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Landesarchiv Thüringen – Hauptstaatsarchiv Weimar#Generalintendanz des Deutschen Nationaltheaters und der Staatskapelle Weimar
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123
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AmZ 26 (Nr. 26, 24.6.1824), Sp. 423–425. „Der Graf von Gleichen, eine romantische Oper in zwey Akten. Musik von C. Eberwein. Aufgeführt in Weimar am 1sten May, am 17ten wiederholt. Durch die vereinten Bemühungen des Hrn. Reg. R. S..., rühmlichst unter dem Namen Janus a costa bekannt, und des Hrn. Musikdirector C. Eberwein, der schon in verschiedenen Gattungen der Composition die achtungswerthesten Beweise seines Talents und seiner Kenntnisse gegeben hat, haben wir eine neue, echt deutsche Oper erhalten, die eine schätzbare Bereicherung unserer Repertorien ist. Da der Dichter ein sehr braver Musikus (obwohl nur Dilettant) ist, so zeichnet sich sein Gedicht in Ansehung der Brauchbarkeit und Zweckmässigkeit für musikalische Composition sehr zu seinem Vortheil vor vielen andern Opernbüchern aus; dass es aber, auch hiervon abgesehn, dichterischen Werth habe, dafür bürgt der Name des Verfassers. In der Musik findet sich schwerlich irgend etwas, was sich geradezu tadeln, obwohl einiges, worüber sich sprechen liesse, – und in welchem Werke wäre das nicht der Fall? – aber so viel Gutes und manches ausgezeichnet Treffliches, dass diese Oper überall gefallen muss, wo man sie mit dem Fleiss und der Sorgfalt, womit sie hier aufgeführt wurde, gegeben wird. Hier in Weimar wurde der Werth der Oper selbst, eben so, wie der in jeder Hinsicht vortrefflichen Ausführung, in den ersten Partieen durch Frau von Heigendorf (Chadija), Mad. Eberwein (Silvio), Hrn. Stromeier (Gleichen), Hrn. Moltke (Bruno), Hrn. La Roche (Sultan) und in den zweyten durch Dem. Müller (Fatime) und Hrn. Franke (Walter) allgemein anerkannt. Auch die, in die Handlung oft eingreifenden, Chöre gingen sehr gut, und alles Aeussere an Dekorationen u. s. w. war lobenswerth. Das Süjet ist kürzlich dieses. Graf Gleichen ist nach einer gegen die Saracenen verlornen Schlacht mit vielen Rittern u. s. w. gefangen. Die Tochter des Sultans (Chadija) erblickt im Traume die schöne Gestalt Gleichen's, sieht ihn dann zufällig, und entbrennt für ihn in Liebe. Sie flieht mit ihm, durch besondere Umstände bewogen. Die Flucht u. s. w. die zu späte, vergebliche Entdeckung derselben etc. bilden den Gegenstand des ersten Finals. Indessen hat Bruno, ein Gefährte Gleichen's, sich auf andere Art gerettet, ist in Thüringen angekommen, hat Gleichen's Tod verkündet und seine Güter in Besitz genommen. Er hoffte Irmengard, Gleichen's Gattin, die er längst liebte, durch die Nachricht von Gleichen's Tode zu bewegen, ihm die Hand zu reichen, aber Irmengard geht in ein Kloster, in dem sie stirbt. Nun kommt Gleichen an, entgeht einem meuchelmörderischen Anfalle Bruno's durch die Wachsamkeit seines treuen Gefährten Silvio, sammelt Mannen, erstürmt, von Chadija unterstützt, welche, von dem Schatten der Irmengard geleitet, mit ihren Kriegern durch unterirdische Wege in die Veste eindringt, die Burg, wo Bruno sich sicher glaubte, tödtet Bruno und erobert seine Besitzungen wieder. Der Verbindung Gleichen's und Chadija's (die Christinn geworden ist) steht nun nichts mehr im Wege und so endet die Oper heiter und froh. – Diesen Stoff, der so zusammengedrängt, wie hier, natürlich trocken erscheinen muss, hat der Dichter mit vielem Glück behandelt, durch Verschiedenheit der Charaktere und durch mannichfaltige Handlung belebt und mit interessanten Episoden ausgestattet. – Der Componist hat mit gleichem Glücke gearbeitet. Kein einziges Stück ist ganz ohne Interesse, die meisten sind sehr brav, viele ausgezeichnet. Unter die letzten rechnet Ref. die Einleitung, Chor der Sarazenen, Allegro C dur 2/4, die Klagen der Gefangenen, Chor Adagio As dur 3/4, beyde Arien Gleichen's, den vierstimmigen Canon im ersten Akt Andante E dur 3/4, einzelne Sätze im ersten Final; die Einleitung des zweyten Akts, Chor und Tanz, Allegretto G dur 3/8, Quartett mit Chor, Allegro D dur 4/4, Quintett mit Chor, Allegro D dur 4/4 und den grössten Theil des zweyten Finals. – Zur Ouverture in Es dur, fugirt, hat sich Hr. E. offenbar die zur Zauberflöte zum Muster genommen. Nach dem Höchsten streben verdient aber immer Lob, und mit Heroen kämpfen ist ehrenvoll, wenn man auch nicht siegen kann. Das Detail der Oper würde den Leser ermüden, es genüge daher an folgenden allgemeinen Bemerkungen. Hr. E. schreibt wirklich dramatisch, für den Gesang sehr glücklich und vortheilhaft, seine Instrumentation ist dabey dennoch reich und voll Frische und Lebens, aber freylich schwierig, zuweilen sehr schwierig, und einigemal, besonders in Ensemble's und Chören wohl etwas überreich und den Gesang deckend oder doch drückend; er verschmäht den Gebrauch der Janitscharenmusik, den er im ersten Akte leicht rechtfertigen konnte, befriedigt aber dafür zu einiger Entschädigung die vielleicht nur allzu lebhafte Neigung, viel, sehr viel, besonders auch enharmonisch zu moduliren. Doch, da man das jetzt gern hat und sogar für das Rechte, Wahre zu halten scheint, auch viele Andere, z. B. C. M. v. Weber in seiner Euryanthe, es noch ungeheuer viel weiter treiben, so mag Ref. keine Worte darüber verlieren. Er wiederholt dagegen, dass das Repertoire eines jeden Theaters, an dem man gute Solosänger und Choristen und ein gutes Orchester besitzt, durch Hrn. E.s Oper einen schätzbaren Zuwachs erhalten wird.“ (Ebd.)
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21.04.2023, 10:52 AM CEST
Data provider
Landesarchiv Thüringen – Hauptstaatsarchiv Weimar. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Theaterzettel ; Text
Associated
- Peucer, Friedrich
- Eberwein, Carl
Time of origin
- 1824-05-17