Zeichnung

Antilope

Die kleine Wasserfarbenmalerei auf Postkarte, die Franz Marc der Dichterin Eise Lasker-Schüler widmete, entstand im Entstehungsjahr seiner Hauptwerke »Der Turm der blauen Pferde« und »Tierschicksale«. Sie folgt dem kristallinen Aufbau der Gemälde, ist aber weniger pathetisch. Die Tiergestalt ist weder monumental überhöht, noch dramatisch in den flächig zergliederten Umraum verspannt. Sie ist im Augenblick der Ruhe, der Ankunft gezeigt. Die gezackte Linie der Felsen wiederholt leicht verändert die Brust- und Bauchlinie der Antilope, der blaue Himmel überwölbt den Rücken des nach unten gebeugten Tieres. Die abstrahierten Formen der Felslandschaft umschließen den Körper und signalisieren die Bereitschaft, ihn in sich aufzunehmen. Der dunkle blaue Himmel und das schwarze Gestein im Vor¬dergrund künden die Nacht an. Im Zusammenhang mit dem Text auf der Rückseite der Postkarte wird deutlich, daß es sich um eine Todesanzeige in Tiergestalt, um einen Abschied handelt. (»Frau /Eise Lasker-/Schüler/Berlin Grunewald/13, Humboldtstr 13/11« >üebster Jussuff, unser guter Vater hat ausgelitten, morgen begraben wir ihn. Es ist alles so traurig. Montag wollen wir Dich besuchen, Nachmittag, ist es recht? Dein Frz. u. M. W. 2. Hinter der Kathol. Kirche.<). Marc hatte ausgezeichnete zoologische Kenntnisse. Seine Tiere sind selbst in der Vereinfachung präzise gezeichnet. Das lange Gehörn und der Körperbau ordnen das Tier der Gattung der Antilopen zu, wie Justi in seiner Erstveröffentlichung 1919 richtig vermutete. In der späteren Literatur wurde das Aquarell fälschlich als Steinbock betitelt. Die am 12. Dezember 1913 in Berlin abgestempelte Postkarte ist eine von 28 Kartengrüßen, die der blaue Reiter Franz Marc dem Prinzen Jussuf, alias Eise Lasker-Schüler, zwischen 1912 und 1914 geschickt hat. Der Sammlung der Zeichnungen der Nationalgalerie gelang es 1919, alle Karten von Franz Marc aus dem Besitz der in Not geratenen Dichterin zu erwerben. 1937 wurden 22 davon als >entartet< von den Nationalsozialisten beschlagnahmt. Text: Eugen Blume: Das Berliner Kupferstichkabinett. Ein Handbuch zur Sammlung, hg. von Alexander Dückers, 2. Auflage, Berlin 1994, S. 455, Kat. VIII.19 (mit weiterer Literatur)

Material/Technik
Wasserfarben über Pinsel, Tusche auf Postkarte
Maße
Blattmaß: 8,9 x 14,1 cm
Standort
Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin
Inventarnummer
SZ Marc 25 recto

Klassifikation
Zeichenkunst

Ereignis
Herstellung
(wer)
(wann)
1913

Rechteinformation
Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin
Letzte Aktualisierung
03.03.2023, 08:33 MEZ

Objekttyp


  • Zeichnung

Beteiligte


Entstanden


  • 1913

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