Text | Theaterzettel

Ehre um Ehre

Ehre um Ehre

Digitalisierung: DE-2208 - Thüringisches Hauptstaatsarchiv

Namensnennung - Nicht kommerziell - Keine Bearbeitungen 4.0 International

Standort
Landesarchiv Thüringen – Hauptstaatsarchiv Weimar#Kunst und Wissenschaft - Hofwesen
Umfang
46
Anmerkungen
Weimarische Zeitung, Nr. 277, 25.11.1869, S. 2: „[…] Von einer meist befriedigenden, wenn auch nicht in allen Theilen fertig abgerundeten Darstellung getragen, wurden die gelungenen Partien des Stückes von dem Publikum beifällig aufgenommen. Nach der Aufnahme, welche ‚Ehre um Ehre‘ auf anderen Theatern bisher gefunden, wird der Verfasser es dem hiesigen Personal Dank wissen, daß Weimar die erste deutsche Bühne ist, welche seinem Werke zu einem, wenn auch nicht durchgreifenden, so doch leidlich anständigen Erfolge verholfen hat.“ weitere Rezension: Die Deutsche Schaubühne, Bd. 11 (1870), Heft 1/2, S. 144ff.: „Die Novität des Schauspiels war […], nur wenige Tage nach der ersten Berliner Aufführung im Königl. Schauspielhause, Paul Heyse’s neuestes Stück „Ehre um Ehre“. Das gefüllte Haus am ersten Abend bezeugte, wie man von dem berühmten, durch seinen „Hans Lange“ hier auch als Dramatiker bestens accreditirten Dichter etwas Tüchtiges erwartete. Diese Erwartung ist nun in technischer Hinsicht wohl schwerlich getäuscht worden, denn das 5aktige Stück hat einen geschickten Scenenbau, vortreffliche Mache und eine geistreiche, scharfpointirte und doch glattgeschliffene Prosa-Diktion. Auch sein stofflicher Inhalt giebt sich anziehend genug in der spannenden, wenn auch auf die etwas gewagte Prämisse, daß ein junges Edelfräulein, um einer von ihren eigensüchtigen Verwandten projektirten verabscheuungswürdigen Verbindung zu entgehen, sich einem ihr unbekannten jungen Offizier antrauen läßt gegen sein Ehrenwort, „niemals länger als eine Stunde unter einem Dache mit ihr zu verweilen“, sich gründenden Handlung. […] Befremden muß es aber, daß ein Stück, welches […] einen hervorragenden Lyriker und Epiker zum Verfasser hat, so gar nicht über das realistische Ziel einer angenehmen Unterhaltung hinausgeht und jeder höheren poetischen, ja selbst nur ethischen Tendenz entbehrt, denn der vielversprechende bedeutungsvolle Titel „Ehre um Ehre“ erweist sich in dieser Beziehung rein illusorisch. Die Darstellung des vom Publikum mit ziemlichen Beifall aufgenommenen Stückes war eine flüssige. Hinsichtlich der beiden Hauptrollen erschien sie uns sogar zu flüssig, insofern der rasche Redefluß vielfach der feinen psychologischen Charakteristik und der künstlerischen Nüancirung Abbruch that. Namentlich war dies der Fall bei der Repräsentation der Blanche von Villarçon (Frl. Lüdt), die den innerlichen Kampf zwischen der Neigung des Herzens und dem Gebot der Ehre oder richtiger gesagt der vermeinten Ehre nicht wirksam genug zur Geltung brachte. Zudem war der Grundton ihrer Auffassung ein zu naiver, zu backfischartiger, während Blanche nach der Charakterzeichnung des Dichters gerade eine ihren zwanzig Jahren vorausgeeilte bedeutende geistige Reife; Selbstständigkeit und Energie in allen Situationen, sowohl in der kühnen Wahl und Anwendung ihres […] Rettungsmittels wie in ihrem haltungsvollen, selbstbewußten Benehmen […] entwickelt und damit gleichmäßig den intriguenschmiedenden Verwandten, dem verschmähten Roué, dem frivolen König und dem ehrenfesten Anbeter imponirt. Dieser geistigen Bedeutung Blanche’s hätte denn auch eine würdevollere, distinguirtere, äußerliche Haltung der Darstellerin zu entsprechen gehabt. In ähnlicher Weise brachte Hr. Barnay als Gardekapitän Robert von Boissy die an diesem ritterlichen Charakter hervortretende und zur Unterstützung der Motivirung von Blanche’s gewagtem Antrag so unerläßliche edle männliche Würde, deren Ausdruck sonst gerade diesem Darsteller vorzüglich zu Gebote steht, nicht zur genügenden Erscheinung; er nahm Ton und Haltung, verlockt wohl von dem Humor, womit zugleich der Dichter diese chevalereske Gestalt durchsättigt hat, zu leichtfertig, zu burschikos. Der Darstellung des alten Roué Herzog von Vieuville (Hr. Werges) und des kupplerischen Verwandtenpaars Marquis und Marquise von Chavigny (Hr. Podolsky und Frau Lehfeld) fehlte ebensosehr der besondere charakteristische wie der allgemeine aristokratische Pli; der des Königs (Hr. Reinhardt) jeder Nimbus der Majestät. Zu dem unter den Nebenrollen zweiten Ranges am meisten in den Vordergrund tretenden jungen Bedienten des Gardekapitäns, dem immer mundfertigen geriebenen und mutterwitzigen Charles, für den die vorzüglich geeignete künstlerische Individualität des Hrn. Knopp wohl nur aus Rücksicht auf die seine ganze Kraft in Anspruch nehmende Vorbereitung zu Wagner’s „Meistersinger“ unverwendet blieb, gebrach es Hrn. Donald bei aller Bemühung an der erforderlichen Zungenfertigkeit, Gewandtheit und Ungezwungenheit der Bewegung. Ganz farblos blieb Charles‘ weibliches Seitenstück und Flamme, Blanche’s Kammerjungfrau Manon (Frl. Schulz). Den lächerlich steifen, gravitätischen und pedantischen Haushofmeister Patelin zu wirklich komischer Geltung zu bringen, hätte Hr. Cabus diesen Charaktereigenschaften einen noch stärkeren Ausdruck geben müssen. Am meisten befriedigte Hr. Hettstedt in der den ersten Akt illustrirenden Episode des je nach Umständen zwischen kriechender Unterwürfigkeit und brutaler Insolenz wechselnden schäbigen Gastwirths zu den „beiden Schwerthern“, der übrigens auffallende Aehnlichkeit mit dem Wirth in „Minna von Barnhelm“ zeigt.“

Urheber
Erschienen
1869-11-22

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Letzte Aktualisierung
21.04.2023, 10:52 MESZ

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  • Theaterzettel ; Text

Beteiligte

Entstanden

  • 1869-11-22

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