Bestand
Dokumente des Rates der Europäischen Gemeinschaften (Bestand)
Bestandsbeschreibung: Aufgaben
und Organisation des Rates der Europäischen Gemeinschaften
Der Rat der Europäischen Gemeinschaften (1956) 1967 -
1993
Der Rat (Ministerrat) der Europäischen
Gemeinschaften (EG) wurde durch Vertrag über die Fusion der drei
Exekutivorgane (Ministerrat der Europäischen Gemeinschaft für Kohle
und Stahl (EGKS); Rat der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG);
Rat der Europäischen Atomgemeinschaft (EAG)) am 8. April 1965 mit
Wirkung zum 1. Juli 1967 in Brüssel als neues Exekutivorgan
geschaffen, um die Politik der Gemeinschaft zu koordinieren. Damit
wurde er das oberste und wichtigste Exekutivorgan der Gemeinschaft.
Gemäß Artikel 7, Absatz 1 des Vertrages zur Gründung der Europäischen
Gemeinschaft (EGV) waren die jeweiligen Organe der EG (vor
Inkrafttreten des Lissabonner Vertrages):
Europäisches Parlament (Artikel 189 ff. EGV)
Rat der Europäischen Union (bis zur Gründung der EU: Rat der
Europäischen Gemeinschaften; Artikel 202 ff. EGV)
Europäische Kommission (vorher: Kommission der Europäischen
Gemeinschaften; Artikel 211 ff. EGV)
Europäischer Gerichtshof (EuGH) (Artikel 220 ff. EGV)
Europäischer Rechnungshof (vorher: Rechnungshof;
Artikel 246 ff. EGV)
Seit dem 8. November 1993
führt der Rat der Europäischen Gemeinschaften die Bezeichnung Rat der
Europäischen Union und ist vom Europarat und dem Europäischen Rat zu
unterscheiden.
Der Rat der Europäischen Union
seit 1993
Der Rat ist das wichtigste
Entscheidungsgremium der EU. Im Rat der Europäischen
Union sind die jeweiligen Fachminister der Mitgliedsstaaten
vertreten.
Das Generalsekretariat mit Sitz in
Brüssel umfasst ca. 2.500 Mitglieder. Es nimmt für den Rat und die
vorbereitenden Gremien eine unterstützende Funktion wahr. Die
wichtigste Aufgabe des Rates stellt in Zusammenarbeit mit dem
Europäischen Parlament die Verabschiedung der europäischen Gesetze
dar. Dies geschieht auf Basis der von der Kommission erarbeiteten
Vorschläge. Die Beschlussfassung erfolgt in den Räten meist nach
qualifizierter Mehrheitsbildung. Die Mitgliedsstaaten verfügen über
unterschiedliche Stimmgewichte, die abhängig von der
Bevölkerungsanzahl sind. Eine Einstimmigkeit ist in den zentralen
Bereichen (Struktur- und Steuerpolitik, Gemeinsame Handelspolitik,
Asyl- und Einwanderungsrecht) notwendig. Die Entscheidungen des Rates
werden in verschiedenen Gremien vorbereitet; hier übernimmt der
Ausschuss der ständigen Vertreter (AStV) eine wichtige
Koordinierungsfunktion. Der AStV besteht aus den EU-Botschaftern der
Mitgliedstaaten in Brüssel. Die Sitzungen erfolgen wöchentlich. Die
Entscheidungen der AStV werden in verschiedenen Ratsarbeitsgruppen
vorbereitet, in den nationale Experten aus den Mitgliedsstaaten
entsandt werden.
Den Vorsitz des Rates führen
die Mitgliedstaaten (Stand August 2009: 27 Staaten) abwechselnd für
sechs Monate. Der Arbeitsort ist Brüssel; in den Monaten April, Juni
und Oktober finden die Ratstagungen in Luxemburg statt. Die Anschrift
lautet: Rue de la Loi 175, B-1048 Brüssel.
Der
Rat der Europäischen Union im Detail: Struktur, Aufgaben und
Organisationsfragen
Für den Rat der
Europäischen Union gibt es insgesamt neun Ausschüsse bzw.
Zusammensetzungen:
Allgemeine Angelegenheiten
und Außenbeziehungen
Wirtschaft und Finanzen
("ECOFIN")
Justiz und Inneres ("JHA")
Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und
Verbraucherschutz
Wettbewerbsfähigkeit
Verkehr, Telekommunikation und Energie
Landwirtschaft und Fischerei
Umwelt
Bildung, Jugend und Kultur
Alle der im Rat vertretenden Minister (jede Regierung
kann die Entsendung der Minister und Staatssekretäre frei bestimmen)
sind befugt, für ihre Regierung verbindlich zu handeln. Die Minister
vertreten die jeweilige Regierung und sind ihrem nationalen Parlament
sowie den Bürgern verantwortlich. Maximal viermal im Jahr treten die
Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsstaaten mit dem Präsidenten
der Europäischen Kommission als Europäischer Rat zusammen. Festgelegt
werden die Leitlinien der EU-Politik und es werden Detailfragen zu
bisher offen gebliebenen Fragen behandelt.
