Archivbestand

Waldniel (Bestand)

Vorwort Das Archiv der ehemaligen Gemeinde Waldniel (seit 1970 Teil der Gemeinde Schwalmtal) wurde 1976 im Kreisarchiv Viersen hinterlegt und im Frühjahr 1977 von Kreisamtmann Stefan Ank verzeichnet. Nachdem die Gemeinde Schwalmtal in der Folge Jahren weitere Registraturteile der Jahre 1939 - 1970 ausgesondert hatte, war eine Überarbeitung des auf rund 1350 Nummern angewachsenen Bestandes unumgänglich. Die Verzeichnung und Klassifikation erfolgte durch Kreisarchivamtsrätin Vera Meyer-Rogmann. Gemeindegebiet Im Ancien Régime gehörte Waldniel zum Amt Brüggen im Herzogtum Jülich. Es bildete gemeinsam mit den Kirchspielen Amern St. Anton, Amern St. Georg, Dilkrath und Lüttelforst den sogenannten "Waldnieler Ort", einen Gerichtsbezirk in dem man bereits das Gebiet der heutigen Gemeinde Schwalmtal zu erkennen vermag. Doch bis dahin war ein weiter Weg zurückzulegen. Waldniel bestand räumlich gesehen aus zwei Teilen: dem Ort Waldniel - einem befestigten Marktflecken - und dem diesen Ort umgebenden Pfarrbezirk, Kirspel oder Kirchspiel genannt. Mit der französischen Besetzung der Rheinlande 1794 wurden die bisherigen Verwaltungsformen abgeschafft . Ab 1797 wird deutlich, dass sich das Kirchspiel Waldniel organisatorisch vom Flecken absondern wollte, jedoch erst am 30. Dezember 1800 wurden durch einen Präfekturbeschluss klare Verhältnisse geschaffen: Es sollten von nun an zwei Mairien auf dem Gebiet der Gemeinde Waldniel existieren, nämlich 1. Bourg (= Flecken) und Waldniel (mit Lüttelforst) und 2. Kirchspiel oder Kirspel Waldniel. Der Unterpräfekt in Krefeld hatte sich vergeblich gegen diese Trennung ausgesprochen, auch der Maire von Fleck Waldniel hielt sie für ruinös und gegen das öffentliche Wohl gerichtet. In der Folge wuchsen die Animositäten zwischen den beiden Bürgermeistereien noch an, insbesondere nachdem Kirspel Waldniel zwei bedeutende Prozesse wegen der Teilung der Gemeindeheide sowie wegen der Erstattung von Kriegslasten der Jahre 1794 - 1797 gegen die Nachbargemeinde verloren hatte. 1823 verordnete die preußische Regierung eine Personalunion der beiden Bürgermeistereien, die bis 1849 Bestand hatte. Mit der Einführung der neuen Gemeindeordnung 1851 und der Anstellung von Berufsbürgermeistern gelang es Kirpsel Waldniel wiederum, sich von Fleck Waldniel (oder Burgwaldniel, wie es immer häufiger genannt wurde) verwaltungsmäßig zu trennen: Man wählte den Dülkener Bürgermeister in Personalunion zum eigenen Verwaltungschef. Diese Konstruktion hielt bis zum Jahr 1889, dann folgte im Kirchspiel ein Ehrenbürgermeister. Erst 1905 fanden sich beide Seiten wieder zu einer Personalunion unter dem Burgwaldnieler Bürgermeister bereit, und es sollen noch weitere 10 Jahre bis zur Wiedervereinigung der streitbaren Nachbarn zu einer Bürgermeisterei Waldniel am 1. April 1915 vergehen .Im Jahr 1836 bestand die Bürgermeisterei Burgwaldniel im Kreis Kempen aus dem Flecken Waldniel, dem Dorf Lüttelforst und dem Weiler Leunsberg mit zusammen 1549 Einwohnern . Die Bürgermeisterei Kirchspielwaldniel setzte sich aus folgenden Wohnplätzen zusammen: Hausermühl, Haverslohrhof, Krins, Stücken, Birgen, Brock, Winthausen, Eicken, Naphausen, Berg, Großeischenrath, Steeg Kleineischenrath, am Baum, Hostert, Hohenfeld, Dohr, Neusen, Heler, Amend, Fischelen, Leloh, Ungerath, Zoppenberg, Am Weyer, aufm Kaiser, aufm Kuckuck, Papelermühle, Papelerhof. Sie zählte 1496 Einwohner. 