Bestand
Nachlass Eduard von Nicolai (1858-1914), Präsident der Generalintendanz der Zivilliste (Bestand)
Überlieferungsgeschichte
Geschenk von Dr. Hubertus von Nicolai, 2009, 2015
und 2017.
Inhalt und Bewertung
Handakten Eduard von Nicolais als Präsident der
Generalintendanz der Zivilliste. Vor allem Briefe von Mitgliedern
des Großherzoglichen Hauses; einige Briefe Hans Thomas.
1. Biographie Eduard von
Nicolais: Der vorliegende Bestand enthält vorwiegend Briefmaterial
aus dem Nachlass von Dr. Eduard von Nicolai (29.4.1858 -
28.9.1914), bis zu seinem Tod Präsident der Generalintendanz der
Großherzoglichen Zivilliste. Er stammte aus einer Familie hoher
badischer Verwaltungsbeamter; sein Vater August Nicolai (1823-1883)
war Geheimrat und Vorsitzender Rat im badischen Finanzministerium,
sein Bruder Friedrich Nicolai (1861-1908) Geheimer Oberfinanzrat.
Von 1867 bis 1875 hatte er das Gymnasium in Karlsruhe besucht.
Danach studierte er Jura in Heidelberg, Leipzig und der
Karl-Wilhelms-Universität in Straßburg. 1882 begann er seine
berufliche Laufbahn im badischen Staatsdienst als Rechtspraktikant
und wurde 1887 Sekretär beim badischen Innenministerium.
Anschließend war er einige Zeit bei den Bezirksämtern Karlsruhe und
Freiburg tätig. 1896 wurde er Ministerialrat. 1897 wurde Eduard von
Nicolai als Nachfolger Eugen von Regenauers an die Spitze der
Generalintendanz berufen; 1906 wurde er Wirklicher Geheimer Rat
(Exzellenz) und erhielt 1910 den erblichen Adel. Das vorliegende
Briefmaterial gehört ausschließlich in diese letztere Berufszeit
und ist aus seiner Tätigkeit als Präsident der Generalintendanz
hervorgegangen, endet also mit seinem Tod. Eduard von Nicolai war
seit dem 19.11.1886 mit Anna Kuhlmann (1859-1921) verheiratet. Aus
dieser Ehe gingen drei Kinder hevor: Der Sohn Eduard August
Heinrich von Nicolai, geb. 18.7.1888 in Karlsruhe, gest. 8.1.1965
in Frankfurt am Main, Bankier, war ebenfalls vorübergehend im
badischen Staatsdienst tätig. Die Tochter Elisabeth Julie Mathilde
von Nicolai, geb. 21.5.1890 in Kalrsruhe, gest. 18.3.1986 in
Konstanz, ehelichte am 10. August 1912 den Freiherrn Hugo von Babo
(1885-1948). Der Sohn Helmuth Edgar Gustav von Nicolai, geb.
20.11.1892 in Freiburg, gest. 9.7.1948 in Hamburg, war aktiver
Offizier, zuletzt im Range eines Obersten.
2. Generalintendanz der
Zivilliste: Die Aufgaben der Generalintendanz, einer 1880 neu
geschaffenen Hofbehörde, werden im Badischen Hof- und
Staatskalender beschrieben [vgl. hierzu das Vorwort zum Bestand 56
des Generallandesarchivs]. Bei der Aufhebung der Behörde 1919
wurden ihre Geschäfte von der "Großherzoglichen Hofhaltung und
Vermögensverwaltung", später "Markgräflich Badische Verwaltung"
genannt, eine markgräfliche Behörde, die seit 1921 in Baden-Baden
bzw. auf Schloss Eberstein ihren Standort hatte, weitergeführt und
abgewickelt. Diese übernahm den überwiegenden Teil der Akten der
Generalintendanz, soweit diese nicht an andere Nachfolgebehörden
weitergereicht wurden. Die Altregistratur der Generalintendanz
hingegen enthielt die weit in das 18. Jahrhundert zurückgehenden
Akten ihrer Vorgängerbehörden und gelangte in das
Generallandesarchiv, wo sie als Bestand 56 unter der Bezeichnung
"Generalintendanz der Zivilliste" aufgestellt und 1956 verzeichnet
wurde. Dies ist insofern eine unklare Namensbezeichnung und
Provenienzbestimmung, als die eigentlichen Akten der
Generalintendanz nach 1918/19 im beschriebenen Sinne von ihrer
Nachfolgebehörde weitergeführt wurden. Diese Akten der
"Markgräflich Badischen Verwaltung" gelangten 1956 ebenfalls in das
Generallandesarchiv, nun als Depositum des Hauses Baden (Bestand:
69 Markgräfliche Verwaltung). Man wird davon auszugehen haben, dass
keine klare Provenienztrennung vorgenommen wurde.
