Bestand

Regierung Aachen, Inneres, Polizei (Bestand)

Form und Inhalt: Entstehung, Entwicklung und Aufbau der Regierungen

Die Regierungen im Königreich Preußen wurden mit der ”Verordnung wegen verbesserter Einrichtung der Provinzial-, Polizei- und Finanz-Behörden“ vom 26.12.1808 geschaffen. Sie traten an die Stelle der bisherigen Kriegs- und Domänenkammern und erweiterten deren Tätigkeit von primär militäradministrativen Funktionen hin zu einer allgemeinen inneren Verwaltung, die für alle Hoheits-, Innen- und Finanzangelegenheiten zuständig war. Mit der ”Verordnung wegen verbesserter Einrichtung der Provinzial-Behörden“ vom 30.04.1815 wurde die Tätigkeit der Regierungen auch auf die alten und neuen Besitzungen im Westen Deutschlands ausgedehnt, die mit der Schlussakte des Wiener Kongresses dem Königreich Preußen zugesprochen wurden. Im Rheinland wurden die Provinzen Jülich-Kleve-Berg mit den Regierungen Düsseldorf, Kleve und Köln und Großherzogtum Niederrhein mit den Regierungen Aachen, Koblenz und Trier geschaffen. Schon 1822 wurden beide Provinzen allerdings zur Rheinprovinz vereint, wobei die Regierung Kleve in der Regierung Düsseldorf aufging. Die Regierungen wurden in jeweils zwei Abteilungen gegliedert, von denen die erste für alle Angelegenheiten des Außen-, Innen- und Kriegsressorts, die zweite für alle Angelegenheiten des Finanzressorts zuständig war. Die ”Instruktion zur Geschäftsführung der Regierungen“ vom 23.10.1817 nannte als Zuständigkeit der ersten Abteilung insbesondere die Landeshoheit, das Militär, die Polizei, die Landwirtschaft, das Kommunalwesen, die Kultusangelegenheiten (Kirche, Schule), das Medizinal- und Gesundheitswesen, für die zweite Abteilung das Finanzwesen (Steuern, Domänen, Forsten), die Gewerbeangelegenheiten (Gewerbe, Handel, Münzen, Maße, Land- und Wasserstraßen) und das Bauwesen. Mit der ”Allerhöchsten Kabinettsorder betreffend eine Abänderung in der bisherigen Organisation der Provinzial-Verwaltungsbehörden“ vom 31.12.1825 wurde die bisherige Verwaltungsstruktur umorganisiert in eine Abteilung des Innern (mit der bisherigen Zuständigkeit der ersten Abteilung abzüglich des Kultuswesens, aber zuzüglich des Gewerbe- und Bauwesens), eine Abteilung für die Kirchenverwaltung und das Schulwesen und eine Abteilung für die Verwaltung der direkten Steuern und der Domänen und Forsten. Die rheinischen Regierungen wichen hiervon insoweit ab, dass die vorgesehenen Kirchen- und Schulabteilungen vorerst nicht (oder nur vorübergehend) eingerichtet wurden; alle Kultusangelegenheiten verblieben in der ersten Abteilung (sofern sie nicht ohnehin von Oberpräsident bzw. Provinzialschulkollegium behandelt wurden). Auch eine Abteilung für die Verwaltung der indirekten Steuern wurde als mögliche vierte Abteilung in der Rheinprovinz nicht errichtet, da hier die Provinzialsteuerdirektion in Köln diese Aufgabe übernahm.

