Bestand

Kommando der Deutschen Grenzpolizei (Bestand)

Geschichte des Bestandsbildners: Aufstellung

In der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) wurden im Sommer 1945 neue Polizeiorgane in den einzelnen Ländern geschaffen, Ende 1946 umfassten diese etwa 40.000 Mann.

An der Demarkationsliniezu den Westzonen stand die Rote Armee, die zu ihrer Unterstützung einzelne deutsche Polizisten heranzog.

Zum 1. Dezember 1946 erfolgte auf der Grundlage eines Befehls der Sowjetischen Militäradministration (SMAD) die Bildung der Grenzpolizei mit einer Stärke von etwa 2.500 Mann. Sie bildete zunächst einen Dienstzweig der allgemeinen Polizei der fünf Länder und war operativ den Truppenkommandeuren der Sowjetarmee unterstellt.

Strukturveränderungen

1947 wurde die Struktur der Grenzpolizei auf Anweisung der SMAD neu strukturiert und vereinheitlicht. Mittlerweile umfasste die Grenzpolizei 3779 Mann (Sollstärke 6000) und gliederte sich in Abteilungen, denen jeweils vier bis fünf Kommandanturen mit je 10 bis 15 Kommandos, bestehend aus je acht bis zehn Polizisten, unterstanden. Die Grenzpolizei vergrößerte sich bis April 1948 auf etwa 9000 Mann.

Im Sommer 1948 wurde die Grenzpolizei von der SED-Führung in die Pläne für eine verdeckte Aufrüstung der DDR mit einbezogen. Teil dieses Unternehmens sollte auch eine militärische Ausbildung der Grenzpolizisten sein. Ebenfalls 1948 wurden die Grenzpolizisten mit einheitlichen Uniformen ausgestattet und die alten Uniformen, eine Mischung aus Polizeiuniformen, gefärbten Wehrmachtsuniformen und Zivilkleidung, abgeschafft. Im Zuge dieser Veränderungen wurde auch die Kommandostruktur zentralisiert; die zuvor den einzelnen Ländern unterstellten Einheiten waren nun der zentralen Innenverwaltung in Berlin unterstellt. Zwar gehörten sie noch den Landespolizeien an, in "operativer" Hinsicht allerdings waren sie der Hauptabteilung Grenzpolizei/Bereitschaften in der Deutschen Verwaltung des Innern (DVdI) unterstellt. Damit einher ging die Kasernierung der Grenzpolizei.

Ein großes strukturelles Problem zeigte sich bald in Bezug auf Disziplin und Desertation. Zwischen Juli 1948 und Juni 1949 flüchteten 240 Grenzer in den Westen, auch in der Führungsebene stellten sich diese Probleme dar. Diese Probleme der Anfangsjahre der Grenzpolizei hingen hauptsächlich mit der Rekrutierung zusammen, denn nur wenige Freiwillige hatten sich aus politischer Überzeugung zum Dienst an der Grenze gemeldet, sondern auf Grund der guten Bezahlung und der damit verbundenen Absicherung des Lebensunterhaltes. Desweiteren kamen viele "Freiwillige" direkt aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft. Noch in Gefangenschaft wurden viele in sogegannten Antifa-Schulen politisch geschult. Ihnen wurde nahe gelegt, sich nach ihrer Rückkehr bei der Volkspolizei zu bewerben. Diejenigen, die sich bereits verpflichtet hatten, sich bei der Volkspolizei zu bewerben, wurden in gesonderten Transporten in bereits vorbereitete "Polizeilager" in Deutschland gebracht, um direkt mit der Ausbildung zu beginnen. Der Großteil derjenigen, die mit den "Freiwilligen-Transporten" nach Deutschland kamen, konnte für die Volkspolizei geworben werden (4774 von 4934 Mann).

