Archivale
Inquisition über Mr. Michael Bantlin, gewesenen Pfarrer allhier
Regest: 1666 Februar 15
Anwesend:
Herr Lt. Georg Friedrich Jung, Syndicus,
Herr Johann Bihler,
Herr Schultheiß Johannes Zendel,
Herr Schultheiß Josua Hohloch.
Dieser ist graviert in puncto veneficii und sodomiae (= wegen Giftmords und widernatürlicher Unzucht)
1) durch das gemeine Geschrei.
2) Von Urban Helbling, laut Protokolls: der Bantlin sei oft draußen gewesen auf der Hexenzusammenkunft wie der Apotheker, habe mit der Apothekerin getanzt, und wenn der Bantlin immer zu ihm auf das Tor kam, habe er ihm geboten, nicht viel tu sagen, sei auch nie lang da geblieben, sondern gleich wieder gegangen. Auf der Hexenzusammenkunft sitzen auf der einen Seite 1. der König, 2. der Bantlin, 3. der Apotheker. Auf der Hexenzusammenkunft sei eine Kirch und eine Kelter. In der Kirch habe der Bantlin etwa 1/2 Stund lang gepredigt, zugleich Kinder getauft und bei der Tauf habe er alles verflucht.
3) Von Christof Hamlelin laut Protokolls, neben andern namhaft gemachten Personen habe er den Bantlin und seine Frau auch draußen gesehen auf der Scheibe. Die Procuratorin habe ihre Enkelin, das Mädle, als es kaum 2 oder 3 Stund alt war, auf den Scheibenwasen hinaufgebracht, wie dergleichen viele hinauskamen. Der Bantlin habe es (das kleine Kind) getauft, auch in der Kirche auf der Hexenzusammenkunft, Gott gelästert, Kinder getauft.
4) Von Anna Margretha, Töchterlein des Weißgerbers Josua Kurtz selig, laut Protokolls. Bei dem König, dem Teufel, an der Tafel sei der Apotheker auf der einen, der Bantlin auf der andern Seite gesessen. Neben dem Tisch seien des Königs Diener gestiefelt gestanden. Der Bantlin habe auf dem Scheibenwasen Kinder getauft und in der Kirche gepredigt. Sein Weib mit der krummen Nase sei auch draußen gewesen, habe eine samtene Haube auf- und einen schwarzen Rock angehabt.
5) Von dem verhafteten Hans Jacob Tochtermann laut Protokolls. Er habe den Bantlin und den Apotheker auf dem Hexenplatz auf der Scheibe gesehen. Sie seien obenan gewesen. Es sei eben ein Blindwesen. Der Bantlin und der Apotheker seien auch wie andere auf der Scheibe mit Wollust umgegangen. Der Bantlin habe mit der Apothekerin, der Apotheker mit Fremden getanzt. Bei dem Cappel-Tanz seien weitere Personen gewesen, die T(ra)ubenwirtin, die Procuratorin, seines Vermeinens die Tochter des Georg Lockh, ein gelb Mensch. Der Bantlin sei in seinem Chorhemd auch dabei gewesen, habe mit der Englerin (Engel) getanzt (was er nachmals revociert).
6) Daß er vor vielen Jahren dem Hieronymus Heß bei einer Hochzeit auf der Kromerstub an dem Scheibentisch (= Tisch mit runder Platte) nach seinem männlichen Glied gegriffen hat.
7) Vor etlichen Jahren hat er an Jacob Hipp zu Betzingen Sodomiterei zu treiben begehrt und zu dem Zweck ihn zu Boden reißen sollen. Weil er ihm nicht willfahrte, hat er ihn ungern losgelassen, ihm auch nachmals verboten, solches zu verraten und ihn in Schand und Spott zu bringen.
8) Ebenso hat er auch dem Michel Zeih nach dem männlichen Glied gegriffen.
9) Vor ungefähr 2 Jahren hat er dem Metzger Salomon Werenwag nach seiner Scham gegriffen, bis er ihm auf den bloßen Leib kam.
