Bestand

G 605 - Evangelisches Pfarramt Bernstadt [Standort: Pfarramt] (Bestand)

Einleitung: Der Bestand befindet sich auf dem Pfarramt Bernstadt.
===== Ortsgeschichte =====
Bernstadt, rund zwölf Kilometer nördlich von Ulm an der alten Römerstraße ("Schmiedgasse") nach Langenau gelegen, ist erstmals im Jahr 1231 als "Berolfstat" erwähnt. Die Siedlungsgeschichte beginnt vermutlich in der älteren Ausbauphase der alamannischen Zeit. Zur Zeit seiner Ersterwähnung gehörte der Ort zur Herrschaft der Grafen von Helfenstein. In Bernstadt waren daneben noch die Herren von Albeck begütert sowie ein einheimisches Ortsadelsgeschlecht. Diese Ritter von Berolfstat waren wahrscheinlich Lehensmannen der Grafen von Helfenstein. Ihre Burg befand sich bis zur Zerstörung im Jahr 1704 unmittelbar nördlich der Kirche (Bürggasse 12 und 14).
Die Freie Reichsstadt Ulm erwarb vom Ende des 14. Jahrhunderts an in Etappen bis zum Anfang des 16. Jahrhunderts fast die gesamte Oberhoheit und Grundherrschaft in Bernstadt: die albeckischen Güter erkaufte Ulm 1383, die Herrschaftsrechte der Grafen von Helfenstein im Jahr 1396 und die Burg der Ritter von Bernstadt mit ihren Rechten und ihrem Zugehör im Jahr 1432.
1549 erwarb der Ulmer Patrizier Georg Besserer von Rohr verschiedene Güter in Bernstadt, die zu einer Schlossherrschaft zusammengefasst wurden. Diese Schlossherrschaft von Bernstadt besaß innerhalb ihres Etters ihre eigene niedere Gerichtsbarkeit und war frei von der Ulmer Gerichtsbarkeit und Grundherrschaft.
Das von Georg Besserer von Rohr 1549 erbaute Schloss (heute: Rathaus der Gemeinde Bernstadt) wurde im November 1688 von den französischen Soldaten ausgebrannt. Der damalige Schlossherr, Eitel Albrecht Besserer von Thalfingen, ließ es anschließend wieder neu errichten, wobei die stehengebliebenen alten Umfassungswände wiederverwendet wurden.
Die Stadt Ulm hatte Bernstadt die Funktion eines Amtsortes für Bernstadt, Beimerstetten und Eiselau zugewiesen. Dieses Amt Bernstadt als ulmische Verwaltungskörperschaft bestand bis 1774; von da an gehörte Bernstadt für 11 Jahre zum Oberamt Langenau, von 1785 an zum Oberamt Albeck. In der napoleonischen Zeit, als aufgrund des Reichsdeputationshauptschlusses die Herrschaft der Freien Reichsstadt Ulm gewaltsam beendet wurde, fiel Bernstadt mit Ulm an das Kurfürstentum Bayern (1803). Die bayerische Zeit Bernstadts dauerte jedoch nur sieben Jahre; mit Ulm, das jetzt nur noch Oberamtsstadt war, kam Bernstadt im Jahr 1810 an das neue Königreich Württemberg.
===== Ortskirchengeschichte =====
Die Kirche in Bernstadt ist erstmals 1319 genannt. Ungefähr hundert Jahre älter werden ihre ältesten Bauteile (Sakristei im Chor, unterer Teil des Turmes, Teile der Nordwand = Südwand der Vorgängerkirche um 1200) geschätzt. Das Schiff der romanischen Vorgängerkirche des 13. Jahrhunderts war ungefähr 20 x 15 m groß.
Mit seinem Kirchenheiligen, dem heiligen Lambert, weist Bernstadt ein seltenes und auffallendes Patrozinium auf. Die unmittelbar an der Nordseite der Kirche auf ihrem Burggesäß wohnenden Ritter von Bernstadt hatten den halben Kirchensatz (Recht auf Pfarrbesetzung und Kontrolle der kirchlichen Güterverwaltung) inne, die andere Hälfte besaßen ihre Oberherren, die Grafen von Helfenstein. Aus diesen Befunden und Tatsachen lässt sich der Schluss ziehen, dass die Bernstadter Kirche ursprünglich als adelige Eigenkirche gestiftet wurde. Mit dem erwähnten Verkauf der helfensteinischen Herrschafts- und Grundrechte an die Stadt Ulm 1396 ging auch der halbe Kirchensatz an diese über. Die Reichsstadt konnte jedoch die kirchlichen Rechte nicht zur Gänze erwerben, wie es ihr bei der weltlichen Herrschaft gelungen war. Die zweite Hälfte des Kirchensatzes (in den Händen der Ritter von Bernstadt) wurde vom Wengenkloster in Ulm erworben, das sie kurz danach an das Chorherrenstift in Wiesensteig veräußerte. Die Folge davon war, dass sich die Reichsstadt Ulm mit dem Stift Wiesensteig über Kirchenaufsicht, Zehntbezug, Baulast an Kirche und Pfarrgebäuden in Bernstadt einigen musste. Seit 1432 wurde so die kirchliche Herrschaft gemeinsam oder im Wechsel ausgeübt. Dieses Rechtsverhältnis, das geistliche Kondominat, blieb auch bestehen, als im Ulmer Herrschaftsgebiet 1531 die Reformation eingeführt wurde, während das katholische Stift Wiesensteig weiterbestand. Erst 1803 gab es eine völlige Neuordnung.
Der Heilige zu Bernstadt war verhältnismäßig reich ausgestattet. Das können auch die Dokumente im Pfarrarchiv Bernstadt belegen (siehe dazu die Bestandsnummern A 11 - A 32, A 42 - A 53 und B 38 - B 48 und den Bestand R). Neben Bernstadt umfasste die Pfarrei das noch heute zugehörige Osterstetten, ferner als Filial Beimerstetten (seit 1976 selbständiges Pfarramt) mit seinen Weilern Hagen und Eiselau.
