Bestand
D Rep. 920-06 Aktives Museum Faschismus und Widerstand e.V. (Bestand)
Vorwort: D Rep. 920-06 Aktives Museum Faschismus und Widerstand e.V.
I. Vereinsgeschichte
Die Idee für ein Aktives Museum entwickelte sich aus der gemeinsamen Initiative verschiedener Verbände, die vom Berliner Kulturrat e.V. zusammengebracht wurden, um an den 50. Jahrestag der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten zu erinnern. Aus dieser Zusammenarbeit gründete sich im Juni 1983 der Verein "Aktives Museum Faschismus und Widerstand e.V." als Zusammenschluss von überwiegend Verbänden und wenigen Einzelpersonen, denen über den Jahrestag hinaus eine Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus wichtig war. Zum ersten Gründungsvorsitzenden wurde der Historiker Gerhard Schoenberner gewählt.
Den Mitgliedern ging es in ihrer Arbeit darum, den bestehenden Museumskonzepten etwas entgegenzusetzen. Der Besucher sollte nicht nur betrachten, sondern selbst ein aktiver Teil des Museums werden und sich durch forschendes Lernen weiterbilden. Das Aktive Museum sollte nach eigenem Selbstverständnis dafür Räume und Materialien (Archiv, Bibliothek, Mediathek, Werkstatt aber auch Ausstellungen, Veranstaltungen sowie finanzielle Mittel) zur Verfügung stellen. Auch sollte es keine hierarchischen Strukturen geben, sondern durch basisdemokratische Entscheidungen alle Mitglieder berücksichtigt werden. Die nächtlichen Treffen in der Kapernaum-Kirche in Berlin Wedding, deren Pfarrerin die Frau des Vorstandsmitgliedes Heinz-Dieter Schilling war, verdeutlichen die Realität und die schwierige Anfangsphase des Vereins. Während dieser Zeit entstand die Broschüre "Was soll das Aktive Museum?", die als Grundsatzprogramm diente und den Verein einer interessierten Öffentlichkeit vorstellen sollte. Bereits in dieser Zeit erfolgte die Auseinandersetzung mit dem ehem. Gestapo-Gelände an der Prinz-Albrecht-Straße, auf dem verschiedene Terrororganisationen des Dritten Reichs angesiedelten waren. Dabei sollten aber nicht die Opfer, sondern die Täter und eine Auseinandersetzung mit ihnen in den Vordergrund treten.
Im ersten ausgerufenen Wettbewerb des Landes Berlin 1983 zur Gestaltung des Gestapo-Geländes schaffte es das Aktive Museum sich in den Wettbewerbsunterlagen zu platzieren. Daher sahen viele Architekten in ihren Planungen des Geländes ein Aktives Museum vor, so auch der nicht realisierte Siegerentwurf von Jürgen Wenzel und Nikolaus Lang von 1984. Aus diesem Grund erfolgte 1985 eine symbolische Grabung durch Vereinsmitglieder, um die Bedeutung des Gestapo-Geländes und die Forderung nach Räumen für ein Aktives Museum zu unterstreichen. 1986 schloss sich eine professionelle archäologische Grabung an, die Fundamentreste des sog. Hausgefängnisses der Gestapo zum Vorschein brachte. Im Rahmen der 750-Jahrfeier der Stadt Berlin 1987 wurde, ausgehend von diesen Resten, die zunächst temporäre Ausstellung Topographie des Terrors eingerichtet, die sich aber zu einer dauerhaften Ausstellung entwickeln sollte. Damit war einerseits ein Anliegen des Aktiven Museums - die dauerhafte Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus - erfüllt, gleichzeitig stellte sich aber die Frage nach der Zukunft des Vereins "Aktives Museums" selbst und wie dessen Forderung nach Räumen für ein forschenden Lernen erfüllt werden können. Durch den Fall der Mauer 1989 wurde das Gelände an der ehem. Berliner Grenze zu einer Fläche im Zentrum Berlins, die nun für Investoren interessant geworden war. Erst die Gründung der Stiftung Topographie des Terrors auf Initiative des damaligen Kultursenator Ulrich Roloff-Momin 1992 sollte das Gestapo-Gelände sichern. In der Folge sollte das Aktive Museum zum Förderverein für die Stiftung Topographie des Terrors werden, durch die Mitarbeit der Vereinsmitglieder in den Gremien der Stiftung eine fast logische Konsequenz.
Die sich Ende der 1990er abzeichnende Verselbstständigung der Topographie des Terrors bedeutete auch eine Neuorientierung des Aktiven Museums. Zukünftig sollten nun - neben der Arbeit als Förderverein - Ausstellungen und die Dokumentation, Erhaltung und Aufstellung von Gedenktafeln in den Vordergrund treten. Die institutionelle Förderung durch den Senat von Berlin ab 1990 (zuvor durchgeführte Ausstellungen von Heinz-Dieter Schilling über das Gestapo-Gelände und Gerhard Schoenberner über das Leben und Sterben im Warschauer Ghetto blieben hinsichtlich einer solchen Wirkung erfolglos) erlaubte es dem Aktiven Museum künftig auch solche Projekte bearbeiten zu können und Christiane Hoss eine bezahlte Festanstellung als Geschäftsführerin anzubieten. Diese Umorientierung und die Abwendung vom eigentlichen Ziel eines Aktiven Museums und der Begleitung der Topographie des Terrors hatte auch eine Vereinsinterne Auseinandersetzung zur Folge. Der Motor der Vereinsarbeit sollten künftig der Vorstand und die einzelnen Arbeitsgruppen werden.
