Bestand

A Rep. 370 (Karteien) Strafgefängnis Tegel (Bestand)

Vorwort: A Rep. 370 Strafgefängnis Tegel

1. Geschichte des Gefängnisses

Das Königliche Strafgefängnis Tegel wurde von 1896 bis 1898 an der Tegeler Chaussee (heute Seidelstraße 39) errichtet, um das in den Jahren 1869 bis 1879 erbaute und auf Grund der Bevölkerungszunahme vielfach überfüllte Strafgefängnis Plötzensee zu entlasten. Die Anlage entsprach in der Anordnung der einzelnen Gefängnisgebäude der des Strafgefängnisses Plötzensee, jedoch waren die Gebäude, in panoptischer Bauweise errichtet, und Höfe nicht durch Zwischenmauern voneinander getrennt.

In Tegel wurden Gefängnisstrafen (1) ab sechs Tagen und Haftstrafen (2) ab 15 Tagen an männlichen Erwachsenen aus den Landgerichtsbezirken I und II in Berlin sowie aus Potsdam vollstreckt.
Ab den 1930er Jahren konnten in Tegel nicht vorbestrafte Männer inhaftiert werden, die im Kammergerichtsbezirk Berlin, mit Ausnahme des Landgerichtsbezirks Potsdam, zu einer Gefängnisstrafe von mehr als neun Monaten verurteilt waren, zudem war Tegel zuständig für männliche taubstumme Gefängnisgefangene. Ähnlich wie im Strafgefängnis Spandau wurden hier ab 1933 auch sogenannte Schutzhäftlinge (3) inhaftiert. Das Strafgefängnis Tegel unterstand bis 1923 und 1933 erneut der Generalstaatsanwaltschaft bei dem Kammergericht Berlin. Zwischen 1923 und 1933 war das Strafvollzugsamt Berlin die aufsichtsführende Behörde.

Im Tegeler Gefängnis gab es zeitweise acht anstaltseigene Betriebe, in der Gefangene beschäftigt wurden. Der größte Betrieb war die Druckerei, in der sämtliche Drucksachen und Formulare der preußischen Justizverwaltung hergestellt wurden. Die Tegeler Bäckerei versorgte zeitweise sämtliche Berliner Haftanstalten mit Brot.

Im Februar 1940 musste das Verwahrhaus III für eine Außenstelle des Wehrmachtsuntersuchungsgefängnisses geräumt werden. Beide Institutionen waren weder personell noch verwaltungstechnisch miteinander verbunden.
Infolge der alliierten Bombardierungen am 06.10. und 05.11.1944 kamen im Strafgefängnis Tegel mehrere Gefangene ums Leben.
Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurden die bis dahin noch in Tegel Inhaftierten entlassen. Russische Truppen fanden das Strafgefängnis verlassen vor.

Der bekannte Gefängnispfarrer und Widerstandskämpfer Dr. Harald Poelchau war von 1933 bis 1945 evangelischer Seelsorger in der Strafanstalt Tegel, nach ihm ist heute Poelchaustraße im Bezirk Marzahn benannt.

Der Großteil der Gefängnisakten ist durch Kriegseinwirkung vernichtet worden. Die im Bestand überlieferten Gefangenenakten und Gefangenenkarteikarten aus den Jahren 1935 bis 1945 von deutschen und ausländischen Insassen gelangten 1999 in das Landesarchiv Berlin.
Im Mai 2002 und im August 2014 übernahm das Landesarchiv Berlin von der Hauptgeschäftsstelle und Bibliothek der JVA Tegel weitere Akten.

2. Bestandsgeschichte

Der Bestand umfasst 197 Akten (2,85 lfm) aus der Zeit von 1880 bis 1950. Er beinhaltet Verwaltungs- und Personalakten. In diesem vorliegenden Findbuch sind aus datenschutzrechtlichen Gründen keine Gefangenenakten aufgelistet.
Informationen zu den Strafgefangenen vorrangig der Jahre 1933 - 1945 lassen sich den Registerbänden zu den Gefangenenakten (Deutsche, Ausländer) entnehmen. Die Gefangenenakten (16730 Akten betr. deutsche Strafgefangene ; 3638 Akten betr. ausländische Strafgefangene = 125,00 lfm) sind in zwei Teilbeständen über die Datenbank sowie die Registerbände zugänglich.
Die Gefangenenkartei rundet den Bestand ab.

Bei der Verzeichnung wurde die Systematik aus dem Generalaktenplan der Justiz übernommen.