Der
Rat der EU hat sechs zentrale Aufgaben:
Verabschiedung der europäischen Rechtsvorschriften (in vielen
Bereichen gemeinsam mit dem Europäischen Parlament)Abstimmung der
Grundzüge der Wirtschaftspolitik in den Mitgliedsstaaten
Abschluss von internationalen Übereinkünften zwischen
der EU und anderen Staaten bzw. Organisationen
Genehmigung des Haushaltsplanes der EU (gemeinsam mit dem
europäischen Parlament)
Entwicklung der
Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU ("GASP") auf
Grundlage der vom Europäischen Rat festgelegten allgemeinen
Leitlinien
Koordinierung der Zusammenarbeit der
nationalen Gerichte und Polizeikräfte in Strafsachen
Organisatorisch stehen für die Arbeit des Rates die jeweiligen
nationalen Vertretungen der Mitgliedsstaaten im Mittelpunkt. Jede
Nation verfügt über eine eigene Vertretung (ständiges Team von
Mitarbeitern), die das jeweilige Land vertreten und die nationalen
Interessen auf EU-Ebene wahrnehmen. Die Leiter (sogenannte "Ständige
Vertreter") der Vertretungen stellen die Botschafter des Landes bei
der EU dar.
Diese Botschafter tagen wöchentlich
im Ausschuss der ständigen Vertreter (französische Abkürzung "Coreper"
= Comité des représentants permanents). Dieser Ausschuss bereitet die
Arbeit des Rates vor und wird von einigen Arbeitsgruppen unterstützt,
die sich aus Beamten der nationalen Verwaltungen zusammensetzen. Der
Sonderausschuss Landwirtschaft beschäftigt sich mit den meisten
landwirtschaftlichen Fragen.
Der Vorsitz des
Rates wechselt alle sechs Monate; abwechselnd sind damit die
EU-Mitgliedstaaten für die Tagesordnung des Rates und den Vorsitz der
Tagungen zuständig. Es werden die gesetzgeberischen und politischen
Entscheidungen vorangetrieben und Kompromisse unter den
Mitgliedsstaaten vermittelt.
Der Vorsitz im Rat
wird vom Generalsekretariat unterstützt und ist für die Vorbereitung
und den reibungslosen Ablauf der Arbeiten des Rates auf allen Ebenen
zuständig.
Die Beschlüsse des Rates werden per
Abstimmung gefasst. Die Anzahl der Stimmen wird nach Bevölkerungszahl
vergeben (je größer die Einwohnerzahl, desto mehr Stimmen; Anpassung
der Gesamtstimmenzahl zugunsten der bevölkerungsschwächeren
Länder).
Bundesrepublik Deutschland,
Frankreich, Italien und Großbritannien: 29
Spanien und Polen: 27
Rumänien: 14
Niederlande: 13
Belgien,
Tschechien, Griechenland, Ungarn und Portugal: 12
Bulgarien, Österreich und Schweden: 10
Dänemark, Irland, Litauen, Slowakei und Finnland: 7
Zypern, Estland, Lettland, Luxemburg und Slowenien:
4
Malta: 3
Gesamt:
345
In Angelegenheiten der Außen- und
Sicherheitspolitik sowie der Steuer-, Asyl- und Einwanderungspolitik
müssen die Beschlüsse des Rates einstimmig gefasst werden. In vielen
Fällen reicht eine qualifizierte Mehrheit aus.
Inhaltliche Charakterisierung:
Die Sortierung erfolgte nach Dokumentennummern. Es ist aufgrund der
nicht ganz vollständigen inhaltlichen Überlieferung und einer
fehlenden klar ersichtlichen Struktur leider keine sachliche
Gliederung möglich.
Das Klassifikationsschema
wurde deshalb zweistufig nach fortlaufender Nummer bzw. nach
Ratsdokumenten bzw. verschiedenen Dokumentennummer und in einer
chronologischen Sortierung angelegt. Leider war es nicht in jedem Fall
möglich, die verwendeten Abkürzungen im Bestand B 343 eindeutig
aufzulösen. Dies gilt z. B. für die Abkürzung "MAE" bzw. "S".