Das Kirchengebäude in Bernstadt selbst wurde 1486 wesentlich neu gebaut (Chor, Schiff, Oberteil des Turmes). Bei der Brandschatzung durch Franzosen und Bayern im Jahr 1704 wurde die Kirche wie auch die benachbarte ehemalige Ritterburg zerstört. Ihr Wiederaufbau lässt sich auch in den Akten und Rechnungen des Pfarrarchivs nachweisen (siehe Bestandsnummern A 59 und R 47 - R 50). Auch über das Pfarrhaus in Bernstadt sowie über die Kirche in Beimerstetten sind viele Akten seit dem 17./18. Jahrhundert im Pfarrarchiv Bernstadt vorhanden.
Die umfangreichste, auf Quellenstudium beruhende Darstellung der Bernstadter Geschichte ist die von 1888 an verfaßte handschriftliche "Ortschronik von Bernstadt" des damaligen Pfarrers Chr. Fr. Aichele, die auch die Filialorte umfasst; sie befindet sich im Pfarrarchiv Bernstadt (Bestandsnummer B 57).
===== Archivbefund =====
Das Archiv des Evangelischen Pfarramts Bernstadt wurde in der Zeit von November 1991 bis Mai 1993 an etwa 30 Arbeitstagen vom Unterzeichneten geordnet, verzeichnet, signiert und neu aufgestellt.
Ein Teil des Archivguts hatte sich bis 1992 auf der Bühne des Pfarrhauses in alten hölzernen Kästen befunden; diese Archivalien waren im Allgemeinen in besserem Zustand. Ein anderer Teil war bei der Renovierung des Pfarrhauses 1988 in das alte Leichenhaus (einem nördlichen Anbau an der Kirche) ausgelagert worden. Die alte Pfarrbibliothek und vermutlich auch die alten Heiligenrechnungen waren in dem untersten Geschoss des Kirchturms gelagert. Die Feuchtigkeit dieses geschlossenen Raumes hatte zu Schimmelpilzbefall an den Archivalien und Druckschriften geführt. Das im alten Leichenhaus und im Turm gelagerte Material (mit Ausnahme von rund 5 Regalmetern stark schimmelbefallenen Büchern im Turm, vorwiegend Regierungsblätter und Zeitschriften) wurde im Jahr 1990 von dem damals zuständigen Sprengelarchivar, Herrn Helmut Gabriel, wieder in das Pfarrhaus zurückgebracht, wo es im vorgesehenen Archivzimmer im Erdgeschoss (einem ehemaligen Gemeindesaal) trocknen sollte. Das von Feuchtigkeit und Pilz angegriffene Archivgut wurde Anfang 1993 in der Restaurierungswerkstatt Schempp in Korntal behandelt (begast).
Dass die Archivierung sich über einen verhältnismäßig langen Zeitraum hinzog, wurde durch verschiedene Umstände verursacht. Dazu trugen nicht nur die Eigenheiten des relativ umfangreichen und vielschichtigen, zeitlich weit zurückreichenden, aber großenteils sehr verwirrten Archivguts bei, es hatten auch zahlreiche größere und kleinere, teils durch andere Termine und Aufgaben bedingten zeitlichen Unterbrechungen Schuld. Die größte Unterbrechungspause - von Dezember 1992 bis Mai 1993 - wurde nötig durch den Umstand, dass rund 3 1/2 Regalmeter Archivgut (der größere Teil der älteren Abteilung des Bestands A, der Bestand R vom Zeitraum 1653 bis 1849 sowie die Bestandsnummern B 28, B 29, B 30, B 44, B 45, B 48 und B 51) wegen Schimmelpilzbefall bzw. Verdacht auf Befall nach Stuttgart verbracht und begast werden musste (s.o.).
===== Unterbringung und Einrichtung des Archivs =====
Das Archivgut des Pfarramts Bernstadt ist jetzt in dem etwa 22 qm großen Archivzimmer im nordöstlichen Teil des Erdgeschosses des Pfarrhauses untergebracht. Dieser Raum ist gut und für lange Zeit ausreichend mit Archivmobiliar ausgestattet worden. Es befinden sich dort zwei Schränke aus Leichtmetall und eine große Holzregalanlage.
Die Westseite des Archivzimmers (innere Längswand des Raumes) ist durchgehend mit einem neuen Holzregal versehen.
Durch diese großzügige Ausstattung war es nicht nur möglich, das gesamte Archivgut übersichtlich und ordentlich unterzubringen, sondern auf dem Holzregal fand außer den Beständen A und R des Archivs auch die Altregistratur des Pfarramts, die jüngeren Rechnungsjahrgänge der Kirchenpflege (ab 1967), sowie der ältere und der neuere Bestand der Pfarrbibliothek Platz. Die Haushaltspläne von 1966 bis 1990, die ab 1977 vorhandenen Sach- und Zeitbücher (von 1966-1976 waren sie für den Bearbeiter nicht feststellbar!) werden hier geordnet gesammelt, ebenso die Rechnungsbeilagen der letzten Jahre, die in periodischen Abständen nach vorangegangener Prüfung ausgeschieden werden können. Vollständig aufbewahrt bleibt unter den neueren Rechnungssachen das angefallene Schriftgut zur Sonderrechnung über den Bau des Evangelischen Gemeindehauses 1985-1990 im Umfang von 0,16 Regalmetern. Es ist, nach formalen und inhaltlichen Merkmalen gegliedert, in zwei Archivschatullen eingestellt.