Die Arbeit der Regierungen war kollegial organisiert: Gemäß den Instruktionen von 1817 wurden alle Entscheidungen in einem Plenum getroffen, dem der Regierungspräsident als Leiter der Behörde, die Regierungsdirektoren als Leiter der Abteilungen, die Regierungsräte und -assessoren sowie die technischen Beamten (z.B. Bauräte, Oberforstmeister) angehörten. Vorbereitet wurden die Entscheidungen durch die fachliche Arbeit der einzelnen Beamten in den beiden Abteilungen. Einer zügigen Bearbeitung der Geschäfte war die kollegiale Entscheidungsfindung jedoch nicht zuträglich. Zwar bemühte sich die Kabinettsorder von 1825 um eine Einschränkung des Kollegialprinzips indem sie die im Plenum zu behandelnden Sachen beschränkte, die Zahl der Stimmberechtigten im Plenum reduzierte und die Zuständigkeit der Abteilungen bzw. der einzelnen Beamten betonte, doch blieb es für die nächsten Jahrzehnte bei einer weitgehend kollegialen Organisation der Regierungen. Eine Änderung brachte erst das ”Gesetz über die allgemeine Landesverwaltung“ vom 30.07.1883 (im Rheinland erst am 01.07.1888 in Kraft getreten). Für die Abteilung des Innern wurde das Kollegialprinzip aufgehoben und der Regierungspräsident selbst als monokratischer Leiter eingesetzt; entsprechend erhielt die Abteilung den Namen Präsidialabteilung (Abteilung I). Aus der Zuständigkeit dieser Abteilung wurden nun tatsächlich die Kirchen- und Schulsachen entfernt und die endgültige Schaffung von eigenen Abteilungen für Kirchen- und Schulwesen (Abteilung II) bei den rheinischen Regierungen verfügt (allein die Regierung Düsseldorf hatte eine solche schon 1877 erhalten). Die zweiten und dritten Abteilungen behielten das Kollegialprinzip bis 1932 bei, bevor dann auch sie zu einer anderen Entscheidungsfindung übergingen.

Verwaltungspolitisches Leitbild der Regierungen war ursprünglich die Einheit der Verwaltung gewesen, also der Wunsch, alles regionale Verwaltungshandeln bei den Regierungen zu bündeln. Angesichts der erheblichen sozialen und wirtschaftlichen Veränderungen des fortschreitenden 19. Jahrhunderts geriet dieses Leitbild bald unter Druck. Schon bei der Gründung der Rheinprovinz waren die Bergverwaltung und die Postverwaltung als eigenständige Verwaltungsbereiche neben den Regierungen eingerichtet worden, auch die neu entstehende Eisenbahnverwaltung hatte keine Verbindung zu den Regierungen. Insbesondere konterkarierte die Zweiteilung der mittleren staatlichen Verwaltungsebene in eine Provinzialverwaltung (unter Leitung des Oberpräsidenten) und eine Bezirksverwaltung (unter Leitung der Regierungspräsidenten) die gewünschte Einheit der Verwaltung. So sollte der Oberpräsident zwar vorwiegend als Aufsichtsbehörde für die Regierungen fungieren sowie provinzweite und bezirksübergreifende Aufgaben wahrnehmen, doch fielen damit wichtige Verwaltungsbereiche in seine Zuständigkeit, etwa das Kirchen-, das Medizinal- oder das höhere Schulwesen. Mit dem genannten ”Gesetz über die allgemeine Landesverwaltung“ wurde 1883/88 dann auch der Oberpräsident mit einer eigenen Behörde ausgestattet, was seine Rolle gegenüber den Regierungen gerade in den Bereichen Polizei und Kultus stärkte. Andere Bereiche wie etwa Fürsorge, Soziales, Kultur und Verkehr wurden von den Kreisen übernommen, denen seit Verabschiedung der ”Provinzialordnung für die Rheinprovinz“ am 01.06.1887 der Provinzialverband der Rheinprovinz als kommunales Selbstverwaltungsorgan zur Verfügung stand. Ungeachtet aller konkurrierenden oder abgesonderten Verwaltungsbereiche blieben die Zuständigkeiten der Regierungen aber stabil, vielmehr wuchsen ihre Aufgaben weiter an: 1883/88 wurden dort Bezirksausschüsse eingerichtet, die vorwiegend für Verwaltungsstreit- und -beschlusssachen zuständig waren und somit auch als Verwaltungsgerichte für ihren Bezirk dienten. 1911 wurden bei den Regierungen Oberversicherungsämter geschaffen.

