Friedhofskapelle | Kirche

Notkirche; Berlin, Mitte

An der westlichen Ecke des Kirchhofs, an der Grenzstraße, erbaute die evangelische Dankesgemeinde, die ihre Großkirche auf dem Weddingplatz durch Bombenangriffe 1945 verloren hatte, 1951 eine bescheidene Notkirche (Abb. 20). (1) Das kleine Gebäude wurde nach dem 1946 eingeleiteten Bauprogramm des Hilfswerks der Evangelischen Kirchen in Deutschland geschaffen. Um in den zerstörten deutschen Städten rasch Kirchenräume einzurichten, entwarf Otto Bartning schnell und kostengünstig herzustellende Fertigbauten. Bei der Notkirche der Dankesgemeinde handelt es sich um den 1949 entwickelten Bautyp der Diasporakapelle. Die Konstruktion besteht aus seriell vorgefertigten Holzbindern, die als Rahmengerüst auf dem Fundament aufsitzen und ein Satteldach tragen. Die Wände zwischen den Holzbindern sind mit verputzten Mauerwerk ausgefacht. An der Eingangsseite verwendete man isolierte, außen verbretterte Holzfaserplatten. Unter dem abgeschleppten Dach der östlichen Längsseite ist eine seitenschiffartige Vorhalle ausgebildet, an die sich ein rechteckiger, querorientierter Kirchensaal anschließt. Die flache Altarnische ordnete Bartning bei diesem Bautyp an der westlichen Längswand an. Die Raumwirkung wird von den sichtbar belassenen Ständern und Dachbindern bestimmt. Licht erhält der Kirchenraum nur durch die gestaffelten raumhohen Fenster der beiden Giebelseiten. Mit seinen verputzten und verbretterten Wandflächen wirkt der Außenbau einfach und bescheiden. Die Notkirche der Dankesgemeinde erinnert an die schwierigen Verhältnisse der Nachkriegszeit und den mühsamen Wiederaufbau. Am Bautyp lässt sich zugleich ein einschneidender Umbruch in der modernen Architektur ablesen. Mit Typisierung, Serienfertigung und Montagesystem führte Otto Bartning industrielle Verfahren ein, die bis heute das Bauwesen prägen. Die Dankesgemeinde zog 1972 in einen modernen Kirchenbau auf dem Weddingplatz. Die einstige Notkirche wird seither als Friedhofskapelle genutzt. ° ________________° (1) BusB X A (3), S. 111; Bredow, Jürgen und Lerch, Helmut: Materialien zum Werk des Architekten Otto Bartning. Darmstadt 1983, S. 74-78, 124-130, 141; Schneider, Christoph: Das Notkirchenprogramm von Otto Bartning. [Mikrofiche-Ausgabe] Marburg 1997, S. 48-52, 278; BusB VI, S. 413.

Standort
Liesenstraße 9, Gesundbrunnen, Mitte, Berlin

Ereignis
Herstellung
(wer)
Entwurf: Bartning, Otto
Ausführung: Richter und Schädel
Bauherr: Evangelische Dankesgemeinde
(wann)
1951

Letzte Aktualisierung
04.06.2025, 11:55 MESZ

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Objekttyp

  • Kirche; Friedhofskapelle

Beteiligte

  • Entwurf: Bartning, Otto
  • Ausführung: Richter und Schädel
  • Bauherr: Evangelische Dankesgemeinde

Entstanden

  • 1951

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