Bestand

Hentig, Otto von (Bestand)

Findmittel: Datenbank; Findbuch, 1 Bd.

Bestandsbeschreibung: Lebensdaten: 1852 - 1934

Bei der Überlieferung GStA PK, VI. HA Familienarchive und Nachlässe, Nachlass von Hentig handelt es sich genau genommen um Schriftgut und Photographien aus der persönlichen Hinterlassenschaft von Frau Maria von Hentig, geb. Dankberg (1866 geb. in Berlin, 1943 gest. in Garmisch-Partenkirchen). Dieses Material wurde 2005 von ihrem Enkel Herrn Hans Wolfram von Hentig unter Beteiligung seiner Schwester Helga Fritzsche geb. von Hentig dem GStA PK als Geschenk überlassen (vgl. Tb 222/05 und 3154/05).

Maria Dankberg hatte 1885 Philipp Hermann Otto Hentig (seit 1901: von Hentig) geheiratet, der damals in Berlin als Spezialist für Adels- bzw. Fürsten- sowie Patentrecht tätig war. Otto wurde 1852 in Luckenwalde geboren, besuchte das Joachimsthalsche Gymnasium und nahm 1871 als Einjährig-Freiwilliger im Kaiser Franz Gardegrenadier-Regiment am Feldzug in Frankreich teil. Danach studierte er in Berlin und Heidelberg beide Rechte, um 1879 in die Kanzlei Drews einzutreten (die er später übernahm).

Öffentliche Wirksamkeit entfaltete Otto (von) Hentig 1893 bis 1898 als Kammerpräsident für die Verwaltung der Fürstlich Fürstenbergischen Besitzungen mit Sitz in Donaueschingen, dann v. a. 1900 bis 1904 als Dirigierender Staatsminister in Sachen-Coburg und Gotha. Das thüringisch-fränkische Herzogtum wurde damals, nach dem Tod des Herzogs Alfred 1900, in Vertretung des künftigen Herzogs Carl Eduard durch den Fürsten Ernst zu Hohenlohe-Langenburg regiert. Hentigs Politik für Coburg-Gotha konzentrierte sich v. a. auf die Aushandlung eines Domänengesetzes mit den Landständen, das 1904 auch zustande kam, aber auf Ablehnung der Berater des künftigen Herzogs Carl Eduard stieß. Hentig trat daher 1905 von seinem sachsen-coburg und gothaischen Ämtern zurück; im selben Jahr legte auch Fürst Ernst die Regentschaft nieder.

Otto von Hentig entfaltete daraufhin in Berlin eine ausgedehnte juristisch-politische Tätigkeit, die ihn wiederholt für die Berufung in höchste Staatsämtern empfahl. Eine hervorragende Rolle spielte er insbesondere ab 1907/1909 als Vorsitzender des "Allgemeinen Deutschen Schulvereins" bzw. des "Vereins für das Deutschtum im Ausland". Bei den Bemühungen um den Aufbau deutscher inoffizieller Kultur- und Wirtschaftspolitik im Ausland, vor allem in China, der Türkei oder in Südamerika, übernahm der VDA-Vorsitzende bis 1914 eine zentrale Position. Hentig betrieb Kulturpolitik in liberaler, d.h. auch regierungsfreundlicher Weise. Gerade deswegen wurde er 1915 im VDA-Vorsitz durch den politisch eher rechts orientierten Gesandten z. D. Franz von Reichenau abgelöst.

In diese Weltkriegsjahre fallen auch die Anfänge der Wirksamkeit, die Hentigs ältester Sohn Werner Otto im Dienst des Auswärtigen Amtes entfaltete. Er unternahm eine diplomatische Mission "ins verschlossene Land" nach Afghanistan, über die er 1917/18 in einer Aufsehen erregenden Publikation berichtete.

Vom Ende des Ersten Weltkriegs sicher erschüttert, trat Otto von Hentig in den Jahren der Weimarer Republik (kultur-) politisch nicht mehr besonders hervor. Nachdem ihm zum 75. und 80. Geburtstag noch zahlreiche öffentliche Ehrungen beschert wurden, starb der hochgeachtete Jurist und Politiker 1934 im Alter von 82 Jahren.