Bis in den Ersten Weltkrieg hinein war insbesondere das Verhältnis zwischen Oberpräsident und Regierungen ein regelmäßiges Objekt von Reformdiskussionen. Grundsätzlich ging es um Fragen der Verwaltungseffizienz angesichts zweier Mittelbehörden und damit auch um die Existenzberechtigung der Regierungen. Einen Abschluss fand diese Reformdiskussion jedoch nicht, auch unter den veränderten politischen Rahmenbedingungen der Weimarer Republik arbeiteten die Regierungen größtenteils unverändert fort. Allein der Aufbau einer Reichsfinanzverwaltung hatte spürbare Konsequenzen, war damit doch eine massive Aushöhlung der Aufgaben der Abteilung für Steuern, Domänen und Forsten (Abteilung III) verbunden; die meisten bisherigen Zuständigkeiten der Regierungen in der Finanzverwaltung übernahmen die neu geschaffenen Landesfinanzämter in Düsseldorf und Köln (ab 1937 Oberfinanzpräsidenten, ab 1950 Oberfinanzdirektionen). Insgesamt aber betonte die ”Verordnung zur Vereinfachung und Verbilligung der Verwaltung“ vom 01.09.1932 noch einmal die grundsätzliche Zuständigkeit der Regierungen für alle Angelegenheiten, die nicht ausdrücklich einer anderen Behörde übertragen worden waren. Mit der zugehörigen Ausführungsanweisung vom 25.03.1933 erhielten die Regierungen dann auch eine überarbeitete Abteilungsstruktur, bestehend aus einer ersten Allgemeinen Abteilung, einer zweiten Abteilung für Kirchen und Schulen, einer dritten Landwirtschaftlichen Abteilung und einer vierten Forstabteilung.

Innerhalb der traditionellen Organisationsstruktur bestand zwischen 1914 und 1945 aber eine hohe Dynamik bei der konkreten Ausgestaltung der Zuständigkeiten, die sich in Wachstum oder Wegfall von Sachbereichen (Registraturen, Dezernate) widerspiegelte. Der Erste Weltkrieg führte zu einem erheblichen Zuwachs an Verwaltungsaufgaben, v.a. im Bereich der Kriegswirtschaft, die allerdings vorwiegend vom Oberpräsidenten an sich gezogen wurden, der neben den bezirksübergreifenden Zuständigkeiten insbesondere über eine direkte Verbindung zur ebenfalls in Koblenz residierenden Militärverwaltung des VIII. Armee-Korps verfügte. Ungeachtet ihrer Zuständigkeiten im Bereich des Inneren spielten die Regierungen nur eine untergeordnete Rolle. In den Krisen der Nachkriegszeit (Rheinlandbesetzung, Ruhraufstand, Ruhrbesetzung) hingegen kam gerade den Regierungen eine zentrale Funktion bei der Lösung der vielfältigen Probleme zu und nicht mehr dem Oberpräsidenten, der durch die alliierte Aufteilung der Rheinprovinz kaum noch handlungsfähig war. In der Folgezeit blieb das Polizeiwesen eine zentrale Zuständigkeit der Regierungen, wenngleich die zunehmende Gründung von Polizeipräsidien starke Unterbehörden schuf, mit denen sich ein Nebeneinander entwickeln musste. Auch die Kommunalaufsicht gewann in einer Region mit großen Kommunen und entsprechend selbstbewussten Kommunalverwaltungen eine zunehmende Bedeutung. In anderen Bereichen zogen die Regierungen bislang unbearbeitete Tätigkeitsfelder an sich (z.B. Energieversorgung, Wasserwirtschaft). Auch wurden den Regierungen Aufgaben übertragen oder überlassen, die sie nur zeitweise auszuüben hatten (z.B. Kriegsschädensfeststellung, Preisprüfung/-überwachung, Jugendpflege, Wohlfahrtspflege). In der NS-Zeit schließlich sorgte die Ausgliederung von Teilaufgaben auf andere Behörden oder Parteiorganisationen oder die Schaffung ganz neuer Sonderbehörden für weitere Unregelmäßigkeiten. Beispielsweise wurde die noch junge Forstabteilung bereits 1934 in ein neu gegründetes Regierungsforstamt Köln-Düsseldorf überführt. 1937 verloren die Regierungen ihre Zuständigkeiten in der Jugendpflege an die Hitlerjugend. Die Sicherheitspolizei hingegen wurde Teil der Geheimen Staatspolizei, verblieb aber zugleich in der Organisationsstruktur der Regierungen. Diese Desintegrationstendenzen im Verwaltungsaufbau wurden am stärksten in der Rolle der Gauleiter erkennbar, die - z.T. auf Sonderkompetenzen wie etwa als Reichsverteidigungskommissare gestützt - viele wichtige Fragen an sich zogen und neben den Regierungen als Mittelebene zwischen Reichsbehörden und Lokalbehörden wirkten.