Nach 1990 wurden auch Ost-Berliner Mitglieder des Vereins und die Tätigkeiten wurden nun auch auf die gesamte Stadt ausgedehnt. Ein besonderer Erfolg war die 1992 durchgeführte Ausstellung "Mit der Geschichte Leben - Ein antifaschistisches Traditionskabinett" aus dem Jahre 1986 im Thälmannpark im Bezirk Prenzlauer Berg. Weitere Ausstellungen gab es zur Jüdischen Musikschule Hollaender im Heimatmuseum Charlottenburg (1992) sowie die Erhaltung des Traditionskabinetts über die Widerstandsgruppe Rote Kapelle im Foyer der Treuhand, dem ehem. Reichsluftfahrtministerium (1993). Oftmals wurden zu den Aktivitäten des Aktiven Museums und den Ausstellungen Publikationen herausgegeben, die diese (z.B. Mythos Antifaschismus - Ein Traditionskabinett wird kommentiert, Gedenktafeln in Berlin. Orte der Erinnerung sn Verfolgte des Nationalsozialismus 1991 - 2001) neben dem zyklisch erscheinenden Rundbrief begleiteten. Ebenfalls engagierte sich der Verein in der Gedenktafelkommission der BVV Berlin-Mitte und setzte sich kritisch mit der Straßenumbenennung in Ost-Berlin nach der Wiedervereinigung sowie den Überresten der Berliner Mauer auseinander, deren teilweiser Erhalt als Denkmal angestrebt wurde.
Trotz dieser Erfolge gab es auch immer wieder Rückschläge in der Arbeit, wie die Auseinandersetzung um die Neue Wache als zentraler Gedenkort für die Opfer des Zweiten Weltkriegs, das vom damaligen Bundeskanzler Kohl und dem DHM vorangetrieben wurde. Durch Aufklärungsarbeit konnte aber in der Folge die Kranzniederlegung von z.B. durch den amerikanischen Präsidenten Bill Clinton verhindert werden.
In den weiteren Jahren entdecke der Verein das Thema "Exils" als ein neues Aufgabenfeld, da dieses in bestehenden Ausstellungen oftmals nur am Rande behandelt wurde. 1995 eröffnete die Ausstellung "1945: Jetzt wohin? - Exil und Rückkehr", weitere Ausstellungen sollten folgen.
Geschäftsführer/in und Vorsitzende/r
Geschäftsführer(in)
Heinz-Dieter Schilling (1984 - 1986)
Bärbel Jäschke (1986 - 1988)
Leonie Baumann (1989)
Christiane Hoss (1990 - 2007)
Vorsitzende(r)
Heinz-Dieter Schilling (1983)
Gerard Schoenberner (1983 - 1989 [?])
Leonie Baumann (1987 - 1992)
Dr. Christine Fischer-Defoy (seit 1992)
II. Bestandsgeschichte
Die Unterlagen wurden im März 1999 von der damaligen Geschäftsführerin Christiane Hoss dem Landesarchiv Berlin übergeben. Eine erste Technische Bearbeitung erfolgte im Zusammenhang mit dem Umzug des Landesarchivs Berlin 2001. Der Bestand erhielt die Repositur B Rep. 232-33 und enthält überwiegend Korrespondenzen, Materialien zu Veranstaltungen und Publikationen, Mitgliederrundbriefe, Einladungen zu verschiedenen Veranstaltungen und Zeitungsausschnitte und umfasst 4,5 lfm. Die Akten sind jahrgangsweise kaufmännisch geführt.
Im Dezember 2010 erfolgte eine weitere Übernahme von rund 10 lfm Akten für die Jahre 1990 - 2006, die unter der Repositur D Rep. 920-06 geführt werden. Diese Akten sind derzeit noch unerschlossen.
Die im Landesarchiv Berlin verwahrte Überlieferung des Aktiven Museums Faschismus und Widerstand e.V. wurde mit Schenkungsvertrag vom 13.12.2010 dem Landesarchiv Berlin übereignet. Die Nutzung erfolgt auf Grundlage des Archivgesetzes des Landes Berlin (ArchGB).
Die Klassifikation des Bestandes orientiert sich an der Musterklassifikation für Vereine im Landesarchiv und wurde der vorgefundenen Ordnung der Vereinsakten angeglichen.
Der Bestand ist wie folgt zu zitieren: LAB D Rep. 920-06, Nr. …
III. Korrespondierende Bestände
LAB B Rep. 009 Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen
LAB B Rep. 014 Senatsverwaltung für Kulturelle Angelegenheiten
LAB B Rep. 168 Internationale Bauausstellung Berlin 1987
LAB D Rep. 001 Abgeordnetenhaus von Berlin
LAB F Rep. 290 Fotosammlung
LAB Bibliothek
IV. Literaturverzeichnis
Haß, Matthias: Das Aktive Museum und die Topographie des Terrors, Berlin 2012.
Aktives Museums e.V. (Hrsg.): Mitgliederrundbrief 59, Juli 2008.
- Bestandssignatur
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D Rep. 920-06
- Kontext
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Landesarchiv Berlin (Archivtektonik) >> D Bestände ab 1990 >> D 7 Organisationen und Vereine >> D 7.3 Vereine und Verbände
- Bestandslaufzeit
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1983 - 2006
- Weitere Objektseiten
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Rechteinformation
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Für nähere Informationen zu Nutzungs- und Verwertungsrechten kontaktieren Sie bitte info@landesarchiv.berlin.de.
- Letzte Aktualisierung
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28.02.2025, 14:13 MEZ
Datenpartner
Landesarchiv Berlin. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 1983 - 2006