Arbeitspapier | Working paper

Versagt die soziale Marktwirtschaft? Deutsche Irrtümer

"Deutschland ist verunsichert. Umfragen belegen, dass das Vertrauen der Bürger in unsere Wirtschaftsordnung seit Jahren schwindet. Die Ursachen hierfür Liegen jedoch nicht im System der sozialen Marktwirtschaft begründet. Es ist vielmehr immer wieder so, dass die Politik Versprechungen macht und Erwartungen weckt, die sich als unrealistisch erweisen. Dies führt zwangsläufig zu Enttäuschungen und schädigt das Vertrauen in die Politik nachhaltig. Anders herum: Die mangelnde Entschlossenheit bei der Umsetzung notwendiger Reformen führt schließlich dazu, dass Reformen per se negativ wahrgenommen werden. Die Rolle des Staates als wirtschaftspolitische Ordnungskraft wird gerade auch im Zusammenhang mit der Globalisierung immer wieder unterschätzt. Es trifft aber nicht zu, dass der Staat seine Gestaltungsmöglichkeiten im internationalen Standortwettbewerb um internationale Investoren verloren hat. Beispiele anderer Länder zeigen, dass die Politik nach wie vor über wirtschaftspolitischen Gestaltungsspielraum verfügt. Die globalisierungsbedingten Anpassungen können durch eine entschlossene Reformpolitik durchaus erfolgreich gemeistert werden, wenn der Staat auch für sich den internationalen Wettbewerb akzeptiert und den erforderlichen Strukturwandel durch entschlossene Reformen vorantreibt. Hinter der Befürchtung, der Staat könnte seinen Aufgaben in der globalisierten Welt nicht mehr gerecht werden, stecken im Grunde dieselben Impulse, die auch zu einem Ausufern unserer Sozialsysteme geführt haben: eine tief greifende politisch beförderte Anspruchshaltung der Bürgerin Bezug auf staatliche Leistungen und eine zu starke Betonung sozialer Gleichheit. Schon Ludwig Erhard warnte davor, dass der allumfassende Versorgungsstaat Leistungsbereitschaft, persönliche Initiative und das Verantwortungsbewusstsein der Menschen lähme. Dem ursprünglichen Leitbild der sozialen Marktwirtschaft entsprechend sollte der Staat die Regeln des Wettbewerbs festlegen und über deren Einhaltung wachen, selbst aber nicht in das Wirtschaftsgeschehen eingreifen. In diesem Sinne müssen Eigenverantwortung, Eigeninitiative und Risikobereitschaft in unserer Gesellschaft wieder stärker entwickelt werden. Die Rollenverteilung zwischen Wirtschaft, Staat und Bürgern muss neu bestimmt werden. Der Staat sollte sich wieder auf seine wesentliche Aufgabe konzentrieren und die Rahmenbedingungen so setzen, dass sie eine nachhaltig positive Entwicklung von Gesellschaft und Wirtschaft ermöglichen. Es mangelt den Bürgern nicht an Reformwillen, wohl aber an Vertrauen in die politische Reformfähigkeit. Nur mit einem Mentalitätswechsel und in sich schlüssigen Reformen kann es gelingen, das dringend benötigte Vertrauen der Bürgerin unser Wirtschaftssystem wiederherzustellen. Die soziale Marktwirtschaft hat nämlich keineswegs versagt. Sie ist und bleibt das beste bekannte Ordnungssystem, in dem soziale Verantwortung mit einem hohen Maß individueller Freiheit möglich ist." (Autorenreferat)

Weitere Titel
Is the social market economy failing? German mistakes
ISSN
1437-1510
Umfang
Seite(n): 22
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Status: Veröffentlichungsversion

Erschienen in
Freiburger Diskussionspapiere zur Ordnungsökonomik (05/08)

Thema
Wirtschaft
Soziologie, Anthropologie
Wirtschaftssoziologie
Wirtschaftspolitik
Volkswirtschaftstheorie
Bundesrepublik Deutschland
soziale Marktwirtschaft
Wirtschaft
Wirtschaftsordnung
Wirtschaftspolitik
Wirtschaftsreform
Reformbereitschaft
Reformpolitik
staatliche Lenkung
Staat
Globalisierung
Bürger
internationaler Wettbewerb
internationale Wirtschaftsbeziehungen
Investition
Strukturwandel
soziales System
soziale Verantwortung
soziale Ungleichheit
Selbstverantwortung
Risikoverhalten
anwendungsorientiert
deskriptive Studie

Ereignis
Geistige Schöpfung
(wer)
Müller, Klaus-Peter
Weber, Manfred
Ereignis
Veröffentlichung
(wer)
Walter Eucken Institut e.V.
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Wirtschafts- und Verhaltenswissenschaftliche Fakultät, Institut für Allgemeine Wirtschaftsforschung Abt. Wirtschaftspolitik
(wo)
Deutschland, Freiburg im Breisgau
(wann)
2005

Handle
Letzte Aktualisierung
21.06.2024, 16:26 MESZ

Datenpartner

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Objekttyp

  • Arbeitspapier

Beteiligte

  • Müller, Klaus-Peter
  • Weber, Manfred
  • Walter Eucken Institut e.V.
  • Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Wirtschafts- und Verhaltenswissenschaftliche Fakultät, Institut für Allgemeine Wirtschaftsforschung Abt. Wirtschaftspolitik

Entstanden

  • 2005

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