Mit der Gründung der DDR 1949 war die ostdeutsche Regierung zwar souveräner geworden, die bewaffneten Organe jedoch, insbesondere die Grenzpolizei, blieben weiterhin unter der Kontrolle der Sowjetischen Kontrollkommission (SKK). Noch 1950 leiteten sowjetische Offiziere alle Kontrollstellen der Grenzpolizei. Mit Wirkung zum 10. Juni 1950 wurde die Befehlsgewalt von der SKK offiziell an die Grenzpolizei übertragen, sowjetische Offiziere behielten allerdings bis 1952 die Kommandogewalt in der Grenzpolizei, sogar 1954 wurden noch interne Dokumente ins Russische übersetzt, um sie den "Freunden" vorlegen zu können.

Mit dem Ausbau der DDR und der zunehmenden Grenzsicherung wurde die Grenzpolizei aufgestockt, militärischen Organisationsprinzipien unterworfen und langfristig mit schweren Waffen ausgerüstet. So sollte die Grenzpolizei im Kriegsfall auch als Reserve für de Kasernierte Volkspolizei fungieren.

Am 16. Mai 1952 erfolgte die Ausgliederung der Grenzpolizei aus dem Innenministerium und die Unterstellung unter das Ministerium für Staatssicherheit (MfS). Ebenfalls wurde sie aus der Volkspolizei herausgelöst und war nun eine eigenständige Institution in der DDR. Die von nun an offizielle Bezeichnung lautete "Deutsche Grenzpolizei" (DGP). Die Hauptabteilung Grenzpolizei wurde umbenannt in Hauptverwaltung Deutsche Grenzpolizei (HV DGP). Die Sollstärke der Grenzpolizei wurde von 15.000 auf 20.000 aufgestockt.

Die fortschreitende Militarisierung der Grenzpolizei zeigte sich anfangs vor allem in Äußerlichkeiten. Seit Oktober 1952 wurden die Dienstgrade der Grenzpolizei in militärische Dienstgrade umgewandelt. Außerdem wurden die Grenzpolizisten im Oktober nach sowjetischem Vorbild mit militärischen Uniformen ausgestattet, auch wurde die Bewaffnung modernisiert. Die Neuiniformierung verlief nicht ohne Zwischenfälle, viele weigerten sich anfangs die militärischen "Russenuniformen" zu tragen, da nun die Übernahme der Polizei in einen militärischen Kontext markiert sei.

In Folge des Juniaufstandes 1953 verlor das MfS seine Selbstständigkeit und wurde in das Innenministerium eingegliedert. Die Grenzpolizei wurde nun als selbstständige Hauptverwaltung ebenfalls dem Innenministerium unterstellt. 1954 wurde die Sollstärke der Grenzpolizei durch das Innenministerium abermals auf mittlerweile 30.745 Planstellen aufgestockt, der Großteil (18.500) war an der Westgrenze und am Ring um Berlin stationiert.

Vom 1. April 1955 bis zum 1. März 1957 unterstand die Grenzpolizei wieder dem Staatssekretariat für Staatssicherheit (SfS, seit 1. November 1955 wieder MfS). Damit verbunden waren Planungen, die Grenzpolizei und die Bereitschaftspolizei nach sowjetischem Vorbild in Innere Truppen umzuwandeln. Mit Waffen aus der UdSSR sollte die Grenzpolizei zu einer schwerbewaffneten Militärorganisation umgebaut werden, die zusätzlich zur Fluchtverhinderung auch die militärische Sicherung der Grenze und im Kriegsfall auch deren Verteidigung übernehmen sollte. Im Mai 1955 wurde angeordnet, die Sollstärke auf 38.304 Mann zu erhöhen - trotz des eklatanten Personalmangels. Ebenfalls wurden neue Grenzbereitschaften geschaffen.

