Bestand
C Rep. 902 Bezirksleitung Berlin der SED (Bestand)
Vorwort: C Rep. 902 Bezirksleitung Berlin der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED)
1. Geschichte
Vor der Vereinigung zur SED im April 1946 hatten sich die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) und die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) in Bezirksorganisationen bzw. Bezirksverbänden organisiert. Die SED hingegen passte ihre Organisationsstruktur zunächst wieder den Landesstrukturen der Sowjetischen Besatzungszone bzw. der DDR an und bildete "Landesleitungen", um besser auf sämtliche gesellschaftlichen Bereiche Einfluss nehmen und ihren Führungsanspruch durchsetzen zu können.
Im Zusammenhang mit der Umbildung der fünf Länder der DDR in 14 Bezirke nach dem Gesetz vom 23. Juli 1952 wurden die Landesleitungen der SED zu "Bezirksleitungen" umgebildet. Das Stadtgebiet von Berlin (Ost) behielt seine administrativ-territoriale Struktur, galt verwaltungsrechtlich jedoch als 15. Bezirk der DDR. Die Berliner Landesleitung der SED beschloss daher auf ihrer 3. Tagung am 4. und 5. Dezember 1952, sich in "Bezirksleitung der SED" umzubenennen. Zur Berliner Bezirksparteiorganisation gehörten bis 1959 weiterhin die zwölf SED-Kreisorganisationen aus dem Westteil der Stadt.
Der Aufbau und die Arbeitsweise der Bezirksleitungen richteten sich am jeweils gültigen Statut der SED aus und entsprachen den Vorgaben des Zentralkomitees und des Politbüros. Der strukturelle Umfang und die personelle Zusammensetzung der Bezirksleitungen und ihrer Apparate veränderten sich in den 1950er und 1960er Jahren häufiger und erlangten erst Anfang der 1970er Jahre Konstanz.
Die "Bezirksleitung der SED" wurde auf Bezirksdelegiertenkonferenzen gewählt. Ein "Sekretariat der Bezirksleitung" wirkte zwischen den Bezirksdelegiertenkonferenzen. Zu einem Sekretariat gehörten in der Regel der 1. und 2. Sekretär, die Sekretäre für Wirtschaft, Agitation und Propaganda, Wissenschaft, Volksbildung und Kultur, die zugleich entsprechende Abteilungen leiteten. Hinzu kamen der Vorsitzende der Bezirksparteikontrollkommission sowie die Vorsitzenden der staatlichen und gesellschaftlichen Institutionen der DDR auf Bezirksebene.
Die Bezirksparteiorganisationen vereinten als die größte Organisationseinheit der SED sowohl die nach dem Produktionsprinzip organisierten Mitglieder (Grundorganisationen bei den Arbeitsplätzen), als auch die territorialen Organisationen eines Bezirkes (Grundorganisationen in den Wohngebienen, für Mitglieder ohne Arbeitsplatz, z. B. Rentner). Ihre Leitungen waren somit ein wichtiges Bindeglied zwischen dem Zentralen Parteiapparat und den Kreisleitungen. Die Abteilungen der Bezirksleitung konnten direkt in die Tätigkeit der Kreisleitungen bzw. Grundorganisationen eingreifen.
Der 1. Sekretär einer Bezirksleitung war in der Regel Mitglied des Zentralkomitees der SED, im Falle der Berliner Bezirksleitung auch des Politbüros. Die 1. Sekretäre der Berliner Bezirksleitung der SED waren: Hans Jendretzky (1952-1953), Alfred Neumann (1953-1957), Hans Kiefert (1957-1959), Paul Verner (1959- 1971), Konrad Naumann (1971-1985) und Günter Schabowski (1985-1989).
2. Bestandsinformation
Die SED unterhielt ein eigenes Archivwesen. Bei der Bezirksleitung Berlin bestand das Bezirksparteiarchiv Berlin, das nach archivfachlichen und SED-internen Grundsätzen arbeitete.
Im Zuge der Auflösung der DDR ab Herbst 1989 stand zunehmend auch die archivalische Überlieferung der sich wandelnden Parteienlandschaft und der sich auflösenden Massenorganisationen zur Disposition. Zunächst unterlagen ab dem 1. Juni 1990 die Archiv- und Bibliotheksbestände der Parteien und Massenorganisationen der Kontrolle und treuhänderischen Verwaltung durch eine vom Ministerpräsidenten der DDR eingesetzte Unabhängige Kommission.
Nach der Wiedervereinigung bestand ab 28. August 1991 ein neuer Lösungsvorschlag: die Errichtung einer unselbständige Stiftung im Bundesarchiv. Einem Gesetzentwurf zur Änderung des Bundesarchivgesetzes wurde zugestimmt und am 13. März 1992 trat die Änderung in Kraft. Damit erweiterte sich die Zuständigkeit des Bundesarchivs auf Archivbestände der Parteien und Massenorganisationen der DDR, soweit sie die Wahrnehmung staatlicher Aufgaben betrafen. Die Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR (SAPMO) im Bundesarchiv begann im Januar 1994 mit ihrer Arbeit.
Dem archivfachlichen Grundsatz folgend, nichtzentrale Überlieferungen in den regional zuständigen Staatsarchiven Deutschlands zu überliefern, übernahm das Landesarchiv Berlin im Frühjahr 1995 die archivalischen Überlieferungen des ehemaligen Bezirksparteiarchivs Berlin vom Bundesarchiv.
Im Landesarchiv Berlin wurden die entsprechenden Bestände unter den Repositurnummern ab 900 ff. eingeordnet.
