Bestand
Truppenübungsplatz Heuberg (Bestand)
Inhalt und Bewertung
Der Truppenübungsplatz Heuberg wurde seit 1912 auf
Stettener Gemeindegemarkung angelegt. Bereits im Frühjahr 1913
konnte das provisorische Barackenlager bezogen werden. Nach dem
Ausbruch des 1. Weltkriegs wurden ständig anwachsende Truppenmassen
zur Kampfausbildung auf den Heuberg gesandt. Außerdem entstand bis
1915 ein Kriegsgefangenenlager, dessen Insassen aber zum größten
Teil zu Arbeitseinsätzen auf südbadische Nebenlager verteilt waren.
In den Kriegsjahren existierte in unmittelbarer Nachbarschaft ein
Lazarett. Nach Kriegsende wurde der Übungsplatz zum 1. Oktober 1919
aufgegeben. In den Gebäuden wurde ein Durchgangslager für
heimkehrende deutsche Kriegsgefangene eingerichtet.
Inhaltlich besteht der Bestand vor allem aus der Überlieferung
der allgemeinen internen Verwaltung des Truppenübungsplatzes,
seinen Aufgaben und der Gewährleistung der permanenten Ausbildung.
Besonders nennenswert sind die Aktengruppen über die Verfügungen
der vorgesetzten Dienststellen, die Befehle der Kommandantur, den
Lagerbetrieb, die Verwaltungs- und Organisationsfragen, die
Belegung des Lagers, die Unterbringung und
Garnisonsangelegenheiten, die Platzangelegenheiten, die
Militärpolizei, die Neuaufstellung und Ausbildung von Formationen,
die Demobilmachung und die Kriegsgefangenen.
Vorbemerkung: Der
Truppenübungsplatz Heuberg gehörte in der kurzen Zeit seines
Bestehens zwischen 1912/13 und 1920 zum XIV. Armeekorps, das gemäß
der Militärkonvention vom 25. November 1870 zwischen dem
Großherzogtum Baden und dem Königreich Preußen preußischer
Verwaltung unterstand und einen unmittelbaren Bestandteil der
deutschen bzw. preußischen Armee bildete. (Vgl. grundlegend zum
XIV. Armeekorps und dessen Archivgeschichte die Vorworte zu den
Repertorien GLA 456 A und GLA 456 F 8). Die Anfänge des noch heute
bestehenden Truppenübungsplatzes Heuberg auf der Gemarkung der
Gemeinde Stetten am kalten Markt (Landkreis Sigmaringen) reichen in
die Zeit unmittelbar vor dem Ersten Weltkrieg zurück. Der 1978
insgesamt 4800 ha umfassende, auf der Hochfläche der Schwäbischen
Alb gelegene Truppenübungsplatz (vgl. Landesbeschreibung
Baden-Württemberg, Bd. VIII, S. 880f.) wurde seit 1912 auf dem
Nordwestteil der Stettener Gemeindegemarkung angelegt. Im Frühjahr
1913 konnte das noch recht provisorische Barackenlager bezogen
werden, nachdem zuvor die Kommandatur sowie das Zielbau- und
Arbeitskommando in der Ortschaft untergebracht worden war. Die
Ausbauarbeiten im Lager und auf dem Platz waren noch voll im Gange,
als nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs stetig wachsende
Truppenmassen zur Kampfausbildung auf den Heuberg geschickt wurden.