10) Nachdem ihm vor kurzem die Inquisition und daß er beim Predigtamt füglich nicht zu dulden sei, kundgetan worden, hat er unverlangt um Entlassung aus dem Dienst gebeten.
11) Von Hans Ulrich Fassnacht laut Protokolls. Auf der Hexenzusammenkunft habe ihn der Bantlin, der neben dem Teufel im Sessel saß, getauft und Hans genannt. An der Tafel sei der Bantlin, der Apotheker, darnach andere gesessen. Der Bantlin habe auf der Hexenzusammenkunft sein Barett auf- und seinen Kirchenrock angehabt.
In dem nun folgenden Zeugenverhör werden vernommen:
Hieronymus Heß, 62 Jahr alt,
Georg Geiselhardt, geboren 1617,
Jacob Hipp, 50 Jahr,
Michel Zeih, 50 Jahr,
Johannes Maurer, Schlosser, 66 Jahr,
Johannes Haubensackh, 38 Jahr,
Michel Schaupp, 52 Jahr,
Anna, Hausfrau des Johannes Strohmayer.
Auf S. 5-15 werden von den Zeugen unzüchtige Angriffe des Bantlin mit Situation und Begleitumständen erzählt. Er habe ihnen jeweils in den Hosenlatz nach dem männlichen Glied ("Hansele" S. 13) gegriffen. Angeblich wehrte jeder entrüstet ab: "solches stehe einem Geistlichen nicht zu." Die Zeugin Strohmayer berichtet, ihr Mann habe als 14jähriger Bub zu Betzingen mit einer Kalbel Sodomiterei getrieben. Der Bantlin habe die Sache vertuscht.
1666 Februar 19
Anwesend:
Herr Lt. Georg Friedrich Jung, Syndicus,
Herr Bürgermeister Conrad Felchlin,
Herr Johann Bihler,
Herr Schultheiß Johann Zendel,
Herr Schultheiß Josua Hohloch,
Ratschreiber Johann Heß.
Mr. Bantlin wird wegen der vermutlich von ihm begangenen Delicta verhört, zuerst wegen Sodomiterei.
1. Frage:
Ob er nicht vor ungefähr 10 oder 12 Jahren bei der Hochzeit des Mathes Faßnacht auf der Kromerstub einen unzüchtigen Griff nach Hieronymus Heß tat.
Antwort: Gott der Vater als sein Erschaffer, Gott der Sohn als sein Erlöser, Gott der heil. Geist, sein Tröster, werde sein Advokat sein. Er wisse nichts davon. Es müsse im Trunk geschehen sein, wenn es geschehen sei.
2. Ob er nicht mit Georg Geisselhardt einmal etwas Unzüchtiges verübte.
Er müsse bekennen, daß er vexationsweis (= Spasses halber) nach ihm griff und sehen wollte, ob er ein Mann sei.
3. Ob er den Geisselhardt, als er half, seinen Stöcken (= Stauden) zu trinken zu geben, nicht auf seinen Bettkarrenhinwarf und sein männlich Glied herauszog.
Nach seinem männlichen Glied habe er gegriffen. Daß er ihn auf den Karren hingeworfen, könne er sich nicht erinnern. - Zusatz: Doch hat er schließlich die ihm vorgelesene Aussage des Geisselhardt bejaht.
4. Ob er nicht gleichfalls nach Jacob Hipp griff.
Ja, einmal im Haus des Hipp bei einem Trunk und sonst an keinem Ort.
Hierauf wurde ihm die Aussage des Hipp vorgelesen. Weil daraus erhellt, daß der Bantlin und der Klotzbeck (= Balthas alt Neuscheler S. 8) Hipp einmal zu Betzingen in einem alten Haus niederrissen, wurde Bantlin auch hierüber vernommen und bekennt, daß er diese Griffe getan und nachher ihnen einen Zettel, worin er sie ersuchte, sich zu unterschreiben, daß sie von ihm nur Liebes und Gutes wissen, in die Häuser geschickt habe. Sein Gewissen habe er dadurch leider beschwert. -
Auf dem Rand Nota: Mr. Bantlin ist nicht geständig, daß er mit Hipp zu Betzingen etwas Unzüchtiges verübt habe. Er wolle es mit Gott bezeugen (= er rufe Gott als Zeugen an).