1893 wurde die Sektion Krins an Amern St. Georg abgetreten , 1956 kamen die Wohnplätze Geneschen II und Ungerath von Amern zu Waldniel . Seit der kommunalen Neugliederung 1970 bildet Waldniel zusammen mit Amern die Gemeinde "Schwalmtal" im Kreis Kempen-Krefeld bzw. ab 1975 im Kreis Viersen. Bürgermeister, Gemeindedirektoren BurgwaldnielDer erste Agent bzw. Maire (= Bürgermeister) von Waldniel vor der Trennung Ende 1800 war Peter Matthias Cürlis; er blieb auch bis 1805 Maire von Bourg (= Flecken) Waldniel . Ihm folgten die Maires bzw. Bürgermeister Johann Joseph Hartges 1805 - 1807, Jakob Kirschkamp (geb. 1776) 1808 - 1835 (†) und Gustav Kirschkamp (geb. 1811) 1835 - 1849 († 6. März). Am 7. Mai 1851 wurde der bisherige Verwaltungssekretär Peter Jacob Lücker zum Bürgermeister ernannt , er starb jedoch schon am 19. November 1863 im Alter von 39 Jahren. Zu seinem Nachfolger bestimmte der Regierungspräsident in Düsseldorf am 24. Februar 1864 den "Rentner" Heinrich Terwelp aus Wissel . Terwelp war am 20. September 1815 geboren, fungierte von 1842 bis 1853 als Lehrer an der Knabenschule in Wissel und übernahm anschließend als Geschäftsführer das Tabakgeschäft seiner verwitweten Schwester Peerenboom. Bei seiner Berufung zum Bürgermeister war er 48 Jahre alt, er erlag am 12. April 1871 im Alter von 55 Jahren den Folgen eines Schlaganfalls . Unter den Bewerbern um die freie Stelle in Waldniel befand sich auch der Dülkener Verwaltungssekretär August Wilmkes, 38 Jahre alt, "von wissenschaftlicher und… geschäftlicher Bildung und Routine" . Er war mit einer Tochter des Dülkener Gasthofbesitzers Siemes verheiratet und hatte zu diesem Zeitpunkt vier Kinder. Am 6. September 1871 wurde er zum kommissarischen Bürgermeister ernannt und am 17. Mai 1872 definitiv bestätigt. Obwohl Wilmkes ab 1878 immer wieder mehr oder weniger schwer erkrankte, blieb er doch bis zu seiner Pensionierung am 2. Juli 1904 im Amt. Den einschlägigen Akten des Landrats in Kempen ist zu entnehmen, dass er nicht ganz freiwillig in den Ruhestand getreten ist. So heißt es u. a., "dass Wilmkes eigensinnig und trotz seines Alters hitzköpfig ist" und dass es dem Landrat mit einiger Mühe gelungen ist, den seit 1871 als Bürgermeister in Burgwaldniel fungierenden, 72 Jahre alten, seit Jahren gänzlich verschlissenen Bürgermeister Wilmkes zum Abgang zu bewegen".KirspelwaldnielDer erste Maire der neugeschaffenen Mairie Kirspelwaldniel war Michael Bäumges, der zuvor bereits Agent bzw. Adjoint (= Beigeordneter) der Commune bzw. Mairie Waldniel gewesen war. Ihm folgten 1808 Johann Laufen und 1813 der vormalige Unterempfänger Johann Peter Hartges (geb. 1766). Bürgermeister Hartges wurde am 12. Februar 1823 von der Regierung Düsseldorf zum Rücktritt veranlasst und seine Gemeinde durch Personalunion mit Burgwaldniel verbunden . Nach dem Tod des Bürgermeisters Gustav Kirschkamp 1849 wählte der Gemeinderat zunächst am 18. Oktober 1849 den Gutsbesitzer Heinrich Gendriesch zum kommissarischen Bürgermeister und am 14. Januar 1851 den Ackerer Fr. Michael Hartges zum Bürgermeister, um wieder selbstständig zu werden. Letzterer konnte jedoch wegen unzureichender Qualifikation nicht die Bestätigung des Regierungspräsidenten erlangen, der auch wieder Neuordnungspläne erwog. Um einer erneut drohenden Vereinigung mit Burgwaldniel zu entgehen, entschied sich der Gemeinderat nun für eine Personalunion mit Dülken unter den Bürgermeistern Gerhard Doergens 1851 - 1868 († 9. April) und Friedrich Wachter 1868 - 1889. Noch immer sperrte man sich in Kirspelwaldniel gegen die Annäherungsversuche