3. Überlieferungsgeschichte:
Die Geschäftsverteilung bei der Generalintendanz schloss auch die
Verwaltung des Privatvermögens der Mitglieder des Großherzoglichen
Hauses ein, und so wurden auch die entsprechenden Vorgänge der
Bereitstellung von Geldbeträgen sowohl aus der Zivilliste als auch
aus den fürstlichen Privatvermögen (Königin Viktoria von Schweden)
über die Generalintendanz abgewickelt, was dem Präsidenten eine
besondere Vertrauensstellung zuwies. Ein Teil der Vorgänge wurde
als streng vertraulich angesehen und im direkten Verkehr zwischen
dem Großherzog und sonstigen Mitgliedern des Großherzoglichen
Hauses und dem Präsidenten besprochen und erledigt. Beim Großherzog
entstanden Aktenvorgänge in Form der Eingaben (und Beilagen), die
meist in Form von Randnotizen zurückgegeben wurden, und auch der
Präsident führte die meisten Vorgänge nach Erledigung in den
Geschäftsgang der Behörde zurück; nur diejenigen Schreiben des
Großherzogs, die sehr privaten Charakter tragen, hat er wohl bei
sich zurückbehalten und verwahrt. Anders als im sonstigen
Behördengang, an dem alle Beamten der Generalintendanz beteiligt
sein konnten, trägt also der direkte Verkehr zwischen Großherzog
und Präsident stark persönliche, bei Nicolai sogar vertrauliche
Züge; die Schreiben werden von beiden Seiten mit persönlichen
Mitteilungen, Glückwünschen und Grüßen eingeleitet und beendet und
Nicolai hat sie bei sich aufbewahrt und gleichsam "privatisiert".
Eine Aktennotiz (56 Nr. 369) zeigt, dass die Personalakten Nicolais
1916 in seiner Behörde vermisst wurden; eine von ihr angestellte
Nachforschung ergab, dass sie im Auftrag des Großherzogs zum
Verbleib an das Geheime Kabinett abgegeben wurden, doch ist nicht
ausgeschlossen, dass sie der Großherzog selbst in seiner
persönlichen Registratur beließ, sodass sie in Freiburg dem
Fliegerangriff zum Opfer fielen. Wenige Briefe Eduard von Nicolais
und seiner Ehefrau zwischen 1901 und 1920 finden sich im
Großherzoglichen Familienarchiv (FA N Nr. 2812 und FA N Nr. 1725).
Das bei Nicolai verbliebene Material, wie bereits erwähnt eine
Mischung aus persönlichen und dienstlichen Unterlagen, verblieb im
Familienbesitz Nicolais. Sein Sohn Dr. Eduard von Nicolai
(18.7.1888 - 06.1.1965) hatte es in Verwahrung und offenbar im
fortgeschrittenen Alter darin gelesen. Er machte es Dr. Hans
Wöckener zugänglich, der darüber einen Artikel schrieb: "Vor 75
Jahren am Karlsruher Hof. Diener des Großherzogs - treue Diener des
Staates, in: Oberländer Chronik. Heimatblätter des Südkurier
(Konstanz) Nr. 273, 1963". Die Biographie Nicolais wird hier
kombiniert mit jener Hugos von Babo (1857-1924), Vorstand des
Geheimen Kabinetts des Großherzogs bis 1918. Dessen Sohn Hugo
heiratete 1912 Elisabeth, die Tochter Eduards von Nicolai. Im
Familienarchiv von Babo ist seine Tätigkeit dokumentiert; es
enthält ganz ähnliche Vorgänge wie jene des vorliegenden
Bestands.
4. Bearbeiterbericht: Prof.
Dr. rer. nat. Hubertus von Nicolai in Goslar, ein Enkel Eduards von
Nicolai, stellte das bei ihm verwahrte Material im Jahr 2008 für
eine wissenschaftliche Arbeit zur Verfügung und erklärte sich
danach bereit, es dem Generallandesarchiv Karlsruhe zu überlassen.
Der Schenkungsvertrag wurde im Februar 2009 abgeschlossen; die
intensiven Ordnungsarbeiten mit Abschriften der Briefe des
Großherzogs gehen teilweise auf Übertragungen und Bearbeitungen
zurück, die Hubertus von Nicolai zur Verfügung stellte. Der
Unterzeichnende hat sie soweit vervollständigt, als es für eine
bessere Benutzung der schwer lesbaren Briefe (oftmals flüchtige
Bleistiftnotizen) dienlich war. Karlsruhe, im April 2009 Dr.
Hansmartin Schwarzmaier Im Oktober 2015 und im Dezember 2017 wurden
weitere Dokumente zu Eduard von Nicolai durch Prof. Dr. Hubertus
von Nicolai dem Generallandesarchiv Karlsruhe geschenkt. Es handelt
sich erstens um Briefe der Großherzogin Luise von Baden, ein Brief
Viktorias von Schweden und ein Brief Ferdinand Schilling von
Canstatts an Eduard von Nicolai und zweitens um persönliche
Dokumente/Urkunden zu Eduard von Nicolais Studium und beruflichem
Werdegang sowie zwei Dokumenten zur Verlassenschaft seines Vaters.