Ungeachtet dieses Bedeutungsverlustes in der NS-Zeit wurden die Regierungen als monokratische Behörden ohne demokratische Vertretungsfunktion nach 1945 von der britischen Militärregierung mit Skepsis betrachtet. Eine neuerliche längere Reformdiskussion zeigte aber, dass der Verzicht auf diese Mittelbehörden letztlich nicht möglich war, insbesondere da das Oberpräsidium zusammen mit der Rheinprovinz 1946 aufgelöst worden war. Die Regierungen im neu geschaffenen Bundesland Nordrhein-Westfalen (also in Aachen, Düsseldorf und Köln sowie in Arnsberg, Detmold und Münster) behielten somit ihre traditionelle Bündelungsfunktion, erfuhren aber gewisse Umorganisationen: Ein Mustergeschäftsverteilungsplan zeichnete 1956 die neue Gestalt der Regierungen aus sechs Abteilungen; zuständig war die Abteilung 1 für Organisation und Personal, Haushalts-, Rechnungs- und Kassenwesen, Wiedergutmachung, Kataster- und Vermessungswesen, die Abteilung 2 für Ordnungsrecht, Bevölkerungsschutz, Gewerbeaufsicht, Gesundheitswesen, Polizei, die Abteilung 3 für Kommunal- und Sparkassenaufsicht, Gemeindeprüfung, , Bauangelegenheiten, Vertriebenenangelegenheiten, Bezirksplanung, Bauförderung, Verteidigungsliegenschaften, die Abteilung 4 für Kirchensachen, Schulangelegenheiten, Erwachsenenbildung, Sport, die Abteilung 5 für Lastenausgleich, Gewerbliche Wirtschaft, Verkehr, Verteidigungslasten, und die Abteilung 6 für Forstwesen, Landwirtschaft und Ernährung, Veterinärwesen, Wasserwirtschaft. Eine Kommunalisierung von Aufgaben betraf nur wenige Bereiche (u.a. Gesundheitsämter, Veterinärämter, Regierungskassen) bzw. wurde bald wieder rückgängig gemacht (Katasterwesen, Polizei). Dauerhaft ging die Verwaltungsgerichtsbarkeit an eigene Verwaltungsgerichte über, ebenso gingen die Oberversicherungsämter in den neu geschaffenen Sozialgerichten auf. Wiederum kompensierten neue Aufgaben diese Verluste mehr als reichhaltig: U.a. wurden Flüchtlingsangelegenheiten, Wiedergutmachung, Kampfmittelbeseitigung, Lastenausgleich und Landesplanung zu integralen Aufgaben der Regierungen. Das ”Gesetz über die Organisation der Landesverwaltung“ vom 10.07.1962 bestätigte die traditionelle Funktion der Regierungen als allgemeine Vertretung der Landesregierung in ihren Bezirken, die für alle Aufgaben der Landesverwaltung zuständig sind, die nicht ausdrücklich anderen Behörden übertragen sind.

