Bestand

Nationales Zentrum für Kinderfilm und -fernsehen der DDR (Bestand)

Geschichte des Bestandsbildners: Das Nationale Zentrum für Kinderfilm und -fernsehen der DDR (im Folgenden Nationales Zentrum) wurde 1958 in Orientierung an gleichartigen Institutionen anderer europäischer Staaten gegründet. Vorgängerinstitution war die Kinderfilmkommission der VVB Film. Das Nationale Zentrum war der Hauptverwaltung Film (HV Film) des Ministeriums für Kultur (MfK) direkt unterstellt, und somit staatlich finanziert. Im Unterschied zur Kinderfilmkommission, die auf der Grundlage der Beschlüsse des MfK, des Ministeriums für Volksbildung (MfV) und der Zentralleitung der Pionierorganisation arbeitete, folgte das Nationale Zentrum eigenen Statuten. Nach dem "Statut des Nationalen Zentrums für Kinderfilm und -fernsehen der DDR vom 25. Mai 1964" (In: Verfügungen und Mitteilungen des MfK, Nr. 6 1964 v. 30. Juni 1964) waren die Aufgaben des Nationalen Zentrums:

· Darstellung der "humanistischen Zielstellungen[...], die für die Tätigkeit des Kinderfilm und -fernsehstudios der DDR richtunggebend sind" im Rahmen der Mitgliedschaft im Centre International du Film - Cinéma et Télévision - pour l'Enfance et la Jeunesse (CIFJ/CIFEJ)

· Förderung des internationalen Austausches von Kinderfilmen

· Mitwirkung an internationalen Kinderfilm- und Fernsehfestivals

· Wissenschaftliche Unterstützung der "Durchsetzung der Prinzipien des sozialistischen Realismus in der nationalen Kinderfilm- und fernsehproduktion", dabei:

· Analyse der Kinderfilmvorhaben, Produktionsetappen und Entwicklungstendenzen

· Beratung der erzieherisch-ästhetischen Konzeptionen der Film- und Fernsehstudios

· Untersuchung der Probleme des Kinderfernsehens

· Erforschung der Eindruckswerte von Filmen und Fernsehsendungen auf die Kinderzuschauer

· Herausgabe wissenschaftlicher Publikationen

· Kulturpolitische Arbeit für den sozialistischen Kinderfilm im nationalen Rahmen, dabei:

· Mitarbeit bei der Verbesserung des Kinderfilmprogramms

· Unterstützung bei der filmerzieherischen Qualifizierung der Pädagogen, Erzieher und Jugendfunktionäre sowie beim Aufbau von Filmzirkeln der Kinder- und Jugendorganisationen

· Förderung der Amateurfilmbewegung unter Kindern und Jugendlichen

· Unterstützung bei der Arbeit mit dem Film in der Feriengestaltung

· Vorschläge zur Auszeichnung von Kinderfilmen mit Staatspreisen

· Mitwirkung bei nationalen Kinderfilmfestivals und Festwochen

Eine Generalversammlung, ein Vorstand, ein Präsident und ein Sekretär bildeten die Organe (Vgl. BArch DR 120/81). Präsident(inn)en des Nationalen Zentrums waren Prof. Hellmuth Häntzsche (1958-1971), Klaus Richter-de Vroe (1971-1986) und Beate Hanspach (1986-1990).

Haushaltspläne aus den 1960er Jahren sahen als Fachpersonal neben dem Präsidenten und dem Sekretär zwei wissenschaftliche Mitarbeiter vor. Mit der Verwaltung waren ein(e) Sekretär(in), ein(e) Buchhalter(in), eine Schreibkraft und eine Halbtags- bzw. Reinigungskraft betraut (Vgl. BArch DR 120/64). Eine Mitgliedschaft im Nationalen Zentrum besaßen unter anderem Vertreter der DEFA-Filmstudios, staatlicher Institutionen wie dem Ministerium für Kultur (MfK) und dem Ministerium für Volksbildung, Vertreter aus dem Außenhandel, des DDR-Fernsehens, von Jugend- und Kinderbuchverlagen, Kindertheatern und pädagogischen Hochschuleinrichtungen, Jugend-, Kinder- und Frauenorganisationen sowie Persönlichkeiten, die auf dem Gebiet des Kinderfilmschaffens oder im Zusammenhang mit seinen pädagogischen Zielen tätig waren.

Das Gremium von Vertretern der künstlerischen Produktion, der Distribution sowie der kulturpolitischen und erzieherischen Arbeit widmete sich auf nationaler und später verstärkt auf internationaler Ebene Aspekten des Kinder- und Jugendfilms in Kino und Fernsehen. So organisierte es regelmäßig nationale und internationale Festivals und Tagungen und nahm an Veranstaltungen im In- und Ausland teil. 1964 bis 1972 publizierte das Nationale Zentrum halbjährlich die Zeitschrift "Film, Fernsehen, Filmerziehung". Daneben entstanden mehrere Veröffentlichungen unter anderem zum Einsatz von Filmen im Unterricht.

Seit 1960 war das Nationale Zentrum bereits Mitglied im "Centre International du Film - Cinéma et Télévision - pour l'Enfance et la Jeunesse", dem Internationalen Zentrum für Kinder- und Jugendfilm in Kino und Fernsehen. Das Nationale Zentrum partizipierte mit einer wissenschaftlichen Gruppe an der Arbeit des Instituts für Filmwissenschaft der Hochschule für Film und Fernsehen Potsdam (Vgl. BArch DR 120/71). Zur Stärkung des wissenschaftlich-publizistischen Potentials wurde der Sektor Jugend und Film 1964 aus dem Institut für Filmwissenschaft aus- und in das Nationale Zentrum eingegliedert.