5. Ob er nicht von Michel Zeih auch etwas begehrte.
Als einmal Michel Zeih in sein Haus kam, habe er ihm um den Leib gefaßt. Seine Frau sei dabei gestanden.
Nachdem ihm die Aussage des Zeih vorgelesen worden, bekennt Bantlin, daß solches geschehen sei. Aber seine Frau sei dabeigestanden, habe es ihm verwiesen und gesagt, es sei nicht hübsch (= es sei unpassend).
6. Ob er nicht an dem Schlosser Johannes Maurer, als er in der Pfarrbehausung etwas angeschlagen habe, auch etwas Ungebührliches suchte und darnach griff.
Gott sei sein Zeuge, er wisse nichts davon. Er könnte es vielleicht vergessen haben. Auf Erinnern bekennt er sich dazu, bittet, man solle sein Alter schonen. Revociert's am 20. Februar.
7. Ob er nicht nach Johann Haubensackh unzüchtig griff.
Er bekennt, daß er dem Haubensackh nach seinem männlichen Glied gegriffen habe. Daß der Haubensackh sich an einer Metzelsuppe übergab, wisse er sich noch zu erinnern. Warum es geschah, wisse er nicht. Vielleicht wegen des üblen Geruchs, den er an dem Tag eingenommen habe.
8. Ob er nicht vor 18 Jahren dem Michel Schaupp sein männlich Glied griff und was er weiter versuchte.
Er gesteht, daß er Schaupps männliches Glied gegriffen habe, als seine Hausfrau beim Karz war und er den Schaupp in sein Haus gerufen hatte.
9. Ob er nicht, als Johann Strohmayer mit einem Kälble Sodomiterei getrieben hatte, die Sache vertuschen half.
Die Geistlichen haben ihn geschickt, den Strohmayer zu examinieren. Weil der Strohmayer nichts gestand, habe er gesagt, man solle den Kerle nicht verschreien.
Weil er nun nicht allein mit dem verstorbenen alten Klotzbeck sehr bekannt und gleichsam sein Unterhemd (= ihm sehr nahestehend), sondern auch mit dem justifizierten Ächterdinger (Echterdinger) in Gemeinschaft war, hat er vermutlich den Actus sodomiticus wirklich verübt. Daher wurde er gütlich erinnert, sein Unrecht zu bekennen.
Wirkliche Sodomiterei habe er nicht begangen. Mit dem Echterdinger sei er gar nicht bekannt gewesen, sei zwar viel in sein Haus gekommen, aber Echterdinger habe ihn gefürchtet. - Er sagt gleich, er sei nur einmal in sein Haus gekommen.
Nach gütlichem Zuspruch bekennt er, von dem alten Klotzbeck sei er, als sie bei einer Hochzeit auf der Kromerstub gewesen, leider verführt worden. Er habe ihm nach seiner Scham gegriffen, später habe er ihm immer nachgesetzt und nach seinem männlichen Glied gelangt. Der Klotzbeck habe sein männlich Glied solang in der Hand gehalten, bis ihm der Samen entgangen sei. Aber er habe nichts mit ihm per posteriora (= Gesäß) verübt. Auch Bantlin habe mit dem Klotzbeck aktiv practiciert. Aber der Actus sei nicht wirklich geschehen. -
Nach eingestandener Mastupration (= Selbstbefriedigung) hat er Immission (= Hineinstecken, nämlich des Glieds in den After) nicht gestehen wollen ... (?)
Wie er erst kürzlich das heil. Abendmahl von Herrn Pfarrer Enßlin empfing und vorher bei ihm beichtete, habe er nicht mehr daran gedacht, daß der Klotzbeck ihn gemolken habe...(?)
Wenn der Klotzbeck das eine verübt habe, werde auch das andere von ihm geschehen sein. Aber mit ihm sei es nicht geschehen.
In puncto veneficii.
Wiewohl ihm die Aussagen der Kinder vorgehalten wurden, hat er nichts gestehen wollen, sondern sagt, ob man den Kindern glauben wolle. Man habe Christus den Herrn auch einen Teufelsmann genannt. Es geschehe ihm Gewalt und Unrecht. Er wolle Gott zum Zeugen nehmen.