Alle drei Schriftgutarten, die nicht der dauernden Präsenz des Amtes unterworfen sind - Archiv, Altregistratur, Bibliothek - sind somit in einem Raum beieinander untergebracht, und es ist auch für die absehbare Zeit kein Platzmangel zu befürchten.
Nicht im Archivzimmer, sondern im Amtszimmer des Pfarramtes sind 8 Bände aufgestellt: B 8, B 11, B 13, B 18, B 19, B 20, B 22 und B 23. Es handelt sich dabei um die laufenden bzw. noch amtlich benützten Registerbücher (Tauf-, Ehe-, Toten-, Familien- und Konfirmandenregister).
===== Umfang und Gliederung des Archivguts =====
Das Archiv des Evangelischen Pfarramts Bernstadt umfasst rund 8 Regalmeter. Es wurde bei der Ordnung und Verzeichnung nach äußeren Formmerkmalen in 3 Bestandsgruppen eingeteilt: A, B, R (Akten, Bände, Rechnungen).
Der gesamte Archivbestand ist in 500 Titeln oder Bestandsnummern erfasst und verzeichnet:
Bände (Bestand B): 2,76 m, B 1 - B 81
Akten (Bestand A): 2,85 m, A 1 - A 226
Rechnungensunterlagen (Bestand R), 2,67 m, R 1 - R 193
Alle Archivalien wurden mit den Signaturen ihrer Bestandsnummern versehen. Die Archivalien der Bestandsgruppen A und R wurden in insgesamt 60 Archivschatullen aus säurefreiem Material eingestellt. Sie sind somit gegen Einwirkungen von Licht und Stoß- und Reibungsschäden gut geschützt. Die Schatullen sind mit den Signaturen der eingestellten Archivalien beschriftet und stehen in geordneter Reihenfolge auf dem Holzregal. Die Achivbände (Bestand B) sind ebenfalls rückensigniert.
===== Archivbereinigung hinsichtlich des früheren Filials und hinsichtlich der bürgerlichen Gemeinde =====
Das Archiv im Evangelischen Pfarramt Bernstadt enthält nicht nur Quellen zur Geschichte von Bernstadt, sondern auch zu der von Osterstetten, Beimerstetten, Hagen, Eiselau und Vorderdenkental.
Beimerstetten (mit den Weilern Hagen und Eiselau) wurde 1976 zum selbständigen Pfarramt erhoben. Damals wurden die Beimerstetten betreffenden Kirchenbücher und Kirchenpflegrechnungen vom Pfarramt Bernstadt an das neue Pfarramt Beimerstetten übergeben. Ein Verzeichnis der Archivbände im Pfarramt Beimerstetten wurde vom Bearbeiter am 02.06.1993 erstellt.
Im Zuge der Ordnung und Verzeichnung des Pfarrarchivs Bernstadt wurden weitere Archivalien vom Pfarrarchiv Bernstadt ausgeschieden und an das Pfarrarchiv Beimerstetten übergeben, da sie nur für Beimerstetten von Belang sind. Siehe hierzu das Findbuch für das Pfarrarchiv Beimerstetten.
Dagegen wurde aus dem Pfarrarchiv Beimerstetten das "Konfirmandenregister Bernstadt und Beimerstetten 1811 1931" wieder nach Bernstadt zurückgebracht und dem dortigen Archiv eingefügt (B 21).
Über diese Archivbereinigungen zwischen den Pfarrämtern Bernstadt und Beimerstetten wurden zwei Beurkundigungen gefertigt (11.11.1992 und 09.06.1993).
Ein großer Teil der Archivalien ließ sich aber nicht nach Mutterort und Filial trennen. Das bedeutet, dass diese Archivalien mit Bezügen zu Beimerstetten und seinen Weilern weiterhin im Archivbestand Bernstadt verbleiben. Für Geschichtsforschungen zu Beimerstetten bleibt deshalb das Pfarrarchiv in Bernstadt weiterhin ein wichtiger Quellenlagerort, wie viele Archivalientitel im vorliegenden Inventar bereits ersichtlich machen können.
Ferner wurde eine Reihe von Archivalien (Umfang zusammen etwa 5 cm), die ihrem Inhalt nach eine Provenienz aus der bürgerlichen Verwaltung der Gemeinde Bernstadt erkennen ließen, aus dem Pfarrarchiv ausgeschieden. Sie werden anlässlich der Vorstellung und Übergabe des Pfarrarchivs Bernstadt (geplant im August 1993) dem Bürgermeisteramt Bernstadt gegen Bescheinigung übereignet. Es handelt sich um folgende 13 Archivalien:
1. Gemeinderechnung Bernstadt, 1684
2. Weidgangbeschreibungen, 1669 (Anfang fehlt) und 1724
3. Weidestreitigkeiten zwischen den Gemeinden Bernstadt und Breitingen einerseits und dem Obervogt zu Leipheim, Junker Heinrich
Besserer von Thalfingen andererseits, (1681), 1721 1786
4. Wässerungsstreitigkeiten, 1774, 1749-1854
5. Schuldurkunde des Christoph Bühler, Anwalts zu Bernstadt, über 600 Gulden gegen den Oberamtmann zu Langenau, Herrn
Albrecht Theodor Schad von Mittelbiberach, 1775
6. Schuldurkunde des Michael Unseld, Bankmetzgers zu Bernstadt, über 70 fl. gegen Herrn Christoph Fingerle, Handelsmann zu Ulm,
1721 (-1829)
7. Auszug aus dem Bernstadter Amtsprotokoll vom 06.08.1777 über Darlehensschuld des Hans Häge, Karrenmanns zu Bernstadt, im
Betrag von 50 fl. gegen die 3 Söhne des + Leonhard Fetzer, Bierwirts zu Bernstadt, 1777-1841
8. Zinsbrief des Jakob Geiger, Schmieds und Gerichtsverwandten zu Bernstadt, über 200 fl. gegen den Oberamtmann zu Langenau,
Herrn Albrecht Theodor Schad von Mittelbiberach, mit Beilagen, 1778, 1769-1831
