Bestand
Fürstentümer Erfurt und Eichsfeld; Nordhausen und Mühlhausen (Bestand)
Findmittel: Datenbank; Findbuch, 1 Bd.
Behördengeschichte:
Die Repositur 52 A gehört zu den innenpolitischen Überlieferungen des 1604 gegründeten Geheimen Rats. Der Geheime Rat stellte im 17. Jahrhundert die wichtigste zentrale Verwaltungsbehörde im Kurfürstentum Brandenburg dar - zuständig für Kultus, Justiz, Finanzen und Auswärtiges. Im 18. Jahrhundert verlor der Geheime Rat einen Großteil seiner Kompetenzen an andere staatliche Behörden oder Kollegien. Lediglich in den Bereichen Kultus und - mit Einschränkungen - Justiz blieb der Geheime Rat maßgeblich. Die innere Behördenorganisation, die zur Entstehung der Überlieferung in dieser Repositur führte, wurde bislang jedoch noch nicht eingehend erforscht, weshalb nähere Aussagen hierzu gegenwärtig nicht möglich sind.
Die Repositur 52 A beinhaltet Unterlagen zu Entschädigungsländern, die Frankreich Preußen überlies.
Nach dem Ende des Ersten Koalitionskriegs wurde 1797 der Frieden von Campoformia zwischen dem Heiligen Römischen Reich und Frankreich geschlossen, welcher die Abtretung aller Gebiete westlich des Rheins an Frankreich festlegte. Der Friedenskongress zu Rastatt 1797 - 1799 bestimmte die Entschädigung der betroffenen Herrscher durch Säkularisationen, was 1801 im Frieden von Lunéville auf reichsrechtlicher Ebene bestätigt wurde. Die Einzelheiten wurden im Reichsdeputationshauptschluss von 1803 geregelt. Dabei wurde Preußen für die an Frankreich abgetretenen Gebiete mit dem Eichsfeld, den Reichstädten Mühlhausen und Nordhausen, dem Gebiet von Erfurt mit Untergleichen, dem Mainzischen Anteil an Treffurt und allen Mainzischen Rechten und Besitzungen in Thüringen (v.a. Lehensrechte) entschädigt. Neben der Stadt Mühlhausen selbst wurde auch ihr Territorium, welches 19 Dörfer umfasste, übernommen.
Doch schon vor dem Reichsdeputationshauptschluss kam es zu Geheimabkommen mit Frankreich, worin die Verteilung der Entschädigungsländer angebahnt wurde. So konnten sich die wichtigsten Landesherren bereits bestimmte geistliche Gebiete und Reichstädte sichern. Außerdem wurde ihnen eingeräumt, säkularisierte Territorien bereits vor Abschluss der Reichsdeputation in Besitz zu nehmen. Die im Zusammenhang damit vorbereiteten Verträge wurden der Reichsdeputation dann später vorgelegt und von ihr bestätigt.
Nachdem der Kurfürst von Mainz das Eichsfeld und Erfurt als Entschädigung abtrat, galt das Eichsfeld als Fürstentum. Zum Erfurter Gebiet gehörten neben der gleichnamigen Stadt auch die Stadt Sömmerda, drei Marktflecken, 72 Dörfer und vier Schlösser. Das Erfurter Gebiet und das Eichsfeld wurden, wie bisher auch, getrennt verwaltet.
Unmittelbar nach der Besitznahme durch Preußen wurden neue Behörden eingerichtet, die für die Organisation der Verwaltung zuständig waren, namentlich eine Hauptorganisation der Entschädigungslande und die "Königlich Preußische zur Interim-Verwaltung und Organisierung des Eichsfeldes und der Städte Mühlhausen und Nordhausen verordnete Kommission". Letztere hatte ihren Sitz in Heiligenstadt und war mit allen Geschäften des Staatshaushalts betraut, nicht aber mit den Hoheitssachen. Die Interimsbehörden sollten bis zum 1. Juni 1803 bestehen bleiben. Danach wurden sie von der Regierung für die Provinzen Eichsfeld und Erfurt sowie die Städte Mühlhausen und Nordhausen abgelöst. Bis zum Juni 1804 hatte die Regierung ihren Sitz in Heiligenstadt, danach ließ sie sich in Erfurt nieder. Mit der Arbeitsaufnahme der neuen Regierung wurden das Eichsfeld und Erfurt sowie die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen zu einem Verwaltungsbezirk zusammengefasst.