Diese neu erhaltenen Dokumente wurden von Sara Diedrich im Januar
2018 verzeichnet. Dabei wurde auch die tiefere Erschließung (bis
auf die einzelne Dokumenten-Ebene) der bereits vorhandenen
Korrespondenz aus früheren Abgaben fortgeführt; die bei den Briefen
dazugelegten Bleistiftnotizen über deren Inhalt wurden daraufhin
entfernt. Außerdem sind nun alle Unterlagen des Nachlasses
verpackt. Für die häufiger in den Briefen erwähnten Personen wurden
- sofern sie identifiziert werden konnten - Deskriptoren vergeben.
Findet sich für die Briefe der Großherzogin Luise im
Großherzoglichen Familienarchiv (FA) die Gegenüberlieferung, dann
wird sowohl im Bestand FA als auch bei vorliegendem Nachlass darauf
hingewiesen. Zu einigen Briefen liegen Transkriptionen vor; sofern
die Transkriptionen nicht vollständig in die Verzeichnung
übernommen wurden, liegen diese bei den jeweiligen Briefen in der
Verpackung bei. Bei den Titelaufnahmen in vorliegendem Findmittel
wurden wörtliche Zitate aus den Briefen mit Anführungsstrichen
markiert; dabei wurden Abkürzungen zum größten Teil stillschweigend
aufgelöst. Ergänzungen des Bearbeiters/der Bearbeiterin sind in
eckige Klammern gesetzt; ebenso Auslassungen. Formale Bemerkungen
sowie transkribierte Randnotizen und -vermerke stehen zwischen den
Zeichen < und >; jedoch wurden nicht alle Randnotizen
transkribiert. Karlsruhe, im März 2018 Sara Diedrich
5. Quellenwert und Verweise:
Der Bestand kann nur im Zusammenhang mit den im Generallandesarchiv
verwahrten Akten, Amtsbüchern (Inventaren) und Rechnungen der
"Markgräflichen Verwaltung" verstanden werden, der gerade für die
Zeit des letzten badischen Großherzogs überaus reichhaltigen
Dokumentation zur fürstlichen Finanzverwaltung in den Jahren kurz
vor Kriegsbeginn und während des 1. Weltkrieges. Die im
vorliegenden Bestand überlieferten Einzelfragen tauchen dort
ebenfalls auf; die teilweise vorhandenen Tagebuchnummern könnten
wohl mit einiger Mühe verifiziert werden. Die Geschäftstagebücher
der Behörde sind nur fragmentarisch erhalten (1910), wohl aber die
kompletten Rechnungen. Für die Finanzverwaltung des
Großherzoglichen Hauses enthält der vorliegende Bestand nur einen
kleinen Ausschnitt weniger Vorgänge, die der Großherzog und andere
Mitglieder des Hauses Baden mit dem Präsidenten verhandelt haben.
Die hier vorhandenen Briefe und Notizen, darunter auch
Ansichtskarten von den Urlaubsorten, zeigen jedoch das sehr intime
Vertrauensverhältnis zwischen beiden und geben zugleich zu
erkennen, in welchen Fragen der Großherzog selbst entschieden hat
und wo er die Ratschläge Nicolais eingeholt hat. Für den Führungs-
und Verwaltungsstil der beiden letzten Großherzöge in den Jahren
von 1897 bis 1914 bilden sie somit eine nicht zu unterschätzende,
wenn gleich vor allem ergänzende Quelle. Karlsruhe, im April 2009
Dr. Hansmartin Schwarzmaier Verwandte Bestände und weitere
Dokumente von und zu Eduard von Nicolai im Generallandesarchiv
Karlsruhe: - 56 Generalintendanz der Civilliste - 69 Markgräfliche
Verwaltung - 236 Nr. 18452, Nr. 18453 und Nr. 18454 - 69 von Babo
Nr. 4 (Nachruf auf Eduard von Nicolai), Nr. 6 (Ahnentafel der
Familie Nicolai), Nr. 97 (Telegramme und Briefe an Eduard von
Nicolai, dessen Ehefrau und Tochter Elisabeth von den Großherzögen
Friedrich I., Friedrich II., der Großherzogin Luise und Hilda,
1908-1922) sowie Nr. 98 (Briefe der Königin Viktoria von Schweden
an Eduard von Nicolai, 1908-1921).
- Reference number of holding
-
Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe, N von Nicolai
- Extent
-
55 Archivalieneinheiten
- Context
-
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe (Archivtektonik) >> Nichtstaatliches Archivgut >> Nachlässe >> Politische Nachlässe >> von Nicolai
- Date of creation of holding
-
22. Oktober 1879-21. September 1914
- Other object pages
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Last update
-
03.04.2025, 11:03 AM CEST
Data provider
Landesarchiv Baden-Württemberg. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Bestand
Time of origin
- 22. Oktober 1879-21. September 1914