9. Obligationsurkunde des Hans Häge, Karrenmanns zu Bernstadt, über 150 fl. Darlehen gegen Herrn Georg Reichard, Revisions-
Adjunkt in Ulm, 1782-1841
10. Zinsbrief des Christian Reiser, Taglöhners in Bernstadt, über 100 fl. gegen Frau Christina Katharina von Kiechel in Ulm, 1789-1815
11. Zinsbrief des Johannes Strobel, Zweirößlers zu Bernstadt, über 150 fl. gegen die Pflegschaftsverwaltung des Jakob Kölle in
Hörvelsingen, 1798
12. Register der verkauften Kälber, 1832-1837
13. Pferde-Statistik, 1838
Kassationen waren im Archivgut so gut wie keine vorzunehmen. Bei den neueren Kirchenpflegrechnungen (nach 1966) wurden die Beilagen bis anfangs der 1980er Jahre kassiert. Zu dauernder Aufbewahrung wurden ausgesondert: Sachbücher, Zeitbücher, Haushaltspläne der Kirchengemeinde, Sonderrechnungen.
===== Besonderheiten des Pfarrarchivs Bernstadt =====
Das Pfarrarchiv Bernstadt ist - trotz seines nur rund 8 Regalmeter fassenden Umfangs - ein für dörfliche Pfarrarchive als reichhaltig zu bewertendes Archiv. Über Bernstadt gibt es zwar schon relativ viel gedruckte Geschichtsliteratur, diese beruht aber hauptsächlich auf wenigen Quellen im Stadtarchiv Ulm und im bürgerlichen Ortsarchiv im Rathaus Bernstadt. Die Quellen im Pfarrarchiv wurden - außer der Pfarrbeschreibung von 1905 und der Ortschronik von Pfarrer Aichele - kaum benützt bzw. waren nicht greifbar. Das geordnete und mit dem vorliegenden Findbuch erschlossene Pfarrarchiv bildet einen wertvollen und wichtigen Quellenschatz zur Geschichte und zur Kirchengeschichte von Bernstadt, Beimerstetten, Osterstetten, Hagen und Eiselau und teilweise auch Vorderdenkental.
Hervorzuheben sind vor allem die acht kostbaren Saalbücher aus dem 16. bis 18. Jahrundert, z.T. aus Pergament und mit Einbänden aus älteren Handschriften der vorreformatorischen Zeit (B 38 - B 45). Schon ihr Äußeres, aber auch der Inhalt ihrer Texte lassen noch etwas von dem ehemaligen Reichtum des Bernstadter Kirchenheiligen ahnen. Sie stellen aber auch bedeutende Quellen zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte sowie zur Familiengeschichte der Bevölkerung im Bernstadter Pfarrsprengel dar.
Bemerkenswert ist ferner der Bestand an Heiligenrechnungen, der von 1653 bis 1849 durchgehend vorhanden ist. Auch hier hat sich Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Kirchengeschichte, Personen- und Familiengeschichte, Baugeschichte von Pfarrhaus und beiden Kirchen (Bernstadt und Beimerstetten), überhaupt Kulturgeschichte im weiteren Sinn dokumentarisch niedergeschlagen, vor allem in den seit 1720 immer umfangreicher werdenden Beilagen zu den Heiligenrechnungen.
Recht ergiebig sind auch die Quellen zur Schulgeschichte, die bei den Akten bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts zurückgehen, bei den Rechnungen sogar bis in das 17. Jahrhundert (siehe A 89 ff.). Äußerlich hübsche Zeitdokumente stellen die Konfirmanden-Probeschriften dar (A 107). Diese Schülerprobeschriften oder ihr Papieruntergrund finden sich auch in anderen Bestandsnummern in "Zweitverwendung", so z.B. in A 37, A 60 A 61 und A 107. Eine Probeschrift von 1843 findet sich neben teils farbigen Kirchenbauzeichnungen von 1898/1900 (A 164). Zwei kolorierte Karten mit den zwei Beimerstetter Heiligenhölzern von 1781 und 1794 (in A 42), ein Brief aus Algerien (in A 80), der Blitzschlagschadensbericht von der Beimerstetter Kirche vom 02.09.1805, die Stiftung von 100 Gulden der Katharina Besserer von Thalfingen an die Heiligenpflege Bernstadt 1720 (mit einem besonders schön ausgeprägten Lacksiegel der Stadt Ulm) oder die Listen von Brotausteilungen an Weihnachten im 18. und 19. Jahrhundert mögen hier noch als ausgewählte Beispiele für die inhaltliche Spannbreite der geschichtlichen Dokumente im Pfarrarchiv Bernstadt angeführt werden.
Sehr viele familiengeschichtliche Quellen und Hilfsmittel sind in den umfangreichen Sammelakten erhalten (A 108 ff.), vor allem aber hat Pfarrer Aichele eine große Zahl von Stammtafeln erstellt (A 117). Die Freude an dem großen Forschungsnachlass Pfarrer Aicheles wird nur durch den Umstand beeinträchtigt, dass er eine ungemein schwer lesbare Handschrift hatte, welche die schwierigsten Handschriften des 17. Jahrhunderts an Unentzifferbarkeit übertrifft.
Im Rückblick auf den früheren Lagerungszustand der Archivalien und in Hinsicht auf ihren Quellenwert war die nun abgeschlossene Archivierungsmaßnahme nicht nur dringend notwendig, sie bedeutet auch die Erschließung des wertvollen Archivbestands eines kleineren Ortes mit bemerkenswerter Geschichte.
Ulm, im Juni 1993
Dr. Karl Kempf, Sprengelarchivar

