Bestand
Medizinalkollegium Münster (Bestand)
Dienststellenverwaltung 1815-1921
(31); Einrichtung und Tätigkeit der Ärztekammer 1887-1921 (2);
Medizinisch-Chirurgische Lehranstalt Münster 1865f. (1); Impf- und
Seuchenwesen 1831-1920 (6); Prüfung von Ärzten, Chirurgen und
Geburtshelfern 1806-1867 (4); gerichtliche und medizinische
Gutachten, Obduktionen, Gemütszustandsuntersuchungen 1818-1921
(13); Prüfung von Apothekern, Apothekenkonzessionen, Arzneitaxe
1789-1921 (7).
Bestandsgeschichte: 1816 zur
wissenschaftlichen und technischen Beratung der Regierungen und
Gerichte unter Vorsitz des Oberpräsidenten eingerichtet, 1921
aufgelöst. Im Bestand befinden sich auch Akten des Fürstbischöflich
Münsterschen Medizinalkollegiums und des Königlich Preußischen bzw.
Großherzoglich Bergischen ”Provincial Collegii Medici et Sanitatis“
(1789-1809).
Form und Inhalt: Die
Königliche Verordnung vom 30. April 1815 ¹ betr. Die Einrichtung
der oberen Provinzialbehörden wies in § 3 Nr. 5 die obere Leitung
der Angelegenheiten des Kultus, des öffentlichen Unterrichts und
des Medizinalwesens den Oberpräsidenten zu. Für diese wichtigen
Zweige der inneren Verwaltung sollten am Hauptort jeder
Oberpräsidentur besondere Behörden gebildet werden, in welchen der
Oberpräsident den Vorsitz führte. Was die Medizinalpolizei im
besonderen Betraf, so sollte nach § 20 im Hauptort jeder Provinz
ein Medizinalkollegium unter Leitung des Oberpräsidenten
bestehen.
§ 21 - 23 bestimmten: in jeden
Regierungsbezirk, worin kein Medizinalkollegium ist, besteht eine
Sanitätskommission von Ärzten, Chirurgen und Apothekern. Die unter
der Leitung und nach Anweisung des Medizinalkollegiums alle
Geschäfte desselben besorgte, die einer näheren persönlichen
Einwirkung bedürfen; die Direktion dieser Kommission führt ein
Mitglied der Regierung, welches die Medizinalangelegenheiten , die
Deren Einwirkung bedürfen, bei derselben zugleich bearbeitet und in
dieser Eigenschaft in regelmäßiger Beziehung mit dem
Medizinalkollegium der Provinz steht; die Beschäftigungen des
Medizinalrats und sein Verhältnis gegen die Regierung, sowie gegen
den Medizinalrat der Oberpräsidentur wird die Regierungsinstruktion
ergeben. In seiner Bekanntmachung vom 15. Juli 1816 ² wegen der
Einrichtung der Verwaltungsbehörden in der Provinz Westfalen hatte
der Oberpräsident Freiherr Vincke in Nr. 16 erklärt, dass in
Hinsicht des Wirkungskreises des Konsistoriums und
Medizinalkollegiums nähere Bestimmung vorbehalten bleibe.
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1) gesetz-Sammlung für die
Kgl.Preuß.Staaten 1815 s. 85 ff.
2) Amtsblatt für die
Provinz Westfalen S. 310 ff.
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Dieses erfolgte am 27. Juli 1816 ³ für das Medizinalwesen. Nr.