Im März 1917 waren Lager und Platz mit mehr als 11.000 Soldaten
belegt, im Juni 1917 wurde die maximale Belegungsfähigkeit des
Standorts mit 18.611 Mann beziffert, weitere 12.569 Quartierplätze
standen in den umliegenden Ortschaften zur Verfügung. Neben dem
Truppenübungsplatz mit seinem Truppenlager entstand bis Anfang 1915
ein Kriegsgefangenenlager, dessen nominelle Insassen indessen zum
größten Teil zum vor allem landwirtschaftlichen Arbeitseinsatz auf
Nebenlager in Südbaden und Hohenzollern verteilt wurden. In der
Nachbarschaft des Platzes wurde in den Kriegsjahren außerdem ein
Lazarett geschaffen, das heute zur Stettener Albkaserne gehört. Die
November-Revolution von 1918, die auf dem Heuberg in Gestalt eines
Soldatenrates ihre Spuren hinterließ, führte zu einem
tiefgreifenden Strukturwandel: Auf dem Truppenübungsplatz entstand
ein Durchgangslager für heimkehrende deutsche Fronttruppen und
Kriegsgefangene, der Übungsplatz selbst wurde zum 1. Oktober 1919
aufgegeben und ging an das Reichsschatzministerium über; bis zum
30. Juni 1920 war im Lager noch eine Abwicklungsstelle der
Kommandantur tätig. Nach Aufgabe des Platzes, dessen Nutzung als
Siedlungsland zeitweise im Gespräch war, wurden die Akten der
Kommandatur und ihrer verschiedenen Nebenbehörden am 22. Juni 1920
an das Archiv des XIV. Armeekorps in der Karlsruhe
Telegrafenkaserne abgegeben (vgl. Aktenverzeichnis in Bestell-Nr.
57). Zusammen mit dem gesamten Archiv des Generalkommandos des XIV.
Armeekorps, an dessen Stelle eine Abwicklungsstelle getreten ist,
kamen auch die Heuberger Aktenim Oktober 1920 nach Heilbronn, wo
nach Auflösung des Abwicklungsamtes zum 31. März 1921 eine
Zweigstelle des Reichsarchivs in Potsdam die Betreuung übernahm.
1924 gelangten die Akten an die Reichsarchivzweigstelle Stuttgart,
die 1937 in Heeresarchiv Stuttgart umbenannt wurde. Hier erfolgte
1941 eine erste Verzeichnung der Heuberger Akten, die indessen über
eine grobe Titelerfassung nicht hinausreichte. Dieses
Aktenverzeichnis diente im GLA bis zur vorliegenden Neuaufnahme des
Bestandes als Findmittel. Der zu diesem Zeitpunkt in 29 Bünde mit
303 Faszikeln gegliederte Bestand schrumpfte 1944 und 1946 durch
Kassation, die nach inhaltlich fraglichen Kriterien bewerkstelligt
wurde, auf einen Bruchteil seines Umfanges zusammen. Zusammen mit
dem 700 laufende Meter umfassenden Gesamtbestand des XIV.
Armeekorps wurden auch die Heuberger Rest-Akten 1947 an das
Generallandesarchiv Karlsruhe übergeben. Bei der vorliegenden
Verzeichnung wurden die durch die Aktenausscheidungen von 1944 und
1946 obsolet gewordene Bundzählung zugunsten einer fortlaufenden
Numerierung der Faszikel aufgegeben. Wenn immer möglich wurden die
vorgefundenen Aktentitel der Faszikel übernommen; in vielen Fällen
war indessen um der inhaltlichen Präzisierung willen eine Ergänzung
oder Abänderung nicht zu umgehen. Ausgeschieden aus dem Bestand
wurden drei Faszikel mit Kommandatur-Parolebefehlen, die als
Doubletten vorlagen. Vollständig übernommen wurden demgegenüber die
Generalakten des Truppenübungsplatzes, namentlich die allgemeinen,
hektographiert oder gedruckt vorliegenden Verfügungen der
vorgesetzten Dienststellen, vor allem des Generalkommandos bzw.
stellvertretenden Generalkommandos (während des Krieges) des XIV.