Die technische Bearbeitung der Unterlagen erfolgte nach konservatorischen Gesichtspunkten. Die Akten wurden fachgerecht umgebettet und in säurefreien Kartons verpackt und beschriftet. Mehrfachüberlieferungen wurden datengeschützt kassiert.

Die ersten Verzeichnungsarbeiten erfolgten 2002 durch den Referendar Lars Nebelung im Rahmen der Ausbildung zum Höheren Dienst. Seit 2008 konnten die Registerbände, die zu den Gefangenenakten der deutschen und ausländischen Strafgefangenen führten, durch die Firmen Kommtreff und reha-aktiv sowie Frau Klang retrokonvertiert werden. Erfassungstechnisch bedingt konnten bei den Gefangenenakten keine Delikte und nur eine fiktive Laufzeit 1933-1945 aufgenommen werden, aber eine Verbesserung wird jedoch in den nächsten Jahren angestrebt.
Der Teilbestand der Abgabe 2002/2014 (betr. verschiedene Gefangenenakten; Kassen-, Verwaltungs- und Personalbücher; Bau- und Mietakten) wurde mit der Software AUGIASArchiv 9.1 von der Archivinspektoranwärterin Christine Pagel im Rahmen der Ausbildung von November 2018 bis April 2019 verzeichnet.

Die Akten sind nun über die Datenbank und das vorliegende Findbuch, welches nur die Verwaltungs- und Personalakten enthält, nutzbar.

Zahlreiche Akten sind auf Grund archivgesetzlicher Bestimmungen bzw. der EU-Datenschutz-Grundverordnung für die Benutzung befristet gesperrt. Eine Verkürzung der Schutzfristen kann auf Antrag erfolgen. Dazu bedarf es der besonderen Zustimmung des Landesarchivs.

Der Bestand ist wie folgt zu zitieren: Landesarchiv Berlin, A Rep. 370, Strafgefängnis Tegel, Nr. ….

3. Korrespondierende Bestände

LAB A Pr.Br.Rep. 042 - Preußische Bau- und Finanzdirektion
LAB A Pr.Br.Rep. 042 (Karten) - Preußische Bau- und Finanzdirektion
LAB A Rep. 226 A. Borsig Zentralverwaltung GmbH
LAB A Rep. 358-02 Generalstaatsanwaltschaft bei dem Landgericht Berlin,
Strafverfahren 1933 - 1945
LAB A Rep. 362 Strafgefängnis Spandau
LAB A Rep. 369 Strafgefängnis Plötzensee
LAB B Rep. 070 Strafgefängnis Tegel
LAB F Rep. 270 Allgemeine Kartensammlung
LAB F Rep. 290 Allgemeine Fotosammlung
BLHA Rep. 4a Kammergericht Berlin (vor allem Personalakten des Justizpersonals)
GSTA HA Rep. 84 Preußisches Justizministerium
GSTA Rep. 4a Kammergericht Berlin

4. Literatur- und Quellenverzeichnis

JVA Tegel (Hrsg.): 100 Jahre Justizvollzugsanstalt Tegel, Berlin 1999.
Das Strafgefängnis Berlin-Tegel, Berlin 1935.



Berlin, März 2008 - Juni 2019 Bianca Welzing-Bräutigam, Kerstin Bötticher, Christine Pagel


(1) Gefängnisstrafe: Eine Gefängnisstrafe erging bei Vergehen oder als Milderungsstrafe bei für Verbrechen bei einer Dauer von einem Tag bis fünf Jahren und konnte mit dem Verlust bürgerlicher Ehrenrechte einhergehen. (Quelle: 100 Jahre Tegel)

(2) Haft: Ahndung von Übertretungen mit einer Mindestdauer von einem Tag bis zu sechs Wochen.
(Quelle: 100 Jahre Tegel)

(3) Schutzhaft: Inhaftierung von Regimegegnern und anderen missliebigen Personen allein aufgrund einer polizeilichen Anordnung, anfänglich durch SA und SS, später durch die Gestapo. Die Gefangenen wurden
generell in Konzentrationslagern eingewiesen, misshandelt und auch ermordet. (Quelle: Wikipedia)




Achtung fiktive Laufzeit!

Reference number of holding
A Rep. 370 (Karteien)

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Landesarchiv Berlin (Archivtektonik) >> A Bestände vor 1945 >> A 5 Justizverwaltung >> A 5.2 Justizeinrichtungen >> A Rep. 370 Strafgefängnis Tegel

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28.02.2025, 2:13 PM CET

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