8 - 9 bestimmten: Das Medizinalkollegium ist die Wissenschaftliche
konsultative Behörde der Provinz für alle polizeilichen und
gerichtlichen Gegenstände, es sorgt für Vollziehung der allgemeinen
Vorschriften, verfügt die erforderlichen Untersuchungen, entwirft
und leitet allgemeine Verbesserungsmaßregeln, erteilt Gutachten
über Gegenstände der Gesundheitspolizei und Kriminaljustiz, besorgt
die Prüfung der Medizinalpersonen, insoweit solche den oberen
Behörden nicht vorbehalten ist, übt die Aufsicht auf
Medizinalbildungsanstalten, erstattet die allgemeinen periodischen
Medizinalberichte an das Ministerium des Inneren, befördert an
dieses mit seinem Gutachten die Vorschläge der Regierungen zu den
Kreisphysikaten , die Sanitätskommissionen bei den Regierungen
nehmen an den vorbemerkten Gegenständen teil durch spezielle
Erörterung und Vorträge bei dem Medizinalkollegium; die Verwaltung
der medizinal- und Gesundheitspolizei, namentlich in Hinsicht der
Vergehungen gegen die Medizinal- und Sanitätsgesetze,
Streitigkeiten der Medizinalpersonen unter sich, Denuntiationen
gegen dieselben, Revision und Ermäßigung der Arzneirechnungen für
öffentliche Anstalten, Festsetzung der Arztrechnungen, Aufsicht auf
öffentlichen Krankenanstalten, Anordnung der ausübenden Ärzte,
Wundärzte und Hebammen, Aufsicht auf solche, Untersuchung der
Apotheken, Sorge für Unverfälschtheit und Gesundheit der
lebensmittel usw. liegt derselbeen speuiell (dem Medizinalkollegium
im regierungsbezirk Münster unmittelbar) ob.
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3) Amtsblatt für die provinz
Westfallen S. 332 ff.
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Die Dienstanweisung für die Medizinalkollegien vom 23. Oktober
1817 ¹ bestimmt:
§ 1.
Die Medizinalkollegen
sind rein wissenschaftliche und technische ratgebende Behörden für
die Regierungen und Gerichte im fache der polizeilichen und
gerichtlichen Medizin und haben mithin keine Verwaltung. Solange
nicht Sanitätskommissionen bei den einzelnen Regierungen errichtet
worden sind, vertreten sie auch deren Stelle bei sämtlichen
Regierungen der Provinz.
§ 2.
Ihre
Obliegenheiten und Befugnisse sind demnach haupsächlich:
1) Die Angabe und Begutachtung allgemeiner Maßregeln zur
Beförderung der Kultur der medizinschen Wissenschaften und Kunst,
zur Ausbildung der Medizinalpersonen und Beamten und zur
Einrichtung fehlender oderVervollkommnung der in der Provinz
bereits vorhandenen öffentlichen Medizinalanstalten, besonders wenn
sie zugleich Lehr- und Bildungsanstalten für Medizinalpersonen
sind.
2) Die Entwerfung der Beurteilung allgemeiner
Pläne zur Vervollkommnung des medizinalpolizeiwesens der Provinz
und insbesondere die Revision der Medizinalordnungen, reglemente,
Taxen pp., auch die Abgabe gutachtlicher Vorschläge zu deren
Berichtigung.
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1) Gesetz
- Sammlung 1817 S. 245 ff.
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3) Die Prüfung der Medizinalpersonen, insoweit solche
überhaupt den Provinzbehörden übertragen ist, mit Ausschluß der
Prüfung der hebammen, welche bei den Regierungen oder im Auftrag
derselben von den Hebammenlehrern besorgt wird.
4) Die
Beurteilung gerichtlich medizinischer Fälle, die Abfassung und
Prüfung medizinisch - chirurgischer Gutachten, Atteste und
Obduktiosverhandlungen.
5) Die Angabe und Prüfung
allgemeiner Heilungs-, Verhaltungs- und Sicherheitsmaßregeln bei
ausbrechenden Seuchen unter Menschen und Tieren.
6) Die
Untersuchung technischer gegenstände, welche für das medizinalwesen
wichtig sind, z. B. die Analyse der Mineralwasser pp.
7)
Die Zusammenstellung von Generalwerken und die Abfassung
übersichtlicher periodischer berichte, welche sich auf das
Medizinal- und Sanitätswesen beziehen, nach den von den Regierungen
mitzuteilenden Materialien.
