaufzeit
1010-1807

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Letzte Aktualisierung
03.04.2025, 11:04 MESZ

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Objekttyp

  • Bestand
  • Amtsbücher, Register und Grundbücher

Entstanden

  • 1010-1807

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