Nachfolgende Umstände, die ihn der Hexerei wegen gravierten, wurden ihm vorgehalten.
1) Daß sein Lebenswandel nichts nutz sei, indem er nunmehr bekannte, wie oft und abscheulich er das Laster der Sodomiterei während seines ministerii (= Kirchendienstes) trieb und Mastupration mit dem alten Klotzbeck vielfältig verübte und solches seinem Beichtvater auch letzthin, dem Herrn Pfarrer Enßlin, welcher ihm das heil. Abendmahl reichte, in der Beichte vorher nicht bekannte, sondern wissentlich verschwieg, daher das Abendmahl sich zum Gericht empfing.
2) Daß er bekannte, indem er solche sodomitische Vergreifung getan, kein Kind Gottes, sondern des Teufels gewesen zu sein.
3) Daß die Sodomiterei gern (= oft) der Hexerei anhängig sei.
4) Es graviere ihn die communis fama (= gemeines Geschrei, öffentliche Meinung), die in dieser Stadt, im Land und anderswo im Reich abscheulich über ihn gehe.
5) Es belasten ihn die Aussagen des hingerichteten Tochtermann und der noch lebenden Kinder, die solches nicht wohl hätten aussagen können, wenn sie es nicht selbst von ihm gesehen hätten. Er jedoch leugnete alles. Er sei der per posteriora vollbrachten Sodomiterei und der Hexerei unschuldig.
Hierauf wurden Herr Mr. Hans Jacob Vischer und Herr Mr. Bernhart Zwiseler, beide Diaconi (= Stadtpfarrer), zugezogen, um Herrn Mr. Bantlin zum Geständnis zu vermögen (= bewegen) und ihm aus Gottes Wort zuzusprechen. Er aber hat sowohl in puncto veneficii als auch der wirklich begangenen Sodomiterei per posteriora mit der Sprach nicht herausgehen wollen. Er wiederholte aber sein Geständnis, daß er von dem Klotzbeck leider verführt wurde und nach den Männern unzüchtig griff. Aber bei seiner Seele Seligkeit wegen der Hexerei geschehe ihm Gewalt und Unrecht ...
1666 Februar 20
In der heute vormittag gehaltenen Ratsversammlung wurden das Protokoll des Zeugenverhörs und der darauf vorgenommenen gütlichen Examination abgelesen, die Sache in Umfrag gestellt und beschlossen, den Mr. Bantlin mit Zuziehung der Herren Geistlichen nochmals gütlich zu verhören und dann die Akten zur theologischen und zur juristischen Fakultät zu schicken und sie zu konsulieren (= ihren Rat einzuholen).
Anwesend:
Herr Mr. Philipp Laubenberger, Prediger,
Herr Mr. Joh. Jacob Vischer, Archidiaconus,
Herr Mr. Bernhart Zwiseler, Subdiaconus,
Herr Mr. Marx Maurer, Spitalpfarrer,
Herr Syndicus Jerg Friedrich Jung,
Herr Bürgermeister Conrad Felchlen,
Herr Johann Bihler,
Herr Schultheiß Johann Zendel,
Ratschreiber Johann Heß.
Dem Herrn Mr. Bantlin wurden die von ihm gestern bekannten Delicta der Sodomiterei vorgehalten und er vernommen, ob er sie noch eingestehe.
Bantlin gibt wieder die Mastupration und unzüchtige Griffe zu, nicht aber den Vollzug des Akts der Sodomiterei, die Immission des Glieds per posteriora, ebensowenig sein von den Kindern behauptetes Auftreten auf der Hexenzusammenkunft. Der Teufel habe Bantlins Person den Kindern repräsentiert, weil Bantlin sie aus des Teufels Banden erretten und zur Seligkeit bringen wollte.