§3.
Die
Medizinalkollegien sollen mindestens aus fünf Mitgliedern (Räten
und Beisitzern) bestehen, unter denen sich jederzeit ein
wissenschaftlich gebildeter Wundarzt und Pharmazeut, und wo solches
zu erreichen möglich, auch ein Mitglied, welches wissenschaftlich
und praktisch in der Entbindungskunst erfahren ist, sowie ein
Tierarzt befinden muß. Die darin angestellten Ärzte haben in allen
Angelegenheiten eine volle Stimme, die übrigen Mitglieder selber
aber nur bei denjenigen Gegenständen, welche ihre besondere Kunst
der Wissenschaft betreffen, und unter dieser Einschränkung ist
sonst die verfassung kollegialisch.
§4.
Der
jedesmalige Oberpräsident der Provinz ist zugleich Präsident des
Medizinalkollegiums und leitet dessen Geschäftsführung, die soviel
möglich, nach der Analogie der Regierungsinstruktion einzurichten
ist, welche ebenfalls in Ansehung der Disziplinarvorschriften und
der diesjährigen Verhältnisse des präsidenten zu den Mitgliedern
sowie dieser unter sich und zu den Subalternen Anwendung findet,
soweit es die Verschiedenheit der Geschäftsverhältnisse gestattet.
die Ausfertigungen werden durch die Unterbeamten des
Oberpräsidenten und einstweilen durch die der regierung, an deren
Sitz sich das Medizinalkollegium befindet, besorgt.
Ist
der Oberpräsident abwesend, oder wird er sonst an eigenen Leitungen
der Geschäfte behindert, so wird er durch den bei der Regierung des
Orts, wo sich das Medizinalkollegium befindet, angestellten
Regierungsmedizinalrat vertreten, indem dieser zugleich der erste
Rat des Medizinalkollegiums ist.
§5.
Da die
Medizinalkollegien mit derVerwaltung der Medizinalpolizei selbst
nichts zu tun haben, vielmehr diese den Regierungen ungeteilt
verbleibt, so stehen sie mit der letzteren also auch in keinem
eigentlichen Dienstverhältnis. Inzwischen sind die Regierungen
verpflichtet, über die § 2 gedachten Gegenstände, sobald selbige
vorkommen, das Medizinalkollegium der Provinz um sein Gutachten zu
ersuchen, und letzteres, selbiges zu erteilen, auch ein Gleiches zu
tun, wenn sie darum in den § 2 Nr. 4 gedachten Fall von den
Gerichten ersucht werden. nicht minder haben die Regierungen dem
Medizinalkollegium diejenigen Nachrichten und Materialien
mitzuteilen, um welche sie das Medizinalkollegium zu Ausführung der
ihm angewiesenen Bestimmung ersucht, und insonderheit ist dieses
die Pflicht des bei den regierungen angestellten Medizinalrats, mit
welchem auch das Medizinalkollegium in Hinsicht seines
Wirkungskreises in direkter Korrespondenz treten kann.
Diese Instruktion verringert also den Umfang des
geschäftskreises der Medizinalkollegien, indem ihnen die
Medizinalpolizei entzogen und den Regierungen zugewiesen wurde ¹.
Sie waren jetzt also nur noch rein wissenschaftliche und technische
maßgebende Behörden ohne Verwaltungtätigkeit. Wenn die Regierung
Minden noch gefürchtet hatte, sie könne auf Grund der von der
Bekanntmachung vom 15. Juli 1816 abweichenden Deklaration des
Staatskanzlers aus Paris betr. die Ausführung der Verordnung vom
30. April 1815 eine Unterbehörde des Medizinalleges werden, so war
diesese Ansicht allerdings begründet, sie wurde aber durch die
Instruktion vom 23. Oktober 1817 hinfällig. Die dur die Verordnung
vom 30. April 1815 eingerichteten Sanitätskommissionen bei den
Regierungen zu Minden und Arnsberg bestanden nur kurze Zeit: schon
das Staatshandbuch vom Jahr 1824 führte sie nicht mehr an, noch
bevor also die Sanitätskommissionen aufgehoben waren ².