Veränderungen in der Organisationsstruktur blieben auch in der Folgezeit an der Tagesordnung, es verfestigte sich aber eine Grundstruktur, in der Abteilung 1 für zentrale Aufgaben, Abteilung 2 für Ordnungsangelegenheiten, Abteilung 3 für Kommunalangelegenheiten, Abteilung 4 für Schulangelegenheiten, Abteilung 5 für Natur-/Umweltangelegenheiten und Abteilung 6 für Angelegenheiten der Landesplanung zuständig war. Tribut zollten die Regierungen den großen Kommunalreformen der 1970er Jahre, indem 1972 die Regierung Aachen aufgelöst und ihr Bezirk den Regierungen Köln und Düsseldorf zugeschlagen wurde. Zu den größeren inneren Veränderungen zählten die Eingliederung des nordrheinischen Schulkollegiums in die Schulabteilungen 1985, die Eingliederung des Landesoberbergamtes als Abteilung 8 in die Regierung Arnsberg 2001 (Umbenennung in Abteilung 6 2008), die Abgabe der Polizeizuständigkeit an das Landesamt für zentrale polizeiliche Dienste (LZPD) 2007 und die Eingliederung des Landesvermessungsamtes als Abteilung 7 in die Regierung Köln 2008. 1996 erhielten die Regierungen, die bislang als ”Behörde des Regierungspräsidenten“ firmierten, den offiziellen Titel Bezirksregierungen.

Innen-/Polizeiverwaltung als Aufgabe der Regierungen

Schon ein Blick in die ”Instruktion zur Geschäftsführung der Regierungen“ vom 23.10.1817 erbringt eine Vielzahl polizeilicher Tätigkeiten, für die die Regierungen zuständig waren: Erhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung, Ermittlung und Ergreifung von Verbrechern, Vorbeugung und Auflösung von Aufläufen, Vorbeugung von Feuersbrünsten, Aufsicht über das Bauwesen, Aufsicht über das Armenwesen, Aufsicht über die Hospitäler, Vorkehrungen gegen ansteckenden Krankheiten bei Mensch und Tier, Regelung der Landwirtschaft, Unterstützung des Landesausbaus, Erteilung von Pässen, Zensur aller Schriften, Sammlung von Statistiken, Publikation von Gesetzen und Verordnungen u.v.a.m. Unverkennbar war der Polizeibegriff im 19. Jahrhundert noch deutlich weiter gefasst als in späteren Zeiten. Neben dem modernen Polizeiverständnis umfasste der Begriff auch weite Teile der Innenverwaltung, die erst später aus den Polizeibehörden herausgelöst und anderen oder neugeschaffenen Behörden zugewiesen wurden. Polizei meinte in preußischer Zeit neben der Sicherheits-/Ordnungspolizei auch immer Verwaltungspolizei (also Armenpolizei, Ausländerpolizei, Baupolizei, Feuerpolizei, Gewerbepolizei, Seuchenpolizei u.v.a.m.).

Als klassische Mittelbehörden waren die Regierungen zur Erfüllung ihrer polizeilichen Aufgaben fest in die Verwaltungshierarchie eingefügt: vorgesetzte Zentralbehörde war das Innenministerium, nachgeordnete Ortspolizeibehörden waren in den Stadtkreisen die Oberbürgermeister und in den Landkreisen die Landräte. Die Aufsichtsfunktion über die Ortspolizei blieb auch unberührt von der Schaffung staatlicher Polizeidirektionen bzw. -präsidien, die nach einigen frühen Vorläufern (Aachen 1818, Köln 1888, Essen 1909) in den 1920er Jahren einsetzte (Elberfeld-Barmen 1922, Oberhausen 1922, Düsseldorf 1926, Duisburg-Hamborn 1927, Krefeld 1927, Mönchengladbach-Rheydt 1927).

