Zeichnung

Tod des Sinorix

Testa greift in dieser dramatischen Skizze eine selten verbildlichte Erzählung aus Plutarchs »De Mulierum Virtutibus« auf, den Schilderungen über die Taten tugendhafter, herausragender Frauengestalten des Altertums. Sinorix, einer der Tetrarchen Galatiens, begehrte die schöne Camma, die als Priesterin der Artemis diente. Nachdem er ihren Gatten ermordet hatte, wußte sich die Bedrängte nur zu wehren, indem sie Sinorix und sich selbst vergiftete. Es ist hier der Moment gewählt, in dem der zu Tode Geschwächte links zu seinem Gespann getragen wird - in der letztlich vergeblichen Hoffnung, durch das Poltern des rasenden Streitwagens könnte die Wirkung des Gifttrunks gemildert werden. Rechts unter dem Standbild der Göttin, die neben der Jagd auch die Tugend der Keuschheit personifiziert, ist die sich selbst opfernde Heldin inmitten einer Gruppe von Dienerinnen hinter einem Dreifußbecken flüchtig dargestellt. Bei der Stiftvorzeichnung, die in den wesentlichen Zügen mit der Feder übergangen und dadurch schon erheblich korrigiert wurde, handelt es sich um die erste Idee, den >primo pensiero< für eine Komposition, die sich in einem für Testa ungewöhnlich weit durchgeführten Entwurf im British Museum erhalten hat [...]. Die Zeichnung in London ist von fremder Hand, aber glaubhaft, mit der Jahreszahl »1640« beschriftet. Nicht richtig definiert jedoch blieb die Stellung dieser beiden Blätter in dem Komplex vergleichbarer Sinorix-Darstellungen von Testa. Erhalten haben sich mehrere Teilstudien, Entwürfe, Gemälde sowie eine episch breiter und formal an ders gestaltete, querformatige Radierung (Bartsch, Nr. 19). Cropper ordnete das gesamte Material dieser Graphik zu, die in der älteren Forschung um 1630/33 angesetzt wurde, und datierte alle Stücke pauschal um 1640 (Cropper [Pietro Testa 1612-1650. Prints and Drawings, Philadelphia] 1988, Nr. 53, Abb.). Warum aber sollte Testa eine so stringent und selbständig entwickelte Komposition, wie auf der Berliner Skizze und dem finalen Blatt in London zu sehen, noch einmal vollkommen umgestalten? Einige Merkmale der Unterzeichnung auf vorliegendem Stück - so die angedeutete Pyramide, die Wendung des rechten Pferdekopfes und die Haltung des Rossebändigers - lassen eher vermuten, daß hier keine Vorarbeit für, sondern ein verdichteter Auszug aus der radierten Version vorliegt. Text: Hein-Th. Schulze Altcappenberg in: Das Berliner Kupferstichkabinett. Ein Handbuch zur Sammlung, hg. von Alexander Dückers, 2. Auflage, Berlin 1994, S. 280-282, Kat. V.42 (mit weiterer Literatur)

Urheber*in: Testa, Pietro / Rechtewahrnehmung: Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin

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Location
Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin, Berlin
Inventory number
KdZ 15208
Measurements
Blattmaß: 32,2 x 24,5 cm
Material/Technique
Feder in Braun über Vorzeichnung mit grauem Stift

Classification
Zeichenkunst

Event
Herstellung
(who)
(where)
Entstehungsort stilistisch: Rom
(when)
um 1640

Rights
Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin
Last update
07.04.2025, 7:53 AM CEST

Data provider

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Object type

  • Zeichnung

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Time of origin

  • um 1640

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