Im Einzelnen wurden die Klassifikationsgruppen wie
folgt benannt:
1956 - 1978 (sortiert nach
Ratsdokumenten (R), MAE (ggf. Dokumente des Konferenzsekretariats)
bzw. S-Nummern o.ä.)
1959 - 1993
(jahrgangsweise sortiert nach fortlaufender Nummer)
Erschließungszustand:
Ablieferungsverzeichnis (1994), vorläufiges Findbuch (1994),
überarbeitetes, ergänztes und modifizierte Findbuchversion
2008-2010.
Vorarchivische Ordnung:
Bestandsgeschichte
Die Sammlung der Dokumente
des Rates der EG gelangten 1994 und 1998 in mehreren Teilabgaben in
das Bundesarchiv. Die Abgaben erfolgten aus dem Bundesministerium für
Wirtschaft. Dort lag eine Sammlung der EG-Dokumente (nicht nur aus dem
Wirtschaftsbereich) ab dem Jahr 1956 vor, die nicht vollständig war
und lediglich die Ratsdokumente im "engeren Sinne" betrifft.
Archivische Bearbeitung
Die
Verzeichnung des Aktenbestandes wurde in den Jahren 1992 - 1994 von
Herrn Heinz Hoffmann begonnen. Frau Mechthild Brandes konnte im Jahr
1994 ein vorläufiges Findbuch fertig stellen. In den Jahren 2008-2009
erfolgte eine Überarbeitung der bisherigen Findbuchform und eine
Eingabe in die Erschließungsdatenbank BASYS (Bundesarchiv IT-System)
des Bundesarchivs. An der Ersterfassung waren Frau Maria Kastner, Frau
Gabriele Jakobi und Frau Alexandra Schiekel beteiligt. Im Jahr 2010
konnte die Findbucheinleitung abgeschlossen und das Findbuch online
gestellt werden. Ein Abgabeverzeichnis (geordnet nach laufender
Nummer, Dokumentennummer bzw. Zeitraum) ist beim zuständigen
Fachreferat hinterlegt und kann bei Bedarf eingesehen
werden.
Umfang, Erläuterung: 4659
AE
Zitierweise: BArch B
343/...
- Bestandssignatur
-
Bundesarchiv, BArch B 343
- Umfang
-
4648 Aufbewahrungseinheiten; 354,1 laufende Meter
- Sprache der Unterlagen
-
deutsch
- Kontext
-
Bundesarchiv (Archivtektonik) >> Bundesrepublik Deutschland mit westalliierten Besatzungszonen (1945 ff) >> Bundesrepublik Deutschland (1949 ff) >> Oberste Organe mit Geschäftsbereich
- Verwandte Bestände und Literatur
-
Amtliche Druckschriften: Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften.
Bulletin der Europäischen Gemeinschaften.
Jahresberichte des Rates der Europäischen Gemeinschaften.
Literatur: Alemann, Sven von: Der Rat der Europäischen Union. Seine Stellung im institutionellen Gefüge des europäischen Mehrebenensystems und sein Beitrag zur demokratischen Legitimation der Europäischen Union. Köln. München 2009.
Bauer, Martin: Politikberatung im Rat der Europäischen Union. In: Dagger, Steffen, Kambeck, Michael (Hrsg.): Politikberatung und Lobbying in Brüssel. Wiesbaden 2007.
Cheneval, Francis: Legitimationsgrundlagen der Europäischen Union. Münster 2005.
Lempp, Jakob: Die Evolution des Rats der Europäischen Union, Baden-Baden 2009.
Rat der Europäischen Union (Hrsg.): Einführung in den Rat der Europäischen Union. Brüssel 2008.
Schulze Reiner, Hoeren, Thomas (Hrsg.): Dokumente zum Europäischen Recht. Bd. 1: Gründungsverträge. Berlin [...] 1999.
Woyke, Wichard: Europäische Union. Erfolgreiche Krisengemeinschaft. Einführung in Geschichte. Strukturen. Prozesse und Politiken. München. Wien 1998.
Internetadressen:
http://europa.eu/index_de.htm (Portal der Europäischen Union)
http://www.bruessel-eu.diplo.de (Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der Europäischen Union)
- Bestandslaufzeit
-
1956-1994
- Weitere Objektseiten
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Zugangsbeschränkungen
-
Besondere Benutzungsbedingungen: Bestimmungen des Bundesarchivgesetzes und 30-Jahresschutzfristen für Akten der Bundesrepublik Deutschland.
- Letzte Aktualisierung
-
16.01.2024, 08:43 MEZ
Datenpartner
Bundesarchiv. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 1956-1994