Armeekorps und des Berliner Kriegsministeriums. Angesichts der
Überlieferungslücken der Zentralbehörden des XIV. Armeekorps
erschien eine umfassende Erhaltung auch der Generalakten dieses
Bestandes als angebracht, um in der Folge bei der weiteren
Verzeichnung von AK-Beständen auf dieser Grundlage die Aussonderung
großzügiger fassen zu können. Die Ordnung des Bestandes richtete
sich primär nach sachlich-thematischen Gesichtspunkten. Soweit
erkennbar wurde die ursprüngliche Ordnung des Aktenmaterials nach
Abteilungen indessen berücksichtigt. (Zur Geschäftsverteilung des
stellvertretenden Generalkommandos, die offenbar auch von den
unterstellten Einheiten übernommen wurde, vgl. den Anhang des
Bestandsrepertoriums GLA 456 F 8). Am Anfang des in acht Bereiche
gegliederten Bestandes stehen die Generalakten in Gestalt der
allgemeinen Verfügungen vorgesetzter Dienststellen, gefolgt von den
Tages- oder Parolebefehlen der Standort-Kommandatur, deren Akten
und Schriftverkehr, sodann den Betreffen zur Platz- und
Lagerverwaltung sowie zu den verschiedenen Spezialabteilungen des
Truppenübungsplatzes inklusive der Militärseelsorge sowie zu
besonderen Vorfällen. Eine gesonderte Rubrik bildet das
Aktenmaterial zu den auf dem Heuberg zu Übungen stationierten
Truppeneinheiten einschließlich der Quartierfragen. Aus
thematischen Überlegungen zusammengefaßt wurden die Akten zum
Komplex Demobilmachung, Revolution und Aufgabe des
Truppenübungsplatzes im Gefolge der durch den Versailler
Friedensvertrag verfügten weitgehenden Entmilitarisierung
Deutschlands. Eine letzte Rubrik bilden die
Kriegsbesoldungsrapporte und Mannschaftsstärkenachweisungen.
Aufgrund der Kassationen von 1944 und 1946 besteht nur noch eine
lückenhafte Überlieferung. Recht dünn dokumentiert ist namentlich
die Entstehung des Übungsgeländes, das seit 1915 bestehende
Kriegsgefangenenlager, die gesundheitliche Lage und Versorgung auf
dem Heuberg mit seinen klimatischen Extrembedingungen, die offenbar
nicht immer problemlosen Beziehungen zu den umliegenden Gemeinden
namentlich in der Kriegszeit mit ihren häufigen Einquartierungen.
Vollständig vernichtet sind auch die Gerichtsakten, die
Brieftagebücher sowie die Spezialbetreffe zum Heuberger
Soldatenrat. Einen gewissen Ausgleich bieten die Tagesbefehle und
Korrespondenzen der Kommandatur, mit deren Hilfe sich manche
Vorgänge und Entwicklungen zumindest ansatzweise rekonstruieren
lassen. Gut dokumentiert sind dagegen der Lagerbetrieb in Gestalt
einer Vielzahl von Erlassen, Meldungen und Untersuchungsberichten
sowie die militärpolitischen Vorgaben der vorgesetzten
Dienststellen. Bemerkenswert ist die Organisationsleistung.
Tausende von Soldaten waren in raschem Wechsel in einem bei
Kriegsbeginn erst halbfertigen Lager und Übungsplatz unterzubringen
und zu trainieren - unter allerdings häufig äußerlich und
menschlich sehr unwirtlichen Bedingungen, wie die zahlreichen
Krankheits- und Todesfälle und namentlich verschiedene
Soldaten-Selbstmorde ausweisen. Der Erwähnung wert sind schließlich
auch die häufigen und regelmäßig bestraften Beziehungen zwischen
Kriegsgefangenen und deutschen Frauen in den späten Kriegsjahren
sowie die als kommunistisch bezeichneten Aktivitäten im Amtsbezirk
Meßkirch und in Stetten a.k.M. 1919 Der Bestand wurde im Rahmen der
Ausbildung für den höheren Archivdienst durch den unten Genannten
unter Leitung von Dr. Kurt Hochstuhl verzeichnet. Die Herstellung
des Repertoriums erfolgte im Rahmen des MIDOSA-Projektes der
Landesarchivverwaltung mit Hilfe der EDV. Die Titelaufnahmen und
Korrekturen besorgte Frau L. Hessler. Karlsruhe, im August 1989
Edwin Ernst Weber
- Bestandssignatur
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Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe, 456 F 131
- Umfang
-
86 Archivalieneinheiten
- Kontext
-
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe (Archivtektonik) >> Neuere Bestände (vornehmlich ab ca. 1800) >> Krieg >> XIV. (Badisches) Armeekorps >> Sonstige Formationen
- Bestandslaufzeit
-
1912-1920
- Weitere Objektseiten
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Letzte Aktualisierung
-
03.04.2025, 11:03 MESZ
Datenpartner
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Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 1912-1920