Die Bezirksverwaltung wurde auf zwei Behörden aufgeteilt. Das Oberlandesjustizkollegium, genannt Landesregierung, war für die Ausübung der landesherrlichen obersten Gerichtsbarkeit in Zivil-, Kriminal- und Lehenssachen zuständig, fungierte also als Oberlandesgericht. Daneben befasste sich die Eichsfeld-Erfurtische Kriegs- und Domänenkammer mit sämtlichen Finanz- und Landespolizeiangelegenheiten sowie mit Kirchen- und Schulsachen. Letztere nahm ihre Tätigkeit etwas verzögert erst am 1. November 1803 auf.
Zudem wurde zum 1. März 1806 für die Fürstentümer Erfurt und Eichsfeld sowie die Städte Mühlhausen und Nordhausen ein Collegium medicum in Heiligenstadt eingerichtet.
Neben Regierungsbezirken und Provinzen wurden als unterste Verwaltungseinheit Landkreise gebildet. Für das Eichsfeld wurden zudem die Landratsbezirke Ober- und Untereichsfeld geschaffen. Für Nordhausen und Mühlhausen wurde stattdessen eine Stadtdirektion eingerichtet.
Die Ganerbschaft Treffurt und die dazugehörige Vogtei Dorla wurden in diese Territorialorganisation nicht miteinbezogen, weil Preußen, sowie Kurmainz zuvor auch, nur ein Drittel der Hoheitsrechte, Domanial- und anderen Nutzungen besaß. Die anderen Ganerbherren waren Kursachsen und Hessen-Rheinfels-Rotenburg.
Nach der Niederlage Preußens bei Jena und Auerstedt am 14. Oktober 1806 im Vierten Koalitionskrieg besiegelte der Frieden von Tilsit am 7. bzw. 9. Juli 1807 die Abtretung aller preußischen Gebiete westlich der Elbe. Davon war auch das Eichsfeld betroffen, das nun Napoleon in Besitz nahm. Diese ehemaligen preußischen Gebiete wurden 1807 Teil des Königreichs Westphalen.
Den inhaltlichen Schwerpunkt des Bestandes bildet die Überlieferung der Lehen und Güter. Andere im Bestand enthaltende Überlieferungskomplexe umfassen Hoheitsverhältnisse, Steuern, geistliche und universitäre Angelegenheiten.
Bestandsgeschichte:
Die Repositur 52 A wurde vermutlich von Gottlieb Friedlaender angelegt und erhielt den Titel: "Erfurt, Eichsfeld, Nordhausen, Mühlhausen". Im Zuge der Bestandsformierung erstellte Friedlaender auch ein analyseartiges Verzeichnis.
Genauso wie die ehemalige Repositur 52 B sollte der Bestand offenbar Akten über diejenigen Gebietsteile übernehmen, die 1815 zur Provinz Sachsen vereinigt wurden, soweit nicht bereits eigene Reposituren für sie bestanden (wie GStA PK, I. HA Geheimer Rat Rep. 33 Fürstentum Halberstadt und GStA PK, I. HA Geheimer Rat Rep. 52 Herzogtum Magdeburg). Die Repositur 52 B enthielt Unterlagen zum Staatskanzleramt und zum Auswärtigen Amt in Bezug auf die Besitznahme, Organisation u. Ä. der Provinz Sachsen ab 1815. Im Zuge der Neuordnung der Repositur im Jahr 1933 wurden die entsprechenden Archivalien in die Bestände GStA PK, I. HA Rep. 74 Staatskanzleramt und GStA PK, III. HA Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten überführt.