der Schwestergemeinde. Am 22. Januar 1890 wurde vom Oberpräsidenten in Koblenz ein Ehrenbürgermeister ernannt, der nach einer späteren Aussage des Landrats für diese Amt "eigentlich nie recht geeignet" war: Heinrich Clemens . "Dieser Ehrenbürgermeister…, ein einfacher Bauer, der früher auch eine Wirtschaft betrieb, ist niemals ein ordentlicher Bürgermeister gewesen, dazu fehlt im Bildung und Verständnis… Den übrigen Bürgermeistern des Kreises hat er nur zum Gespött gedient" urteilt der Landrat 1904 an anderer Stelle . Am 15. Mai 1905 trat Clemens, 76 Jahre alt, "körperlich und geistig reduziert", in den Ruhestand .WaldnielDurch das nahezu zeitgleiche Ausscheiden der Bürgermeister Wilmkes in Burgwaldniel und Clemens in Kirspelwaldniel bot sich den Aufsichtsbehörden eine neue Chance, die verfeindeten Nachbargemeinden wieder unter eine gemeinsame Verwaltung zu bringen und auch den Gedanken der Vereinigung voranzutreiben. Gesucht wurde nun eine Persönlichkeit, der man diese schwierige Aufgabe anvertrauen konnte. Man fand sie im Düsseldorfer Regierungssekretär Albert Heitzmann (19. August 1868 - 17. Janaur 1942) . Anfang Juli 1904 wurde Heitzmann mit der kommissarischen Verwaltung der Bürgermeisterei Burgwaldniel betraut, am 25. Januar 1905 erfolgte seine definitive Bestätigung, und vier Monate später war er auch Bürgermeister von Kirspelwaldniel, wenn auch zunächst auf Widerruf . 1909 gelang ihm mit der Vereinigung der Gemeindekassen ein weiterer Schritt in die gewünschte Richtung . Am 13. Dezember 1912 lehnte jedoch die Gemeindevertretung von Kirspelwaldniel den inzwischen zu Papier gebrachten Vereinigungsvertrag mit 11:4 Stimmen ab, sehr zur Verärgerung Heitzmanns: "Scheinbar aus rein persönlichen Motiven wurde gegen die Vereinigung gestimmt. Es zeugte die Abstimmung von einer recht sonderbaren Auffassung der Gemeindevorsteher". Die Bedenken der Bürgermeisterei Kirspelwaldniel waren aber durchaus sachlicher Natur, sie richteten sich gegen ein aus ihrer Sicht riskantes Fabrikansiedlungsprojekt von Friedrich Groeters aus Viersen ("Velvet u. Cords") sowie gegen den ihrer Meinung nach zu geringen Reservefonds der Sparkasse.Nachdem diese Fragen zur beiderseitigen Zufriedenheit geklärt worden waren, konnte das Einigungswerk endlich zum Abschluss gebracht werden. Ab dem 1. April 1915 gab es nur noch eine einzige Bürgermeisterei Waldniel. Dazu Heitzmann am 6. September 1914: "Wenn die Gemeinde bei ihrer Vereinigung die Bezeichnung "Waldniel" erhalten würde, so hätte die Gemeinde wieder die Bezeichnung, die sie vor der französischen Fremdherrschaft geführt hat. Gerade der jetzige Zeitpunkt dürfte meines Erachtens der richtige sein, um den letzten Rest aus der französischen Zwingherrschaft zu beseitigen". Zum 1. April 1930 trat Albert Heitzmann offiziell in den Ruhestand, nachdem er bereits seit Dezember 1929 aus gesundheitlichen Gründen beurlaubt gewesen war. Sein Nachfolger wurde Dr. Josef Kloos (23. März 1881 - 18. August 1939). Er stammte aus Sobernheim/Nahe und hatte seine Laufbahn 1911 als Stadtassessor in Krefeld begonnen. Vom 13. März 1918 bis zum 12. März 1930 bekleidete er das Bürgermeisteramt in Kempen und Schmalbroich, bevor er nach Waldniel wechselte. Wie schwer es ist, die Amtsführung eines Bürgermeisters gerecht zu beurteilen, mag an seinem Beispiel aufgezeigt werden. Während er in einem Artikel von Margret Crisp als "volkstümlicher Bürgermeister" bezeichnet wird, der "mit den Leuten in väterlichem Ton plauderte", berichtet Kreissyndikus