Einleitung: Bernstadt, rund zwölf Kilometer nördlich von Ulm an der alten Römerstraße ("Schmiedgasse") nach Langenau gelegen, ist erstmals im Jahr 1231 als "Berolfstat" erwähnt. Die Siedlungsgeschichte beginnt vermutlich in der älteren Ausbauphase der alamannischen Zeit. Zur Zeit seiner Ersterwähnung gehörte der Ort zur Herrschaft der Grafen von Helfenstein. In Bernstadt waren daneben noch die Herren von Albeck begütert sowie ein einheimisches Ortsadelsgeschlecht. Diese Ritter von Berolfstat waren wahrscheinlich Lehensmannen der Grafen von Helfenstein. Ihre Burg befand sich bis zur Zerstörung im Jahr 1704 unmittelbar nördlich der Kirche (Bürggasse 12 und 14).
Die Freie Reichsstadt Ulm erwarb vom Ende des 14. Jahrhunderts an in Etappen bis zum Anfang des 16. Jahrhunderts fast die gesamte Oberhoheit und Grundherrschaft in Bernstadt: die albeckischen Güter erkaufte Ulm 1383, die Herrschaftsrechte der Grafen von Helfenstein im Jahr 1396 und die Burg der Ritter von Bernstadt mit ihren Rechten und ihrem Zugehör im Jahr 1432.
1549 erwarb der Ulmer Patrizier Georg Besserer von Rohr verschiedene Güter in Bernstadt, die zu einer Schlossherrschaft zusammengefasst wurden. Diese Schlossherrschaft von Bernstadt besaß innerhalb ihres Etters ihre eigene niedere Gerichtsbarkeit und war frei von der Ulmer Gerichtsbarkeit und Grundherrschaft.
Das von Georg Besserer von Rohr 1549 erbaute Schloss (heute: Rathaus der Gemeinde Bernstadt) wurde im November 1688 von den französischen Soldaten ausgebrannt. Der damalige Schlossherr, Eitel Albrecht Besserer von Thalfingen, ließ es anschließend wieder neu errichten, wobei die stehengebliebenen alten Umfassungswände wiederverwendet wurden.
Die Stadt Ulm hatte Bernstadt die Funktion eines Amtsortes für Bernstadt, Beimerstetten und Eiselau zugewiesen. Dieses Amt Bernstadt als ulmische Verwaltungskörperschaft bestand bis 1774; von da an gehörte Bernstadt für 11 Jahre zum Oberamt Langenau, von 1785 an zum Oberamt Albeck. In der napoleonischen Zeit, als aufgrund des Reichsdeputationshauptschlusses die Herrschaft der Freien Reichsstadt Ulm gewaltsam beendet wurde, fiel Bernstadt mit Ulm an das Kurfürstentum Bayern (1803). Die bayerische Zeit Bernstadts dauerte jedoch nur sieben Jahre; mit Ulm, das jetzt nur noch Oberamtsstadt war, kam Bernstadt im Jahr 1810 an das neue Königreich Württemberg.
Die Kirche in Bernstadt ist erstmals 1319 genannt. Ungefähr hundert Jahre älter werden ihre ältesten Bauteile (Sakristei im Chor, unterer Teil des Turmes, Teile der Nordwand = Südwand der Vorgängerkirche um 1200) geschätzt. Das Schiff der romanischen Vorgängerkirche des 13. Jahrhunderts war ungefähr 20 x 15 m groß.
Mit seinem Kirchenheiligen, dem heiligen Lambert, weist Bernstadt ein seltenes und auffallendes Patrozinium auf. Die unmittelbar an der Nordseite der Kirche auf ihrem Burggesäß wohnenden Ritter von Bernstadt hatten den halben Kirchensatz (Recht auf Pfarrbesetzung und Kontrolle der kirchlichen Güterverwaltung) inne, die andere Hälfte besaßen ihre Oberherren, die Grafen von Helfenstein. Aus diesen Befunden und Tatsachen lässt sich der Schluss ziehen, dass die Bernstadter Kirche ursprünglich als adelige Eigenkirche gestiftet wurde. Mit dem erwähnten Verkauf der helfensteinischen Herrschafts- und Grundrechte an die Stadt Ulm 1396 ging auch der halbe Kirchensatz an diese über. Die Reichsstadt konnte jedoch die kirchlichen Rechte nicht zur Gänze erwerben, wie es ihr bei der weltlichen Herrschaft gelungen war. Die zweite Hälfte des Kirchensatzes (in den Händen der Ritter von Bernstadt) wurde vom Wengenkloster in Ulm erworben, das sie kurz danach an das Chorherrenstift in Wiesensteig veräußerte. Die Folge davon war, dass sich die Reichsstadt Ulm mit dem Stift Wiesensteig über Kirchenaufsicht, Zehntbezug, Baulast an Kirche und Pfarrgebäuden in Bernstadt einigen musste. Seit 1432 wurde so die kirchliche Herrschaft gemeinsam oder im Wechsel ausgeübt. Dieses Rechtsverhältnis, das geistliche Kondominat, blieb auch bestehen, als im Ulmer Herrschaftsgebiet 1531 die Reformation eingeführt wurde, während das katholische Stift Wiesensteig weiterbestand. Erst 1803 gab es eine völlige Neuordnung.
Der Heilige zu Bernstadt war verhältnismäßig reich ausgestattet. Das können auch die Dokumente im Pfarrarchiv Bernstadt belegen (siehe dazu die Bestandsnummern A 11 - A 32, A 42 - A 53 und B 38 - B 48 und den Bestand R). Neben Bernstadt umfasste die Pfarrei das noch heute zugehörige Osterstetten, ferner als Filial Beimerstetten (seit 1976 selbständiges Pfarramt) mit seinen Weilern Hagen und Eiselau.