Im 19. und 20. Jahrhundert teilte der Bestand I. HA GR, Rep. 52 A die Geschicke der übrigen Reposituren des Geheimen Rats. Mit diesen zusammen war sie zunächst im Geheimen Staatsarchiv im Berliner Schloss, dann im Berliner Hohen Haus und schließlich im Dahlemer Archivzweckbau aufgestellt, ehe sie nach kriegsbedingter Auslagerung ins Zentrale Staatsarchiv der DDR, Abteilung Merseburg gelangte. Eine Revision des Bestandes wurde im Jahr 1967 durchgeführt. 1993 kehrte die gesamte Überlieferung des Geheimen Rats nach Dahlem zurück. Als Findbuch zur Repositur 52 A diente bis in die Gegenwart hinein ein numerisches Repertorium mit Index, das bei der Neuordnung von 1933 angelegt worden war.
2021 wurde die Verzeichnung durch die Archivarin Mage Okulla-Obua nach Augias retrokonvertiert; dabei wurde der Bestand revidiert, sämtliche Signaturen wurden kontrolliert und die Verzeichnung überprüft und überarbeitet. Außerdem wurde der Bestand neu klassifiziert und mit einem Vorwort versehen.
Formalangaben:
Letzte vergebene Nummer*: 62
(* bei Signierung nach nc)
Umfang (in laufenden Metern): 0,5 lfm (66 VE)
Gesamtlaufzeit des Bestandes: 1802 - 1807
Lagerungsort : Westhafen
Die Akten sind auf gelben Leihscheinen wie folgt zu bestellen:
I. HA GR, Rep. 52 A, Nr.
Zitierweise:
GStA PK, I. HA Geheimer Rat, Rep. 52 A Fürstentümer Erfurt und Eichsfeld; Nordhausen und Mühlhausen, Nr.
Verweise auf andere Bestände:
GStA PK, I. HA Geheimer Rat, Rep. 67 B Reichskrieg mit Frankreich
GStA PK, I. HA Rep. 70 Organisationskommissionen für die preußischen Entschädigungsprovinzen
GStA PK, I. HA Rep. 110 C Kurmainzer Zentralbehörden, Eichsfelder Akten
GStA PK, I. HA Rep. 110 D Kurmainzer Zentralbehörden, Erfurter Akten
Ausgewählte Literatur:
Hussong, Ulrich: Die Einteilung des Eichsfeldes in Landkreise zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Mit einem Ausblick über die Kreiseinteilung bis zur Gegenwart, in: Eichsfeld-Jahrbuch, 7 (1999), S. 185 - 221.
Kuhlbrodt, Peter: Nordhausen und Preußen 1802 - 1852. Eine ehemalige Reichsstadt auf dem steinigen Weg in die Moderne (Schriftenreihe der Friedrich-Christian-Lesser-Stiftung, 39), Bad Langensalza 2019.
Wittmann, Helge (Hrsg.): Tempi passati - Die Reichsstadt in der Erinnerung. 1. Tagung des Arbeitskreises "Reichsstadtgeschichtsforschung", Mühlhausen 11. bis 13. Februar 2013
(Studien zur Reichsstadtgeschichte, 1), Petersberg 2014.
Berlin, 4. November 2021 (Mage Okulla-Obua, Archivarin)
Zitierweise: GStA PK, I. HA GR, Rep. 52 A
- Reference number of holding
-
Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, I. HA GR, Rep. 52 A
- Extent
-
Umfang: 0,5 lfm (66 VE); 0,5 lfm (66 VE)
- Language of the material
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deutsch
- Context
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Tektonik >> ZENTRALE VERWALTUNGS- UND JUSTIZBEHÖRDEN BRANDENBURG-PREUSSENS BIS 1808 >> Geheimer Rat >> Territorial-Reposituren >> Verwaltung und Rechtsprechung in den seit 1609 erworbenen Territorien (chronologisch in der Reihenfolge der Erwerbungen)
- Date of creation of holding
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Laufzeit: 1802 - 1807
- Other object pages
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Last update
-
28.03.2023, 8:52 AM CEST
Data provider
Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Bestand
Time of origin
- Laufzeit: 1802 - 1807