Mit der Wiedervereinigung 1990 endete auch die Arbeit des Nationalen Zentrums, das in seinen letzten Monaten als Interessengemeinschaft Kinderfilm- und fernsehen in der DDR e.V. existierte.

Bestandsbeschreibung: Über die Geschichte des Bestandes ist wenig bekannt. Die Archivalien Nr. 1-359 wurden bereits im Jahr 2005 durch Walter Beck (ehemaliger Regisseur v.a. von Kinderfilmen der DEFA und des Fernsehens der DDR) gesichtet, geordnet und auf Karteikarten erfasst. Die Nummern 360-392 waren weitgehend unbearbeitet. Der Großteil dessen erfuhr bei der Übernahme eine erste Sichtung und inhaltliche Ordnung und wurde teilweise provisorisch in Archivmappen verpackt.

Der überwiegende Teil der Unterlagen entstand in den 1960er Jahren während der Amtszeit Hellmuth Häntzsches. Es sind auch einige Unterlagen aus den 1980er Jahren, der Amtszeit Beate Hanspachs, und der Endphase des Nationalen Zentrums vorhanden. Über den Verbleib der Unterlagen aus Klaus Richter-de Vroes Präsidentschaft ist bislang nichts bekannt.

Archivische Bewertung und Bearbeitung

Die vorgefundenen Titel und Enthältvermerke wurden teils übernommen, teils ergänzt, präzisiert oder ersetzt. Die ursprüngliche Ordnung innerhalb einer Akteneinheit blieb erhalten, auch bei den unbearbeiteten Unterlagen (Nr. 360-392). Wenige chronologische Umsortierungen sollen die Zugänglichkeit erleichtern. Kassiert wurden nur Doppelstücke.

Ein Tonband, welches laut Aufschrift ein Mitschnitt einer Podiumsdiskussion zum "III. Internationalen Kolloquium zu ideologischen und ästhetischen Problemen des Kurzfilms für Kinder und Jugendliche" beinhaltet, wurde aus konservatorischen Gründen aus der Akte mit der Signatur DR 120/377 entnommen und zuständigkeitshalber an das Tonarchiv des Bundesarchivs in Koblenz abgegeben. Bereits im Januar 2005 wurden 540 Tonbänder des Nationalen Zentrums an das Tonarchiv abgegeben. Diese Tonbänder waren teilweise beschriftet mit "Filmerlebnis Berliner Kinder".

Die Klassifikation orientierte sich grob an der Gliederung des Bestandes DR 107 - Zentrum DDR des Internationalen Theaterinstituts. Weder ein Geschäftsverteilungsplan noch Aktenzeichen sind überliefert.

Inhaltliche Charakterisierung: In ca. 200 Akten wird die Wirkungsforschung zwischen 1961 und 1965 dokumentiert. Unter dem Titel "Filmerlebnis Berliner Kinder" wurden an zahlreichen Schulen in Ostberlin (vereinzelt auch in Berlin (West)) Kinder und Jugendliche zu Themen und Filmen befragt (siehe dazu auch Bemerkungen zur Abgabe von Tonbändern).

In einer Serie liegen dazu Protokolle zu den Befragungen der Kinder vor. Sie sind gegliedert nach Klassenstufen. Es gibt Auswertungsmaterial zu diesen Studien, so dass damit einzigartige Quellen für die Erforschung der Erlebniswelt und Stimmung von Kindern und Jugendlichen für den gesamten Zeitraum bereitstehen. Für den Zeitraum 1962-1963 liegen Briefe von Kindern vor, die sich im Rahmen einer Umfrage durch die Fernsehsendung "Prof. Flimmrich" zu ihren Verfilmungswünschen äußern.

Ferner umfasst der Bestand die Vor- und Nachbereitungen nationaler und internationaler Veranstaltungen sowie reflektierende Beiträge zum Kinder- und Jugendfilm. Die Dokumente liegen überwiegend als Typoskripte vor.

Erschließungszustand: Findbuch

Zitierweise: BArch DR 120/...

Reference number of holding
Bundesarchiv, BArch DR 120
Extent
401 Aufbewahrungseinheiten; 13,0 laufende Meter
Language of the material
deutsch

Context
Bundesarchiv (Archivtektonik) >> Deutsche Demokratische Republik mit sowjetischer Besatzungszone (1945-1990) >> Bildung, Kultur, Sport, Medien
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DR 140 - Staatliches Filmarchiv der DDR

DR 8 - Staatliches Komitee für Fernsehen

DY 30 - Sozialistische Einheitspartei Deutschlands, hier insb.: Abteilung Kultur im ZK der SED

Literatur: Hanspach, Beate: Nationales Zentrum für Kinderfilm und -fernsehen der DDR. In: Lexikon des Kinder- und Jugendfilms, Teil 4: Geschichte des Kinder- und Jugendfilms, Meitingen 1999, S. 1-9.

Jordan, Günter: Film- und Lichtspielwesen in der DDR. Daten Fakten Strukturen, http://www.defa.de/cms/film--und-lichtspielwesen-in-der-ddr, Stand: 24. Juli 2013.

Provenance
Nationales Zentrum für Kinderfilm und -fernsehen der DDR (Nationales Zentrum für Kinderfilm), 1950-1992
Date of creation of holding
1950 - 1992

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Zugangsbeschränkungen
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Last update
16.01.2024, 8:43 AM CET

Data provider

This object is provided by:
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Object type

  • Bestand

Associated

  • Nationales Zentrum für Kinderfilm und -fernsehen der DDR (Nationales Zentrum für Kinderfilm), 1950-1992

Time of origin

  • 1950 - 1992

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