Arbeitspapier | Working paper

Friedensprozesse in gewaltsamen Mehrparteienkonflikten: eine vergleichende Studie der Friedensverhandlungen in Kolumbien und den Philippinen

Das Projekt untersuchte die spezifischen Wirkungen in diachronen Friedensprozessen. Hier konnten empirisch fünf Beobachtungen herausgearbeitet werden: Erstens besteht ein enger, anhand der verhandelten Inhalte nachweisbarer Zusammenhang zwischen den verschiedenen Friedensprozessen. Insbesondere wirkt jeder geschlossene Friedensvertrag als Benchmark für kommende Prozesse. Obwohl diese Einsicht trivial wirkt zeigen beide Vergleichsfälle, dass dies dennoch nur unzureichend reflektiert und in laufende Verhandlungsprozesse eingespeist wird. Zweitens zeigen die Vergleichsfälle einen engen Zusammenhang zwischen den Friedensprozessen und der jeweils an der Macht befindlichen staatlichen Administration. Dies kommt in Kolumbien und den Philippinen durch die präsidiale Ausgestaltung des politischen Systems verstärkt zur Wirkung - angelegte Zeitleisten, Transitionsphasen und angesetzte Verhandlungsprozesse sind nahezu immer auf die Zeitfrist der laufenden Präsidentschaft (oder, im Falle Kolumbiens, mit Wiederwahlüberlegungen) verknüpft. Längerfristige Garantien werden kaum abgegeben. Drittens werden die Prozesse mit nur wenigen Ausnahmen (Kolumbien in den frühen 1990er Jahren) exklusiv gestaltet, es wird also von Seiten der staatlichen Administration - auch mit dem Ziel einer Vereinfachung des Prozesses - immer nur mit einer bewaffneten Gruppierung schwerpunktmäßig verhandelt. Viertens ist es nahezu ein Automatismus, dass nicht eingebundene oder sich in den Verhandlungen benachteiligt fühlende Akteure gewaltsam antworten - zum Teil aber auch durch eine entpolitisierte, kriminalisierte Gewalt. Fünftens schließlich ist die besondere Doppelrolle des Staates in solchen Verhandlungsprozessen zu beachten. Der Staat nimmt einerseits die Rolle als Verhandlungspartner, also als Akteur des Gewaltkonfliktes ein, andererseits kommt ihm allerdings auch eine Schiedsrichterrolle zu, die sich in diachronen Prozessen noch durch die getroffene Entscheidung, mit wem verhandelt und nicht verhandelt wird, verschärft.

Friedensprozesse in gewaltsamen Mehrparteienkonflikten: eine vergleichende Studie der Friedensverhandlungen in Kolumbien und den Philippinen

Urheber*in: Pospisil, Jan; Khittel, Stefan

Rechte vorbehalten - Freier Zugang

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Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Status: Veröffentlichungsversion

Erschienen in
Working Paper / Österreichisches Institut für Internationale Politik (55)

Thema
Politikwissenschaft
Friedens- und Konfliktforschung, Sicherheitspolitik
Friedensprozess
Konfliktsituation
Friedensverhandlung
Gewalt
Friedensvertrag
Regierung
Akteur
Kolumbien
Philippinen

Ereignis
Geistige Schöpfung
(wer)
Pospisil, Jan
Khittel, Stefan
Ereignis
Veröffentlichung
(wer)
Österreichisches Institut für Internationale Politik (oiip)
(wo)
Österreich, Wien
(wann)
2014

URN
urn:nbn:de:0168-ssoar-58066-7
Rechteinformation
GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften. Bibliothek Köln
Letzte Aktualisierung
21.06.2024, 16:27 MESZ

Datenpartner

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Objekttyp

  • Arbeitspapier

Beteiligte

  • Pospisil, Jan
  • Khittel, Stefan
  • Österreichisches Institut für Internationale Politik (oiip)

Entstanden

  • 2014

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