Urban Helbling, mit Bantlin konfrontiert, wiederholt seine aus dem früheren Verhör bekannten Aussagen. Neu ist die Behauptung, Bantlin habe auf der Hexenzusammenkunft mit fremden Männern Sodomiterei getrieben. Diese seien nackend auf den Bauch hingelegen. Der Bantlin sei auf sie gelegen und habe sein membrum virile ihnen beigebracht. Ferner: Bantlin sei zu ihm auf das Tor gekommen, habe gebetet. Wenn die Wächter hinausgegangen waren, habe Bantlin gesagt, er solle nicht glauben, was Bantlin mit ihm gebetet habe. Bantlin erklärt alle Beschuldigungen des Urban Helbling für unwahr.
1666 Februar 27
Anwesend:
Herr Lt. Georg Friedrich Jung, Syndicus,
Herr Bürgermeister Conrad Felchlen,
Herr Schultheiß Johann Zendel,
Herr Schultheiß Josua Hohloch.
Es werden weitere Zeugen verhört.
Anna, Hausfrau des Johann Strohmayer, bekundet, die Hausfrau des Jacob Kurtz selig habe am Tag, ehe sie sich bei Nacht in ihrer Scheuer zu Tod gestürzt haben soll, verschiedenes geredet, was die Zeugin und ihr Hauswirt als nächste Nachbarn hörten, weil laut geredet wurde und die Stuben nur durch eine getäferte Wand (= Bretterwand) voneinander getrennt waren. Sie habe zu ihrer Mutter, der Bantlerin (Bantlin), gesagt, sie sei eine Hex und die Mutter sei auch eine Hex. Ja, ihrer Wirtin Hab und Gut, 2 Keller voll Wein, könne ihr und ihrer Mutter nicht mehr helfen. Ihre Mutter habe sie zu einer Hex gemacht. Ihr Vater, der Bantlin, und die Apothekerin seien auch Hexenleut. Man werde sie miteinander auf den Peinturm führen und verbrennen ...
Hans Georg Wittam, 30 Jahr alt, sagt, als er vor 12 Jahren Hochzeit hielt, habe der Bantlin nicht nur die Hochzeitspredigt getan, sondern sei auch nachher bei der Gastherberg zum Bären gewesen. Als nun Zeuge abends um 4 Uhr in dem Abstand sein Wasser entblößte (= abschlug), sei der Bantlin von hinten hinzugekommen, habe dem Zeugen in den Latz gelangt und ihn bei seinem männlichen Glied genommen. Zeuge habe dem Bantlin mit dem Ellenbogen einen Stoß gegeben und gesagt, wenn ihm ein anderer solches getan hätte, so hätte er ihn gewaltig verhuscht (= geohrfeigt). Da habe ihn der Bantlin um Verzeihung gebeten und sei wieder in die Stube geloffen.
Agnesa, Hausfrau des Weißgerbers Johann Reichert, 50 Jahr, sagt, die Hausfrau des Hans Jacob Kurtz sei am Abend vor ihrem Tod mit ihrer Mutter, der Bantlerin, und Lt. Efferen auf der Laube (= dem Hausflur) gewesen und habe zu ihrer Mutter gesagt, sie könne ihr nicht helfen und ihre Mutter könne ihr auch nicht helfen. Man werde sie beide auf den Peinturm führen und mit einander verbrennen. Die Mutter habe ihr solches ausreden wollen, aber sie habe es nicht geachtet. Ihre Mutter habe ihr nicht nur einen doppelten Dukaten, sondern auch, wenn sie wieder gesund werde, ein Fuder Wein zu geben versprochen, damit sie wieder hausen (= ihren Haushalt führen) und fortkommen könne. Die Tochter aber habe gesagt, sie wisse wohl, ihre Kinder kommen in das Fundenhaus (= Findelhaus), und habe auch zu ihrem Mann gesagt, wie er bestehen werde. Er solle doch seine Rechnung ablegen. Als die Kurtzin tot war und der Mann einen Schrei getan hatte, sei die Zeugin auch hinübergeloffen. Die Kurtzin sei schon tot im Bett gelegen. Sie habe zwei Blutströpflein unter der Nase stehen gehabt. Der Mann habe die Händ ob dem Kopf zusammengeschlagen und jämmerlich getan (= sich gebärdet). Die Umstehenden haben gesagt, daß der Bub sie in der Scheuer gefunden habe. Ob sie sich in die Scheuer hinabgestürzt habe, sei der Zeugin nicht bekannt. Aber sie sei sogleich in dem Haus drüben gewesen, und es sei gleichsam (= sozusagen) unmöglich gewesen, daß die Tote inzwischen heraufgebracht werden konnte. Damals haben die Katzen unter dem Schopf (= Schuppen) einen großen Jammer verführt.