Das Kirchengebäude in Bernstadt selbst wurde 1486 wesentlich neu gebaut (Chor, Schiff, Oberteil des Turmes). Bei der Brandschatzung durch Franzosen und Bayern im Jahr 1704 wurde die Kirche wie auch die benachbarte ehemalige Ritterburg zerstört. Ihr Wiederaufbau lässt sich auch in den Akten und Rechnungen des Pfarrarchivs nachweisen (siehe Bestandsnummern A 59 und R 47 - R 50). Auch über das Pfarrhaus in Bernstadt sowie über die Kirche in Beimerstetten sind viele Akten seit dem 17./18. Jahrhundert im Pfarrarchiv Bernstadt vorhanden.
Die umfangreichste, auf Quellenstudium beruhende Darstellung der Bernstadter Geschichte ist die von 1888 an verfaßte handschriftliche "Ortschronik von Bernstadt" des damaligen Pfarrers Chr. Fr. Aichele, die auch die Filialorte umfasst; sie befindet sich im Pfarrarchiv Bernstadt (Bestandsnummer B 57).
Das Archiv des Evangelischen Pfarramts Bernstadt wurde in der Zeit von November 1991 bis Mai 1993 an etwa 30 Arbeitstagen vom Unterzeichneten geordnet, verzeichnet, signiert und neu aufgestellt.
Ein Teil des Archivguts hatte sich bis 1992 auf der Bühne des Pfarrhauses in alten hölzernen Kästen befunden; diese Archivalien waren im Allgemeinen in besserem Zustand. Ein anderer Teil war bei der Renovierung des Pfarrhauses 1988 in das alte Leichenhaus (einem nördlichen Anbau an der Kirche) ausgelagert worden. Die alte Pfarrbibliothek und vermutlich auch die alten Heiligenrechnungen waren in dem untersten Geschoss des Kirchturms gelagert. Die Feuchtigkeit dieses geschlossenen Raumes hatte zu Schimmelpilzbefall an den Archivalien und Druckschriften geführt. Das im alten Leichenhaus und im Turm gelagerte Material (mit Ausnahme von rund 5 Regalmetern stark schimmelbefallenen Büchern im Turm, vorwiegend Regierungsblätter und Zeitschriften) wurde im Jahr 1990 von dem damals zuständigen Sprengelarchivar, Herrn Helmut Gabriel, wieder in das Pfarrhaus zurückgebracht, wo es im vorgesehenen Archivzimmer im Erdgeschoss (einem ehemaligen Gemeindesaal) trocknen sollte. Das von Feuchtigkeit und Pilz angegriffene Archivgut wurde Anfang 1993 in der Restaurierungswerkstatt Schempp in Korntal behandelt (begast).
Dass die Archivierung sich über einen verhältnismäßig langen Zeitraum hinzog, wurde durch verschiedene Umstände verursacht. Dazu trugen nicht nur die Eigenheiten des relativ umfangreichen und vielschichtigen, zeitlich weit zurückreichenden, aber großenteils sehr verwirrten Archivguts bei, es hatten auch zahlreiche größere und kleinere, teils durch andere Termine und Aufgaben bedingten zeitlichen Unterbrechungen Schuld. Die größte Unterbrechungspause - von Dezember 1992 bis Mai 1993 - wurde nötig durch den Umstand, dass rund 3 1/2 Regalmeter Archivgut (der größere Teil der älteren Abteilung des Bestands A, der Bestand R vom Zeitraum 1653 bis 1849 sowie die Bestandsnummern B 28, B 29, B 30, B 44, B 45, B 48 und B 51) wegen Schimmelpilzbefall bzw. Verdacht auf Befall nach Stuttgart verbracht und begast werden musste (s.o.).
Das Archivgut des Pfarramts Bernstadt ist jetzt in dem etwa 22 qm großen Archivzimmer im nordöstlichen Teil des Erdgeschosses des Pfarrhauses untergebracht. Dieser Raum ist gut und für lange Zeit ausreichend mit Archivmobiliar ausgestattet worden. Es befinden sich dort zwei Schränke aus Leichtmetall und eine große Holzregalanlage.
Die Westseite des Archivzimmers (innere Längswand des Raumes) ist durchgehend mit einem neuen Holzregal versehen.
Durch diese großzügige Ausstattung war es nicht nur möglich, das gesamte Archivgut übersichtlich und ordentlich unterzubringen, sondern auf dem Holzregal fand außer den Beständen A und R des Archivs auch die Altregistratur des Pfarramts, die jüngeren Rechnungsjahrgänge der Kirchenpflege (ab 1967), sowie der ältere und der neuere Bestand der Pfarrbibliothek Platz. Die Haushaltspläne von 1966 bis 1990, die ab 1977 vorhandenen Sach- und Zeitbücher (von 1966-1976 waren sie für den Bearbeiter nicht feststellbar!) werden hier geordnet gesammelt, ebenso die Rechnungsbeilagen der letzten Jahre, die in periodischen Abständen nach vorangegangener Prüfung ausgeschieden werden können. Vollständig aufbewahrt bleibt unter den neueren Rechnungssachen das angefallene Schriftgut zur Sonderrechnung über den Bau des Evangelischen Gemeindehauses 1985-1990 im Umfang von 0,16 Regalmetern. Es ist, nach formalen und inhaltlichen Merkmalen gegliedert, in zwei Archivschatullen eingestellt.
Alle drei Schriftgutarten, die nicht der dauernden Präsenz des Amtes unterworfen sind - Archiv, Altregistratur, Bibliothek - sind somit in einem Raum beieinander untergebracht, und es ist auch für die absehbare Zeit kein Platzmangel zu befürchten.