Die Überlieferung der Bezirksleitung Berlin der SED erhielt die Rep.-Nr. C Rep. 902. Die Überlieferung umfasst Akten, mehrere Karteien und Sammlungsgut.
In diesem Findbuch sind die 1995 übergebenen Akten aufgeführt, die 2001 um eine kleinere Abgabe aus dem Bundesarchiv ergänzt wurden. Basis der Verzeichnung ist die Retrokonversion der seinerzeit mit übergebenen Findkarteien des Bezirksparteiarchivs im Jahre 2006.
Die Aktenüberlieferung umfasst 7158 Bände (160 lfm) und dokumentiert den Zeitraum von 1952 bis 1990.
Die Überlieferung enthält Unterlagen des Sekretariats, der Büros, Abteilungen und Kommissionen der Bezirksleitung.
Überliefert sind: Bezirksdelegiertenkonferenzen, Wahlen der Bezirksleitung, Tagungen der Bezirksleitung, Sitzungen des Büros bzw. Sekretariats der Bezirkleitung, Bezirksparteiaktivtagungen und Konferenzen (Bestarbeiterkonferenzen, Funktionärskonferenzen, Thematische Konferenzen); die Organisation und Planung der Berliner Parteiarbeit. die Zusammenarbeit mit den übergeordneten Parteiorganen, die Vorbereitung und Auswertung von Parteitagen und Zentralen Parteiveranstaltungen.
Hinzu kommen die Unterlagen der Bezirksparteikontrollkommission (BPKK) und der Bezirksrevisionskommission (BRK). Weiterhin Archivgut zur Abteilung Parteiorgane (Einsatz von Parteikadern, Aus- und Weiterbildung von Parteikadern, v. a. an Parteischulen und in Sonderlehrgängen sowie im Parteilehrjahr, Parteiwahlen, Dokumentenumtausch, Anleitung und Kontrolle der Kreisleitungen und Grundorganisationen, Zusammenarbeit mit anderen Parteien und Massenorganisationen, Frauenkommission, Kommission für Jugend und Sport, Veteranenkommission und Parteiarchiv); zur Abteilung Agitation und Propaganda (Massenpolitische Arbeit, Berichte über Stimmungen und Meinungen der Mitglieder und der Bevölkerung, Traditionspflege und Geschichtskommission), zur Abteilung Wirtschaft (Entwicklung der sozialistischen Industrie und Landwirtschaft, Sozialistischer Wettbewerb, "Messe der Meister von Morgen", einzelne Kombinate und Industriebetriebe, Bauwesen, Handwerk, Handel und Versorgung, Landwirtschaft); zur Abteilung Staats- und Rechtsfragen, Sicherheit (Zusammenarbeit mit dem Staatsapparat, Volkswahlen, Kirchenfragen, Zusammenarbeit mit den Organen der Rechtspflege und der Volkspolizei, Sicherheit an der Staatsgrenze der DDR, 17. Juni 1953, 13. August 1961, Kampfgruppen der Arbeiterklasse, Gesellschaft für Sport und Technik (GST); zu den Abteilungen Wissenschaft, Volksbildung und Kultur (einzelne Hoch- und Fachschulen, Sozialistisches Schulsystem, v. a. Polytechnische Oberschulen und Erweiterte Oberschulen, Berufsbildung, Theater und Musik, darstellende und bildende Kunst, Künstlerverbände, einzelne Kunstschaffende, Volks- und Unterhaltungskunst; zur Abteilung Gesundheitswesen (Krankenhäuser, Polikliniken, Ärzte); sowie zur Abteilung Internationale Verbindungen und Westarbeit (Zusammenarbeit mit den Bruderparteien der sozialistischen Staaten sowie kommunistischen und Arbeiterparteien anderer Staaten, politische Emigranten in der DDR, Internationale Solidarität, Zusammenarbeit mit der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) und der Sozialistischen Einheitspartei Westberlin (SEW), Informationen über Westberlin, die SPD und andere Parteien).
Zahlreiche Akten sind auf Grund archivgesetzlicher Bestimmungen bzw. der EU-Datenschutz-Grundverordnung für die Benutzung befristet gesperrt (v. a. zu Parteiverfahren und Parteistrafen, Republikfluchten, Kaderangelegenheiten, Wahlen, Beurteilungen und Eingaben). Eine Verkürzung der Schutzfristen kann auf Antrag erfolgen. Dazu bedarf es der besonderen Zustimmung des Landesarchivs Berlin.
4. Verweise
- Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR (SAPMO) im Bundesarchiv (www.bundesarchiv.de)
5. Literaturhinweise
- Neues Deutschland. Zentralorgan der SED/Organ des Zentralkomitees der SED. Ausgabe A DDR, Ausgabe B Berlinausgabe, 1946-1989.
- Niemann, Mario: Die Sekretäre der SED-Bezirksleitungen 1952-1989, Paderborn 2007
- Prieß, Lutz: Die SED-Parteiorganisation. In: Die SED. Geschichte -Organisation - Politik. Ein Handbuch, hrsg. von Andreas Herbst, Gerd-Rüdiger Stephan und Jürgen Winkler, Berlin 1997, S.132-134.
Berlin, November 2017 Monika Schmidt; Heike Schroll
- Bestandssignatur
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C Rep. 902
- Kontext
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Landesarchiv Berlin (Archivtektonik) >> C Bestände (Ost-) Berliner Behörden bis 1990 >> C 7 Kammern und Körperschaften, Parteien, Organisationen und Vereine >> C 7.1 Stiftung Parteien und Massenorganisationen der DDR - Bezirk Berlin >> C 7.1.1 SED-Bezirksorganisation Berlin
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- Letzte Aktualisierung
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28.02.2025, 14:13 MEZ
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- Bestand