Der von seiner Frau Maria gesammelte und geordnete Nachlass bezieht sich allerdings nur noch in wenigen Splittern auf das öffentliche Wirken Otto von Hentigs; am meisten noch in Form von zwei Zeitungsausschnittsammlungen. Vom Wirken in Sachsen-Coburg und Gotha sind z. B. eigentlich nur noch die Glückwünsche erhalten, die Hentig Ende 1900 / Anfang 1901 zu seiner Ernennung erhielt. Umso umfangreicher ist der Anteil an privatem Schriftverkehr, den Otto und Maria ein Leben lang führten, wenn er oder sie auf Reisen waren, und allmählich auch ihre sieben Kinder Werner Otto, Hans Eduard, Ilse Elisabeth, Wolfgang Hermann, Emma Eleonore und Eva Maria einbezog. Diese private, kulturgeschichtlich reizvolle Korrespondenz macht die Hauptmenge des Nachlasses von Hentig im GStA PK aus.

Der Nachlass gelangte ins GStA PK in Form von etwa 30 starken weißen Großkuverts, die nach Jahreszahlen geordnet und entsprechend mit blauer Tinte von der Hand Maria von Hentigs beschriftet waren (z. B. "Papachen, 1900", oder "An mich allerhand gute Briefe, Mama").
Dazu kam eine zweite Vermerkschicht mit inhaltlichen Hinweisen in Bleistift (z. B. "Vaters Briefe an die Mutter"'). Gelegentlich waren Korrespondenzenfolgen z. B. von einer Sommerreise mit Rotstift durchgezählt. Vielleicht hat Maria von Hentig den Plan verfolgt, eine Biographie ihres Mannes zu schreiben, wie einige entsprechende Fragmentseiten im Nachlass vermuten lassen.

Das gesamte 2005 in zwei Sendungen übernommene Material wurde von Jürgen Kloosterhuis im August 2005 und Juli 2006 in den zwei Gruppen "Werdegang und öffentliches Wirken" bzw. "Privatleben" neu geordnet und verzeichnet.

Weitere Teile des Nachlass von Hentig befinden sich heute nach Abgaben durch Werner Otto von Hentig in den 1970er Jahren im Archiv der Otto von Bismarck-Stiftung in Friedrichsruh (Hentigs anwaltliche Tätigkeiten für den Fürsten von Bismarck, ca. 1890) und im Bundesarchiv, Abteilung Koblenz (als Teil des Nachlasses Werner Otto von Hentig: Hentigs Tätigkeit als Sachsen-Coburg und Gothaischer Staatsminister, sowie als Rechtsanwalt und Vereinsfunktionär, 1900 -1913).

Der Nachlass im GStA PK ist unbeschränkt benutzbar und gegebenenfalls zu zitieren:
GStA PK, VI. HA Familienarchive und Nachlasse, NI Otto von Hentig, Nr. ###

Berlin, im August 2006
(Prof. Dr. Jürgen Kloosterhuis)
(Direktor GStA PK)

Literatur:
- Genealogisches Handbuch der Adeligen Häuser, B, Bd. VII, Limburg / Lahn 1965, S. 146 148

- Werner - Otto von Hentig: [Artikel] Hentig, Philipp Otto Hermann von, in: NDB 8 (1969),
s. 566 .
- Werner Otto von Hentig: Mein Leben, eine Dienstreise, Göttingen 1962
- Werner Otto von Hentig: Zeugnisse und Selbstzeugnisse, Ebenhausen 1971
- Werner Otto von Hentig: Von Kabul nach Shanghai. Bericht über die Afghanistan - Mission 1915/1915 und die Rückkehr über das Dach der Welt und durch die Wüsten Chinas. Mit einem Vorwort von Gunnar Jarring, herausgegeben von Hans Wolfram von Hentig, Lengwil 2003

- Ulrich Heß: Das Sachsen - Coburg und Gothaische Staatsministerium 1858 - 1918, in: Jahrbuch der Coburger Landesstiftung 1962, S. 49 - 51

- Jürgen Kloosterhuis: Friedliche Imperialisten. Deutsche Auslandsvereine und auswärtige Kulturpolitik, 1906 - 1914.2 Bde, Frankfurt / Main u. a. 1994

Zitierweise: GStA PK, VI. HA, Nl Hentig, O. v.

Bestandssignatur
Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, VI. HA, Nl Hentig, O. v.
Umfang
Umfang: 0,1 lfm (61 VE); Angaben zum Umfang: 0,1 lfm (61 VE)
Sprache der Unterlagen
deutsch

Kontext
Tektonik >> NICHTSTAATLICHE PROVENIENZEN >> Firmen, Familien und Personen >> Personen >> Freiberuflich tätige Personen verschiedener Organisations-, Wirtschafts- und Kulturbereiche >> Funktionäre von Parteien, Vereinen, Stiftungen und Organisationen

Bestandslaufzeit
Laufzeit: 1862 - 1940

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Letzte Aktualisierung
28.03.2023, 08:52 MESZ

Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • Laufzeit: 1862 - 1940

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