Die Zuständigkeit der Regierungen in Polizeiangelegenheiten blieb lange Zeit stabil. Erst unter den Bedingungen der nationalsozialistischen Herrschaft traten hier Veränderungen ein, von denen der 1933 erfolgte Übergang der politischen Polizei an die Geheime Staatspolizei sicherlich der markanteste Fall war (wenngleich die Staatspolizeistellen formell den Regierungen zugeordnet blieben). Ebenfalls 1933 wurde die Funktion des Höheren Polizeiführers West als den Regierungen übergeordnete Instanz geschaffen, 1936 dann die des Höheren SS- und Polizeiführers West, der als Vertreter des Reichsführers SS und Chef der deutschen Polizei im rheinisch-westfälischen Wehrkreis VI wirkte. Diese polizeilichen Sonderbehörden wirkten neben den als polizeiliche Mittelbehörden weiterbestehenden Regierungen und schufen parallele oder gar konkurrierende Zuständigkeiten.

Einen wirklichen Bruch mit der traditionellen polizeilichen Verwaltungsstruktur bedeutete aber erst die britische Besatzung und die damit verbundene Schaffung des Landes Nordrhein-Westfalen nach 1945. Zum einen wurde die Polizei in Form von kommunalen Stadtkreis- und Regierungsbezirkspolizeien dezentral organisiert, was allerdings nur von 1945 bis 1953 Bestand hatte. Zum anderen aber wurde die Polizei von nahezu allen verwaltungspolizeilichen Aufgaben entbunden, die in großem Maße auf die Stadt- bzw. Kreisverwaltungen übertragen oder aber einer nicht-polizeilichen Ordnungsv-erwaltung in den Regierungen zugewiesen wurden. Da 1953 mit den Kreispolizeibehörden auch eine flächendeckende staatliche Polizeiverwaltung auf der lokalen Ebene geschaffen wurde, konnten die Regierungen sich (als sogenannte Landespolizeibehörden) auf bestimmte polizeiliche Kernaufgaben konzentrieren: In erster Linie wurden sie zu Aufsichtsbehörden für die nachgeordneten Kreispolizeibehörden und waren daneben zuständig für alle bezirksübergreifenden Angelegenheiten wie etwa die Koordination von Großeinsätzen, die Verteilung von Kräften, die Ausstattung mit technischem Gerät u.ä.m. Hinzu kam als originäre Aufgabe die Verkehrsüberwachung auf den Bundesautobahnen (Autobahnpolizei). Organisatorisch gehörte die Polizei seit der Neuorganisation der Regierungen nach 1945 zur Abteilung 2 Öffentliche Sicherheit und Ordnung und bildete dort die Dezernate 25 Polizeiangelegenheiten bzw. später 25 Verwaltung und Logistik der Polizei und 26 Gefahrenabwehr und Strafverfolgung.

Die Zuständigkeit der (Bezirks-)Regierungen für polizeiliche Angelegenheiten endete im frühen 21. Jahrhundert. Mit dem ”Gesetz zur Änderung des Polizeiorganisationsgesetzes und zur Änderung weiterer Vorschriften über die Organisation der Polizei“ vom 23.05.2006 ging die polizeiliche Zuständigkeit für die Bundesautobahnen von den (Bezirks-)Regierungen auf bestimmte Polizeipräsidien über (Polizeipräsidium Düsseldorf für den Regierungsbezirk Düsseldorf, Polizeipräsidium Köln für den Regierungsbezirk Köln). Das ”Gesetz zur Änderung des Polizeiorganisationsgesetzes und zur Änderung weiterer Vorschriften über die Organisation der Polizei“ vom 29.03.2007 bedeutete dann die Auflösung der Dezernate 25 und 26, deren Aufgaben größtenteils von den polizeilichen Landesoberbehörden übernommen wurden (Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei (LAFP), Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste (LZPD)). Verblieben ist den (Bezirks-)Regierungen die Zuständigkeit für bestimmte Bereiche der nicht-polizeilichen Ordnungsverwaltung.