Mit Wirkung vom 1. Dezember 1956 wurden Grenzpolizei, Transportpolizei und Bereitschaftspolizei mit den Wacheinheiten des MfS zusammengelegt und der Hauptverwaltung Innere Sicherheit (HV IS) unterstellt. In Folge dieser Umstrukturierung verlor das MfS die Kommandogewalt über die Bereitschafts- und Transportpolizei, wenig später auch über die Grenzpolizei, sodass die Grenzpolizei zum 1. März 1957 wieder dem Innenministerium unterstellt wurde.

Mit der erneuten Übernahme der Grenzpolizei in das Innenministerium zeigte sich, wie bereits 1952 und 1955, ein weiterer Militarisierungsschub. Seit 1957 war die Grenzpolizei für den Kriegsfall als erste Staffel der Landesverteidigung eingeplant. Dementsprechend wurde die Struktur und vor allem die Ausbildung deutlich militärischer organisiert, ebenso wurde die Grenzpolizei mit schwerem gepanzertem Gerät ausgestattet. Mitte Ausgust wurde in der Grezpolizei eine Brigadestruktur eingeführt. Für diese militärische Umstrukturierung steig die Zahl der sowjetishen Beratzer kurzzeitig wieder an. Folgenden Grenzbrigaden wurden aufgestellt:

- 1. Grenzbrigade

- 2. Grenzbrigade

- 3. Grenzbrigade

- 4. Grenzbrigade =1-4 zusammen knapp 23.000 Mann an der Westgrenze stationiert

- 5. Grenzbrigade = 4.500 Mann, Außenring um Berlin, Verkersüberwachung Ost-West

- 6. Grenzbrigade = 3.500 Mann, Standort Rostock, Küstenschutz an der Ostsee

- 7. Grenzbrigade = Ostgrenze (Polen)

- 8. Grenzbrigade = Südgrenze (Tschechoslowakai) = 7 und 8 gemeinsam ca. 6000 Mann

Eine Brigade bestand aus zwei bis vier Bereitschaften, eine Grenzbereitschaft (Regiment) mit durchschn. 1.300 Mann aus vier Grenzabteilungen (Bataillon) mit durchschn. 300 Mann, die wiederum in Kompanien zu 70, Zügen zu 20 und Gruppen zu 6 Mann unterteilt waren. Neben der militärischen Struktur und der damit verbundenen strammen militärischen Ausbildung waren die intensivierte militärische Traditionspflege, die Einführung von Truppenfahnen und die Vereidigung der Grenzpolizisten Elemente der Militarisierung. Die Grenzpolizisten wurden von nun an Soldaten genannt und hatten einen Fahneneid abzulegen:

"Ich schwöre: Meinem Vaterland, der Deutschen Demokratischen Republik, allzeit treu zu dienen, sie auf Befehl der Arbeiter- und Bauern-Regierung unter Einsatz meines Lebens gegen jeden Feind zu schützen, den Vorgesetzten unbedingten Gehorsam zu leisten, immer und überall die Ehre unserer Republik und ihrer Grenzpolizei zu wahren."

Direkt nach dem Maurbau wurde die Grenzpolizei mit Wirkung vom 16. September 1961 dem Ministerium für Nationale Verteidigung unterstellt und in die Armee eingegliedert. Die Grenzpolizei fungierte nun als "Grenztruppen der NVA", die Militarisierung der einst zivilen Behörde war hiermit abgeschlossen.

Aufgaben

Die 1946 aufgestellte Grenzpolizei hatte die Aufgabe, den grenzüberschreitenden Verkehr zu kontrollieren, illegale Grenzübertritte zu verhindern, illegalen Güterverkehr durch Schmuggel und Schwarzhandel zu überwachen und das rückwärtige Grenzgebiet zu sichern. Mit der 1948 beginnenden Blockade West-Berlins schuf die Landesverwaltung die Einheit "Ring um Berlin" der Grenzpolizei, welche verstärkt den Verkehr zwischen der SBZ und Berlin überwachen sollte.

