Bestand
Hans Dieter Schwarze (Bestand)
Bestandsbeschreibung: Werkunterlagen
(Fernsehen, Rundfunk, Spielfilm, Theater, Lyrik, Prosa, Publizistik);
Korrespondenzen; persönliche Dokumente; Sammlungen u. a. zu Autoren und
Themen, zur eigenen Theatertätigkeit, Druckbelege, Rezeptionszeugnisse,
Fotografien, Plakate, Mitschnitte von Film- und
Theaterproduktionen
Form und Inhalt: Der Nachlass Hans
Dieter Schwarzes (1926-1994) wurde aufgrund eines Depositalvertrages vom
7./12.11.2014 in das Westfälische Literaturarchiv im LWL-Archivamt für
Westfalen aufgenommen. Der Nachlass umfasst 641 Verzeichnungseinheiten mit
Unterlagen von 1896 bis 2006. Die Benutzung des Bestandes erfolgt nach der
Benutzungsordnung für das Archiv des Landschaftsverbandes in der jeweils
gültigen Fassung. Die Nutzung von Unterlagen mit persönlich-familiärem
Hintergrund unterliegt der schriftlichen Zustimmung. Der Bestand ist zu
bestellen bzw. zu zitieren als: Westfälisches Literaturarchiv im
LWL-Archivamt für Westfalen (WLA), Bestand 1050/Nr. [...].
1.
Biographische Anmerkungen
Der Schriftsteller, Regisseur und
Schauspieler Hans Dieter Schwarze wurde am 30. August 1926 in Münster
geboren, als Sohn des Kaufmanns Heinz Schwarze und dessen Frau Johanna geb.
Deichmann. Er besuchte das Ratsgymnasium, machte dort 1944 das Kriegsabitur,
leistete anschließend Wehrdienst und geriet später in sowjetische
Gefangenschaft. Bereits 1942-44 nahm er Schauspielunterricht bei Eugen
Wallrath, war nach 1945 zunächst Schauspieler an den Städtischen Bühnen
Münster, anschließend Regie- und Dramaturg-Assistent an Theatern in Münster,
Oldenburg, Lübeck, Hamburg und anderen. Schon früh trat er auch als Lyriker
hervor: Erste Gedichte erschienen Anfang der 50er Jahre in Periodika wie
"Die Zeit", "Neue Literarische Welt", "Akzente", die Gedichtsammlungen
"Flügel aus Glas" (1954) und "Clowns" (1959) in der renommierten
Eremiten-Presse von Victor Otto Stomps; für seine Lyrik erhielt er 1957 den
NRW-Förderpreis für junge Künstler. 1953 ging Schwarze als Regisseur und
Dramaturg an das Westfälische Landestheater (WLT) Castrop-Rauxel, 1955 nach
Trier und Krefeld, wo er 1957/58 die Uraufführung von Erwin Sylvanus'
"Korczak und die Kinder" sowie die deutsche Erstaufführung von Marguerite
Duras' "Gespräch im Park" inszenierte. 1958 wurde er Spielleiter und
Dramaturg bei den Münchener Kammerspielen, dort u. a. Regie der deutschen
Erstaufführung des "Ubu" von Alfred Jarry, wofür er eine Auszeichnung des
"L'ordre de la Grande Gidouille" erhielt. Von 1960-68 war er bei der Bavaria
Atelier Gesellschaft in München für Drehbuch und Regie zahlreicher
Fernsehfilme verantwortlich; für die Bavaria-Produktion "Der Drache"
(Märchenkomödie von Jewgenij Schwarz) erhielt er den Regiepreis beim 2.