Dr. Trimborn 1937: "Klagen von Einspruchführern aus Waldniel, dass der Herr Bürgermeister gar kein soziales Verständnis für Notleidende habe, sind nicht selten. Insbesonders beklagen sich diese Leute über die Art und Weise, wie sie in Waldniel behandelt werden. Die gleichen Klagen kamen aus Kempen und Schmalbroich, solange Dr. Kloos dort Bürgermeister war" Kloos starb am 18. August 1939 vermutlich an den Folgen einer Lugenentzündung.Seine Stelle übernahm Matthias Delissen (25. März 1906 - 19. September 1944), der nach seiner Lehrzeit im Heimatort Hinsbeck über das Landratsamt und den Kreisausschuss Geldern zum Kreisausschuss Kempen gelangt war. Dort bekleidete er zuletzt bis zum 24. Mai 1936 die Stelle eines Kreisausschussinspektors, gleichzeitig unterrichtete er an der Verwaltungsbeamtenschule "Linker Niederrhein" in Krefeld. Vom 25. Mai 1936 bis 22. August 1939 war Delissen Bürgermeister in Bracht, dann wechselte er nach Waldniel. Ab 16. Dezember 1939 führte er auch die Geschäfte der Gemeinde Amern in Personalunion. Am 15. April 1943 erfolgte seine Einberufung zum Kriegsdienst, er starb am 19. September durch einen Unfall auf dem Truppenübungsplatz Arys in Ostpreußen. Bis zur britischen Besatzung wurde die Bürgermeisterstelle nicht mehr besetzt, die kommissarische Betreuung übernahm der Bürgermeister von Bracht August Schmitz bzw. ab 16. Januar 1945 Wilhelm Quack (bis 1. März 1945). Auf Anton Steffens folgte am 4. Juni 1945 Karl Sauerborn als planmäßiger Bürgermeister, vom 9. Januar 1946 bis zum 15. Mai 1947 als planmäßiger Gemeindedirektor . Mit seinem Ausscheiden endete auch die Personalunion zwischen Waldniel und Amern. Zum neuen Gemeindedirektor wählte die Gemeindevertretung den am 21. November 1904 in Krefeld geborenen Stadtinspektor und Stadtkämmerer Wilhelm Engbrocks aus Dülken, der die Verwaltung bis zu seiner Pensionierung am 30. November 1969 innehatte. Bestandsinformation Eine Gliederung des vorliegenden Aktenbestandes nach Laufzeiten lässt sehr schnell Überlieferungslücken erkennen. Das sogenannte "Alte Gemeindearchiv" besteht aus ca. 40 fadengehefteten Akten, die der Hauptlehrer a. D. und Archivpfleger Hubert Pötter 1939 - 1941 in einer liebevollen Einzelblattverzeichnung erschlossen hat und die die Betreffe des 17. bis 19. Jahrhunderts (bis 1836) umfassen. Bei der Titelaufnahme wird auf die Pötter'sche Verzeichnung verwiesen, sein Findbuch sollte auf jeden Fall zur Benutzung dieser Aktengruppe herangezogen werden.Von den Registraturen der preußischen Zeit bis 1918 konnten für Burgwaldniel nur 11 Akten und für Kirspelwaldniel nur 5 Akten ermittelt werden, d. h. das Archiv der Jahre 1836 - 1918 ist bis auf diese Reste verloren. Erfreulicherweise blieb die Registratur der Jahre 1918 - 1939, zu der auch ein Aktenplan vorliegt, komplett erhalten. An sie schließt sich nahtlos die Registratur der Jahre 1939 - 1970 an. Entgegen der Verzeichnung von Ank wurde bei der Neuordnung auf die bisherige Dreiteilung des Bestandes verzichtet. Archivalien fremder Herkunft, darunter das 1939 der Gemeinde Waldniel geschenkte Privatarchiv Birx, haben einen eigenen Klassifikationspunkt erhalten, während das sogenannte "Alte Gemeindearchiv" je nach Inhalt den verschiedenen Klassifikationspunkten zugeordnet wurde.

Bestandssignatur
F 2

Kontext
Kreisarchiv Viersen (Archivtektonik) >> F Schwalmtal

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Letzte Aktualisierung
05.11.2025, 13:59 MEZ

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