Ab Januar 1950 zählte auch die Überwachung der "Seegrenze" an der Ostseeküste zum Aufgabengebiet der Grenzpolizei. Hierfür wurde eine neue Grenzbereitschaft gegründet.

Im Juni 1952 wurde als Grenzverletzung jeder grenzüberschreitende Verkehr außerhalb der festgelegten Kontrollpunkte neu definiert. Jeder Versuch der Grenzübertretung sei von den Grenzpolizisten zu unterbinden. Auch das Betreten des Kontrollstreifens zählte als Grenzverletzung bzw. Versuch des unerlaubten Grenzübertrittes. Alle Personen, die diesen Bereich betraten, seien als "illegale Grenzgänger" sofort zu verhaften, notfalls sei von der Schusswaffe Gebrauch zu machen (Bef. 3/52 HA DGP vom 21.5.1952)

Im Bef. 48/57 des Innenminsterium wurde der Auftrag der Grenzpolizei neu formuliert als "die militärische Sicherung der Grenze gegen Angriffe von außen und die Überwindung des Grenzgebiets und ihrer Bevölkerung". Die Abwehr von Fluchtversuchen -auch mit dem Einsatz von Schutzwaffen- ist in diesem Befehl weiterhin enthalten.

Inhaltliche Charakterisierung: Der Bestand enthält die Unterlagen des Leiters, des Stabes und der Abteilungen des Führungsorgans der Grenzpolizei von 1946 bis 1961. Als Teilbestand wurden 67 AE des Stellvertreters des Ministers für Staatssicherheit für militärische Angelegenheiten, der 1955/56 die Grenzpolizei führte, dem Bestand beigefügt.

Erschließungszustand: Findbuch

Vorarchivische Ordnung: Die Akten kamen im Jahr 1965 in das Deutsche Militärarchiv Potsdam. Auf Grund der wechselnden Unterstellung und der rigide durchgeführten Kassationen, ist keine Vollständigkeit der archivwürdigen Überlieferung zu erwarten. Die vorarchivische Ordnung konnte nicht wiederhergestellt werden, da die wenigsten Schriftstücke Aktenzeichen tragen. Die Aufgaben und Struktur bildeten die Grundlagen für die Erschließung. Nach der Übernahme in das Bundesarchiv-Militärarchiv im Oktober 1990 lagerten die Akten bis 1999 im Zwischenarchiv Dahlwitz-Hoppegarten. Im Jahre 1999 wurden die Akten in das Endarchiv Bundesarchiv-Militärarchiv Freiburg überführt. Die Tektonik wurde neu bearbeitet.

Signaturen des Militärarchivs der DDR: Pt (= Polizeitruppen)

Signaturen des Bundesarchiv-Militärarchiv: DVH 27/....

Zitierweise: BArch DVH 27/...

Bestandssignatur
Bundesarchiv, BArch DVH 27
Umfang
3250 Aufbewahrungseinheiten; 96,8 laufende Meter
Sprache der Unterlagen
deutsch

Kontext
Bundesarchiv (Archivtektonik) >> Deutsche Demokratische Republik mit sowjetischer Besatzungszone (1945-1990) >> Verteidigung >> Ministerium für Nationale Verteidigung und Nationale Volksarmee >> Nationale Volksarmee >> Grenzpolizei und Grenztruppen
Verwandte Bestände und Literatur
Literatur: Im Dienste der Partei: Handbuch der bewaffneten Organe der DDR/ Torsten Diedrich... (Hg)

Berlin 1998. Hanisch, Wilfried: Grenzsicherung und Grenzpolizei der DDR, Potsdam 1974

Provenienz
Kommando der Deutschen Grenzpolizei (KdoDGP), 1946-1962
Bestandslaufzeit
1946-1962

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Letzte Aktualisierung
16.01.2024, 08:43 MEZ

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Objekttyp

  • Bestand

Beteiligte

  • Kommando der Deutschen Grenzpolizei (KdoDGP), 1946-1962

Entstanden

  • 1946-1962

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