Nicht im Archivzimmer, sondern im Amtszimmer des Pfarramtes sind 8 Bände aufgestellt: B 8, B 11, B 13, B 18, B 19, B 20, B 22 und B 23. Es handelt sich dabei um die laufenden bzw. noch amtlich benützten Registerbücher (Tauf-, Ehe-, Toten-, Familien- und Konfirmandenregister).
Das Archiv des Evangelischen Pfarramts Bernstadt umfasst rund 8 Regalmeter. Es wurde bei der Ordnung und Verzeichnung nach äußeren Formmerkmalen in 3 Bestandsgruppen eingeteilt: A, B, R (Akten, Bände, Rechnungen).
Der gesamte Archivbestand ist in 500 Titeln oder Bestandsnummern erfasst und verzeichnet:
Bände (Bestand B): 2,76 m, B 1 - B 81
Akten (Bestand A): 2,85 m, A 1 - A 226
Rechnungensunterlagen (Bestand R), 2,67 m, R 1 - R 193
Alle Archivalien wurden mit den Signaturen ihrer Bestandsnummern versehen. Die Archivalien der Bestandsgruppen A und R wurden in insgesamt 60 Archivschatullen aus säurefreiem Material eingestellt. Sie sind somit gegen Einwirkungen von Licht und Stoß- und Reibungsschäden gut geschützt. Die Schatullen sind mit den Signaturen der eingestellten Archivalien beschriftet und stehen in geordneter Reihenfolge auf dem Holzregal. Die Achivbände (Bestand B) sind ebenfalls rückensigniert.
Das Archiv im Evangelischen Pfarramt Bernstadt enthält nicht nur Quellen zur Geschichte von Bernstadt, sondern auch zu der von Osterstetten, Beimerstetten, Hagen, Eiselau und Vorderdenkental.
Beimerstetten (mit den Weilern Hagen und Eiselau) wurde 1976 zum selbständigen Pfarramt erhoben. Damals wurden die Beimerstetten betreffenden Kirchenbücher und Kirchenpflegrechnungen vom Pfarramt Bernstadt an das neue Pfarramt Beimerstetten übergeben. Ein Verzeichnis der Archivbände im Pfarramt Beimerstetten wurde vom Bearbeiter am 02.06.1993 erstellt.
Im Zuge der Ordnung und Verzeichnung des Pfarrarchivs Bernstadt wurden weitere Archivalien vom Pfarrarchiv Bernstadt ausgeschieden und an das Pfarrarchiv Beimerstetten übergeben, da sie nur für Beimerstetten von Belang sind. Siehe hierzu das Findbuch für das Pfarrarchiv Beimerstetten.
Dagegen wurde aus dem Pfarrarchiv Beimerstetten das "Konfirmandenregister Bernstadt und Beimerstetten 1811 1931" wieder nach Bernstadt zurückgebracht und dem dortigen Archiv eingefügt (B 21).
Über diese Archivbereinigungen zwischen den Pfarrämtern Bernstadt und Beimerstetten wurden zwei Beurkundigungen gefertigt (11.11.1992 und 09.06.1993).
Ein großer Teil der Archivalien ließ sich aber nicht nach Mutterort und Filial trennen. Das bedeutet, dass diese Archivalien mit Bezügen zu Beimerstetten und seinen Weilern weiterhin im Archivbestand Bernstadt verbleiben. Für Geschichtsforschungen zu Beimerstetten bleibt deshalb das Pfarrarchiv in Bernstadt weiterhin ein wichtiger Quellenlagerort, wie viele Archivalientitel im vorliegenden Inventar bereits ersichtlich machen können.
Ferner wurde eine Reihe von Archivalien (Umfang zusammen etwa 5 cm), die ihrem Inhalt nach eine Provenienz aus der bürgerlichen Verwaltung der Gemeinde Bernstadt erkennen ließen, aus dem Pfarrarchiv ausgeschieden. Sie werden anlässlich der Vorstellung und Übergabe des Pfarrarchivs Bernstadt (geplant im August 1993) dem Bürgermeisteramt Bernstadt gegen Bescheinigung übereignet. Es handelt sich um folgende 13 Archivalien:
1. Gemeinderechnung Bernstadt, 1684
2. Weidgangbeschreibungen, 1669 (Anfang fehlt) und 1724
3. Weidestreitigkeiten zwischen den Gemeinden Bernstadt und Breitingen einerseits und dem Obervogt zu Leipheim, Junker Heinrich
Besserer von Thalfingen andererseits, (1681), 1721 1786
4. Wässerungsstreitigkeiten, 1774, 1749-1854
5. Schuldurkunde des Christoph Bühler, Anwalts zu Bernstadt, über 600 Gulden gegen den Oberamtmann zu Langenau, Herrn
Albrecht Theodor Schad von Mittelbiberach, 1775
6. Schuldurkunde des Michael Unseld, Bankmetzgers zu Bernstadt, über 70 fl. gegen Herrn Christoph Fingerle, Handelsmann zu Ulm,
1721 (-1829)
7. Auszug aus dem Bernstadter Amtsprotokoll vom 06.08.1777 über Darlehensschuld des Hans Häge, Karrenmanns zu Bernstadt, im
Betrag von 50 fl. gegen die 3 Söhne des + Leonhard Fetzer, Bierwirts zu Bernstadt, 1777-1841
8. Zinsbrief des Jakob Geiger, Schmieds und Gerichtsverwandten zu Bernstadt, über 200 fl. gegen den Oberamtmann zu Langenau,
Herrn Albrecht Theodor Schad von Mittelbiberach, mit Beilagen, 1778, 1769-1831
9. Obligationsurkunde des Hans Häge, Karrenmanns zu Bernstadt, über 150 fl. Darlehen gegen Herrn Georg Reichard, Revisions-
Adjunkt in Ulm, 1782-1841
10. Zinsbrief des Christian Reiser, Taglöhners in Bernstadt, über 100 fl. gegen Frau Christina Katharina von Kiechel in Ulm, 1789-1815
11. Zinsbrief des Johannes Strobel, Zweirößlers zu Bernstadt, über 150 fl. gegen die Pflegschaftsverwaltung des Jakob Kölle in
Hörvelsingen, 1798