Internationalen Fernsehfestival in Prag, 1965. Als Darsteller des Hannes
Lücke im Ulrich Schamoni-Spielfilm "Alle Jahre wieder" bekam er 1967 den
Bundesfilmpreis in Gold. Zur Spielzeit 1967/68 wurde Schwarze als Intendant
des WLT Castrop-Rauxel berufen und blieb dort bis 1972, als er seinen
Vertrag vorzeitig auflöste. Mit seinem Konzept eines "Volkstheaters im
Revier" schrieb er Theatergeschichte und erhielt für diese Kulturarbeit 1973
das Bundesverdienstkreuz sowie das Silberne Lorbeerblatt der
Dramatiker-Union. Während seiner WLT-Intendanz wurde Schwarze 1969 eine
ehrende Anerkennung beim 6. Adolf-Grimme-Preis für seine Regie des
Fernsehfilms "Schichtwechsel" von Max v. der Grün zugesprochen. 1972 wurde
er zum Intendanten des Nürnberger Schauspiels gewählt, konnte das Amt aber
erst 1975 antreten und übte es nur für eine Spielzeit aus, da seinem
Programm eines "Volkstheaters Nürnberg" die starren Verwaltungsstrukturen
des städtischen Theaters entgegenstanden. Seitdem arbeitete er als
freiberuflicher Schriftsteller und Regisseur sowie als Schauspieler und
Sprecher bei Rundfunk und Fernsehen. Nach seiner ersten, 1949 geschlossenen
Ehe mit der Schriftstellerin Ingrid Bachér (in der 1954 Tochter Micheline
geboren wurde) war er seit 1963 mit der Schauspielerin Karin von Wangenheim
verheiratet. Er lebte mit ihr und in dessen Kindheit auch mit dem
gemeinsamen Sohn Trishan Daniel (1965-2007) vorwiegend auf einem ländlichen
Anwesen in Anterskofen/Niederbayern, wo er am 7. Mai 1994 an seiner
Krebskrankheit verstarb. Zeitlebens blieb er seiner Geburtsstadt Münster eng
verbunden: Einen intensiven Austausch hatte er vor allem mit seiner
Schwester Gisela Schwarze (1932-2015), die ihm Materialien für Drehbücher
zuarbeitete (z. B. zum Fernsehfilm "Westfälische Schelme", über Hermann
Landois, 1977), als Laienschauspielerin in Theaterstücken auftrat ("Mersche
von Tilbeck", 1966) und an gemeinsamen Lesungen beteiligt war. Für seine
Verdienste um das Wolfgang Borchert Theater (als Autor, Regisseur und
Schauspieler) wurde er 1993 mit der Ehrenmitgliedschaft ausgezeichnet. Engen
Kontakt hielt er auch zu P.E.N.-Autoren aus Münster (er selbst war 1969
zugewählt worden) und einem von Helmut Arntzen und Jürgen P. Wallmann
begründeten literarischen Zirkel westfälischer Autoren, dem
"Kartoffelfeuer"-Kreis. Die Stadt Münster zeichnete ihn für seine Verdienste
um die Heimatstadt 1993 mit der Paulus-Plakette aus; zum 1200-jährigen
Stadtjubiläum hatte Schwarze zwei Auftragsstücke geschrieben, die 1992/93 im
Wolfgang Borchert Theater und an den Städtischen Bühnen uraufgeführt wurden.
1993 erhielt er, überreicht vom bayerischen Kultusminister Hans Zehetmair,
das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse für sein künstlerisches Gesamtwerk.
Schwarzes Lebensmotto "Verwandlung ist mein Beruf" kennzeichnet seine breit
gefächerten künstlerischen Begabungen und steht auch für sein multimediales
Werk, das beispielhaft deutlich wird an seinen Arbeiten zu Peter Hille oder
zum Dichter und Zeichner Wilhelm Busch, in dem er sein "alter ego"
entdeckte; Szenen und Begegnungen mit Busch - frei gestaltet nach dessen
Briefen - sind überliefert als Prosafassung, TV-Drehbuch, Hörspiel und
Theaterstück.