Bestandsgeschichte

Das vorliegende Findbuch setzt sich aus verschiedenen Akzessionen zusammen: Zum einen enthält er eine Aktenablieferung des damaligen Geschäftskreises A2 bzw. I2 (Polizeiangelegenheiten) aus den Jahren 1934-1935, zum anderen Akten der alten Geschäftskreise A6 bzw. I2G (Gendarmerie). 1968 übernahm das Zweigarchiv Kalkum von Dezernat 25 der Regierung Aachen unter der Akzessionsnummer 75/68 weitere Polizeiakten. Die Ordnung und Verzeichnung dieser Ablieferung erfolgte 1972 durch Staatsarchivinspektor Kilian, der gemeinsam mit Dr. Lück auch die Anlage des alten Findbuches vornahm. Die restlichen Akten entstammen verschiedenen Abgaben der Regierung Köln aus den Jahren 1976-1978 und letzten Ablieferungen von 1986 (Akz.-Nr. 3/86) und 1989 (Akz.-Nr. II2/89). Es handelt sich dabei um Akten, die bei Auflösung der Regierung Aachen 1972 von der Kölner Regierung übernommen, aber nicht weitergeführt wurden. Deren Verzeichnung erstreckte sich über einen längeren Zeitraum und wurde von Oberstaatsarchivrat Dr. Andernach sowie den Staatsarchivinspektoren Hild, Wahl und Bartz (mit Referendaren) durchgeführt.

Das alte Findbuch "Regierung Aachen, Polizei, Gendarmerie und Militaria" wurde dabei durch das neue Findbuch 211.04.01 "Regierung Aachen, Polizei" ersetzt. Aus Gründen der Übersichtlichkeit wurde die Aktengruppe "Militaria" (enthält vor allem Militärangelegenheiten bis ca. 1914) aus dem alten Findbuch herausgenommen und mit neueren Akten im Findbuch 211.04.02 "Regierung Aachen, Militär, Besatzungs- und Verteidigungswesen" vereinigt. Bei der Anlage des neuen Findbuches durch Staatsarchivinspektor Wahl wurde die bisherige Ordnung im Prinzip beibehalten.

In Vorbereitung der Digitalisierung der Verzeichnungseinheiten im Jahre 2018/19 wurden die Signaturen BR 0005 Nr. 24542-24560 nachkassiert und die in diesem Findbuch zuvor aufgeführten Akten der Bestände der Regierung Aachen BR 1029, 1030, 1038, 1047, 1050, 1055, 1058, BR 2028 sowie der Kahnaktenbestände BR 1040 und BR 2070 auf die einheitliche Bestandssignatur BR 0005 mit neuen Nummern umsigniert. Die ehemaligen Archivsignaturen sind im Feld Altsignatur aufgeführt.

Die Digitalisierung der Akten dieses Findbuchs wurde 2019/20 mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) durchgeführt.

Reference number of holding
211.04.01 BR 0005
Extent
35.603 Einheiten; 8.611 Kartons [Stand alt bei 24.700 Vze in 6.488 Kartons)
Language of the material
German

Context
Landesarchiv NRW Abteilung Rheinland (Archivtektonik) >> 2. Verwaltungsbehörden Regierungsbezirke Düsseldorf und Köln >> 2.2. Bezirksregierungen/staatliche Aufsichtsbehörden >> 2.2.1. Regierung Aachen >> Regierung Aachen BR 0005

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Last update
23.06.2025, 8:11 AM CEST

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