Lorenz M. (= der mittlere) Zendel, 44 Jahr, sagt, vor 14 Jahren habe der Bantlin eine Gastung (= Gasterei) und Geistliche bei sich gehabt. Zeuge habe ihm als sein gewesener Knecht Wein auftragen helfen. Wie Zeuge während der Mahlzeit in den Keller ging und der Bantlin vorausging und der Bantlin auf die große Kellerstaffel kam, habe der Bantlin 2mal ihm nach dem Latz herauflangen wollen. Das einemal habe Zeuge gesagt, er solle ihn passieren lassen. Das anderemal habe er ihm einen Stoß gegeben, daß er die Staffel hinabfiel ... Zeuge habe zu ihm gesagt, wenn er greifen wolle, solle er nach den Weibern greifen ...
Johannes Reichert, 50 Jahr, wiederholt die Aussage seiner Frau Agnesa.
(Auf den folgenden Seiten 47-51 ist die Schrift so verblaßt und verwischt, daß der Text nicht zu verstehen ist).
1666 Juni 27
Anwesend:
Herr Lt. Jung,
Herr Johann Bihler,
Herr Georg alt Hummel,
Herr Schultheiß Josua Hohloch.
(S. 52 auch Text weithin verwischt).
S. 53: Mathes Hamer sei auch zu ihm in sein Haus gekommen und habe gesagt, er müsse auch einmal bei ihm einkehren. Da habe Hamer ihm sein männlich Glied gegriffen, hingegen Bantlin ihm das seinige. Später sei solches in Hamers Haus auch geschehen. Der Hamer habe es gelitten und stillgehalten.
Johannes Haubensackh habe sich gerühmt, wie er nach Reutlingen gekommen sei, er habe den Samen den Mädlen immer auf die Schenkel laufen lassen. Darauf habe Bantlin gesagt, er werde gewiß sein Schenckhen (?)-Mädle auch nicht anders überkommen haben ...
Die Hausfrau des Georg Gersteneckher, 50 Jahr alt, sagt aus, das justifizierte Fürkäufler-Grethle habe, als sie im Gefängnis lag, ehe man ihr das Leben abgekündet hatte, gesagt, der Mr. Bantlin sei ärger als sie. Doch es werde alles an den Tag kommen. Gott werde ein Zeichen tun, wenn man nicht fortfahre. Sie gehe zwar allein hinaus, aber andere werden nachkommen. - Dabei hat sie verschiedene Personen angezeigt.
(Es sind Personen, die auch in andern gleichzeitigen Protokollen vorkommen).
Eine bezeichnende Einzelheit:
Die Blanckhin habe gesagt, die Modistin (= Frau des Schreiblehrers) habe auf der Hexenzusammenkunft nackend getanzt. Es sei kein schönerer Leib draußen gewesen.
- Reference number
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A 2 f (Hexenprozesse) Nr. A 2 f (Hexenprozesse) Nr. 7882
- Extent
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56 S.
- Formal description
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Beschreibstoff: Pap.
- Further information
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Bemerkungen: vgl. zu Michael Bantlin: Gayler: Denkwürdigkeiten II S. 145, und Theodor Schön: Die Familie Bantlin, RGB 1896 S. 65 ff., 81 ff.
Genetisches Stadium: Or.
- Context
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Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 23-25) >> Bd. 25 Hexenprozesse
- Holding
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A 2 f (Hexenprozesse) Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 23-25)
- Date of creation
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1666 Februar 15 - 1666 Juni 27
- Other object pages
- Last update
-
20.03.2025, 11:14 AM CET
Data provider
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Object type
- Archivale
Time of origin
- 1666 Februar 15 - 1666 Juni 27