2. Hinweise zur Überlieferung und Bearbeitung des
Bestandes
Der Nachlass Hans Dieter Schwarzes wurde im Januar 2015
aus der Handschriftenabteilung der Stadt- und Landesbibliothek Dortmund
übernommen, nachdem ein mit der Stadt Dortmund 1999 geschlossener
Verwahrungsvertrag von Karin von Wangenheim Schwarze gekündigt und ein neuer
Depositalvertrag mit dem Westfälischen Literaturarchiv geschlossen worden
war. Im Mai 2016 erfolgte eine weitere Übergabe von Archivalien, die bis zum
Tod der Schwester Gisela Schwarze (am 23. März 2015) im elterlichen Haus in
Münster verblieben waren, darunter auch Sammlungen und Korrespondenzen, die
posthum von der Familie angelegt bzw. fortgeführt worden sind. Trotz
mehrerer Umzüge blieben Werkunterlagen zu allen Genres und Medien, in denen
er arbeitete (Fernsehen, Rundfunk, Spielfilm, Theater, Lyrik, Prosa,
Publizistik) in großer Zahl erhalten, ebenso Korrespondenzen, persönliche
Unterlagen und umfangreiche Sammlungen. Nach dem Tod Hans Dieter Schwarzes
hatte seine ihm eng verbundene Schwester, die Historikerin Gisela Schwarze,
gemeinsam mit seiner Frau Karin von Wangenheim den Nachlass auf dem Wohnsitz
in Niederbayern vorgeordnet und sich dabei vom (archivischen) Prinzip leiten
lassen, Schwarzes persönliche Ordnungsweise im Hinblick auf jeweilige
Arbeitsprozesse zu erhalten. So legte er zum Beispiel für seine
Inszenierungen Sammlungen zu Autoren und Themen an und viele Regie- und
Drehbücher sind zusammen abgelegt mit Arbeitsmaterialien, Programmen,
Rezensionen und Korrespondenzen. Diese Ordnung wurde bei der
Nachlasserschließung beibehalten. Eine Strukturierung nach inhaltlichen
Betreffen, die Gisela Schwarze teilweise vorgenommen hatte (z. B. für
Unterlagen aus den letzten, von Krankheit und Todeserwartung geprägten
Lebensjahren), wurde aufgegeben; die entsprechenden im Nachlass verbliebenen
Archivalien wurden den Gliederungsgruppen Werke - Korrespondenzen -
(Lebens-)Dokumente - Sammlungen zugeordnet, medizinische Dokumente seiner
Krebserkrankung an die Depositarin zurückgegeben. Der Klassifikation
vorangestellt sind die Unterlagen zum Werk (01.), untergliedert nach Genres
bzw. Medien. Die Korrespondenzen (02.) sind nach Jahren abgelegt, zu
einzelnen Veröffentlichungen oder auch thematisch (etwa zur Intendanz am
Schauspiel Nürnberg); als private Korrespondenz sind überliefert
Glückwünsche zum 60. und 65. Geburtstag sowie (posthum) Kondolenzbriefe zum
Tod Hans Dieter Schwarzes. Die Lebensdokumente (03.) enthalten Notiz- und
Tagebücher 1965-1994, "Ego-Dokumente" 1926-1994 sowie autobiographische
Aufzeichnungen. Die Sammlungen (04.) überliefern vor allem Rundfunk- und
Fernsehprogramme, Sammlungen zu Autoren und Themen, zur eigenen
Theatertätigkeit (frühe Theaterjahre, Intendanzen WLT Castrop-Rauxel und
Schauspiel Nürnberg), Lesungen und Rezeptionszeugnisse, Fotografien,
Plakate, Mitschnitte von Film- und Theaterproduktionen. Nach Schwarzes Tod
wurden Korrespondenzen und Sammlungen von Karin von Wangenheim Schwarze und
Gisela Schwarze fortgesetzt und dem Nachlass hinzugefügt (05.), darunter vor
allem Unterlagen zur Vorordnung und Deponierung des Nachlasses sowie
Familienkorrespondenz. Ein noch in Anterskofen verbliebener Nachlassteil
wird dem Depositum später hinzugefügt werden.
Die im Nachlass
enthaltenen Archivalien zu Schwarzes Intendanz am WLT ergänzen als
persönliche (künstlerische) Überlieferung sehr glücklich einen ebenfalls
2015 in das Archiv LWL übernommenen Bestand von Verwaltungsakten des WLT
Castrop-Rauxel (Archiv LWL, Bestand 816); nach der Erschließung beider
Bestände wird die Theaterforschung hier auf wichtige Quellen zugreifen
können.
3. Literaturhinweis
Als aktuellster und
umfassendster bio-bibliographischer Nachweis sei verwiesen auf den Eintrag
zu Hans Dieter Schwarze in der Datenbank "Lexikon Westfälischer Autorinnen
und Autoren" (www.lwl.org/literaturkommission/alex/index.php) auf der
Grundlage und in Fortführung des vierbändigen "Westfälischen Autorenlexikons
1750-1950", im Auftrag des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe hrsg. und
bearb. von Walter Gödden und Iris Nölle-Hornkamp (Paderborn: Schöningh,
1993-2002).
- Reference number of holding
-
1050
- Context
-
Westfälisches Literaturarchiv (Archivtektonik) >> Schriftsteller
- Date of creation of holding
-
01.01.1896-31.12.2006
- Other object pages
- Delivered via
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23.06.2025, 8:11 AM CEST
Data provider
LWL - Archivamt für Westfalen. Westfälisches Literaturarchiv. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Bestand
Time of origin
- 01.01.1896-31.12.2006