12. Register der verkauften Kälber, 1832-1837
13. Pferde-Statistik, 1838
Kassationen waren im Archivgut so gut wie keine vorzunehmen. Bei den neueren Kirchenpflegrechnungen (nach 1966) wurden die Beilagen bis anfangs der 1980er Jahre kassiert. Zu dauernder Aufbewahrung wurden ausgesondert: Sachbücher, Zeitbücher, Haushaltspläne der Kirchengemeinde, Sonderrechnungen.
Das Pfarrarchiv Bernstadt ist - trotz seines nur rund 8 Regalmeter fassenden Umfangs - ein für dörfliche Pfarrarchive als reichhaltig zu bewertendes Archiv. Über Bernstadt gibt es zwar schon relativ viel gedruckte Geschichtsliteratur, diese beruht aber hauptsächlich auf wenigen Quellen im Stadtarchiv Ulm und im bürgerlichen Ortsarchiv im Rathaus Bernstadt. Die Quellen im Pfarrarchiv wurden - außer der Pfarrbeschreibung von 1905 und der Ortschronik von Pfarrer Aichele - kaum benützt bzw. waren nicht greifbar. Das geordnete und mit dem vorliegenden Findbuch erschlossene Pfarrarchiv bildet einen wertvollen und wichtigen Quellenschatz zur Geschichte und zur Kirchengeschichte von Bernstadt, Beimerstetten, Osterstetten, Hagen und Eiselau und teilweise auch Vorderdenkental.
Hervorzuheben sind vor allem die acht kostbaren Saalbücher aus dem 16. bis 18. Jahrundert, z.T. aus Pergament und mit Einbänden aus älteren Handschriften der vorreformatorischen Zeit (B 38 - B 45). Schon ihr Äußeres, aber auch der Inhalt ihrer Texte lassen noch etwas von dem ehemaligen Reichtum des Bernstadter Kirchenheiligen ahnen. Sie stellen aber auch bedeutende Quellen zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte sowie zur Familiengeschichte der Bevölkerung im Bernstadter Pfarrsprengel dar.
Bemerkenswert ist ferner der Bestand an Heiligenrechnungen, der von 1653 bis 1849 durchgehend vorhanden ist. Auch hier hat sich Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Kirchengeschichte, Personen- und Familiengeschichte, Baugeschichte von Pfarrhaus und beiden Kirchen (Bernstadt und Beimerstetten), überhaupt Kulturgeschichte im weiteren Sinn dokumentarisch niedergeschlagen, vor allem in den seit 1720 immer umfangreicher werdenden Beilagen zu den Heiligenrechnungen.
Recht ergiebig sind auch die Quellen zur Schulgeschichte, die bei den Akten bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts zurückgehen, bei den Rechnungen sogar bis in das 17. Jahrhundert (siehe A 89 ff.). Äußerlich hübsche Zeitdokumente stellen die Konfirmanden-Probeschriften dar (A 107). Diese Schülerprobeschriften oder ihr Papieruntergrund finden sich auch in anderen Bestandsnummern in "Zweitverwendung", so z.B. in A 37, A 60 A 61 und A 107. Eine Probeschrift von 1843 findet sich neben teils farbigen Kirchenbauzeichnungen von 1898/1900 (A 164). Zwei kolorierte Karten mit den zwei Beimerstetter Heiligenhölzern von 1781 und 1794 (in A 42), ein Brief aus Algerien (in A 80), der Blitzschlagschadensbericht von der Beimerstetter Kirche vom 02.09.1805, die Stiftung von 100 Gulden der Katharina Besserer von Thalfingen an die Heiligenpflege Bernstadt 1720 (mit einem besonders schön ausgeprägten Lacksiegel der Stadt Ulm) oder die Listen von Brotausteilungen an Weihnachten im 18. und 19. Jahrhundert mögen hier noch als ausgewählte Beispiele für die inhaltliche Spannbreite der geschichtlichen Dokumente im Pfarrarchiv Bernstadt angeführt werden.
Sehr viele familiengeschichtliche Quellen und Hilfsmittel sind in den umfangreichen Sammelakten erhalten (A 108 ff.), vor allem aber hat Pfarrer Aichele eine große Zahl von Stammtafeln erstellt (A 117). Die Freude an dem großen Forschungsnachlass Pfarrer Aicheles wird nur durch den Umstand beeinträchtigt, dass er eine ungemein schwer lesbare Handschrift hatte, welche die schwierigsten Handschriften des 17. Jahrhunderts an Unentzifferbarkeit übertrifft.
Im Rückblick auf den früheren Lagerungszustand der Archivalien und in Hinsicht auf ihren Quellenwert war die nun abgeschlossene Archivierungsmaßnahme nicht nur dringend notwendig, sie bedeutet auch die Erschließung des wertvollen Archivbestands eines kleineren Ortes mit bemerkenswerter Geschichte.
Ulm, im Juni 1993
Dr. Karl Kempf, Sprengelarchivar

Bestandssignatur
G 605
Umfang
8 lfd. m

Kontext
Landeskirchliches Archiv Stuttgart (Archivtektonik) >> G - Pfarrarchive >> Orte mit B

Indexbegriff Ort
Bernstadt, Alb-Donau-Kreis

Provenienz
Evangelisches Pfarramt Bernstadt
Bestandslaufzeit
1516-1993

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Letzte Aktualisierung
27.03.2025, 11:46 MEZ

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Objekttyp

  • Bestand

Beteiligte

  • Evangelisches Pfarramt Bernstadt

Entstanden

  • 1516-1993

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