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1( Max Bär, Die
Behördenverfassung d. Rheinprovinz seit 1815 (Bonn 1919) S.
170.
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Chef des
medizinalkollegiums war der Oberpräsident, sein Vertrter der
Direktor, nämlich der Vizepräsident der Regierung Münster, später
der Oberpräsidialrat. Der Besoldungsetat des medizinalkollegiums
betrug 1816 nur 600 reichstaler; das Kollegium setzte sich damals
zusammen aus 1 Präsidenten, 1 Dirigenten, 3 Räten und 2
Assesoren...
Nach dem Bericht Vinckes vom 2.September
1819 bearbeitete der Regierungs- und Medizinalrat Borges fast
sämtliche Sachen, welche die Instruktion vom 23. Oktober 1817 dem
Medizinalkollegium überwies; der Medizinalrat von Druffel hatte die
Teilnahme an denPrüfungen der Medizinalpersonen und die Beurteilung
gerichtlich - medizinischer Fälle, ebenso der Medizinalrat Bodde,
dem auch die Untersuchung dahin gehörender technischer Gegenstände
zukam; der Assessor Chirurgiae Broiker die Teilnahme an den
Prüfungen der Wundärzte und der Assessor Pharmaciae Herold die
Abfassung pharmazeutischer gutachten und die Teilnahme an den
Prüfungen der Apotheker.
Durch Beschluß des
Staatsministeriums vom 30 April 1921 ³ wurde die Einrichtung der
provinzial - Medizinalkollegien zum 1. Juli 1921 augehoben, an ihre
Stelle trat für jede Provinz ein "gerichtsärztlicher Ausschuß" der
unter Leitung der Oberaufsicht des Oberpräsidenten steht. Der
gerichtsärztlicheAusschuß setzte sich 1928 aus dem Vorsitzenden,
Oberregierungs- und Medizinalrat Dr. Engels, und einem ständigen
Mitglied, Dr. Többen, Professor Nervenarzt, zusammen.
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2) A.K.O. vom 31.12.1825,
betr. eine Abänderung in der bisherigen Organisation der Provinzial
- Verwaltungsbehörden C. (G.S. 1825 S. 5 ff)
3) Hue de
Grais, Handbuch d. verf. u. Verw. d. deutsch. Reichs/ (Berlin 1826)
S. 443.
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Akten des
"Provincial-Collegii Medici et Sanitatis" (1801 - 07) folgen auf
Seite 16. Dieses Kollegium war 1804 eingerichtet worden (vgl. KDK
Münster Fach 8, Nr. 11)
Die hier vorliegenden Akten
wurden 1927 gemeinsam mit denen des Oberpräsidenten abgegeben. Der
Bestand ist nur geringfügig, da das Medizinalkollegium keinerlei
Verwaltungsbefugnisse hatte. Zu zitieren sind die Akten nach Nummer
in der ersten Spalte: z. B. "Medizinalkollegium Nr. 7".
Münster 1928
(Kochendorffer)
- Reference number of holding
-
K 056
- Extent
-
65 Akten.; 65 Akten (18 Kartons), Findbuch K 056.
- Language of the material
-
German
- Context
-
Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen (Archivtektonik) >> 3. Behörden und Einrichtungen des Staates und der Selbstverwaltung nach 1816 >> 3.1. Innere Verwaltung (K) >> 3.1.1. Oberpräsidium >> 3.1.1.2. Besondere Kommissionen und Dienststellen
- Related materials
-
Wolfgang Leesch, Die Verwaltung der Provinz Westfalen 1815-1945, Münster 1993.
- Date of creation of holding
-
1789-1922
- Other object pages
- Delivered via
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- Last update
-
23.06.2025, 8:11 AM CEST
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Object type
- Bestand
Time of origin
- 1789-1922