Arbeitspapier | Working paper

Sortierung nach Herkunft: Harte und weiche Mechanismen sozialer Selektion im deutschen Bildungssystem

Der Verfasser zeigt, dass es nicht mehr so ist, dass die sozialen Sortierungen nur über die Selektion und Ausgrenzung mittels Noten, Zensuren, Klassenwiederholungen usw. erfolgen, auch wenn die Bundesrepublik mit hohen Quoten der Sitzenbleiber und mit etwa zehn Prozent Abbrechern an weiterführenden Schulen keineswegs darauf verzichtet hat. Vermutlich die Mehrheit der Lehrerinnen und Lehrer, nicht nur an den Grundschulen, ist sehr bemüht, Schülerinnen und Schüler auch individuell zu fördern und zu beraten, wenn sie Leistungsdefizite haben. Die gute Absicht zu fördern kann aber nur dann Erfolg haben, wenn sie auch die unbeabsichtigten, informellen, "weichen" Mechanismen der sozialen Sortierung vermeidet. Dem guten Willen der Lehrenden muss auch die Kompetenz entsprechen, die Unterschiede und Lernstile der Herkunftskulturen nicht nur (als positiv oder defizitär) zu bewerten, sondern auch in einer integrierenden Förderpädagogik für die Mobilisierung von "Begabungen" zu nutzen. Das ist keine leichte Aufgabe, und die Lehrenden können sich darauf im Studium oft nicht hinreichend vorbereiten. Die Gefahr besteht, so die These, dass die pädagogischen Kommunikation sich zu sehr darauf beschränkt, nur die bei den Kindern schon vorhandenen (oder angenommenen) fachlichen Vorlieben, Stärken und Schwächen zu verstärken. Die Spielregeln des sozialen Umgangs sind meist unhinterfragte Selbstverständlichkeiten der Milieukultur, die im Habitus, also im Geschmack, in der Mentalität, im Sprechen, sogar in Körperhaltung und -bewegungen festgeschrieben sind, als wären sie "Natur". Als kulturelle Besonderheiten des Stils und des Symbolischen sind sie gleichzeitig auch verschlüsselte "individuelle" Merkmale, die wir nicht auf Anhieb mit der Zugehörigkeit zu bestimmten ökonomischen Herkunftsschichten in Verbindung bringen. Erst die Kompetenz der Lehrenden, diese symbolischen Milieuunterschiede zu entschlüsseln und zu reflektieren, würde eine pädagogische Förderung von Chancengleichheit ermöglichen, die den Individuen gerecht wird. (ICF2)

Sortierung nach Herkunft: Harte und weiche Mechanismen sozialer Selektion im deutschen Bildungssystem

Urheber*in: Vester, Michael

Rechte vorbehalten - Freier Zugang

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Weitere Titel
Sorting according to background: hard and soft mechanisms in social selection in the German education system
Umfang
Seite(n): 25
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Status: Veröffentlichungsversion

Erschienen in
ZÖSS Discussion Paper (16)

Thema
Soziologie, Anthropologie
Bildungs- und Erziehungssoziologie
Bundesrepublik Deutschland
Förderung
Migrant
Bildungseinrichtung
Migrationspolitik
Schüler
Integration
Bildung
soziale Schicht
Selektion
Chancengleichheit
Bildungswesen
Familie
Schule
Schulerfolg
Differenzierung
Bildungspolitik
Lehrer
soziale Ungleichheit
empirisch
empirisch-quantitativ
deskriptive Studie
anwendungsorientiert

Ereignis
Geistige Schöpfung
(wer)
Vester, Michael
Ereignis
Veröffentlichung
(wer)
Universität Hamburg, Fak. Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, FB Sozialökonomie, Zentrum für Ökonomische und Soziologische Studien (ZÖSS)
(wo)
Deutschland, Hamburg
(wann)
2009

URN
urn:nbn:de:0168-ssoar-193557
Rechteinformation
GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften. Bibliothek Köln
Letzte Aktualisierung
21.06.2024, 16:27 MESZ

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Objekttyp

  • Arbeitspapier

Beteiligte

  • Vester, Michael
  • Universität Hamburg, Fak. Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, FB Sozialökonomie, Zentrum für Ökonomische und Soziologische Studien (ZÖSS)

Entstanden

  • 2009

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